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Unbewusstsein laut Psychoanalyse : Bedeutung, Theorie und Konzept


Das Unbewusste oder auch Unbewusstsein bzw. Unterbewusstsein genannt, ist eine Bewusstseinsstufe innerhalb der Psychologie. Vornehmlich ist dieser Begriff in der Tiefenpsychologie und Psychoanalyse zu suchen. Laut der psychoanalytischen Theorie nach Sigmund Freud verfügt die menschliche Psyche über drei Bewusstseinsstufen:

  • Das Bewusste
  • Das Vorbewusste
  • Das Unbewusste

Das Unterbewusstsein ist ein anderes Wort für das Unbewusste, welches jedoch nur in der Alltagssprache verwendet wird.

Das Bewusste und das Unbewusste in der Psychoanalyse

Die Psychoanalyse ist eine Theorie, welche menschliches Verhalten erklärbar, nachvollziehbar und vorhersagbar machen will. Dazu bedient sie sich verschiedener Einzeltheorien über bewusste und unbewusste Prozesse im menschlichen Geist.

Bewusstsein bzw. das Bewusste ist demnach eine Instanz der Psyche, welche auf äußerliche und innerliche Reize reagiert. Äußerliche Reize werden über die Sinnesorgane an uns herangetragen. Besitzt der Reiz einen gewissen Schwellenwert, dringt er ins Bewusstsein ein und wird durch die Sinnesorgane verarbeitet. Es findet demnach eine Reaktion statt.

Hier ein Beispiel…
In einer Autokolonne gibt es 10 blaue und ein rotes Auto. Dieses rote Auto hat einen gewissen Reiz (Schwellenwert), weshalb es sprichwörtlich ins Auge fällt. Das menschliche Auge nimmt das Auto wahr und es erfolgt eine physiologische (körperliche) Reizreaktion, welche wir als Sehen bezeichnen. Mitunter erzeugt das Auto vielleicht sogar ein Gefühl in dir, welches du als inneren Reiz spürst und dein Gehirn als Emotion verarbeitet.

Das wirklich Interessante in der Psychoanalyse ist allerdings das Unbewusste. Denn dieser Teil der Psyche galt zur damaligen Zeit noch als wenig erforscht. Durch Freuds Theorie der Psychoanalyse, welche zwischen 1883 und 1910 entstand, wurden unbewusste Prozesse besser nachvollziehbar und abgrenzbarer.

Das Unbewusste unterliegt – laut Freuds Ansichten – einer gewissen Dynamik. Somit dringen Wahrnehmungen ins Unbewusste ein, verändern und erweitern diesen Teil der Psyche. Der Mensch kann allerdings das Unbewusste nur sehr begrenzt erkennen und begreifen. Dennoch prägt der unbewusste Teil der Psyche den Menschen, bestimmt sein Handeln mit und kann sogar Krankheiten hervorrufen.

Vom Bewussten zum Unbewussten

Um das Unbewusste seiner Patienten sichtbar zu machen, begann Freud Hypnosesitzungen abzuhalten. Diese hatten allerdings nur unzureichenden Erfolg, weshalb er sich auf andere Therapieverfahren einließ. Seine hauptsächliche Methode wurde die freie Assoziation. Bei diesem Therapieverfahren liegen die Patienten auf seiner Couch und erzählen alles, was ihnen durch den Kopf geht.

Die Gedanken der Patienten haben immer einen Ursprung bzw. eine mögliche Ursache – weshalb diese in Erscheinung treten. Und die Ursache dieser Gedankengänge liegt im verborgenen Teil bzw. dem tieferen Teil der Psyche. Durch regelmäßiges Erzählen lassen sich dann Gedanken aus einer Sitzung, mit den Gedanken aus anderen Sitzungen verknüpfen. Der Therapeut erkennt ein gemeinsames Muster bzw. einen gemeinsamen Ursprung, welcher laut Freuds Auffassung immer in der Kindheit liegt. Dieser zeitlich weit zurückliegende Ursprung bildet dann die Quelle einer heute auftretenden Komplikation, Belastung bzw. psychischen Störung.

Der bewusste Teil äußert sich demnach in den Symptomen einer psychischen Krankheit. Diese Symptome können Abgeschlagenheit, Wahnvorstellung oder Ähnliches sein. Der unbewusste Teil ist die Ursache dieser Erkrankungen, welche aus traumatischen Kindheitserinnerungen bzw. -erfahren herrühren.

Einen Königsweg um vom Bewussten zum Unbewussten zu gelangen, bilden neben den Assoziationen auch Träume. Laut Freud tauchen in Träumen gewisse Symbole auf, welche auf unerfüllte Wünsche hindeuten. Diese Symbole werden allerdings verzerrt und entfremdet gezeigt, so dass der bewusste Geist diese überhaupt nicht deuten kann. Der Grund für diese Entfremdung sind Abwehrmechanismen, welche die Psyche geschaffen hat.

Abwehrmechanismen machen das unbewusste Wahrnehmen kaum möglich

Laut Freud kann das Unbewusste nicht ohne eine psychoanalytische Deutung sichtbar werden. Traumsymbole oder Assoziationen sind für den bewussten Geist zwar erkennbar. Allerdings vermag der bewusste Teil nicht, das Unbewusste richtig zu deuten bzw. den dahinterliegenden Grund zu erkennen. Denn die Gedächtnisinhalten oder auch die Traumsymbole wurden entfremdet oder verzerrt.

Träumt beispielsweise ein Patient davon, dass er verfolgt wird – kann dies auf einen unerfüllten Aggressionswunsch hindeuten. Das Symbol des Traumes ist der Verfolger, wird aber vom bewussten Teil so sehr verdreht – dass der Patient sein eigentliches Bedürfnis (selbst aggressiv zu sein) dahinter nicht erkennt.

Die innere Barriere, welche das Bewusstsein erschafft – nannte Freud „Zensor“. Sie sorgt dafür, dass Vieles was peinlich, unangenehm oder gesellschaftlich nicht akzeptabel ist – nur als verfremdetes Symbol erscheint. Der bewusste Teil der Psyche schützt somit sein Selbstbild, indem es unerfüllte Gewaltfantasien anders und widersprüchlich darstellt.

Neben der Verfremdung existieren weitere Abwehrmechanismen des Geistes, welche ebenfalls als Barriere zum Bewussten dienen. Verdrängung ist einer der bedeutendsten Abwehrmechanismen. Beispielsweise kann ein ruhiger und gelassener Mensch in besonderen Situationen ausfallend, wütend oder aggressiv reagieren. Befragt man den Menschen später, würde dieser sagen, dass er in der Situation ebenfalls ruhig und besonnen reagiert hat.

Wieso?
Seine innere Wahrnehmung hat nicht zugelassen, dass dieses fremdartige Selbstbild ins Bewusstsein dringt. Dadurch hat der Abwehrmechanismus „Verdrängung“ eine Barriere geschaffen, welche das eigene Selbstbild (ich bin immer ruhig) nicht angreift.

Dieser Mensch sieht sich danach immer noch als ruhiger und ausgeglichener Mensch. Vielleicht hat ein dritter Beobachter die Szene wahrgenommen und macht diesen Menschen nun bewusst, dass er in dieser Situation aggressiv geworden ist. Manchmal wird es diesen Menschen dann ebenfalls bewusst, dass sie gerade gegen ihr eigenes Selbstbild verstoßen haben. Aber meistens reagieren sie dann mit Verleugnung, einem weiteren Abwehrmechanismus des Bewusstseins.

Verleugnung ist das Abstreiten von Tatsachen. Auch hier setzen Mechanismen des bewussten Teils ein, um das eigene Selbstbild zu schützen. Beispielsweise kann eine Mutter behaupten, dass sie sich immer um ihre Kinder gekümmert hat und ihre Freizeit nur darin bestand, dem Kindeswohl zu dienen. Die Kinder behaupten dann später, dass ihre Mutter im Urlaub mit Sonnenbaden beschäftigt war und sie allein spielen mussten. Um das Selbstbild einer perfekten Mutter aufrecht zu halten, wird die Frau dies leugnen und behaupten, dass sie immer mit den Kindern gespielt hat.

Verleugnung und Verdrängung sind nur zwei Abwehrmechanismen, welche die Psyche geschaffen hat – um unbewusste Erfahrungen vom bewussten Teil fernzuhalten. Freuds Bestrebungen bestanden nun darin, diesen Abwehrmechanismus zu erkennen und dann dessen Ursache zu finden. Diese Quelle liegt vermutlich in der Kindheit des Patienten und bildet den Grund für sein heutiges Handeln bzw. dessen psychische Störung.

Denn die Abwehrmechanismen dienen, laut psychoanalytischem Verständnis, um die Psyche zu schützen. Denn während dem Heranwachsen erfährt ein Kind auch gewisse Demütigungen, Zurückweisungen oder andere Einschnitte. Man nennt dies Erziehung, gesellschaftliche Anpassung oder soziale Kompetenzausbildung. Für die Psyche bedeutet dies, dass gewisse Teile geschützt werden müssen, Selbstbilder entwickelt und verteidigt werden.

Ein ebenfalls netter Abwehrmechanismus ist die Projektion. Denn alles was wir an anderen Menschen nicht mögen, ist der Teil in uns – welchen wir verstecken, verleugnen oder verfremden. Bei aggressiven oder feindseligen Menschen wird dies besonders deutlich. Diese neigen dazu, überall einen Angriff zu erkennen. So kann der Nachbar, welcher nur über den Gartenzaun schaut, als Feind angesehen werden.

Diese feindliche Projektion bewirkt dann, dass man in anderen Menschen und deren Handeln immer böswillige Absichten erkennt. Als Folge legt man sich mit seinen Mitmenschen an, maßregelt diese ständig oder versucht deren Handeln als böse Absicht zu entlarven.

In Wirklichkeit steckt dahinter ein Abwehrmechanismus, um seinen Aggressionstrieb auszuleben. Denn dadurch, dass die Anderen immer aggressiv wirken, kann man sich selbst auch aggressiv verhalten – ohne sein Selbstbild zu beschädigen. In diesem Fall kann ein Selbstbild – dass man sich eigentlich nur verteidigt – aufrecht erhalten werden und der Mensch kann seinen Aggressionstrieb ausleben.

Wichtig ist…
Der unbewusste Teil der Psyche erkennt immer, dass derjenige gegen sein Selbstbild verstoßen hat. Und so wird der bewusste Teil mit Schuldgefühlen oder Ähnlichen bestraft. Bei manchen Menschen dringen diese Gefühle bis ins Bewusstsein vor und können dort bearbeitet werden. Bei anderen Menschen sind Abwehrmechanismen derart stark, aufgrund tiefer kindheitlichen Verletzungen, dass diese ausschließlich im Unbewussten gespeichert werden. Irgendwann treten diese dann in Form von Neurosen, Depressionen und anderen Erkrankungen im Bewusstsein auf.

Kurzum…

  • Abwehrmechanismen treten im bewussten Teil der Psyche auf und deuten auf eine Unbewusste Quelle hin.
  • Die Psychoanalyse bzw. die Tiefenpsychologie versucht nun die wirkliche Ursache im Unbewussten zu finden, um den Patienten zu heilen.
  • Dazu bedient sie sich der Traumdeutung oder der freien Assoziation (Gesprächsführung).

Das Vorbewusstsein laut Psychoanalyse

Freud schuf allerdings eine weitere Stufe in seinem Bewusstseinstheorem. Denn es gibt neben den Unbewussten Teil, welcher die Ursache für sein Handeln und Erleben ist, noch den vorbewussten Teil.

Hier ein Beispiel…
Der ruhige und besonnene Mensch, welcher in der Situation (Beispiel von oben) aggressiv reagiert hat, bekommt nun sein Handeln durch den dritten Beobachter gezeigt. Der Mensch kann nun entweder leugnen oder sich eingestehen, dass er wirklich entgegen seinem Selbstbild reagiert hat.

Beim nächsten Mal kann es sein, dass dieser Mensch feinfühliger wird. Er beschimpft zwar den nächsten angeblichen Feind abermals, sieht aber im Nachhinein ein, dass er gegen sein eigenes Selbstbild gehandelt hat. Dann wurde dieser Gefühlsausbruch nicht mehr im Unbewussten abgespeichert, sondern im Vorbewusstsein.

Laut Freud existiert ein Vorbewusstsein, welches gerade nicht präsent ist, aber durch gezielte Steuerung angesprochen werden kann. Durch diese Ansteuerung kann sich der Mensch dieses bewusst machen. Es ist also möglich, dass man sich das Vorbewusste bewusst macht.

Ein ähnliches Beispiel sind Dinge, wie Namen, Telefonnummern – welche wir gerade vergessen haben. Irgendwann fallen diese uns wieder ein und gelangen so ins Bewusstsein.

Zusammenfassung:

  • Laut Psychoanalyse existieren drei Bewusstseinsebenen: unbewusst, bewusst und vorbewusst
  • Das Unbewusste ist jener Teil, welcher durch psychoanalytischer Therapie sichtbar gemacht werden soll.
  • Weiterhin ist das Unbewusste eine Einbahnstraße. Denn ohne psychoanalytischer Arbeit vermag man es nicht, sich unbewusste Zusammenhänge bzw. Ursachen zu erklären, zu begreifen oder bewusst zu machen.
  • Denn die menschliche Psyche hat Abwehrmechanismen installiert, um den unbewussten Teil zu entfremden, zu verleugnen oder zu verdrängen. Dies dient dem Selbstschutz der Seele bzw. der Aufrechterhaltung des eigenen Selbstbildes.
  • Neben dem Unbewussten und Bewussten existiert noch das Vorbewusstsein. Dieser Teil der Erinnerungen kann durch gezielte Arbeit ins Bewusstsein gelangen.

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