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Was bedeutet Tierwohl: 10 weitere Fragen & Antworten zum Tierwohl


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Mit Tierwohl ist das Wohlergehen von Tieren gemeint. Der Begriff bezieht sich darauf, wie es einem Tier geht und meint zunächst einmal alle Tiere. Somit sind Haus-, Heim- und Nutztiere ebenso gemeint, wie Versuchstiere oder eingesperrte Wildtiere, die beispielsweise in Zoos leben. Es geht um Tiergerechtheit, also um einen tier- und artgerechten Umgang mit Tieren, als auch bei der Haltung von Tieren. Ohne Tiergerechtheit gibt es kein Tierwohl.

Was bedeutet Tierwohl: Definition und Bedeutungsebenen

Der Begriff Tierwohl, der seit einiger Zeit in aller Munde ist, bezieht sich im Bewusstsein der Allgemeinheit allerdings in erster Linie auf Nutztiere in der Landwirtschaft, in der Fleischwirtschaft und konkret auf die Tiere in der Massentierhaltung. Tierwohl ist nicht gleichzusetzen mit Tierschutz. Denn ginge es um den Schutz der Tiere, dürften sie nicht ausgebeutet, geschlachtet und gegessen werden. Tierwohl bedeutet lediglich, dass die Tiere, solange sie leben und bis sie sterben oder getötet werden, „tiergerecht“ gehalten werden. Tierwohl in der Tierhaltung meint somit lediglich eine Mindestanforderung und steht für das Bemühen um:

  • Tiergesundheit
  • Möglichkeit für normales Tierverhalten
  • Vermeidung negativer Emotionen wie Angst, Stress und Schmerz

Was tiergerecht bedeutet, entscheidet natürlich der Mensch. Aber ein Tier in der Massentierhaltung würde sein eigenes Wohlbefinden sicher anders definieren, als dies der Mensch für ihn macht. Der Begriff Tierwohl ist häufig nicht mehr als ein betriebswirtschaftliches Fahnenwort. Ein Schlagwort, mit dem die Fleischwirtschaft vermeintlich Flagge zeigen, aber vor allem sich reinwaschen kann. Fahnenwörter sind grundsätzlich und voraussetzungslos positiv konnotiert oder anders gesagt „aufgeladen“.

Tierwohl ist also ein grundsätzlich positiv besetzter Begriff. Der Wortbestandteil „Wohl“ in dem Begriff „Tierwohl“ wird von den Konsumenten mit „Wohlbefinden“ assoziiert und als angenehmes Empfinden wahrgenommen. Wenn dann womöglich noch die Rede von „mehr Tierwohl“ ist, wird den Konsumenten eine Steigerung von einem angeblich schon vorhandenen Tierwohl vorgegaukelt. Leider geht es bei der Umsetzung von Tierwohl in der Nutztierhaltung aber häufig lediglich um eine Verminderung von Leid.

Was sind Tierwohlstufen und Niveaus

Tierwohl beschreibt aus Sicht der Wissenschaft „den Zustand des Tieres mit Bezug auf den Grad der Gesundheit und des Wohlbefindens“. Das Wohlbefinden bemisst daran, „inwiefern sich ein Tier seinen natürlichen Bedürfnissen entsprechend mit der Umwelt auseinandersetzen und dabei positive Gefühle empfinden kann“, so die Nutztierethologin Ute Knierim von der Universität Kassel.

Entsprechend gibt es individuell unterschiedlich hohe Ausprägungen von Tierwohl. Ein niedriges Tierwohlniveau bedeutet, dem Tier geht es nicht gut und es ist krank. Ein hohes Niveau an Tierwohl würde umgekehrt bedeuten, dass sich das Tier wohlfühlt und gesund ist.

Warum beruht Tierwohl auf Tiergerechtheit und nicht auf Tiergerechtigkeit

Obwohl ein Tier sein eigenes Wohl anders definieren würde, ist der Begriff Tierwohl ein Anfang, um dem Leiden der Nutztiere von ihrer Geburt bis zu ihrer Schlachtung entgegenzuwirken. Immerhin gibt es Menschen, die sich auf die Fahne geschrieben haben, etwas für die Tiere in der Massen- und Nutztierhaltung zu tun. Auch wenn sich hinter dem Begriff Tierwohl eventuell nicht mehr verbirgt als die Möglichkeit, mit wenig Aufwand mehr Geld zu verdienen, dient er doch der Minderung des Tierleids.

Es sind die Konsumenten, die entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben. Wer bereit ist, mehr Geld für Tierwohl-Produkte auszugeben, motiviert die Fleischwirtschaft dazu, ihre „Produktionsbedingungen“ zu verbessern. Wenn die Konsumenten lieber Fleisch kaufen, das mit dem Tierwohllabel gekennzeichnet ist, reagiert die Wirtschaft sehr konkret darauf. Dann sind Verbesserungen in der Tierhaltung machbar, beispielsweise wird auf mehr Bewegungsfreiheit zu Lebzeiten oder auf die Betäubung vor der Tötung geachtet. Das Tierwohllabel sollte ein Gütesiegel sein, welches es den Konsumenten erleichtert, tiergerechtere Produkte zu kaufen.

Die Lebensbedingungen tiergerecht zu gestalten hat nichts damit zu tun, sie gerecht – im Sinne von Gerechtigkeit – für das Tier zu gestalten. Um Gerechtigkeit für Tiere geht es nicht, wenn die Rede vom Tierwohl ist. Und Tiergerechtigkeit wäre ein Fall für die Ethik. Der Begriff Tiergerechtheit steht lediglich für die Möglichkeit der Messbarkeit der Haltungsumgebung der Tiere und des Umgangs mit ihnen.

Somit ist Tiergerechtheit lediglich ein Indiz für die Vermeidung oder wenigstens die Verminderung von Schäden, Schmerzen und Leiden von Tieren. Das Tierwohl beruht also auf Tiergerechtheit und nicht auf einen ethischen Gerechtigkeitsbegriff. Und ginge es um Gerechtigkeit für Tiere, dürften keine Schlachtunternehmen sich des Tierwohllabels bedienen.

Was sind Mindestanforderungen für das Tierwohl

Das Thema Tierwohl ist nicht neu. In England wurden im Jahr 1979 vom UK Farm Animal Welfare Council (FAWC) die sogenannten fünf Freiheiten („Five Freedoms“) veröffentlicht, eine Art politisches Bekenntnis für ein Mindesttierwohl. Sie basieren auf einem Bericht zur Nutztierhaltung aus dem Jahr 1965, der von der britischen Regierung in Auftrag gegeben wurde. Diese fünf Freiheiten wurden weltweit von Tierarztverbänden und Tierschutzorganisationen aufgegriffen:

  • Freiheit von Hunger und Durst: Die Tiere müssen Zugang zu frischem Wasser und gesundem Futter haben.
  • Freiheit von haltungsbedingten Beschwerden: Die Tiere müssen eine geeignete Unterbringung haben. Dazu gehören auch adäquate Liegeflächen. Eine stärkere Strukturierung im Stall könnte den Platz in Schlaf-, Spiel-, Fress- und Kotbereiche teilen.
  • Freiheit von Schmerz, Verletzungen und Krankheiten: Die Tiere müssen durch vorbeugende Maßnahmen, durch schnelle Diagnosen und Behandlungen, ohne überflüssige Amputationen und durch Betäubung im Bedarfsfall tierärztlich versorgt werden.
  • Freiheit von Angst und Stress: Die Tiere müssen vor Angst und Stress geschützt werden, um ihnen emotionales Leid zu ersparen.
  • Freiheit zum Ausleben normaler Verhaltensmuster: Die Tiere müssen die Möglichkeit haben, ihr Normalverhalten ausüben zu können. Dazu ist beispielsweise ein ausreichendes Platzangebot notwendig, damit die Tiere ihr Spiel- und Erkundungsverhalten ausleben können. Schweine zum Beispiel sind gesellige Tiere, leben vorzugsweise in Gruppen und bauen Hierarchien auf. Dazu braucht es die Möglichkeit der Gruppenhaltung.

Was bedeutet die Initiative Tierwohl

Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass Tiere gezüchtet werden, um sie später zu schlachten und als Fleisch zum Essen verkaufen zu können oder um sie für die Eier- und Milchproduktion auszubeuten. Eben aus diesem Grund ist jedes Bestreben unterstützenswert, das die Lebensbedingungen dieser Tiere verbessert. Die Initiative Tierwohl setzt sich seit 2015 zusammen mit der Fleischwirtschaft, der Landwirtschaft, der Gastronomie und dem Lebensmittelhandel für eine tiergerechtere Fleischerzeugung ein.

Über 10000 schweine- und geflügelhaltende Betriebe in Deutschland nehmen an der Initiative Tierwohl teil. Alle müssen Grundanforderungen umsetzen, um das Tierwohlsiegel verwenden zu dürfen. Dazu gehört etwa die Schaffung von mehr Platz um mindestens 10 Prozent, die Teilnahme an einem Überwachungsprogramm zum Einsatz von Antibiotika oder auch die Bereitstellung von Heu und Raufutter als Beschäftigungsmaterial, wodurch es automatisch zu weniger Schwanzbeißen kommt.

Es gibt Wahlkriterien, die zum Beispiel Schweinehaltungsbetriebe umsetzen können, wie etwa eine Kühlung des Stalls oder Scheuermöglichkeiten für die Tiere. Zweimal jährlich werden unangekündigte Kontrollen in den teilnehmenden Betrieben durchgeführt.

Grundanforderungen und die Einhaltung von Mindeststandards sind zwar nicht viel, aber eben auch nicht weniger. Jede Verbesserung, die zum Tierwohl beiträgt, ist ein Fortschritt in der Nutz- und Massentierhaltung. Die Entscheidung, welche Haltungsbedingungen dem Tierwohl entsprechen, ist zum großen Teil abhängig von den gesellschaftlichen Präferenzen. Wenn die Gesellschaft keinen Wert auf Tierwohl legt und nicht bereit ist, dafür etwas tiefer in die Tasche zu greifen, wird es auch keines geben.

Warum ist Tierwohl ein Staatsziel

In Deutschland gibt es eine Tierwohl-Debatte. Nicht nur Tierschützer kritisieren die intensive Nutztierhaltung, auch in wissenschaftlichen Gutachten werden die defizitären Haltungsbedingungen in Deutschland für einen Großteil der Nutztiere massiv kritisiert. Es werden tiefgreifende Änderungen in der Massentierhaltung und in der landwirtschaftlichen Tierhaltung eingefordert.

Tierschutz ist das, was getan wird, um das Tierwohl zu sichern. Tierschutz ist im Artikel 20a des Grundgesetzes verankert. Seit 2002 gilt der Schutz der Tiere als Staatsziel und ist im Tierschutzgesetz festgeschrieben. Im Grundgesetz sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Haltung und zum Umgang mit Tieren niedergeschrieben. Sie dienen dem Schutz von Leben, Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere.

Spezifischere Vorgaben enthält die sogenannte Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, in denen es vor allem um die Zucht, Haltung und Schlachtung der Tiere geht. Darin finden sich auch Vorgaben zu nicht kurativen Eingriffen am Tier wie etwa das Enthornen von Rindern oder das Kürzen von Schwänzen bei Ferkeln. Die gesetzlichen Vorgaben sind Basisstandards und sollten eine Selbstverständlichkeit für Tierhaltungsbetriebe sein. Alle Maßnahmen, die darüber hinausgehen und damit ein Mehr an Tierwohl erfüllen, müssen auf freiwilliger Basis geschehen. Freiwilligkeit kann leider nicht eingefordert werden.

Es gibt unterschiedliche Einschätzungen darüber, wie Tierwohl zu definieren ist. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft nehmen dabei verschiedene Positionen ein. Geht es den Nutztieren heute besser oder schlechter als in der Vergangenheit, geht es ihnen überhaupt gut oder doch eher schlecht? Das Projekt „Nationales Tierwohl-Monitoring“, kurz NaTiMon, hat die Messbarkeit von Tierwohl zum Ziel. Hier werden Methoden entwickelt, um Tierwohl flächendeckend messen und beurteilen zu können. Es soll ein objektiver Überblick über die Tierwohlsituation in Deutschland zur Verfügung gestellt werden, um Veränderungen feststellen zu können und Daten für eine fundiertere Tierwohl-Debatte zu liefern.

Warum ist Tierwohl wichtig

Die Frage wird sein, wie viel Tierwohl wir wollen und welche Form der Nutztierhaltung wir dauerhaft akzeptieren. Verbesserungen in den Haltungsbedingungen erfordern hohe Investitionen etwa beim Stallbau. Die Preise für Fleisch, Milch und Eier werden steigen müssen. Tierwohl ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt und kann nicht einfach auf den Schultern von Landwirten abgeladen werden.

Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass es den Tieren, die wir essen und die wir für Milch und Eier ausbeuten, gut geht und sie auch noch bei ihrem Transport zum Schlachthof als fühlende Wesen wahrgenommen werden. Tiere sind wie wir Menschen, so Albert Schweitzer, Leben, das leben will. Eine Investition in Tierwohl ist also automatisch auch eine Investition in Menschlichkeit.

Was ist der Unterschied zwischen Tierwohl, Tierschutz und Tiergerechtigkeit

siehe Hauptartikel: Unterschied zwischen Tierwohl, Tierschutz und Tiergerechtigkeit

Was ist eine Tierwohlabgabe

siehe auch Hauptartikel: Tierwohlabgabe : Fragen und Antworten

Die Tierwohlabgabe ist eine Abgabe, welche Verbraucher zahlen sollen, um das Tierwohl bzw. die tiergerechte Haltung von Nutztieren zu ermöglichen. Dadurch soll Massentierhaltung nicht abgeschafft, aber Möglichkeiten für Landwirte geschaffen werden, um aus dieser Form der Nutztierhaltung auszusteigen.

Was sind Tierwohllabel, welche gibt es, welche Bedeutung haben diese

Siehe auch Hauptartikel: Tierwohllabel: Fragen und Antworten

Tierwohllabel sind Etiketten auf der Verpackung tierischer Erzeugnisse, welche dem Konsumenten bzw. Verbraucher signalisieren sollen, dass bei der Haltung und Schlachtung des Tieres, das Tierwohl berücksichtigt wurde. Denn immer mehr Konsumenten machen sich beim Kauf von Produkten mit tierischen Inhaltsstoffen Gedanken über Herkunft und Haltung der Tiere.


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