Geschichte Kenias
Die Geschichte Kenias beginnt vor mindestens 2,5 Mio. Jahren, aber wohlmöglich sogar vor mehr als 3,5 Mio. Jahren mit dem Auftreten erster Vormenschen und Urmenschen. Dabei vollzieht die Urgeschichte zwar die Steinzeit, überspringt wohlmöglich die Bronzezeit und endet in der Eisenzeit. Wahrscheinlich brachten erst bantusprachige Bevölkerungsgruppen aus den Süden kommend die Eisenverarbeitung mit, wodurch das metallische Zeitalter erst mit dem Eisen begann.
Ab dem 15. und 16. Jahrhundert wurde Kenia von Europäern besetzt. Es kam zu einer jahrhundertlangen Kolonialgeschichte, welche erst im 20. Jahrhundert endete. Die Unabhängigkeit Kenias wurde am 12. Dezember 1963 vollzogen. Der kenianische Staat bzw. die Republik Kenia wurde 1964 gegründet.
Kenias Urzeit
Die Steinzeit in Kenia ist klar belegt, da Fossilienfunde beweisen, dass vor mindestens 3,5 Mio. Jahren dort Vormenschen lebten. Zu den ersten Vormenschen überhaupt gehört die Gattung Orrorin, welche bereits vor 6 Mio. Jahren in Kenia lebte. Wohlmöglich bildeten sich parallel andere Vormenschen, wie Kenyanthropus und Australopithecus.
Vor etwa 6 Mio. Jahren: Erste Spuren der Vormenschen
Die Menschheitsgeschichte hat noch nicht begonnen, doch in den kenianischen Tugen Hills tritt eine neue Gattung der Menschenaffen auf, welche als Orrorin bezeichnet wird. In der Bantusprache bedeutet Orrorin etwa Urmensch oder Fossil.
Anhand des Daumens lässt sich feststellen, dass Orrorin bereits zum Präzisionsgriff fähig gewesen sein könnte. Dies ist wichtig, da diese Menschenaffen nun Dinge in die Hand nehmen und gebrauchen konnten.
Nachdem Orrorin im Oktober 2000 entdeckt und 2001 zoologisch beschrieben wurde, entbrannte eine hitzige Diskussion in der Forschung. Denn durch die Funde wurde Kenia zur Wiege der Menschheit erklärt, was allerdings umstritten ist. Ob Orrorin ein direkter Vorfahre der Menschheit ist oder ob es sich um eine evolutionäre Seitenlinie handelt, wird noch geklärt.
Vor etwa 3,5 Mio. Jahren: Ökosysteme ändern sich
Die Fundstelle Kantis Fossil Site (KFS) befindet sich am Stadtrand von Nairobi. Dort wurden 1991 diverse Fossilienfunde vom Australopithecus afarensis dokumentiert, welche ab 2009 analysiert wurden. Diese sind circa 3,5 Mio. Jahre alt. Auch die Gattung Australopithecus wird als Vormensch angenommen.
Außerdem wurden Skelette und Knochen diverser Tierarten gefunden, welche es ermöglichen, ein urzeitliches Ökosystem zu rekonstruieren. So lebten dort Giraffenartige, Krokodile, diverse Hornträger, Pferde, Nashörner und Tüpfelhyänen. Aufgrund der Zusammensetzung dieser Arten, geht man davon aus, dass vor 3,5 Mio. Jahren in Kenia eine offene Graslandschaft mit Gewässern und Waldanbindung vorlag.
Vor etwa 3,3 Mio. Jahren: Erste Steinwerkzeuge könnten möglich gewesen sein
Die Fundstelle Lomekwi befindet sich am Westufer des Turkana-Sees in Kenia. Dort wurden im Jahr 1999 die Überreste eines Hominini gefunden, welcher etwa 3,3 Mio. Jahre alt war und als Keniamensch (Kenyanthropus) bezeichnet wird.
Neben den Schädelfunden wurden ab 2011 auch diverse Geröllwerkzeuge gefunden, welche dem Oldowan-Typ entsprechen. Bisher nahm man an, dass die ersten Steinwerkzeuge vom Homo habilis (Tansania) hergestellt und genutzt wurden. Ob in Lomekwi tatsächlich 800.000 Jahre zuvor Werkzeuge aus Stein hergestellt worden, ist noch nicht endgültig geklärt. Denn Gegner der Lomekwi-Hypothese gehen davon aus, dass die Steinartefakte aus Lomekwi nicht beschlagen, sondern durch Erosion entstanden sein könnten.
Kenias Steinzeit
Die Steinzeit beginnt mit dem Auftreten der ersten Steinwerkzeuge, welche nachweislich von Menschenhand gefertigt worden. Als erster Urmensch, welcher Werkzeugbau beherrschte, wird Homo habilis angenommen, welcher in Tansania erstmalig gefunden wurde. Doch Kenia hat einen Urmenschen hervorgebracht, für welchen zwar die Steinbearbeitung nicht archäologisch nachgewiesen wurde, dafür aber ein deutlicher Anstieg im Gehirnvolumen zu verzeichnen ist.
Vor 2,5 Mio. Jahren: Erste Menschen entstehen am Rudolfsee
Homo rudolfensis (Mensch vom Rudolfsee) gilt als einer der ersten Vertreter der Gattung Homo und somit der Menschheit. Fossilienfunde dieses Urmenschen wurden 1972 am Turkana-See, welcher damals noch Rudolfsee hieß, gefunden. Anhand des Schädels konnte man errechnen, dass Homo rudolfensis ein Gehirnvolumen von etwa 750 cm³ gehabt hat. Das Hirnvolumen der Vormenschen betrug lediglich 450 cm³, was ein deutlicher Anstieg gewesen sein muss.
Neben Homo habilis, dem ersten Werkzeugbauer aus Tansania, gilt Homo rudolfensis deshalb als erste Urmenschenart. Und auch deshalb gilt Kenia als möglicher Herkunftsort der Menschheit (Wiege der Menschheit).
Vor etwa 1,6 Mio. Jahren: Der Turkana-Boy aus Kenia
Im Jahr 1984 fand man am Turkana-See in Kenia ein fast vollständig erhaltenes Skelett eines Hominini, welches man entweder Homo ergaster oder bereits Homo erectus zuordnet. Der Turkana-Boy wurde aufgrund seines guten Zustands weltberühmt und Nachbildungen werden in einigen archäologischen Museen ausgestellt.
Analysen haben ergeben, dass der Turkana-Boy zu Lebzeiten etwa 8 oder 9 Jahre alt und etwa 145 cm groß war. Eine Studie aus dem Jahr 2015 gab bekannt, dass der Junge als Erwachsener eine Körpergröße von 176 bis 180 cm erreicht hätte. Eine nachfolgende Studie aus dem Jahr 2018 korrigierte die Körpergröße etwas nach unten und setzte bei 160 bis 177 cm an.
Vor etwa 900.000 Jahren: Hoher Werkzeuggebrauch wird sichtbar
Die Fundstelle Olorgesailie befindet sich im Süden Kenias. Dort wurden ab 1919 diverse Steinwerkzeuge (Chopping Tools) gefunden. Die Steine, welche für die Werkzeugherstellung als Rohstoff gebraucht worden, stammen aus 17 unterschiedlichen Örtlichkeiten.
Auffallend ist die hohe Anzahl an Steinwerkzeugen. So wurden bspw. an einem Elefantenskelett mehr als 2.300 Steinartefakte geborgen. Als Menschenart, welche vor etwa 900.000 Jahren die Fundstelle besiedelte, wird Homo ergaster und Homo erectus diskutiert.
Vor etwa 320.000 Jahren: Neuere Faustkeile werden genutzt
Die Faustkeile wurden wohlmöglich bereits vor 1,75 Mio. Jahren vom Homo erectus auch in Afrika entwickelt.
In einer jüngeren Fundschicht von Olorgesailie, welche wohlmöglich etwa 320.000 Jahre alt ist, wurden diese Universalwerkzeuge auch in Kenia nachgewiesen. Diese waren allerdings anspruchsvoller hergestellt, ähnlich wie die Levallois-Abschläge beim Neandertaler – welche erst etwa 100.000 Jahre später in Europa auftauchen sollten. In Afrika sind diese anspruchsvollen Werkzeugtypen für diese Zeit höchst untypisch.
Vor etwa 78.000 Jahren: Älteste Bestattung Afrikas
In der Höhle Panga ya Saidi in Kenia finden seit 2010 Forschungen statt. Dort fand man 2013 die Überreste eines Kindes, welches vor 78.000 Jahren gelebt hat. Das Kind wurde sorgfältig abgelegt und bestattet. Die Position des Kopfes lässt vermuten, dass dieser auf eine Unterlage (Kissen) gebettet wurde. Das Kind von Panga ya Saidi ist der älteste Nachweis einer Bestattung in Afrika.