Was ist eine Strohwitwe bzw. Strohwitwer: Definition und Bedeutung
Eine Strohwitwe ist eine zeitweilige Witwe, deren Partner verreist ist. Die Herkunft des Begriffs ist nicht genau geklärt, könnte aber mit Landarbeitern, dem Ehebett oder unverheirateten, schwangeren Frauen zu tun haben.
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Was bedeutet Strohwitwe
Als „Strohwitwe“ bezeichnet man Frauen, die zeitweilig von ihrem Partner getrennt leben. Der Partner ist dabei nicht verstorben und die Ehe ist intakt. Man geht davon aus, dass beide anschließend wieder zusammen leben werden. Die räumliche Trennung erfolgt beispielsweise durch notwendige Reisen, zu denen die Ehefrau nicht mitkommen kann.
So könnte man die Ehefrauen von Soldaten oder Matrosen als Strohwitwen bezeichnen. Ihre Männer müssen sie häufig für mehrere Wochen oder Monate verlassen, kehren aber anschließend wieder zurück. Es gibt allerdings keine Vorgaben, wie lange die Eheleute getrennt leben müssen, damit die Frau eine „Strohwitwe“ ist. Theoretisch reicht bereits ein Tag aus. Den Begriff des „Strohwitwers“ gibt es ebenso.
Das Wort setzt sich aus den Wörtern „Stroh“, also getrocknetes Getreide, und „Witwe“, eine Frau, deren Ehemann verstorben ist, zusammen. Im Englischen spricht man von dem „grasswidower“. Auch in Deutschland gibt es die Bezeichnung der Graswitwe parallel zur Strohwitwe. Die Schweden bezeichnen den zu Hause bleibenden Ehepartner als „gräsänkling“.
Ursprung des Begriffs Strohwitwe
Wie es genau zu der Bezeichnung „Strohwitwe“ kam, ist nicht bekannt. Es existieren verschiedene Geschichten, die der Ursprung des Begriffs sein könnten.
Strohbräute
Aus dem Jahr 1399 gibt es schriftliche Überlieferungen, in denen von einer „strobrute“ die Rede ist. „Strobrute“ bedeutet „Strohbraut“ und beschreibt junge unverheiratete Frauen, die ein Kind erwarten. Als Strafe bekamen sie bei ihrer Hochzeit einen Strohkranz als Hochzeitskranz auf den Kopf gesetzt. So konnte jeder ihre Verfehlung erkennen. Der Hochzeit voran ging der Brauch, aus Stroh geflochtene Männer der Braut vors Fenster zu stellen.
Eine Strohbraut ist, der mittelalterlichen Auffassung des Wortes nach, keine richtige Braut. Sie ist nicht mehr jungfräulich und heiratet womöglich nicht einmal den Vater ihres ungeborenen Kindes. Ganz ähnlich ist es bei der Strohwitwe. Diese ist ebenfalls keine richtige Witwe, ihr Ehemann kommt schließlich wieder. „Strohbraut“ ist in diesem Zusammenhang gleichzeitig ein Schimpfwort.
Scheinbare Braut
Ebenfalls aus dem 14. Jahrhundert stammt der Begriff der „strôbrût“. Aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt bedeutet das „scheinbare Braut“. So nannte man Mädchen, die sich haben verführen lassen und anschließend von ihrem Liebhaber verlassen wurden. Eine solche Verführung fand häufig im Freien statt. Dort war mehr Privatsphäre zu erwarten als in den damaligen Häusern. In ihnen schlief oftmals die ganze Familie in einem Zimmer.
Die Liebesnacht verbrachte das Paar daher im Gras. Am nächsten Morgen verschwand der Mann und das Mädchen wurde zur „strôbrût“. Insbesondere bezeichnete man unverheiratete Mütter so. Mädchen, die unehelichen Geschlechtsverkehr hatten, aber nicht dabei schwanger wurden, nannte man „Graswedewe“.
„Wedewe“ ist das mittelhochdeutsche Wort für „Witwe“. Auch diese Mädchen waren keine richtigen Witwen. Allerdings ging einer solchen Liebesnacht nicht selten das Versprechen voran, anschließend zu heiraten. Hielt der Mann dieses Versprechen nicht und verließ das Mädchen stattdessen, machte er sie quasi zur Witwe.
Frauen von Landarbeitern im 16. und 17. Jahrhundert
Im 16. und 17. Jahrhundert war es mancherorts üblich, dass junge Männer im Sommer auf große Höfe und Landgüter fuhren. Sie verdienten dort als Landarbeiter Geld. Meistens halfen sie bei der Ernte von Getreide. Weil die Frauen dieser Männer allein in der Heimat zurückblieben und darauf warten mussten, dass ihre Ehepartner zu ihnen zurückkamen, nannte man sie „Strohwitwen“. „Stroh“ bezieht sich dabei auf die Arbeit, die die Männer in der getrennten Zeit verrichten.
Goethes Faust I
In Goethes Faust I jammert Marthe über ihren Mann, der sie allein zu Hause lässt. Wörtlich heißt es, er lasse sie auf dem Stroh allein. „Stroh“ steht hierbei für „Bett“.
Die Bezeichnung „Strohwitwe“ könnte sich daher auch aufs Ehebett beziehen. Im 16. und 17. Jahrhundert waren Strohmatratzen üblich. Dafür wurde das Bettgestell einfach mit Stroh gefüllt und Decken oder Laken darüber geworfen. Manchmal wurde das Stroh auch eingenäht.
Eine Strohwitwe könnte demnach auch eine Frau sein, die die Nacht allein im Ehebett verbringen muss. Das würde bedeuten, dass bereits eine getrennt verbrachte Nacht ausreicht, um eine Frau so zu bezeichnen.