Unterschied zwischen Embargo und Sanktionen
Erfolg und Misserfolg von Sanktionsmaßnahmen oder Embargos hängen von vielen Faktoren ab. Der Effekt, den sie erzielen können, hängt von der Einigkeit derer, die sie verhängen. Sie hängen auch von dem potenziellen wirtschaftlichen Schaden ab, den sie im damit belegten Land anrichten können.
Demnach können Sanktionen oder Embargos ein potenziell nützliches und wirksames, aber auch ein strategisch sinnloses, am gewünschten Ort verpuffendes politisches Mittel sein. Im Extremfall stärken sie sogar ein autoritäres Regime, statt es zu schwächen. Stattdessen treffen die Maßnahmen in ihrer Konsequenz mit voller Härte die Bevölkerung. Daher ist der Strategiewechsel zu gezielteren und smarteren Sanktionen nachvollziehbar.
Inhalt
- 1 Was der Unterschied zwischen einem Embargo und einer Sanktion?
- 2 Welche Ziele verfolgt man mit Sanktionen?
- 3 Welche Ziele werden mit einem Embargo verfolgt?
- 4 Welche Merkmale einen beide, welche Merkmale unterscheiden sie?
- 5 Wann setzte man in der Geschichte Sanktionen und wann Embargos ein?
- 6 Neuer Versuch: Smart Sanctions
Was der Unterschied zwischen einem Embargo und einer Sanktion?
Beide Begriffe können unterschiedlich „übersetzt“ werden, je nachdem, in welchem Zusammenhang sie verwendet werden. Der Begriff „Sanktion“ ist dabei der vielschichtigere Begriff.
Etwas zu sanktionieren, bedeutet im allgemeinen Verständnis, etwas zu genehmigen, es zuzulassen oder zu erlauben. Interessant ist jedoch, dass dasselbe Wort im (außen)-wirtschaftlichen Kontext eine entgegengesetzte Bedeutung hat: nämlich etwas zu verbieten oder erschweren. Im juristischen Sinne könnte man Sanktion also auch mit „Strafe“ übersetzen. Wenn der Import von bestimmten Gütern aus einem bestimmten Land in die EU sanktioniert wird, unterliegt er Erschwernissen oder einem Verbot. Damit wird eine länderbezogene Handelsbeschränkung ausgesprochen. An diese müssen sich alle Unternehmen halten, die diese Güter importieren wollen.
Auch der Export von bestimmten Gütern kann durch Sanktionen der Gegenseite betroffen sein. Sanktionen werden als Instrument der Gewalt-Prävention angesehen. Sie zielen beispielsweise auf die Einhaltung von Völker- oder Menschenrechten ab oder dienen der Abstrafung von entsprechenden Rechtsverletzungen. Sie werden auch nach gezielten Destabilisierungsversuchen gegen andere Staaten eingesetzt oder können gegen einzelne Unternehmen und Organisationen ausgesprochen werden.
Drei wichtige Funktionen sollen einer Sanktion Gewicht verleihen: Angedrohte Sanktionen können eher Symbolcharakter haben. Sie sollen dann als Drohung und Warnung dienen. Sie können aber auch von einem Regime ein anderes Verhalten erzwingen wollen oder dessen wirtschaftliche Handlungsspielräume begrenzen. Insofern sind Sanktionen manchmal als Zwangsinstrumente anzusehen. Sie dienen in anderer Sichtweise aber auch als „erzieherische“ Maßnahmen. Eine Sanktion hat eine Öffentlichkeitswirksamkeit. Sie macht nebenbei auch andere Staaten darauf aufmerksam, dass man ein bestimmtes Verhalten oder eine Normverletzung nicht durchsetzen kann, ohne dass diese auf internationaler Ebene und für das Ansehen in der Welt Konsequenzen haben.
Der Begriff „Embargo“ entstammt dem Bereich Handel und Wirtschaft. Wenn ein Embargo für Öllieferungen aus Saudi-Arabien oder aktuell von Öl– und Gaslieferungen aus Russland im Spiel ist, dann wird der Import solcher Energieträger verboten. Ob das Embargo für alle Lieferungen oder nur für Teile davon gilt, ist unterschiedlich. Es gibt also auch hier eine länderbezogene Handelsbeschränkung. Diese wird als politisches Druckmittel eingesetzt. Ein Öl- und Gas-Embargo der gesamten EU bedeutet für die Gegenseite einen herben finanziellen Verlust.
Entschieden wird über Sanktionen oder Embargos auf höchster Ebene, entweder auf der Ebene des UN-Sicherheitsrates, der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), der NATO-Staaten, der Entscheidungsgremien der EU oder der nationalen Parlamente. Inwieweit dieses politische Druckmittel die gewünschten Ziele erreicht, ist im Vorfeld schwer zu sagen. Denn erstens gibt es meist Gegenmaßnahmen, und zweitens suchen sich die betroffenen Staaten meist andere Abnehmer für die sanktionierten Handelsgüter. Die Preise steigen infolge von Sanktionen oder Embargos an.
Sowohl wirtschaftliche Sanktionen wie auch Embargos können Staaten, ganze Wirtschaftsbereiche, bestimmte Unternehmen oder Organisationen sowie einzelne Personen betreffen. Die ausgesprochenen Handelsbeschränkungen oder -verbote betreffen bestimmte Handlungen oder Rechtgeschäfte.
Welche Ziele verfolgt man mit Sanktionen?
Im Oxford-Wörterbuch werden Sanktion als staatliche Maßnahmen gegenüber anderen Staaten oder deren Unternehmen und Organisationen beschrieben. Sanktionen werden in diesem Zusammenhang eingesetzt, um politischen und wirtschaftlichen Druck auszuüben.
Meist sind bestimmte Handelsgüter davon betroffen – etwa Öl, Gas, Diamanten oder andere wirtschaftliche relevante Handelsgüter. Ziel der Sanktion ist es, dem anderen Staat durch wirtschaftliche Einbußen oder die Blockade von Geldern finanzielle Mittel zu entziehen. Sanktionen können jedoch aus ausgesprochen werden, um dem Handel mit bestimmten Gütern Schranken aufzuerlegen – zum Beispiel, weil diese nicht den Qualitätsstandards der EU entsprechen.
Die „Bundeszentrale für politische Bildung“ errechnete: Allein 59 Prozent der seit 1990 gegen andere Staaten verhängten UN-Sanktionen wurden als Reaktion auf bewaffnete Konflikte verhängt. 14 Prozent der Sanktionen dienten der Bekämpfung terroristischer Aktivitäten. Elf Prozent der UN-Sanktionen wurden wegen der Entwicklung oder Weiterverbreitung von Atomwaffen und atomwaffenfähigem Material ausgesprochen. Zehn Prozent der Sanktionen sollten nachlassenden Demokratiebestrebungen nachhelfen. Als Sanktionen werden beispielsweise
- Import- und Exportbeschränkungen
- Handelsembargos
- Finanzkontrollen
- Investitions-Kürzungen
- das Aussetzen von Entwicklungshilfe-Maßnahmen
- das Verbot von Rüstungsgüter-Exporten
- die Ausweisung von Botschaftern oder Journalisten
- Tätigkeitsverbote gegen bestimmte Organisationen
- Einreiseverbote und Kontaktsperren gegen einflussreiche Personen
- oder der komplette Abbruch der diplomatischen Beziehungen
genutzt.
Manchmal werden im Zuge solcher Maßnahmen auch Wirtschaftsgüter mit Sanktionen belegt, die keine besondere Bedeutung für beide Seiten haben. Aktuelles Beispiel: die Einfuhr von Zement aus Russland. Die EU importierte 2021 nur verschwindend geringe Mengen Zement aus Russland. Bei dieser Sanktion handelt es sich also um reine Symbolpolitik. Die wirtschaftlich bedeutungslose Sanktion soll ausdrücken, dass zukünftig auch weitere und wichtigere Güter betroffen sein könnten.
Die sinnlos erscheinende Sanktion der Einfuhr von russischem Zement steht jedoch im Zusammenhang mit wirtschaftlich schwerwiegenderen Sanktionen gegen Russland, die wegen des Ukraine-Krieges ausgesprochen wurden. In jedem Sanktionspaket sind diverse Maßnahmen enthalten, darunter hochwirksame und weniger relevante. In der Summe kommen dann mehrere Hundert Sanktionsmaßnahmen zusammen. Die Erhöhung des Drucks durch weitere Maßnahmenpakete trifft die russische Wirtschaft empfindlich.
In einem anderen Zusammenhang bedeuten Sanktionen juristische Druckmittel bzw. Strafen. Mit diesen werden nachgewiesene Straftaten von einem Gericht belegt. Übliche juristische Sanktionen sind Geldstrafen, Bewährungsstrafen, Haft oder – als schärfste Sanktion – die Todesstrafe.
Welche Ziele werden mit einem Embargo verfolgt?
Im Grunde ist auch ein Embargo eine Sanktionsform. Diese hat allerdings sehr weitreichende Konsequenzen. Ein Embargo betrifft den Im- und Export bestimmter Handelsgüter – zum Beispiel Waffen und Kriegsgerät – aus einem anderen Staat. Auslöser solcher Maßnahmen sind entweder gravierende politische oder wirtschaftliche Differenzen oder andere Krisen.
Wer ein bestimmtes Handelsgut in einen anderen Staat exportieren möchte, muss zunächst prüfen, ob Sanktionen gegenüber diesem Handelsgut bestehen oder gar ein Embargo jeglichen Handel damit untersagt. Ein Embargo bestimmter Wirtschaftsgüter wird für eine bestimmte Zeit erlassen, um damit etwas zu erreichen: zum Beispiel die Beachtung von Menschenrechten. Es kann folglich zurückgenommen werden, wenn die Strafmaßnahme Erfolg hatte oder wenn Wirtschaftsverhandlungen zu einem guten Ergebnis geführt haben.
Wichtig ist aber, dass mehrere Embargo-Formen unterschieden werden können.
Das Totalembargo
Bei einem Totalembargo wird der komplette Handel mit einem Staat untersagt. Dieses drastische Mittel setzten die USA beispielsweise gegenüber Kuba ein. Import und Export von und nach Kuba wurden generell verboten. Um dieses Schwert noch schärfer zu machen, verweigerten die USA viele Jahre lang, Handelsbeziehungen zu Ländern aufrecht zu erhalten, die dieses Embargo unterliefen.
Deutschland verhängte ein Totalembargo gegenüber dem Irak. Es wurde jedoch dann durch ein Teilembargo sowie ein Waffenembargo ersetzt. Die UN erließ damals 661 einzelne Wirtschaftssanktionen gegen den Irak.
Das Teilembargo
Mit einem Teilembargo werden nur bestimmte Bereiche der Wirtschaft belegt. Deutschland verhängte beispielsweise ein Verbot des Diamantenhandels gegen die Elfenbeinküste. Alle anderen Wirtschaftsbereiche waren von der Maßnahme jedoch nicht betroffen.
Das Waffenembargo
Ein Waffenembargo gegenüber einem Staat betrifft sämtliches Rüstungsmaterial, also Panzer, Abwehrraketen, Drohnen, Maschinenpistolen, Waffen in jeder Form sowie die dafür notwendige Munition. Gemäß einem Waffenembargo dürfen weder Rüstungsgüter in den damit belegten Staat geliefert noch aus ihm eingeführt werden. Das Embargo betrifft auch die Bauteile für Rüstungsgüter.
Sobald es zu inner- oder zwischenstaatlichen Konflikten kommt, verhängt die UN ein Waffenembargo. Der Grund: Waffenembargos sind weniger gravierende Sanktionsmaßnahmen als umfassende Handelsbeschränkungen. Bei den Waffenembargos, die von 1999 bis 2001 gegen Eritrea und Äthiopien ausgesprochen wurden, blieb es auch. Gleiches war bei den Waffenembargos gegen die kriegsführenden Parteien in Jugoslawien (1991-1996) oder dem Kosovo (1998-2001) der Fall.
Als Teil eines umfassenden Sanktionspaketes wurden aber auch Waffenembargos gegen Côte d’Ivoire (ab 2004) oder Liberia (2001-2003) verhängt.
Weitere Embargo-Arten
Embargo-Maßnahmen können sich gegen Länder, Unternehmen, Organisationen, Banken oder Einzelpersonen richten. Es kann sich dabei um
- Finanzembargos – die Beschränkung oder das Verbot jeglichen Zahlungsverkehrs
- Warenembargos – Einfuhrbeschränkungen oder -verbote gegen bestimmte Produktarten
- Rohstoffembargos – Einschränkungen oder Handelsverbote gegen bestimmte Rohstoffe
- Transportembargos – Handelsbeschränkungen oder -verbote gegenüber dem Transport von Gütern inklusive der Postzustellung
- oder Diplomatie-Embargos – der Einstellung oder dem Abbruch aller diplomatischen Beziehungen
bestehen.
Welche Merkmale einen beide, welche Merkmale unterscheiden sie?
Bei Sanktionen oder Embargos geht es jeweils um Handelsbeschränkungen oder -verbote eines Staates gegen einen anderen. Sanktionen und Embargos werden in Handelsbeziehungen zu anderen Staaten als politisches und wirtschaftliches Druckmittel eingesetzt. Sie sollen den anderen Staat über drastische Beschränkungen der Handelsbeziehungen zum Einlenken bewegen.
Gemeinsam ist beiden Begriffen also die Verwendung in wirtschaftlichen Zusammenhängen. Beide dienen der länderbezogenen Export- und Importkontrolle. Der Sanktionsbegriff kann aber in anderen als wirtschaftlichen Zusammenhängen eine ganz andere Bedeutung haben. Es ist daher nicht sinnvoll, den Begriff immer mit „wirtschaftlicher Strafmaßnahme“ zu übersetzen. Vielmehr ergibt sich aus dem Zusammenhang, in dem der Begriff verwendet wird, seine jeweilige Bedeutung. Man könnte ein Embargo als eine besonders wirkungsvolle Sanktionsform ansehen.
Wann setzte man in der Geschichte Sanktionen und wann Embargos ein?
Sanktionen und Embargos sind vor allem im Laufe der moderneren Geschichte ein beliebtes Mittel geworden, um anderen Staaten für ihre Haltung oder bestimmte Handlungen Strafen aufzuerlegen. So sind schon Teilembargos gegen Staaten wie den Irak, Myanmar, Nordkorea, Somalia, Simbabwe oder den Sudan erlassen worden. Gegen Serbien und Montenegro wurden lediglich personenbezogene Finanzsanktionen durchgesetzt.
Waffenembargos betrafen schon diverse Staaten, unter anderem den Libanon, den Irak, den Sudan, Armenien und Aserbaidschan Myanmar oder die Volksrepublik China. Die jeweils aktualisierte Liste der deutschen Embargos wird vom „Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle“ (BAFA) geführt und ist auf dessen Webseite einzusehen.
US-Sanktionen und Embargos gegen den Iran
Die USA verhängten wegen dessen Atomwaffenprogramm ein Öl-Embargo gegen den Iran. Diese Maßnahme wurde 2019 nochmals verschärft, weil bis dahin eine Sonderregelung in Kraft gewesen war. Einige Länder durften nämlich trotz des Embargos Öl aus dem Iran beziehen. Dieser „Waiver“ galt seinerzeit als Ausnahmeregelung für insgesamt acht Länder. 2019 verlängerten die USA jedoch diese Ausnahmeregelung nicht weiter.
Das erklärte Ziel des verschärften Ölembargos war es, die Ölexporte aus dem Iran komplett zu unterbinden. Damit sollte der Iran seine wichtigste Einnahmequelle verlieren. Der iranische Ölexport war komplett sanktioniert. Die USA ergänzten diese Maßnahme noch durch andere Sanktionen. Diese waren im Effekt aber nicht so schwerwiegend. In der Summe zahlreicher Sanktionen und eines Teilembargos kann das betroffene Land aber wirtschaftlich stark gebeutelt werden. Der Iran fordert daher im Gegenzug für Gespräche über sein Atomprogramm stets das Ende der gegen ihn verhängten Sanktionen.
Sanktionen gegen Russland
Aktuell haben wir die Situation, dass Russland wegen des 2021 begonnenen Krieges gegen die Ukraine der Völkerrechtsverletzung beschuldigt und mit mehreren Sanktionspaketen bestraft wird.
Während Russland 2014 die Krim annektierte, geschah außer politischen Appellen nichts. Das war ein Fehler. Nun hoffen die regierenden Instanzen auf Bundes- und EU-Ebene sowie in höheren Gremien wie der UNO, dem russischen Machthaber empfindliche finanzielle Einbußen zu bescheren. Mit der Lieferung der wichtigen Energieträger, von denen viele Länder abhängig sind, entstand eine starke Abhängigkeit des europäischen Auslands gegenüber Russland. Russland finanziert seinen Ukraine-Krieg mit diesen Einnahmen. Nun strebt die EU nach mehr Energieautonomie – denn die verhängten Sanktionen haben auch eine Auswirkung auf sämtliche EU-Länder.
Inwieweit die verhängten Sanktionen und die Androhung eines Embargos auf Gas und Öl Russlands Machthaber zum Einlenken bewegen werden, ist fraglich. Zu lange hat Putin ungestraft tun können, was er wollte. Das in der Geschichte Russlands perfektionierte System der Desinformation, der Lüge und Leugnung aller Maßnahmen, die der eigenen Machterweiterung dienen, ist schwer zu beantworten. Zudem weigern sich viele Länder, sich offen gegen eine einflussreiche Weltmacht wie Russland zu stellen. Andere Staaten können es sich wegen ihrer Abhängigkeit von russischem Gas nicht leisten. Das führt zu der Frage, wie effektiv solche Maßnahmen als Druckmittel sind.
Erfolg und Misserfolg solcher Maßnahmen
Während Russlands gegen die Ukraine gerichteter Krieg des Jahres 2022 mit den schärfsten Sanktionspaketen seit Jahren belegt wird und möglicherweise ein Öl- und Gas-Embargo nach sich zieht, wurde Russlands Annektion der Krim mit keinen ähnlich gravierenden Konsequenzen konfrontiert.
Daran lässt sich erkennen, dass auch die jeweils amtierenden politischen Entscheider einen Einfluss darauf haben, welche Maßnahmen getroffen werden oder durchsetzbar sind. Im UN-Sicherheitsrat blockieren manche Staaten – oftmals China und Russland, aber auch Ungarn oder andere – wegen eigener Interessen weitergehende Beschlüsse und Strafmaßnahmen. Gleiches kann der Fall sein, wenn auf verschiedenen Ebenen parteipolitisch taktiert wird.
Inwieweit Sanktionen und Embargos die gewünschte Wirkung haben, ist unter Fachleuten umstritten. Einige bekannte amerikanische Wissenschaftler(innen) sind der Ansicht, dass etwa ein Drittel aller untersuchten Sanktionen erfolgreich waren. Andere Experten sehen das anders. Erwiesen ist jedoch, dass bewaffnete Konflikte nur selten durch Sanktionen eine friedlichen Lösung erfahren. Insofernn ist es fraglich, ob die Maßnahmen gegen Russland einen Erfolg haben werden. Andererseits kann die Welt nicht länger tatenlos zusehen, wie die EU-freundliche Ukraine durch russische Bomben und Raketen zerstört wird.
Es kommt manchmal sogar vor, dass Sanktionen die Kräfteverhältnisse zwischen Bürgerkriegs- oder Konfliktparteien und einem Regime verschieben. Als Rebellengruppen wie die angolanische UNITA, die ruandischen Hutu-Milizen oder die sudanesischen Dschandschawid-Milizen sanktionierten wurden, passierte genau das. Solche Fälle erhöhen die Chance auf eine militärische Auseinandersetzung. Sie verringern zugleich die Erfolgswahrscheinlichkeit von diplomatischen Verhandlungen.
Erwiesen ist auch, dass die Androhung von Sanktionen einen Konflikt noch befeuern kann. Jeder der beteiligten Parteien bemüht sich, noch vor dem Eintreten der Sanktionen ihre strategische Position zu verbessern. Denn die dann ausgesprochenen Sanktionen delegitimieren die Handlungen einer Partei. Sie erschweren sie damit auch. In anderen Fällen erweisen sich jedoch Sanktionsandrohungen oder tatsächlich verhängte Sanktionen multilateraler Organisationen als wirkungsvoll. Sie beschränken die wirtschaftlichen oder militärischen Mittel der Konfliktparteien.
Diplomatische Vermittlertätigkeiten oder Friedensmissionen erhöhen Untersuchungen zufolge die Wahrscheinlichkeit, dass wirtschaftliche Sanktionen erfolgreich sind. Als Erfolgsgeschichte gelten daher die 2001 bis 2003 verhängten Sanktionen gegen Liberia. Diese umfassten ein Waffenembargo, zusätzliche Reisebeschränkungen und ein Exportverbot für Tropenhölzer und Diamanten. Ergänzend gab die Blauhelm-Mission wirkungsvolle Hilfestellung.
Obwohl Waffenembargos die häufigste Firm von Sanktionen darstellen, gibt es Zweifel an ihrem Beitrag zur Konfliktbeilegung. Der Problempunkt ist die Durchsetzung eines Waffenembargos. Meistens werden waffenfähige Bauteile umdeklariert und über mehrere Häfen heimlich in das mit Sanktionen belegte Land verschifft. Kleine Handwaffen und Munition dafür sind zudem weiterhin im Umlauf.
Kommt es durch Sanktionen dazu, dass die Demokratiebewegung geschwächt, ein autoritäres Regime aber gestärkt wird, ist der Misserfolg der Maßnahme abzusehen. Strafmaßnahmen können unterlaufen und umgangen werden. Sie begünstigen zudem das Entstehen einer Schattenwirtschaft, die im Schatten der offiziellen Wirtschaftsleistungen stattfindet.
Ein Erfolg solcher Strafmaßnahmen wäre es, wenn die herrschende Elite durch eigene Leute, die ihr kritisch gegenüberstehen, mittels Putsch gestürzt wird. In diesem Fall hätten die Sanktionen vermutlich dazu beigetragen, dass es zur Spaltung des Regimes und eine Regierungsübernahme durch andere Machthaber kam. Ob das immer gut ist, ist jedoch ebenfalls fraglich,
Neuer Versuch: Smart Sanctions
Da nicht alle Sanktionen der Vergangenheit in ihrer Wirkung überzeugt haben, nutzen UNO, EU und die USA nun bevorzugt intelligentere Sanktionslösungen – die sogenannten „smart sanctions“. Diese können gezielter eingesetzt werden. Sie treffen vornehmlich die Regierungselite, deren Unterstützer oder relevante Wirtschaftsbereiche. Sie können außerdem gezielt gegen Terrororganisationen wie die Hamas, den Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida eingesetzt werden.
Grund für diesen politischen Strategiewechsel waren die humanitären Folgen eines kompletten UN-Embargos, dass in den Neunzigerjahren gegen den Irak verhängt wurde. Saddam Hussein konnte damals seine Position stärken und die Bevölkerung noch stärker unterdrücken. Er nutzte die sanktionsbedingte Wirtschaftskrise für sich. Die Folgen der damals verhängten Sanktionen trafen vor allem die irakische Bevölkerung statt das Saddam-Regime.