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Kleinster Knochen beim Menschen – Der Steigbügelknochen


kleinster menschlicher knochen

1. Trommelfell 2. Hammer & Amboss 3. Steigbügelknochen 4. Innenohr

Der kleinste Knochen beim Menschen ist der Steigbügelknochen im Ohr.
Dieser ist, je nach Mensch, gerade einmal 2,6 bis 3,4 Millimeter lang und wiegt zwischen 2 und 4,3 Milligramm.

Der kleinste menschliche Knochen sitzt somit im Ohr. Dass dieser Knochen so klein ist, hat etwas mit unserer Hörleistung zu tun. Wenn dieser nämlich größer wäre, würdest du schlechter hören.

Wieso? – Das erfährst du in diesem Beitrag.

Aufgabe des Steigbügelknochen im Mittelohr

Den Namen verdankt der Steigbügelknochen seinem Äußeren. Denn dieser sieht dem Steigbügel eines Sattels schon sehr ähnlich. Entdeckt wurde der Knochen im 16. Jahrhundert von dem Anatomen Giovanni Filippo Ingrassias.

Neben dem Steigbügelknochen sitzen der Hammer und Amboss ebenfalls in der Paukenhöhle des Mittelohres.

Welche Aufgabe hat der Knochen?
Er vibriert.
Denn sobald das Trommelfell, links im Bild, Schallwellen empfängt – überträgt es diese an Amboss und Hammer.
Dabei wird zuerst das Trommelfell in Schwingungen versetzt.
Aber durch die Verbindung der Knochen mit dem Fell werden die Vibrationen weiter gegeben.

Letztlich hat der Steigbügelknochen einen Anschluss ans Innenohr und kann deren Nerven ganz fein stimulieren.
Im Innenohr werden dann die Nervenimpulse übersetzt und an das Gehirn weitergeleitet.

Und die Größe des Knochens ist dabei sehr entscheidend.
Denn je größer und massiver ein Knochen ist, umso schwieriger ist es – diesen zu bewegen.
Da die Schallwellen, welche auf das Trommelfell einströmen – dieses nur ganz leicht zum Schwingen anregen – braucht es einen sehr kleinen Knochen – welcher mitschwingt.

Der Steigbügelknochen im Mittelohr dient somit als Leitstation bzw. Übersetzer zwischen Innen- und Außenohr.
Umso kleiner der Knochen ist, umso besser lässt er sich in Schwingung setzen und umso feinere Geräusche können wahrgenommen werden.

Der kleinste menschliche Knochen besitzt einen Verstärker

Jetzt stellt sich die Frage:

Geht durch die Übertragungen nicht Hör-Energie verloren?

Schließlich muss doch eine mechanische Übertragung vom Trommelfell auf Amboss und Hammer stattfinden und dann weiter zum Steigbügel geleitet werden.
Da könnte doch zwischendurch so einiges an der Übertragung verloren gehen, oder?

Schau dir einmal das Bild ganz genau an.
Die Fläche des Trommelfelles ist um ein Vielfaches größer, als die Angriffsfläche zwischen Steigbügel und Innenohr.
Dies dient als Verstärker.
Denn somit kann eine Druckerhöhung stattfinden.

Du kannst dir dies wie bei einem Nagel vorstellen.

  • Unten, an der Spitze, besitzt der Nagel einen sehr kleinen Druckpunkt.
    Dadurch kann man ihn problemlos in eine Wand drücken bzw. schlagen.
  • Am anderen Ende hat der Nagel einen Kopf mit größerer Angriffsfläche.
    Dort wird draufgeschlagen und somit Druck ausgeübt.
  • Wäre der Nagelkopf noch größer, könntest du noch mehr Druck aufbauen.
  • Und wäre die Spitze breiter, müsstest du mehr Kraft aufwenden – um den Nagel in die Wand zu schlagen.
  • Optimal wäre somit ein großer Nagelkopf, bei dem Druck entsteht – und eine schmale Nadelspitze, welche den Druck ausnutzt.

Also ein Verhältnis von groß zu klein.
Und genauso ist es im Mittelohr.
Das Trommelfell ist besonders groß und der Steigbügelknochen am anderen Ende ist der kleinerste menschliche Knochen.
Somit wird der Schalldruck innerhalb des Mittelohres verstärkt.

Aber….
Natürlich kommt nicht alles an, was auf das Trommelfell wirkt.
Gerade höhere Frequenzen oder besonders niedrige Frequenzen gehen verloren.
Ist das Gehör, zum Beispiel durch Krach geschädigt, nimmt die Leistung weiter ab.

Aber im mittleren Tonbereich werden fast 2/3 aller Schallwellen übertragen.

Evolutionäre Entwicklung des Steigbügelknochens

Bei uns Menschen und auch bei anderen Säugetieren ist der Steigbügelknochen vorhanden. Andere Tiere, wie beispielsweise Lurche und Kriechtiere, besitzen eine ähnliche Knochenfunktion – welche ebenfalls dem Hören dient.

Bei diesen ist der Knochen allerdings im Kiefer platziert. Somit nehmen gerade Reptilien, Amphibien und Vögel über den Kiefer bestimmte Schwingungen wahr, welche dann an das Gehirn weitergeleitet werden.

Bei diesen Tieren wird der Knochen als Columella bezeichnet und leitet sich von der Hyomandibulare der Fische ab. Dieser Knochen bildet somit den Ursprung der heutigen Hörleistung von höheren Wirbeltieren. Bei Fischen sitzt die Hyomandibulare, auch Epiphyale genannt, im zweiten Kiemenbogen.

Evolutionär diente das Ohr ursprünglich nicht der Wahrnehmung eines Schalles, sondern war bzw. ist der Ort des Gleichgewichtssinnes. Somit ist das Ohr nicht nur Hörorgan, sondern auch Gleichgewichtsorgan. Der Kopf eines Tieres, welcher über den Körper hinausragt, ist dafür der beste Ort.

Schon bei frühen Landwirbeltieren, wie den Amphibien, ist die Columella zu finden. Bei sämtlichen Knochenfischen und einigen Knorpelfischen, wie Haien, ist dies als Hyomandibulare ein Bestandteil der Oberkieferaufhängung.

Systematisch ähnlich ist der Steigbügel bei Säugetieren. Der Unterschied zur Columella ist jener, dass der Bügel nur an der Innenohrseite ausgeprägt ist. Die Außenseite hat sich im Laufe der Evolution bei den Säugetieren zurückgebildet und ist gänzlich verschwunden.

Embryonale Entwicklung

Da menschliche Embryos im Mutterleib ebenfalls gewisse Entwicklungsstadien vollziehen, entsteht der Steigbügel erst in späteren Schwangerschaftsphasen. Dieser bildet sich durch den sogenannten Reichertschen Knorpel, welcher im oberen Teil des 2. Kiemenbogens sitzt.

Das Phänomen ist vergleichbar mit den Hyomandibularen bei Fischen. Aber am Ende der Frühschwangerschaft (12. Woche, 3. Monat) bildet sich dieser Knochenbogen weiter und wird letztendlich zum Steigbügelknochen. Ab dem 4. Monat beginnt der Hammer zu verknöchern und ist mit dem 7. Monat nahezu abgeschlossen.

Anatomie des Steigbügelknochens

Die Platte des Steigbügels hat eine Fläche von 3,2 mm². Diese berührt die sogenannte Hörschnecke im Innenohr, welche im Inneren mit Flüssigkeit gefüllt ist. Durch die Schallwelle wird zuerst das Trommelfell vibriert, dann der Steigbügel und letztlich die Flüssigkeit innerhalb der Hörschnecke.

Von der Fußplatte des Steigbügels gehen zwei Schenkel (Crura stapedis) aus. Beide verbinden sich zu einem Hals, welcher dann in den Kopf übergeht. Dieser Kopf wiederum ist gelenkig mit dem Amboss verbunden.

Bewegt wird dieser Knochenapparat durch einen Muskel. Der Steigbügelmuskel kann reflexartig das Ohr vor einer Überlastung schützen. Durch Anspannung versteift sich die Knöchelkette, was bei hohem Schalldruck das Innenohr schützt. Dieser Muskel ist der kleinste Muskel der menschlichen quergestreiften Muskulatur (Skelett- und Herzmuskeln).

Störungen

Die Steigbügelplastik ist ein Operationsverfahren, um den Steigbügelknochen zu ersetzen. Dabei wird dieser durch eine künstliche Prothese ersetzt.

Wieso?
Es kommt vor, dass der Steigbügel festwächst. Meistens geschieht dies als Folge einer Otosklerose. Bei dieser Erkrankung bilden sich im Innen- und Mittelohr neue Knochen, welche den Steigbügel fixieren und somit seine Übertragung hindern. Als Folge hören Patienten schlecht, da die Hörleitung zwischen Innen- und Mittelohr nicht funktioniert. Man bezeichnet dies auch als Schallschwerhörigkeit.

Operation und Eingriffe

Die Operation, um den Steigbügel zu ersetzen, kann mittels Narkose oder örtlicher Betäubung erfolgen. Dann folgt ein Schnitt im Eingang des Gehörganges. Der festgewachsene Steigbügel wird mittels präziser Instrumente entfernt und durch die Prothese ersetzt.

Dabei kann es auch zu Problemen kommen und diverse Risiken können auftreten. So kann die Prothese abrutschen, wodurch eine kurzzeitige Hörverschlechterung eintritt. Da das Gehirn bzw. der menschliche Körper sich erst an den neu eingesetzten künstlichen Knochen gewöhnen muss, kann es vorrübergehend zu Schwindelerscheinungen, Geschmacksveränderungen oder Ohrensausen kommen.

Seltene Komplikationen gehen mit der Verletzung von Nerven einher. So kann es in einigen Fällen auch zu Gesichtsnervenlähmungen oder Ertaubung des operierten Ohres kommen. Auch Hirnhautentzündung ist eine extrem seltene aber durchaus mögliche Komplikation.



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