Was ist ein Lobbyregister: Definition, Nutzen, Bedeutung
Ein Lobbyregister und Transparenzregister dokumentiert die Einflussnahme von Interessensgruppen auf politische Entscheidungsträger. Hier registrieren sich die Vertreter der Lobbys, die von ihnen vertretenen Gruppen und Organisationen sowie die Vertreter von Legislative und Exekutive, mit denen sich verkehren. So ist für die Bürger aber auch staatliche Kontrollorgane ersichtlich, wer auf wen im Prozess der Gesetzgebung Einfluss genommen hat oder nimmt.
Inhalt
Was ist Lobbyismus
Grundlegend bezeichnet man Lobbyismus als die Beeinflussung der öffentlichen Meinung und des Entscheidungsprozesses der Legislative und Exekutive durch Vertreter von Interessengruppe in Demokratien. Was heißt das im Einzelnen?
Demokratie und die drei Gewalten
Als Demokratien bezeichnet man Herrschaftsformen, bei denen die Macht vom Volk ausgeht. Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen: δημοκρατία dēmokratía bedeutet „Herrschaft des Staatsvolkes“ und leitet sich ab von δῆμος dḗmos = „Staatsvolk“ und κράτος krátos = „Herrschaft“. Charakteristisch für die allermeisten Demokratien ist die Teilung der drei Staatsgewalten, welche durch Vertreter des Volkes ausgeübt werden.
Da wäre zunächst die Legislative, die gesetzgebende Gewalt. Das Wort leitet sich aus dem Lateinischen ab: legis ist der Genitiv von lex = „Gesetz“ und latum heißt so viel wie „getragen“ oder in diesem Fall „herbeigeführt“. Die Legislative beschließt Gesetze. In einer direkten Demokratie bildet das Volk selbst die Legislative, in repräsentativen Demokratien wählt das Volk Vertreter, die dann die Legislative bilden. In Deutschland bilden Bundestag und Bundesrat als Parlamente die Legislative. Man spricht deshalb auch von einer parlamentarischen Demokratie.
Die Exekutive wird auch als ausführende Gewalt bezeichnet. Ursprünglich kommt der Begriff ebenfalls aus dem Lateinischen: exsequi = „ausführen“, wird aber offiziell dem Französischen entlehnt, wo im 18. Jahrhundert im Zuge der Französischen Revolution der Begriff der pouvoir exécutif, der „vollziehenden Gewalt“ entstand. Sie setzt sich ihrerseits zusammen aus Gubernative (lateinisch gubernare = „steuern“) und Administrative (lateinisch administrare = „verwalten“).
Die Gubernative ist die Regierung des Staates. Diese kann direkt vom Volk gewählt werden oder auch indirekt durch Volksvertreter. In Deutschland wählt der Bundestag den Bundeskanzler als Regierungsoberhaupt, welcher dann wiederum die übrigen Regierungsmitglieder ernennt. Die Administrative ist die öffentliche Verwaltung, zu der auch Vollzugsbehörden wie Staatsanwaltschaft oder Polizei gehören.
Die dritte Gewalt ist die Judikative von lateinisch iudicare = „Recht sprechen“. Die rechtsprechende Gewalt bilden die Gerichte, welche gänzlich unabhängig von den anderen beiden Gewalten operieren. Das Bundesverfassungsgericht ist in Deutschland das höchste Organ der Judikative.
Gelegentlich ist auch von einer vierten und gar einer fünften Gewalt die Rede. Als vierte Gewalt werden gemeinhin die Massenmedien bzw. die öffentliche Berichterstattung bezeichnet, die – so zumindest der Gedanke – unabhängig von den ersten drei Gewalten über diese berichten und aufklären sollen, womit sie eine Art Kontrollinstanz in der öffentlichen Wahrnehmung darstellen. Als fünfte Gewalt werden mitunter Plattformen wie Wikileaks, aber auch die Lobbys bezeichnet, die die Interessen von Personengruppen gegenüber den anderen Gewalten Medien eingeschlossen vertreten.
Die Lobby innerhalb der Staatsgewalten
Als Lobby bezeichnet man ganz allgemein Interessengruppen in der Politik. Die Begriffsherkunft veranschaulicht im Grunde den Kerngedanken dahinter. Lobby bezieht sich nämlich durchaus auf die Lobby als Örtlichkeit und bezeichnet den Vorraum des Parlaments oder des Entscheidungsgremiums. Hier traten die Vertreter der Interessengruppen schon im Alten Rom an die Entscheidungsträger heran, beim römischen Senat wäre dies noch die Lobia.
Im Falle des britischen Unterhauses oder des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika sprach man dann entsprechend englisch von der Lobby. Hieraus resultierte dann im übertragenen Sinne der Begriff der Lobby als Bezeichnung für die Interessenvertretung einer Personengruppe oder auch Organisation. Diese Lobby wirkt auf Vertreter von Legislative, Exekutive oder auch die öffentliche Meinung, welche ja indirekt über das Wahlrecht auch Einfluss auf Legislative und Exekutive hat, ein. Die Interessenvertreter werden in Folge dessen dann als Lobbyisten bezeichnet. Die Praxis als solches als Lobbyismus.
Sinn und Zweck des Lobbyismus
Auch wenn der Lobbyismus heute eine negative Konnotation (indirekte Begleitbedeutung) hat, ist der Grundgedanke dahinter recht wertneutral. Man geht davon aus, dass Abgeordnete, Regierung und auch der Wähler sich nicht stets vollumfänglich über jedes Thema, über das sie entscheiden müssen, eigenständig informieren können. Also treten Experten für dieses Thema mit Informationen an die Entscheidungsträger heran und stellen ihnen diese bereit.
Dies betrifft zum einen die Abgeordneten, welche über Gesetzesentwürfe abstimmen, als auch die Mitarbeiter der Ministerien, die die Gesetzesentwürfe erarbeiten und zur Abstimmung vorlegen. Gleichzeitig soll so sichergestellt werden, dass die Interessen aller betroffenen Personengruppen gehört und in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.
Probleme und Gefahren des Lobbyismus
Das Problem dabei ist, dass Interessengruppen ohne eine starke Lobby entsprechend drohen, übergangen zu werden, wohingegen besonders finanzstarke Gruppen und Unternehmen mehr Einfluss geltend machen können. Werden Entscheidungsträger direkt oder indirekt durch finanzielle oder materielle Anreize von den Lobbyisten beeinflusst, wäre dies ein Fall von Korruption.
Situation in der Bundesrepublik Deutschland
In Deutschland war die Abgeordnetenbestechung ab 1994 illegal, dies beschränkte sich jedoch nur auf den Kauf von Stimmen. Alle anderen Formen der Korruption waren bis 2014 legal, wobei der entsprechende Paragraf als so schwammig angesehen wurde, dass man 2021 noch einmal nachbesserte. Allerdings gibt es Mittel und Wege, diese Form der Bestechung quasi zu legitimieren. Lobbyorganisationen können Parteien Finanzmittel spenden; Abgeordnete können als Berater oder Redner von Unternehmen und Interessengruppen beschäftigt werden. Derartige Nebeneinkünfte sind jedoch anzeigepflichtig, d.h. die Abgeordneten müssen sie gegenüber dem Bundestagspräsidium offenlegen.
Das Lobbyregister als Kontrollinstrument
Die wenigsten Lobbyisten treten offen als solche auf, stattdessen werden euphemistische Titel wie Public Affairs Manager (deutsch in etwa: „Leiter der Abteilung für öffentliche Angelegenheiten“), Consultant („Fachberater“) oder Policy Advisor („Politikberater“) verwendet. Ferner ist für die Öffentlichkeit aber auch staatliche Kontrollorgane selten ersichtlich, welcher Lobbyist wessen Interessen vertritt und mit welchen Vertretern von Legislative und Exekutive sie verkehren.
Um dem Abhilfe zu schaffen, haben einige Staaten sogenannte Lobbyregister eingeführt, in denen die Lobbyisten, die von ihnen vertretenen Interessengruppen und Organisationen, die daraus resultierenden Ziele und Absichten sowie zur Verfügung stehende Mittel und auch die Termine, welche sie mit politischen Entscheidungsträgern haben, dokumentiert werden. So soll größere Transparenz geschaffen werden. Da Lobbyregister für gewöhnlich öffentlich einsehbar sind, ermöglichen sie es dem Wähler nachzuhalten, durch wen ein Abgeordneter oder ein Regierungsmitglied beeinflusst werden könnte.
Es mag wenig überraschen, dass gerade Mitglieder wirtschaftsnaher, also neoliberaler und konservativer Parteien Lobbyregister tendenziell eher ablehnen, während linke Parteien diese befürworten. Da neoliberale und konservative Parteien ohnehin die Interessen von Arbeitgebern, der Industrie, aber auch der Kirchen vertreten, treten die Lobbyisten eben dieser finanzstarken Gruppen tendenziell eher an diese heran. Linke Parteien lehnen den Einfluss der Wirtschaft auf den politischen Entscheidungsprozess hingegen ab, befürworten sogar das genaue Gegenteil. Deshalb sind sie nicht nur seltener Ansprechpartner entsprechender Lobbys, sondern auch programmatisch für deren stärkere Kontrolle und mehr Transparenz.
Diese und die NGOs (NGO = Non-governmental organization, zu Deutsch: „Nichtregierungsorganisationen“) kritisieren für gewöhnlich, dass es bei bestehenden Lobbyregistern häufig keinerlei Sanktionen gibt, wenn die gemachten Angaben fehlerhaft oder unzureichend sind oder aber gar kein Eintrag erfolgt. Damit wäre das Lobbyregister de facto freiwillig und im Grunde wirkungslos.
In einigen Ländern – so etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika – gibt es eine Schwellenwertregelung. Das bedeutet, dass Lobbyisten und Lobbyorganisationen sich erst ab einer bestimmten Höhe finanzieller Ausgaben und Arbeitszeiten registrieren lassen müssen. So soll kleineren Interessengruppen der Zugang zu Entscheidungsträgern erleichtert und in gewisser Weise das Ungleichgewicht zwischen finanzstarken und finanzschwachen Lobbys ein wenig ausgeglichen werden.
Aktuelle Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Bis zum 1. Januar 2022 existierte in der BRD kein verbindlicher Lobbyregister. Entsprechende Gesetzesentwürfe von den Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen scheiterten ein ums andere Mal an der vehementen Ablehnung durch die Unionsparteien CDU und CSU und die FDP. Seit 1972 hatte zwar eine Öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern existiert, doch waren sowohl die Registrierung selbst als auch alle gemachten Angaben freiwillig.
Erst als sich 2021 Korruptionsskandale in der CDU/CSU häuften, gaben besagte Parteien dem öffentlichen Druck nach, wobei entsprechendes Gesetz nicht vorschreibt, dass registriert werden müsse, welche Lobbys auf einen Gesetzesentstehungsprozess Einfluss genommen haben. Deshalb geht vielen Vertretern von SPD, Grünen und Linken das bestehende Gesetz nicht weit genug.
Zusammenfassung
- Lobbys bzw. die für sie tätigen Lobbyisten vertreten die Interessen von Personengruppen, Organisationen und Unternehmen.
- Dabei nehmen sie sowohl Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung als auch auf politische Entscheidungsträger.
- Diese politischen Entscheidungsträger können sowohl Regierungsmitglieder sein, die Gesetzesentwürfe erarbeiten und im Parlament zur Abstimmung bringen (Exekutive), als auch Abgeordnete, die über die Gesetzesentwürfe im Parlament abstimmen (Legislative).
- Die Einflussnahme kann neben dem Bereitstellen von Informationen auch Zuwendungen an Personen und Parteien miteinschließen.
- Um diese Form der Korruption einzuschränken, kann ein Lobbyregister eingeführt werden, in dem sich Lobbyisten registrieren und offenlegen müssen, mit welchen politischen Entscheidungsträgern sie verkehrt haben.
- Ein solches Lobbyregister ist nur dann wirklich wirksam, wenn er verpflichtend und transparent ist und fehlerhafte oder unvollständige Angaben sanktioniert werden können.