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Experimente als Methode der Psychologie: Planung, Durchführung, Auswertung


Experimente sind aus der Wissenschaft nicht wegzudenken. Die Psychologie bildet da keine Ausnahme. Durch Experimente können kausale Zusammenhänge aufgezeigt werden, die bei anderen Erhebungsmethoden nicht erkennbar werden würden. Sie zeigen also, welche Ursache einer bestimmten Folge vorausgeht. Spannende Informationen zu den Abläufen von Experimenten, deren Merkmale sowie historische Beispiele findest du einige in den folgenden Absätzen.

Was bezeichnet man als Experiment in der wissenschaftlichen Psychologie

Experimente wollen vorrangig die Kriterien der Kausalität erfüllen.
In wissenschaftlichen Experimenten soll der Einfluss einer unabhängigen Variable auf eine abhängige Variable nachgewiesen werden. Die unabhängige Variable wird in einer experimentellen Bedingung geändert und anschließend wird beobachtet, wie diese Manipulation sich auf die abhängige Variable auswirkt.

Was heißt das?
Ein Beispiel ist der Zusammenhang zwischen dem Spielen gewalthaltiger Computerspiele (unabhängige Variable) und Aggressivität (abhängige Variable). Um diesen zu untersuchen, könnte einer bestimmten Anzahl von Personen ein Fragebogen vorgelegt werden.

Dieser erfragt die Neigung der jeweiligen Person zu aggressivem Verhalten und der Vorliebe von gewalthaltigen Computerspielen. Beim Auswerten der Daten zeigt sich vielleicht nun der folgende Zusammenhang zwischen beiden Variablen: Je häufiger gewalthaltige Computerspiele gespielt werden, desto aggressiver ist die Person.

Die Manipulation der unabhängigen Variablen (mehr Computerspiele) hat Einfluss auf die abhängige Variable (Aggression). Damit scheint bewiesen: „Ballerspiele“ machen aggressiv. Doch ist der Fall damit also klar? Nein.

Das Problem dabei ist nämlich, dass hier nur eine Korrelation vorliegt. Das heißt, es besteht schon ein Zusammenhang zwischen gewalthaltigen Spielen und aggressivem Verhalten. Allerdings besteht deshalb noch kein kausaler Zusammenhang. Es könnte auch so sein, dass aggressivere Menschen einfach eher an gewalthaltigen Spielen interessiert sind. Auch andere Variablen können nicht ausgeschlossen werden.

Kausalität besteht nur dann, wenn die Variable A der Variable B zeitlich voraus geht. In diesem Beispiel müsste es also eindeutig erst nach dem Konsum von gewalthaltigen Spielen zu einem Anstieg von Aggressivität kommen. Außerdem müssen beide Variablen kovariieren. Das bedeutet, dass die eine Variable ansteigen muss, sofern die andere es ebenfalls tut. Der Einfluss von Drittvariablen muss ebenfalls ausgeschlossen werden, damit eine Kausalität angenommen werden kann.

Um einen kausalen Zusammenhang von „Ballerspielen“ und Aggressivität zu untersuchen, könnten Versuchspersonen in einem Experiment nun in zwei Gruppen aufgeteilt werden. Die eine Gruppe spielt ein gewalthaltiges Computerspiel (Experimentalgruppe), die andere Gruppe ein gewaltfreies Spiel (Kontrollgruppe). Anschließend wird beiden Gruppen der gleiche Fragebogen vorgelegt, mit dem das Ausmaß ihrer Aggression erfasst werden soll.

Obwohl die experimentellen Bedingungen im Labor besser kontrollierbar sind als bei einer Fragebogenstudie, können dennoch Störvariablen in Erscheinung treten. Denn selbst wenn die Ergebnisse einen kausalen Zusammenhang zwischen gewalthaltigen Spielen und Aggressivität zeigen, kann das Ergebnis von anderen Dingen konfundiert, das heißt beeinflusst worden sein. Ein Beispiel wäre das Geschlecht.

Wenn die Ergebnisse mit dem scheinbar kausalen Zusammenhang nochmal hinsichtlich dieser Variable untersucht werden würden, könnte sich noch ein anderes Bild zeigen. Nämlich, dass männliche Versuchspersonen generell höhere Aggressionswerte aufweisen. Um diesen Einfluss der Störvariable Geschlecht zu minimieren, müsste ein gleich großer Anteil weiblicher und männlicher Versuchspersonen auf Experimental- und Kontrollgruppe verteilt werden.

Was ist der Unterschied zwischen einer systematischen Beobachtung und einem Experiment?

Eine Beobachtung kann Korrelationen zeigen, aber nicht unbedingt einen kausalen Zusammenhang.
Bei Experimenten ist die Wahrscheinlichkeit höher, valide Schlussfolgerungen zu ziehen als bei Beobachtungen. Denn die Standards sind höher und die Bedingungen besser kontrollierbar.

Bei einer Beobachtung verhält es sich etwas schwieriger. Dazu nehmen wir folgendes Beispiel: Du möchtest ein Beet anlegen und möchtest wissen, ob deine Blumen mit einem bestimmten Dünger besser wachsen als ohne. Dazu kannst du zwei Beete anlegen, die denselben Bedingungen unterliegen. Beide erhalten die gleiche Menge an Sonnenlicht und dieselbe Menge an Wasser. Auch die Blumenerde ist in beiden Beeten dieselbe. Die Blumen in Beet A behandelst du nun mit dem Dünger, die Blumen in Beet B nicht. Gedeihen die Blumen in Beet A am Ende besser als die in Beet B, kannst du dir recht sicher sein, dass der Dünger einen kausalen Einfluss auf das Pflanzenwachstum hat. Alle anderen Bedingungen waren schließlich identisch.

Erst wenn alle anderen Störvariablen ausgeschlossen wurden und nur Variable A und B isoliert sind, kann das Experiment gelingen. In der Beobachtungen gibt es immer Störvariablen, welche das Ergebnis verfälschen könnten.

Beobachte, wenn du nicht alles kontrollieren kannst

Manchmal sind kontrollierte Experimente allerdings nicht umsetzbar.
Entweder weil sie zu kostenintensiv oder zu zeitaufwändig wären. Oder weil sie ethisch nicht vertretbar wären. So können die Folgen des Rauchens von Zigaretten auch nicht experimentell untersucht werden.

Dazu müssten immerhin Nichtraucher in zwei Gruppen aufgeteilt werden, wobei die Experimentiergruppe zu rauchen beginnen müsste und die Kontrollgruppe nicht. Da Rauchen mit gesundheitlichen Schäden verbunden ist, lässt sich so ein Experiment auch nicht umsetzen.

Aufgrund mangelnder Umsetzbarkeit von experimentellen Studien kann zu Beobachtungen gegriffen werden. Um beim Beispiel mit den Blumenbeeten zu bleiben, stelle dir folgendes vor: Zwei Gärtner züchten dieselbe Sorte Blumen, wobei Gärtner A den Dünger benutzt und Gärtner B nicht. Nun kann es natürlich sein, dass die Blumen von Gärtner A wesentlich bessere Ergebnisse erzielen als die von Gärtner B.

Allerdings kannst du dir nicht sicher sein, ob der Dünger hierbei die ausschlaggebende Variable war. Es könnte auch sein, dass die Bodenqualität der jeweiligen Beete sich unterschieden hat oder dass Gärtner A die Blumen anders bewässert hat als Gärtner B. Daher solltest du dich vorab informieren, wie die jeweiligen Rahmenbedingungen sind. Vergleiche also nur Gärtner, die in möglichst vielen Punkten übereinstimmen. Doch selbst dann kannst du dir nicht ganz sicher sein, ob nicht doch noch Unterschiede vorliegen, die das Ergebnis beeinflussen. Bei Beobachtungsstudien ist daher ein gewisses Maß an Skepsis geboten.

Welche Rolle spielt die Willkürlichkeit eines Experimentes in der wissenschaftlichen Psychologie?

Mit Willkürlichkeit ist die Planmäßigkeit beziehungsweise Absichtlichkeit der Untersuchung gemeint.
Nur durch die freie Manipulation der unabhängigen Variable ist es möglich, die Ursache-Wirkungszusammenhänge zuverlässig zu testen.

Ob eine Kausalität vorliegt, kann also nur mittels willkürlicher Veränderungen geprüft werden. Daher ist Kausalität auch häufiger in Laborexperimenten möglich als bei Beobachtungen oder in der Feldforschung. Außerhalb des Labors ist diese Manipulation manchmal nicht umsetzbar.

Ebenso bedeutet Willkürlichkeit, dass der Versuchsleiter das Experiment zeitlich bestimmen kann. Er legt Anfang, Verlauf und Ende der Untersuchung fest und nimmt eine planmäßige Kontrolle der Untersuchungsbedingungen vor. Auch der Ort sowie alle anderen Bedingungen des Experimentes sind durch den Versuchsleiter bestimmbar.

Warum muss ein psychologisches Experiment variierbar sein?

Um den Grad des Einflusses der unabhängigen auf die abhängige Variable zu untersuchen, muss die Variierbarkeit gegeben sein.

Sollen beispielsweise die Auswirkungen von Lärm auf die Konzentrationsfähigkeit untersucht werden, kann die unabhängige Variable (der Lärm) in verschiedenen Abstufungen eingesetzt werden. Wenn die Hypothese „Je lauter die Umgebung, desto schlechter Konzentration“ lautet, kann diese mittels der Abstufungen der Lärmintensität untermauert oder wiederlegt werden.

Wieso muss jedes wissenschaftliche Experiment wiederholbar sein?

Wiederholungen zeigen die Gültigkeit des Experimentes an.

Bei mehrmaligen Wiederholungen eines Experimentes sollten möglichst ähnliche Ergebnisse herauskommen. So kann überprüft werden, ob die Testung valide ist und das zu messende Konstrukt wirklich misst. Störvariablen können auf diesem Weg ausgeschlossen werden.

Außerdem kann durch die Replizierbarkeit der Ergebnisse die dahinterstehende Hypothese untermauert werden. Jedes Experiment, das dieselben Ergebnisse hervorbringt, spricht für die untersuchte Hypothese.

Wichtige und berühmte Experimente in der Psychologie

Um dir die Vorgehensweise in Experimenten ein wenig zu veranschaulichen, folgen nun einige Beispiele aus der Geschichte der Psychologie.

Ein bekanntes Experiment zur klassischen Konditionierung stammt von John B. Watson. Dieser war ein Hauptvertreter des Behaviorismus und untersuchte zu Beginn der 1920er Jahre diese Art des Lernens beim Menschen.

Bei der Versuchsperson handelte es sich um „Little Albert“ – einem Kleinkind. Watson kombinierte in seinem Experiment weiße, flauschige Objekte mit einem lauten Knall. Zunächst wurde dem kleinen Albert eine Ratte gezeigt, mit der er neugierig spielte. Während des Experiments ertönte jedes Mal beim Anblick der Ratte ein lauter, metallischer Knall. Durch diesen erschrak das Kind und begann zu weinen.

Durch die mehrmalige Verbindung von Knall und Ratte begann Albert irgendwann allein beim Anblick der Ratte an zu weinen. Gleichzeitig stellte Watson fest, dass Albert nicht nur vor der Ratte Angst entwickelte. Auch andere weiße, flauschige Objekte (wie Wattebäusche oder eine Nikolausmaske) brachten ihn zum Weinen. Aus ethischer Sicht ist dieses Experiment heute sehr umstritten.

Den Einfluss von Gruppenzwang auf Individuen untersuchte Solomon Asch Anfang der 1950er Jahre. In seinem Experiment zur Konformität gab es nur eine echte Versuchsperson in einer Gruppe von Leuten. Die anderen „Versuchspersonen“ waren in das Experiment eingeweiht.

Der Gruppe wurden Karten mit Linien in verschiedenen Längen gezeigt. Die Versuchspersonen sollten sagen, welche der Linien genauso lang war, wie eine Referenzlinie auf einer anderen Karte. Die eingeweihten Versuchspersonen sollten vorsätzlich die falsche Linie benennen, um den echten Probanden zu verunsichern. Und tatsächlich: Die echten Versuchspersonen passten ihre Aussagen bei etwa einem Drittel der Durchgänge dem falschen Urteil der eingeweihten an. Und das, obwohl die Linien eindeutig nicht in der Länge übereinstimmten.

Stanley Milgram erhielt durch seine Forschung zum Gehorsam gegenüber Autoritäten viel Aufmerksamkeit. In seinem Labor gab es wieder eine echte und eine eingeweihte Versuchsperson. Ersterer wurde erzählt, dass es sich um ein Experiment zu Lernprozessen handle. Sie sollte mit der anderen Versuchsperson Aufgaben durchgehen und dieser einen leichten Stromschlag verabreichen, wenn die Lösung der Aufgabe falsch war.

Dabei wusste sie nicht, dass nicht wirklich Stromschläge zum Einsatz kamen und die eingeweihte Versuchsperson die Schmerzen nur vorspielte. Bei jeder falschen Antwort sollten die vermeintlichen Stromschläge erhöht werden. Viele Probanden wollten vorzeitig aufhören. Der Versuchsleiter wies sie allerdings zum Weitermachen an, was ein Großteil der Teilnehmer dann auch tat. Da die Versuchspersonen dem Mann im Kittel eine gewisse Kompetenz zuschrieben, übertrugen sie auch die Verantwortung des Experimentes an ihn und machten trotz ihrer Zweifel mit den Stromschlägen weiter.

Die Puppe „Bobo“ erlangte durch die Experimente von Albert Bandura Berühmtheit. Sie war Bestandteil seiner Untersuchungen zum Modell-Lernen. In diesem Experiment wurde drei Gruppen von Kindern ein Video gezeigt. Dieses zeigte eine Person, die sich aggressiv gegenüber Bobo verhielt: Sie schlug und trat die Puppe und beschimpfte sie.

Die erste Gruppe von Kindern sah am Ende des Videos, wie die Person von einer anderen Person für das aggressive Verhalten belohnt wird. Der zweiten Gruppe wurde ein Ende gezeigt, in dem die Person bestraft wird. In der dritten Version kommt keine weitere Person hinzu – das aggressive Verhalten blieb also unkommentiert.

Anschließend wurden die Kinder in einen Raum gebracht, der die gleichen Gegenstände wie im Video enthielt. Darunter auch Bobo. Abhängig vom Ende des Videos variierte auch das Verhalten der Kinder. Wurde das aggressive Verhalten im Video gelobt, zeigten die Kinder sich ebenfalls aggressiver gegenüber Bobo. Sahen die Kinder das Video mit der Bestrafung am Ende, waren sie weniger aggressiv. Allerdings zeigten sie eine vergleichbare Aggressivität, wenn der Versuchsleiter sie dazu ermutigte. Folgte im Video keine Konsequenz auf das aggressive Verhalten, waren die Kinder ähnlich aggressiv wie nach dem Video, das die Belohnung beinhaltete.

Ein weiteres Experiment ist der Marshmallow-Test von Walter Mischel aus den 1960er Jahren. Hierbei wurde das Aufschieben von Belohnungen untersucht. Der Versuchsleiter stellt hierbei dem einem vierjährigen Kind einen Teller mit einem Marshmallow vor die Nase. Er sagt ihm, dass er eine Weile aus dem Raum geht. Das Kind kann den Versuchsleiter durch das Läuten einer Glocke zurückrufen und bekommt dann den einen Marshmallow.

Alternativ kann es auch darauf warten, dass der Versuchsleiter von allein wiederkommt. In dem Fall würde es sogar zwei Marshmallows erhalten. Mischel fand heraus, dass die Fähigkeit des Belohnungsaufschubs mit einer höheren schulischen Leistungsfähigkeit und einem besseren Umgang mit Stress und Frustration einherging.

Natürlich gibt es noch viele weitere nennenswerte Experimente. Doch diese kurze Liste sollte dir bereits die Relevanz von experimentellen Studien für die Psychologie aufgezeigt haben.


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