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Warum heißt es Im Westen nichts Neues: Ursprung und Herkunft


Im Westen nichts Neues“ wird häufig als Redewendung ohne Kenntnis der wahren Bedeutung verwendet, um auszudrücken, dass keine neuen Informationen vorliegen. Gemeint ist hier die Himmelsrichtung bzw. aus Westen kommend. Der Ausdruck hat jedoch eine weit tiefer gehende Bedeutung, die sich aus dem gleichnamigen Roman herleitet.

Im Westen nichts Neues: Herkunft und Ursprung

Der Ausdruck „Im Westen nichts Neues“ geht zurück auf den gleichnamigen Roman von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1928. Er berichtet von den Schrecken des Ersten Weltkrieges aus der Sicht eines jungen Mannes, der quasi von der Schulbank weg an die Front – hier die Westfront – eingezogen wird. Dieser erlebt alle traumatischen Sachverhalte, die ein Krieg zu bieten hat.

Im kurzzeitigen Heimaturlaub erkennt er, wie der Krieg seinen Charakter geprägt hat und er mit den Daheimgebliebenen nichts mehr gemeinsam hat. Zurück an der Front kommt es schlimmer als je zuvor. Hunderte seiner Kameraden sterben nach und nach. Am Ende des Romans wird er selbst tödlich verletzt. Da der Tod der vielen Soldaten jedoch keine merklichen Auswirkungen auf die Frontlinie und das Kriegsgeschehen hat, meldet der Heeresbericht an diesem Tag des Todes des Protagonisten, dass „im Westen nichts Neues zu melden sei“.

Diese und ähnliche Formulierung bezüglich der Kriegsgeschehnisse finden sich nicht nur in dem fiktionalen Roman, der auf Tatsachenberichten beruht, sondern auch in originalen Berichten aus dieser Zeit.

Gesamtgesellschaftliche Bedeutung

In seiner ursprünglichen Bedeutung wollte der Autor mit dem Buch „Im Westen nichts Neues“ auf die Schrecken des Krieges und das oft fehlende Bewusstsein derjenigen, die nicht aktiv daran teilnahmen, aufmerksam machen. Vor Beginn des Buches hat der Autor vermerkt:

„Dieses Buch soll weder eine Anklage noch ein Bekenntnis sein. Es soll nur den Versuch machen, über eine Generation zu berichten, die vom Kriege zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam.“

Der Titel „Im Westen nichts Neues“ im Zusammenhang mit der Geschichte stellt dar, wie wenig Bedeutung dem Leben der einzelnen Soldaten beigemessen wurde, die an der Front gefallen sind oder schwer traumatisiert zurückgekehrt sind. Gezählt hat allein der Erfolg des Krieges an sich.

So ist in der ursprünglichen Bedeutung an fast ironischer, wenn nicht sarkastischer Unterton in der Redewendung enthalten. Es ist zwar oberflächlich nichts Neues passiert, aber unter der Oberfläche oder bezüglich Sachverhalten, denen andere weniger Bedeutung beimessen, können sich gravierende Auswirkungen bemerkbar gemacht haben. Den Ausdruck kann man auch als Kritik an Menschen oder Machthabern verstehen, die nur auf das Wohl des Landes, Unternehmens oder einer sonstigen größeren Sache schauen, dabei aber die Menschen, die für diese Sache eintreten und Opfer bringen, vergessen.

Bedeutung auf individueller Ebene

Auf individueller Ebene stellt der Roman auch die Sprachunfähigkeit der Kriegsteilnehmer dar. So wird nicht nur im Heeresbericht davon gesprochen, dass im Westen nichts Neues zu berichten sei. Auch bei seinem Heimaturlaub fällt es dem Protagonisten schwer, über das erlebte zu sprechen. Da er den Eindruck hat, die Daheimgebliebenen könnten die Schrecken und traumatischen Erlebnisse des Frontkampfes nicht verstehen, schweigt er sich darüber aus.

Auch wenn er es nicht wörtlich ausspricht, so gibt auch er zu verstehen, dass es im Westen nichts Neues gäbe. Anhand dieses Beispiels kann man den Ausdruck auch so verstehen, dass der Sprecher nicht über seine Gefühle reden will und nur eine oberflächliche Auskunft gibt.

Literarische Bedeutung des Romans

Als einer der ersten dieser Reihe, übt der Roman indirekt Kritik am kriegerischen Patriotismus und den gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen, die den Krieg verherrlichen und verharmlosen und die menschlichen Opfer dabei außer Acht lassen. Er dient ebenfalls der Aufarbeitung der Kriegserlebnisse und Aufklärung über die tatsächlichen Verhältnisse.

Aufgrund seiner Kritik am Krieg wurde der Roman im Nationalsozialismus bei den Bücherverbrennungen im Jahr 1933 verbrannt. Bereits 1931 wurde er auf Anordnung des Unterrichtsausschusses des Preußischen Landtags aus allen Schulbüchereien entfernt.

Heutiger Gebrauch von Im Westen nichts Neues

Heutzutage ist vielen die ursprüngliche Bedeutung nicht mehr bewusst. Zwar ist das Buch häufig noch Pflichtlektüre vor allem an den Gymnasien und wurde mehrfach verfilmt, aber im breiten Sprachgebrauch ist die wahre Bedeutung augenscheinlich untergegangen.

Nach der Wiedervereinigung der BRD mit der ehemaligen DDR fand die Redewendung mit einer eigenen Bedeutung Einzug vor allem in den ostdeutschen Sprachgebrauch. Dort wurde „Im Westen nichts Neues“ vor allem auf die westdeutsche Bevölkerung bezogen und brachte zum Ausdruck, dass doch vieles nicht so anders oder besser sei, als es angepriesen wurde. Der Bedeutung nach wurde es ähnlich verwendet wie „Im Westen (Westdeutschland) ist es auch nicht besser (als in Ostdeutschland)“.

Im heutigen Sprachgebrauch wird „Im Westen nichts Neues“ oftmals ohne tiefere Bedeutung oder Bezug zur Himmelsrichtung dafür verwendet, um auszudrücken, dass es keinen neuen Informationen gibt. Beispiel:

„Was macht das Projekt Digitalisierung?“

-„Im Westen nicht Neues“


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