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Persönlichkeit: Zusammensetzung nach McAdams und Pals


Wie ist die Persönlichkeit zusammengesetzt?
Diese nicht ganz so einfach zu beantwortende Frage zielt auf unser individuelles Wesen ab. Die menschliche Persönlichkeit ist zusammengesetzt aus verschiedensten Facetten, welche die Persönlichkeitspsychologie zu entschlüsseln versucht.

Dieser Artikel stellt einen Versuch dar, eine grobe Übersicht über die einzelnen Komponenten der Persönlichkeit abzubilden. Daher erhebt er auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In Anlehnung an eine Arbeit der Forscher McAdams und Pals (2006) soll eine Unterteilung der Persönlichkeit in die Bereiche des Selbst, die Morphologie, die Dispositionen und charakteristische Adaptionen vorgenommen werden.

Diese Kategorien der Persönlichkeit enthalten wiederum jeweils eigene Subkategorien, welche sich zum Beispiel auf das biologische Geschlecht, den Selbstwert, die Intelligenz oder auch Ziele und Motive beziehen. Also was macht die Persönlichkeit eines Menschen aus? Sehen wir uns das einmal genauer an.

Das Selbst als Teil der Persönlichkeit

Unser Selbst ist ein höchst individuelles Konstrukt.
Es ist egal, wie sehr wir in unserer Persönlichkeit einer anderen Person ähneln. Sei es unseren Freunden, unseren Eltern oder unseren Geschwistern. Selbst eineiige Zwillinge unterscheiden sich in ihrer Persönlichkeit und in ihrem Selbst.

Zwar sind ihre biologische Grundlage und ihr Umfeld (zumindest noch in den ersten Jahren ihres Lebens) nahezu identisch. Doch werden selbst diese speziellen Geschwisterpaare von unterschiedlichen Einflüssen geprägt, welche sich auf ihre Persönlichkeit auswirken. Unsere Persönlichkeit ist demnach einzigartig. Unser Selbst ist ein Bestandteil unserer Persönlichkeit, welcher sich seinerseits aus unserem Selbstkonzept und den Entwicklungsaufgaben zusammensetzt.

Selbstkonzept als Teil der Persönlichkeit

Was gehört alles zu unserem Selbstkonzept?
Unter dem Begriff des Selbstkonzepts versteht man neben der Regulation des Selbst und dem Selbstwert auch Copingstile. Doch was ist wiederum mit diesen Begrifflichkeiten gemeint?

Selbstregulation kann als eine Art Sammelbegriff verstanden werden. Er vereint alles in sich, was mit der Steuerung der eigenen Gefühle, Gedanken und Handlungen einhergeht. Dazu zählt auch die Lenkung der Aufmerksamkeit sowie die Fähigkeit, unsere Impulse zu unterdrücken oder ihnen nachzugehen.

Damit verknüpft sind auch die Copingstile. Dabei handelt es sich um Strategien, die im Umgang mit Problemen oder Herausforderungen gezeigt werden. Dabei kann beispielsweise zwischen emotionsorientiertem und problemorientiertem Coping unterschieden werden. Wie der Name bereits andeutet, bezieht sich das emotionsorientierte Coping auf die Gefühlsebene. Denn mit Problemen gehen häufig negative Gefühle einher und diese Bewältigungsstrategie zielt auf den Umgang mit den unangenehmen Emotionen ab.

Diese Bewältigung kann positiv ausfallen, indem die Emotionen beispielsweise mit einer anderen Person besprochen und so aufgelöst werden. Zum Beispiel kann eine andere Person Trost spenden und so zu einer Linderung der schlechten Gefühle beitragen. Die Bewältigung der Emotionen kann allerdings auch durch negative Handlungsweisen stattfinden. Sich etwa zu betrinken kann die Emotionen zwar unterdrücken, hebt sie allerdings nicht auf. Das eigentliche Problem wird damit schon gar nicht aufgelöst. Doch hinsichtlich der Problemlösung spielt auch eher das problemorientierte Coping eine Rolle. Hier werden zum Beispiel andere Menschen um Rat gefragt, um eine aktive Strategie zur Lösung des Problems zu erarbeiten.

Der Selbstwert umfasst sämtliche Bewertungen und Meinungen, die wir uns über uns selbst gebildet haben. Was wir über uns selbst denken, beeinflusst unsere Handlungen und unser Verhalten anderen gegenüber. Daher hat unser Selbstwert auch einen großen Anteil daran, wie wir auf andere wirken.

Das Selbstkonzept ist demnach das Zusammenspiel, welches dem Erhalt des Selbstwertes dient. Dazu findet die Selbstregulierung (Handlungen, Gefühle unterdrücken oder nachgehen) statt – aber auch die Copingstile bzw. Problembewältigungsstrategien. Das ganze Zusammenspiel drückt dann unsere Persönlichkeit aus.

Entwicklungsaufgaben und deren Einfluss auf die Persönlichkeit

Entwicklungsaufgaben betreffen den eigenen Organismus sowie die Gesellschaft und unsere Narrative.
Mit Narrativen ist im Prinzip unsere Lebensgeschichte gemeint. Denn diese setzt sich zusammen aus Erlebnissen, welche durch unsere Persönlichkeit beeinflusst und zum Teil auch bestimmt werden. Denn unsere Persönlichkeitseigenschaften haben einen Einfluss darauf, wie wir Ereignisse wahrnehmen, darauf reagieren und sie interpretieren.

Unsere Persönlichkeitseigenschaften werden ihrerseits wiederum von unseren genetischen und biologischen Grundlagen beeinflusst. Auf diese gehen wir weiter unten noch genauer ein. Vor Entwicklungsaufgaben stellt uns sowohl unser Organismus als auch die Gesellschaft, in der wir leben.

In bestimmten Lebensabschnitten kommt es zu körperlichen Veränderungen, mit denen wir psychisch umgehen müssen. Das können Phasen wie die Pubertät oder das Altern sein. Allerdings wirken sich auch Unfälle oder Krankheiten auf unser Selbst aus. Denn wie es unserem Körper geht, wie er aussieht und wie wir uns in ihm fühlen, integrieren wir in unser Selbstbild.

Zu gesellschaftlichen Entwicklungsaufgaben gehören zum Beispiel bestimmte soziale Vorstellungen, was man in welchem Alter erreicht haben sollte. Das kann sich nicht nur auf das Selbstbild auswirken, sondern auch Druck ausüben. Stelle dir vor, dass plötzlich gefühlt alle in deinem Freundeskreis heiraten, Kinder bekommen und Häuser bauen – nur du nicht. Da könntest du schon ins Grübeln geraten, ob in deinem Leben irgendetwas schiefgelaufen ist. Selbst dann, wenn du mit deinem aktuellen Leben vollkommen zufrieden bist.

Gesellschaftliche Erwartungen und Vergleiche mit anderen können durchaus dazu führen, dass man sich selbst sehr kritisch hinterfragt. Und das Urteil fällt leider häufig negativ aus, wodurch das eigene Selbstbild beschädigt werden könnte.

Morphologie und der Einfluss auf die Persönlichkeit

Morphologie ist die Wissenschaft bzw. Lehre von der Gestalt. Und nicht nur unsere Umwelt, sondern auch unsere Genetik und andere körperliche Aspekte beeinflussen unsere Persönlichkeit. Persönlichkeitsmerkmale können vererbt werden. Vielleicht fallen dir Eigenschaften an dir auf, welche du mit deinen Eltern oder auch Großeltern teilst.

Mit Hilfe von Zwillingsstudien kann der anteilige Einfluss der Gene an unserer Persönlichkeit erforscht werden. Wo früher noch Streit herrschte, haben sich die Parteien mittlerweile einigermaßen geeinigt: Sowohl die Umwelt als auch die Gene beeinflussen, wer wir sind, wie wir denken, handeln und fühlen. Doch auch unser Phänotyp sowie Hormone haben ihre Wirkung auf unsere Psyche.

Dennoch können bestimmte Verhaltensweisen, Merkmale auch von den Eltern lediglich übernommen wurden sein. Dies nennt man Lernen am Modell, wodurch unbewusst bestimmte Reaktionen auf Umweltreize wahrgenommen und in uns selbst integriert werden. So können Menschen durch andere Menschen, aber vor allem Gruppen, beeinflusst werden und sich gewisse Charaktermerkmale annehmen.

Ist Persönlichkeit genetisch bedingt?

Es gibt nicht das eine „Persönlichkeits-Gen“.
Bestimmte Persönlichkeitseigenschaften setzen sich aus verschiedenen Genkombinationen zusammen. Man kann also nicht sagen, dass dieses oder jenes Gen für die individuelle Ausprägung von Geselligkeit oder der Tendenz zur Nervosität verantwortlich ist. Vielmehr sind es verschiedene Gen-Sequenzen, die miteinander interagieren und auf diese Weise zu verschiedenen Persönlichkeitsausprägungen führen.

Endokrinologie: Hormone bestimmen die Persönlichkeit

In der Persönlichkeitsforschung liegt der Fokus vor allem auf drei bestimmten Hormonen.
Und das sind Testosteron, Serotonin und Oxytocin. Testosteron ist das männliche Sexualhormon, welches mit Dominanz, Erfolgsstreben und auch Aggression assoziiert wird. Die Stärke der Produktion dieses Hormons kann daher einen erheblichen Einfluss darauf haben, wie jemand sich im Privat- und Berufsleben verhält.

Ein ungünstiges Verhältnis zwischen den beiden Hormonen Serotonin und Testosteron kann mit einer erhöhten Neigung zu aggressivem Verhalten einhergehen. So zeigen sich Personen mit einem hohen Level an Testosteron in Kombination mit einem niedrigen Serotoninlevel aggressiver als solche mit einem ausgeglichenen Hormonhaushalt.

Auch Oxytocin ist einen verhaltens- und gefühlsbeeinflussenden Botenstoff. Hierbei handelt es sich um ein Bindungshormon, welches die Stabilität einer Beziehung beeinflussen kann. Eindrucksvolle Befunde ergaben sich hierzu aus Untersuchungen mit verschiedenen Wühlmausarten, bei denen die eine Art monogam lebte, die andere hingegen polygam.

Es stellte sich heraus, dass die monogamen Mäuse eine höhere Anzahl von Oxytocin-Rezeptoren aufwiesen als die polygamen. Wurden diese Rezeptoren bei den Mäusen blockiert, tendierten auch sie plötzlich zu wechselnden Partnern. Das trifft auch auf Menschen zu. Je stärker wir auf dieses Hormon reagieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer langen und stabilen Beziehung.

Der Phänotyp hat Einfluss auf die Persönlichkeit

Körperbau und Attraktivität (Phänotyp) beeinflussen unser Selbstbild. Auch wenn die inneren Werte zählen – unser Aussehen spielt dennoch eine Rolle. Denn körperliche Attraktivität beeinflusst das Verhalten, das andere uns gegenüber zeigen. Und diese Reaktionen binden wir in unsere Bewertung über die eigene Person ein.

Allerdings zählen auch unsere Anatomie und der Aufbau unseres Nervensystems zum Phänotyp. Wie unser Nervensystem auf Reize reagiert, wurde ja bei den Hormonen gerade schon kurz angeschnitten. So haben potenzielle Stressoren (stressauslösende Reize) einen stärkeren Einfluss auf Menschen, die mehr Cortisol-Rezeptoren haben.

Bei Cortisol handelt es sich um ein Stresshormon. Je mehr davon an unsere Rezeptoren andockt, desto gestresster fühlen wir uns und umso heftiger reagiert auch unser sympathisches Nervensystem. Das ist der Teil unseres Nervensystems, der uns auf Flucht oder Kampf vorbereitet. Während eine Situation die eine Person vollkommen kalt lässt, kann die andere dabei in blanke Panik ausbrechen.

Andersherum hat unsere Persönlichkeit auch einen Einfluss darauf, wie wir uns bewegen. Das lässt sich beispielsweise schon daran erkennen, ob sich jemand eher langsam und gezielt bewegt oder eher hektisch und fahrig agiert, während er versucht, nicht ständig etwas fallen zu lassen oder versehentlich umzuwerfen.

Was sind Persönlichkeitsdispositionen?

Darunter fallen Traits, Handlungsdispositionen und Fähigkeiten.
Mit Traits sind relativ zeitstabile Persönlichkeitseigenschaften gemeint, welche sowohl genetisch als auch kulturell geformt sind. Dabei handelt es sich um recht abstrakte Konstrukte, welche unsere Persönlichkeit anhand unseres Verhaltens kategorisieren. Ein Beispiel für Traits sind die sogenannten Big Five. Diese beinhalten die Eigenschaften Offenheit, Neurotizismus, Extraversion, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.

Handlungsdispositionen beziehen sich auf unsere Werte, Einstellungen und Strategien. Diese Aspekte beeinflussen stark unser Handeln, gehören jedoch nicht zu den Traits.

Daneben gibt es noch Fähigkeiten, mit denen Kompetenzen, Intelligenz und Kreativität gemeint sind. Diese Fähigkeiten – besonders Kreativität und Intelligenz – sind wiederum von unserer Morphologie abhängig.

Alle Drei (Traits, Handlungsdisposition, Fähigkeit) beeinflussen unsere Persönlichkeit. Somit spielen Eigenschaften – wie Offenheit, Extraversion usw. – genauso in unsere Persönlichkeit hinein, wie Wertvorstellungen, Einstellung und Kompetenzen.

Welche Rolle spielen charakteristische Adaptionen?

Diese ähneln zwar den Handlungsdispositionen, stehen aber für etwas anderes.
Denn mit den charakteristischen Adaptionen ist ein weit situationsspezifischeres Handeln gemeint. So beinhalten sie weniger unsere Werte und Einstellungen, sondern viel mehr mentale Repräsentationen über Beziehungen, andere Personen und Situationen. Allerdings auch Handlungsregulationen, welche auf Grundlage von Zielen, Motiven und Interessen ausgeführt werden.

Wie wir in einer Situation reagieren wird zwar grundlegend von unseren Werten und Einstellungen geleitet. Doch charakteristische Adaptionen sind mehr an spezifische Rollen gebunden, welche wir im Moment einnehmen. Abhängig von dieser sozialen Rolle können bestimmte Interessen oder Ziele vorherrschender sein als in anderen.

Dazu ein Beispiel…
Eine Frau vertritt die Einstellung, also die Handlungsdisposition, dass Macht eine große Bedeutung hat. Allerdings zeigt sich dieser Wert in verschiedenen Situationen unterschiedlich. Zwar möchte sie sowohl im Beruf als auch zu Hause die Kontrolle haben, doch legt sie abhängig von der jeweiligen sozialen Rolle ein anderes Verhalten an den Tag. Im Job lässt sie sich kaum auf Diskussionen ein, wenn es um ihre Durchsetzungsfähigkeit geht. Allerdings ist ihr zu Hause die Harmonie wichtiger, weshalb sie sich mit ihrem Mann und den Kindern auf Kompromisse einlässt. Dennoch versucht sie auch hier, die für sich bestmögliche Lösung auszuhandeln.

Zusammenfassung

  • Die Persönlichkeit kann in verschiedene Facetten unterteilt werden. Sie setzt sich zusammen aus dem Selbst, der Morphologie, charakteristischen Adaptionen und Dispositionen.
  • Während das Selbst Entwicklungsaufgaben und das Selbstkonzept beinhaltet, werden der Morphologie die Genetik, der Phänotyp und die Endokrinologie zugeordnet.
  • Charakteristische Adaptionen hingegen beziehen mentale Repräsentationen und Handlungsregulationen ein.
  • Zu den Dispositionen zählen Traits, Handlungsdispositionen und Fähigkeiten. Diese Bereiche der Persönlichkeit sollten allerdings eher als Netzwerk verstanden werden, denn sie können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden.
  • So bestimmt unsere Genetik (welche ein Teil der Morphologie ist) zum Teil darüber, wie stark unsere Intelligenz oder unsere Kreativität ausgeprägt sind. Diese beiden Fähigkeiten gehören zu den Dispositionen, welche sich wiederum auf unser Handeln auswirken.
  • Unser Handeln beeinflusst, wie andere uns wahrnehmen und deren Reaktionen binden wir in unser Selbstkonzept ein.
  • Welches Bild wir von unserer eigenen Persönlichkeit haben, beeinflusst seinerseits unser Verhalten und einen Einfluss auf unsere Umwelt, die ihrerseits auf unsere Persönlichkeit einwirken kann.
  • Jeder Aspekt unserer Persönlichkeit hat einen Einfluss auf eine andere Persönlichkeitsfacette und steht in einer Wechselbeziehung zwischen unserer sozialen Umwelt. Die Persönlichkeit ist demnach kein fixes und abgeschottetes Konstrukt, sondern interagiert mit biologischen, psychischen, sozialen und kulturellen Gesichtspunkten.

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