Landwirtschaft im antiken Griechenland
Die karge, unfruchtbare und steinige Landschaft Griechenlands ist nicht alleine dem trockenen Klima zuzuschreiben. Sie ist vor allem menschengemacht. Um Vieh halten oder Felder anlegen zu können, wurden seit der Bronzezeit riesige Waldflächen abgeholzt. Das Holz der Bäume wurde als Feuerholz verbrannt oder zur Herstellung von Werkzeugen, Waffen und dem Bau von Häusern und Schiffen verwendet. Gerade der Schiffsbau sicherte im antiken Griechenland einen florierende Handel und den Austausch von Gütern zwischen den Polis (Stadtstaaten).
Mit der Sesshaftwerdung des Menschen begann die Landschaftszerstörung und dadurch bedingt die nachhaltige Landschaftsveränderung, nicht nur in Griechenland. Je mehr Menschen an einem Ort lebten, desto mehr Land brauchten sie, um ausreichend Nahrungsmittel produzieren zu können.
Wie in allen Kulturen dieser Zeit war die Landwirtschaft auch das wirtschaftliche Fundament des antiken Griechenlands. Vermutlich waren gut 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Demeter war die für die Landwirtschaft zuständige Göttin. Sie wachte über die Fruchtbarkeit des Bodens, über das Getreide, die Saat und über die Jahreszeiten.
Inhalt
Landwirtschaft statt Landschaft
Archäologen erkennen größere Siedlungen alleine an der Zahl der Keramikscherben und Getreidemahlsteinen, die in der Landschaft hinterlassen wurden. Interessanterweise finden sich diese Beweise für die Existenz ehemals fruchtbarer Böden in heute völlig unergiebigen und menschenleeren Regionen. Ohne Mutterboden und ohne irgendeine Form von Pflanzenbewuchs sind sie schon lange nicht mehr bewohnbar. In früher Zeit war das anders. Paläobotaniker konnten nachweisen, dass mit Beginn der Bronzezeit (etwa 3000 v. Chr.) der Bestand an Eichen plötzlich abnahm. Riesige Flächen wurden abgeholzt. Stattdessen wuchsen nur noch Heidekraut, Weißbuchen und Kiefern.
Archäologen schließen aus alledem, dass die Menschen Weideland für ihre Schaf- und Ziegenherden benötigten und deswegen die Berghänge entwaldeten. In der Folge kam es überall zu Bodenerosion. Wind und Wasser konnten den Boden problemlos abtragen. Im antiken Griechenland kam es zu zwei großen Erosionsphasen: um 2500 v. Chr. und zwischen 350 bis 50 v. Chr. Sie fallen zusammen mit Phasen extensiver Besiedlung und dadurch bedingt zu großflächigen Abholzungen für die anschließende intensive landwirtschaftliche Nutzung der nun baumfreien Flächen.
Die Zweifelderwirtschaft
Die Zweifelderwirtschaft des antiken Griechenlands entwickelte sich aus dem Wanderfeldbau. Wanderfeldbau bezeichnet eine bestimmte Art der Bodennutzung. Eine landwirtschaftlich genutzte Fläche wird einige Jahre intensiv genutzt, so lange bis sie nicht mehr ergiebig ist. Dann werden eine neue Anbaufläche und eventuell auch eine neue Siedlung angelegt. Diese Form der Landwirtschaft ist flächenextensiv.
Die Zweifelderwirtschaft sah so aus, dass ein Feld bestellt wurde, während ein anderes brach lag und sich regenerieren konnte. Alle zwei Jahre gab es einen Fruchtwechsel. Es wurde also nach jedem Jahr, in dem eine Ackerfläche brachgelegen hatte, eine andere Pflanzenart angebaut. Es gab im antiken Griechenland kaum Tierhaltung, deswegen wurde kein Tierdung zur Verbesserung der Böden verwendet. Als Bodenzusatz wurde lediglich Unkraut untergepflügt. Dadurch dass auch die Brachen umgepflügt wurden, wurden die Ackerböden massiv der Erosion ausgesetzt. Fruchtbarer Boden wurde vom Wind abgetragen oder durch Regen von den Hängen gespült. Auf Dauer ließ deswegen die Fruchtbarkeit aller Böden nach, was zu Versorgungsengpässen der Stadtstaaten (der Poleis) führte.
Ackerbau und Gartenbau
Die Landwirtschaft und damit auch die Ernährung im antiken Griechenland basierten auf dem Getreideanbau. Es handelte sich dabei zu 90 Prozent um Gerste. Daneben wurde auch Emmer und Weizen angebaut. Dass Weizen das höherwertigere Getreide ist, wussten auch die alten Griechen. Aber Gerste ist deutlich weniger anspruchsvoll und ihr Anbau dadurch deutlich produktiver. Emmer ist ebenfalls ein sehr genügsames Getreide, das auch auf mageren und nährstoffarmen Feldern wächst, aber es ist im Vergleich wenig ertragreich.
Die Siedlungen wuchsen schnell an, die Anbauflächen konnten aber nicht gleichermaßen ausgeweitet werden. Der Bedarf an Getreide war höher als die Ernteergebnisse. Aus diesem Grund kam es zum Ende der Mykenischen Kultur (etwa 1000 v. Chr.) zur sogenannten Ionischen Kolonisation und in der archaischen Zeit der Antike (vom 8. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr.) zur sogenannten Griechischen Kolonisation. Überall an den Mittelmeer- und Schwarzmeerküsten entstanden griechische Siedlungen, ausgehend von den Poleis des griechischen Festlandes, der ägäischen Inseln und der Westküste Kleinasiens, die ihre Bevölkerung nicht mehr ausreichend versorgen konnten.
Neben Getreide war Olivenöl ein wichtiger Faktor in der Ernährung und für den Handel. Olivenbäume wurden schon sehr früh in der Geschichte genutzt. Zwar eignete sich das Klima hervorragend für die Anlage von Olivenplantagen. Aber es dauert über zwanzig Jahre, bis ein Olivenbaum Früchte trägt, und das nur alle zwei Jahre. Als dritte Kernkultur der antiken griechischen Landwirtschaft zählen die Trauben. Sie benötigen viel Pflege, eignen sich aber sehr gut zum Anbau, dank der klimatischen und topographischen Gegebenheiten. Wein war ebenso wie Olivenöl ein wichtiges Exportgut.
Neben den großen Anbauflächen für Getreide, Olivenbäume und Trauben gab es noch den wichtigen Gartenbau für Gemüse und Kräuter. Angebaut wurden Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Zwiebeln, Kohl und Knoblauch, außerdem Oregano, Salbei, Thymian, Minze und Bohnenkraut. Aus den Obstgärten kamen Feigen, Äpfel, Birnen und Mandeln und an Ölsaaten gab es Sesam, Mohn und Leinsamen.
Tierhaltung und Bienenzucht
Im antiken Griechenland gab es relativ wenig geeignetes Gelände, um Vieh zu halten. Die Tierhaltung war also wenig entwickelt. Wer Tiere hatte, war deswegen ein gemachter Mann. Tierhaltung bedeutete Macht und Reichtum. Es handelte sich hauptsächlich um Ziegen und Schafe, die nicht nur Milch und Fleisch, sondern auch Wolle lieferten. Es gab aber auch Schweine, Hühner und Gänse. Ochsen waren selten und wurden als Arbeitstiere gebraucht. Esel und Maultiere waren Pack- und Zugtiere. Pferde wurden ebenfalls gezüchtet, galten aber als Luxustiere der Aristokraten.
Die Tiere weideten auf dem Brachland und wurden mit Küchenabfällen gefüttert. Die Schafherden wurden allerdings im Winter in den Tälern und im Sommer in den Bergen getrieben. Es gab Bauern, die Landwirtschaft und Tierhaltung kombinierten. Es gab aber auch welche, die sich auf die Tierzucht spezialisiert hatten. Schon früh betätigten sich die alten Griechen auch als Imker. Die Bienen lieferten den begehrten Honig. Es gab keine andere Zuckerquelle im antiken Griechenland. Die Bienenstöcke lieferten zudem das Wachs für den Bronzeguss und das dabei verwendete Ausschmelzverfahren.
Großgrundbesitzer, Bauern, Agrarhandel
Der Großteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen gehörte Großgrundbesitzern. Die Verteilung der Flächen und die Landnutzung waren in den verschiedenen Poleis aber unterschiedlich geregelt. Seit der Antike (ab dem 8. Jahrhundert v. Chr.) wuchsen die Spannungen zwischen den kleinen Bauern und den Großgrundbesitzern, denn verschuldete, zahlungsunfähige Bauern wurden versklavt. Es existierte das Prinzip der Schuldknechtschaft.
Die Spannungen gingen mit einer Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen in den Stadtstaaten einher. Denn eine verringerte Kindersterblichkeit hatte ein zunehmendes Bevölkerungswachstum zur Folge. Den Bauern, die außerhalb der Städte ihre Felder bestellten, fiel es immer schwerer, zu überleben. Sie hatten mehr überlebende Kinder und die zu bewirtschafteten Flächen wurden von Generation zu Generation immer kleiner. Der Grund dafür war die Nachfolgeregelung, die jedem Erben gleichmäßig viel Land zusprach. Dadurch gab es immer mehr Bauern mit immer weniger Land.
Im gebirgigen und küstenreichen Griechenland gab es nur wenig landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Nur etwa zehn Prozent des Landes konnte bewirtschaftet werden. Zu wenig für die Stadtstaaten, um sich selbst versorgen zu können. Es gab nur zwei Möglichkeiten, das Problem zu lösen. Entweder mussten die Poleis Waren, vor allem Getreide, aus dem Ausland importieren. Das Getreide kam über Land aus Thrakien (dem heutigen Bulgarien), in hellenistischer Zeit von den Seleukiden aus Mesopotamien und auf maritimen Handelsrouten von den Ptolemäern aus Ägypten; oder sie sandten Kolonisten aus, um als Aussiedler neue Siedlungen zu gründen.