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Was ist das Dornröschen Syndrom bzw. die Dornröschen Krankheit


Das Dornröschenschlaf-Syndrom (fachlich: Kleine-Levin-Syndrom, kurz: KLS) ist eine bis heute weitgehend unerforschte Form einer Schlafkrankheit. Patienten fallen unvorhersehbar in Schlafphasen, die bis zu mehrere Wochen anhalten können. Wissenschaftler gehen von einer bisher unbekannten Störung der Gehirnaktivität als Auslöser aus, stehen in der Forschung jedoch noch ganz am Anfang.

Was ist das Dornröschenschlaf-Syndrom

Das Dornröschenschlaf-Syndrom ist eine seltene Krankheit. Charakteristisch für die Krankheit ist ein periodisch auftretendes erhöhtes Schlafbedürfnis, das die normalen Ruhephasen übersteigt. Dies bedeutet, dass Patienten in zeitlichen Abständen eine Hypersomnie zeigen.

Ähnlich wie bei der sogenannten Schlafsucht stellt sich ein Drang zum Einschlafen ein. Anders als bei der Tagesschläfrigkeit, die häufig als Folge von einer verkürzten oder gestörten Nachtruhe auftritt, fallen Betroffene in lange Schlafzustände. Erkrankte leiden unter Phasen, während derer sie mehrere Tage, Wochen bis hin zu Monaten am Stück schlafen.

Der Schlaf wird nur unterbrochen, wenn der Patient die Toilette aufsucht oder Nahrung zu sich nimmt. In diesen Momenten befindet sich der Körper in einem Trance ähnlichen Zustand. Die Prinzessin aus dem Märchen Dornröschen schlief 100 Jahre, bevor sie von einem Prinzen geweckt wurde. Die Märchenprinzessin wurde daher zu der eher umgangssprachlichen Namenspatin für die Krankheit.

Mediziner bezeichnen die Krankheit nach den Wissenschaftlern, die die krankheitstypischen Symptome zum ersten Mal dokumentiert haben. Beobachtet und mehrfach beschrieben wurde die Krankheit zwischen 1925 und 1936 von dem amerikanischen Neurologen Max Levin und dem deutschen Psychiater Willi Kleine. 1942 gab der Neurologe Macdonald Critchley der Krankheit die Bezeichnung Kleine-Levin-Syndrom oder kurz als KLS. Critchley hat die Beschreibungen seiner Kollegen vertieft und den Krankheitsverlauf detaillierter beschrieben.

Beschreibung der Symptome

Als Leitsymptom gelten die wiederkehrenden Zeiten mit einem erhöhten Schlafbedürfnis. Der Einschlafdrang kann sich Stunden vor dem eigentlichen Schlaf einstellen. Die Schlafphasen treten in unregelmäßigen Schüben auf. Die zeitlichen Abstände können wenige Wochen bis Monate betragen. Die Zeit der intensiven Erkrankung kann mehrmals im Jahr auftreten.

Der Tagesablauf ist während eines Schubes von 22 bis 23 Stunden Schlaf geprägt. In den wachen Stunden werden Patienten als wenig kommunikativ, apathisch und desorientiert beschrieben. Begleitet wird die Lethargie der Wachphasen häufig von einer Geräusch- und Lichtempfindlichkeit. In diesen Stunden kann es zu Essstörungen, Heißhungerattacken und einer großen Menge der Nahrungsaufnahme kommen. Oft kommt es zu einem hypersexuellen Verhalten, dass vor allem bei männlichen Patienten beobachtet wird.

Betroffene können während der Schlafphasen nicht geweckt werden, da sie unmittelbar nach dem Aufwachen wieder einschlafen und häufig ein aggressives Verhalten während des Weckens zeigen.

Personen, die unter dem Dornröschenschlaf-Syndrom leiden, schildern die intensive Krankheitsphase als einen Verlust der Realität und der Unfähigkeit zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. Die kognitiven Beeinträchtigungen können zu einer gestörten Wahrnehmung des eigenen Körpers führen und zu Gedächtnislücken. Zu den kognitiven Fähigkeiten zählen das Denken, das Wahrnehmen und das Erkennen. Diese Funktionen sind in den kurzen Wachphasen gestört und es kann zu Verhaltens-untypischen Auffälligkeiten kommen.

Gegen Ende der intensive Periode kann sich beim Patienten eine depressive Gefühlslage einstellen. Depressionen treten häufiger bei weiblichen Patienten auf. Ist die Schlafphase beendet, schlafen einige Betroffene mehre Tage überhaupt nicht.

Zwischen den einzelnen Schlafphasen sind die Patienten symptomfrei und unauffällig. Dies wurde durch Studien mit gesunden Kontrollpersonen belegt.

Statistische Beschreibung des Hauptsymptoms

Erkrankte Personen fallen im Durchschnitt alle 3,5 Monate in eine Schlafperiode. Die Dauer der Phase liegt dabei zwischen 10 und 13 Tagen. Die Dauer der Hypersomnie liegt bei 15-21 Stunden am Tag. Wenn eine Genesung eintritt, hat der Patient 7-19 Schlafperioden erlebt.

Dies sind Mittelwerte, die im Einzelfall stark abweichen können. Es wurden schon außergewöhnlich lange Schlafphasen beobachtet, die bis zu 42 Tagen angedauert haben.

Ursprung und Ursachen der Erkrankung

Die Ursache und der Auslöser für das Kleine-Levin-Syndrom sind bis heute unbekannt. Die Symptome zeigen eine neurologische Störung an. Das Nervensystem, zu dem das Gehirn, das Rückenmark und die peripheren Nerven zählen, sind an den Prozessen des Schlafes beteiligt. Die peripheren Nerven sind alle Nerven, die nicht zum Gehirn und zum Rückenmark gehören.

Es gibt verschiedene Hinweise, die auf den Ursprung der Erkrankung hinweisen. Hirnscans, die während einer Schlafperiode von Erkrankten durchgeführt wurden, haben eine schlechte Durchblutung einiger Hirnregionen aufgezeigt. Zu diesen Bereichen zählt der Thalamus sowie der Bereich, in denen Stirn- und Schläfenlappen aufeinandertreffen.

Im Thalamus und zum Teil im Schläfenlappen werden die Sinneseindrücke verarbeitet. Stirn- und Schläfenlappen haben die Aufgabe der Wahrnehmung, der Bewegung und der Gedächtnisbildung. Die schlechte Durchblutung des Thalamus kann den Tag/Nacht-Rhythmus stören und das erhöhte Schlafbedürfnis auslösen. Wissenschaftler ziehen zwei mögliche Ursachen für diese Störung in Betracht.

Zum einen könnte eine Autoimmunerkrankung vorliegen. Entzündungen im Gehirn sind dabei die Auslöser des KLS. Unterstützend für diese These ist, dass fast 40 % der Patienten vor der ersten Schlafperiode an einer Infektion erkrankt waren. Es gibt allerdings auch Fälle, denen ein Schädel-Hirn Trauma vorherging oder in denen der Patient einen hohen Alkoholkonsum hatte.

Eine zweite These stützt sich auf eine genetische Veranlagung für das Dornröschenschlaf-Syndrom. Das Immunsystem der Patienten hat demnach keine Abwehrmechanismen gegen die Erkrankung.

Gesichert ist die Erkenntnis, dass die Krankheit durch eine Dysfunktion des Gehirns ausgelöst wird. Wodurch es zu der Störung in den Abläufen des Gehirns kommt, konnte die Forschung bis heute nicht ermitteln.

Verbreitung des Dornröschenschlaf-Syndroms

Das Kleine-Levin-Syndrom tritt selten auf. Unter 500 000 Menschen wird wahrscheinlich nur eine Person erkranken. Wissenschaftler gehen von circa 500 Personen weltweit aus, die die typischen Symptome zeigen. Der Anteil männlicher Patienten ist höher als der weibliche und liegt bei fast 70%.

Die Verbreitung des Kleine-Levin-Syndroms ist zwar sporadisch, dafür jedoch weit auf der Welt verbreitet. Die Krankheit tritt weltweit auf. Die häufigsten Fälle wurden bisher in Europa beobachtet.

Wann tritt das Syndrom auf?

Die erste Schlafperiode tritt häufig in der Pubertät oder kurz danach auf. Wissenschaftler benennen ein mittleres Alter von 15 Jahren. Dieser Wert basiert auf einer Datenerfassung aus dem Jahr 2005. Beobachtet wurden Ausbrüche in einer Altersspanne zwischen 4 und 82 Jahren. Die mittlere Dauer des Krankheitsverlaufs liegt bei 8-14 Jahren. Dies bedeutet, dass Patienten sowohl über einen kürzeren als auch über einen längeren Zeitraum unter Symptomen leiden können.

Die Krankheit endet so plötzlich, wie sie beginnt. Es gibt Hinweise darauf, dass das Kleine-Levin-Syndrom länger dauert, wenn die erste Schlafphase nach dem 20. Lebensjahr erfolgt. In der Regel sind junge Menschen, die erkranken zwischen dem 30 und 35 Lebensjahr beschwerdefrei. Die Prognosen für ein beschwerdefreies Leben sind positiv, jedoch nicht wie bei einer Erkältung vorhersagbar.

Die Diagnostik der Schlafkrankheit

Die Voraussetzung für eine Diagnose des Dornröschenschlaf-Syndroms sind mindestens zwei Schlafperioden in einem Zeitraum von einem Jahr. Gleichzeitig sollte die Dauer der intensiven Erkrankung zwischen 2 und 42 Tagen liegen. Für eine sichere Diagnose werden Krankheiten mit ähnlichen Symptomen ausgeschlossen.

Im Schlaflabor wird die Hirnaktivität, die Sauerstoffsättigung und die Bewegungen während des Schlafes beobachtet. Über diese Körperfunktionen können die Krankheiten Narkolepsie, Epilepsie, Migräne und bipolare Störungen ausgeschlossen werden. Zum besseren Vergleich werden Patienten währen und zwischen den Schlafperioden untersucht.

Behandlungsmöglichkeiten

Die geringe Zahl der Patienten erlaubt keine Therapieform, die auf fundierten Studien basiert. Die angewendeten Behandlungen haben sich im Einzelfall als wirksam gezeigt.

Die Gabe von hoch dosiertem Kortison kann sehr lange Schlafperioden, die über einen Zeitraum von 30 Tagen andauern, verkürzen.

Stimulanzien ähneln den körpereigenen Hormonen Adrenalin und Noradrenalin und wirken daher ähnlich auf den Körper. Die Substanzen wirken auf das Nervensystem und erhöhen den Energieumsatz, gleichzeitig wird eine Ermüdung herausgezögert.

Die Wirkstoffe in Antipsychotika und Beruhigungsmitteln können die Psyche unterstützen und das Allgemeinbefinden der Patienten unterstützen.

Eine Therapie mit Lithium hat ebenfalls schon positive Ergebnisse gezeigt. Lithium wird durch seine Wirkung auf die Neurotransmittersysteme im Körper in der Therapie bei Depressionen eingesetzt. Neurotransmitter sind Botenmoleküle im Gehirn. Die Nervenzellen im Gehirn geben ihre Information über einen chemischen Übertragungsweg weiter. Lithium hat Einfluss auf die Impulsübertragung und kann die Häufigkeit der Schlafperioden reduzieren. Patienten, die mehr als vier Phasen mit erhöhtem Schlafbedarf im Jahr haben, werden mit Lithium unterstützt.

Positiv wirkt sich ein geregelter Schlaf-Wach-Rhythmus aus, der Verzicht auf Alkoholgenuss und die Vermeidung von Infektionen.
Kinder und Jugendliche durchleben die Schlafphasen am besten unter Aufsicht einer Bezugsperson. Solange keine medizinische Ursache vorliegt, die eine ärztliche Aufsicht erfordert, ist ein Krankenhausaufenthalt nicht notwendig. Die Einnahme von Stimulanzien und Lithium muss jedoch unter der Kontrolle eines Arztes erfolgen.

Eine Therapie, die die Heilung gezielt fördert, wurde bisher nicht entwickelt. Die Ansätze der Behandlung konzentrieren sich auf die Minimierung der Symptome.

In seltenen Fällen wurde nach Ende der Krankheit eine bleibende Beeinträchtigung beobachtet, die das Erinnerungsvermögen und das Gedächtnis betreffen.

Das Leben mit dem Dornröschenschlaf-Syndrom

Der Alltag mit der unberechenbaren Krankheit ist weniger märchenhaft, als der Ausdruck vermuten lässt. Patienten und Angehörige berichten von großer Unsicherheit und einem langen Zeitraum zwischen der ersten Schlafperiode und der Diagnose. Hilflosigkeit und Angst vor anderen schweren Krankheiten bestimmen den Alltag.

Die Krankheit tritt häufig in einer Lebensphase der Patienten auf, die wegweisend für das zukünftige Leben ist. Berufsausbildung, Familienplanung und soziale Kontakte leiden unter den unkontrollierbaren Schlafattacken.

In den symptomfreien Phasen können sich Motivationslosigkeit und deprimierende Gefühle einstellen. Ein eigenständiges Leben zu führen, ist für Patienten nicht möglich. Bei Eintreten einer Schlafperiode sollte eine Bezugsperson in der Nähe sein, die den Schlaf und die Wachphasen begleitet.

Zusammenfassung

Das Dornröschenschlaf-Syndrom ist nach seinen Entdeckern Max Levin und Willie Kleine benannt. Fachsprachlich wird es als Kleine-Levin-Syndrom oder als KLS bezeichnet.

Hauptsymptom der Schlafkrankheit sind Phasen den außerordentlichen Tiefschlafs, die sich über einen langen Zeitraum ausdehnen.
Patienten wachen in den Schlafperioden für wenige Stunden am Tag auf. Der Schlaf wird nur zum Essen und für einen Toilettenbesuch unterbrochen.

Betroffen sind überwiegend junge Menschen. Die erste Schlafperiode tritt in oft im Zeitraum der Pubertät ein.

Das Kleine-Levin-Syndrom ist eine seltene Krankheit. Die Diagnose ist schwierig und es gibt keine studienbasierte Therapieform.
Die Diagnose erfolgt nach Untersuchungen im Schlaflabor und über die Differenzierung zu Krankheiten mit ähnlichen Symptomen.

Hinter dem Krankheitsausbruch verbirgt sich eine Störung in der Gehirnaktivität, die verschiedene Ursachen haben kann.
Die Krankheit hört so plötzlich auf, wie sie beginnt. Die meisten Patienten sind ab dem 35. Lebensjahr beschwerdefrei.


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