Mit welchen Völkern stand das Byzantinische Reich in Verbindung
Mit dem Untergang Westroms etablierte sich die östliche Reichshälfte als dominante Macht in Kleinasien und dem Nahen Osten. Byzanz, auch als Konstantinopel bekannt, war das Zentrum dieses Reiches, das vom 4. bis zum 15. Jahrhundert Bestand hatte. Die Macht der byzantinischen Kaiser, aber auch die Kultur und Kunst war weit über die Grenzen hinaus bekannt. Die Beziehungen zwischen dem Byzantinischen Reich und anderen Staaten, Kulturen und Völkern waren demnach vielfältig.
Inhalt
Byzanz, ein Beispiel mittelalterlicher Diversität
Die Frage kann sehr leicht beantwortet werden: Byzanz hatte weitreichende Kontakte in alle Teile der Alten Welt. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man sich vergegenwärtigt, wie das Reich entstanden ist und welche Rolle es vom 6. bis 15. Jahrhundert spielte. Das Byzantinische Reich erwuchs natürlich aus dem Römischen Reich.
395 wurde das Römische Reich geteilt, in West- und Ostrom. Das Weströmische Reich wurde von Rom aus verwaltet (und später anderen Hauptstädten) und Ostrom von Konstantinopel aus. Als Westrom 476 unterging, blieb lediglich Ostrom über, das Historiker als Byzantinisches Reich bezeichnen. Als Teil des Römischen Reiches hatte sowohl die politische Elite als auch die Bevölkerung weitreichende Kontakte im gesamten europäischen Raum. Auch nach dem Untergang Westroms bestanden diese Kontakte weiter.
Aber auch das Byzantinische Reich war kein geeintes, homogenes Reich, sondern ein Vielvölkerstaat. Zahlreiche Ethnien und Völker unterstanden dem Kaiser in Konstinopel, sei es Araber im Nahen Osten, Juden in Israel oder Griechen in Kleinasien. Die Macht Ostroms reichte vom Nahen Osten bis auf die italienische Halbinsel, umfasste den Balkan und Kleinasien und sogar Teile Südosteuropas. Das Byzantinische Reich war das mächtigste im östlichen Mittelmeerraum und das kulturelle Zentrum Gesamteuropas. Bis zum Schisma der christlichen Kirchen 1054 war Konstantinopel eine der Pilgerstätten für Christen aus Ost und West. Und natürlich hatte Byzanz, ein anderer Name für Konstantinopel, auch weitreichende Handelskontakte.
Kontakte nach Westen
Die meisten Kontakte hatte das Byzantinische Reich gen Westen, in die Region des Weströmischen Reiches. Auch nach dessen Untergang im Jahre 476 blieben diese Kontakte weiterhin bestehen. Die Romanen, das sind die Völker, die ehemals von Westrom regiert worden waren, sahen in Ostrom den Erben des Römischen Reiches. So haben Germanen und Gallier stets Gesandtschaften nach Konstantinopel geschickt, um Handel und Politik zu betreiben. Auch aus Britannien kamen Händler und Gesandte.
Oft wurden auch Heiraten vermittelt, um Mitglieder der jeweiligen Adels- und Herrscherfamilien miteinander zu verbinden. Die Byzantiner suchten auch direkt den Kontakt zu den umliegenden Regionen ihres Reiches, vor allem zu den Arabern. Denn diese hatten weitreichende Handelsverbindungen und besaßen Ressourcen, die besonders wichtig für die byzantinische Wirtschaft waren.
Vor allem die germanischen Königreiche auf dem Boden des ehemaligen Römischen Imperiums suchten die Beziehungen nach Byzanz. Sie wollten sich der Unterstützung des Kaisers gegen die Romanen und die Reste der Unterstützer Westroms sichern. So entsandten die Goten von Ravenna aus mehrere Gesandtschaften nach Konstantinopel.
Aber auch nördlich der Alpen, wo mit dem Zusammenbruch der römischen Verwaltung ein Machtvakuum entstanden war, versuchten lokale Herzöge, Fürsten und Könige um die Gunst Byzanz zu werben. Sie wollten damit die Legitimation ihrer Herrschaft erwerben. Erst mit Karl dem Großen verschob sich diese Ausrichtung nach Rom. Byzanz spielte als Handelspartner und Drohkulisse gegen die Päpste weiterhin eine Rolle. Fast ganz Westeuropa war von den Importen von Glas, Salz, Schmuck- und Edelsteinen, aber auch anderer Luxuswaren vom Byzantinischen Reich abhängig.
Fernkontakte
Auch Herrscher in fernen Staaten entsandten Botschafter mit Geschenken an den byzantinischen Hof, um Kontakte mit dem Kaiser herzustellen. Aber auch die Byzantiner selber schickten Gesandtschaften in weit entfernte Länder. Auf diese Weise suchten sie ihren Einflussbereich zu vergrößern. Dies sicherte ihre Macht und ihren Wohlstand. Waren aus weit entfernten Regionen Eurasiens waren sehr begehrt und teuer. Sie waren Statussymbole, die Reichtum und politische Macht ausdrückten. Der Kaiserhof in Byzanz verschenkte diese Waren. Händler auf den Märkten verkauften sie an den Adel oder reiche Kunden.
Auf diese Weise entstanden Handelsnetze, welche die gesamte Alte Welt umfassten. Byzantinische Luxuswaren wurden auf der anderen Seite über die gleichen Netzwerke verkauft oder an Herrscher entfernter Reiche verschenkt. Dies zeigte Freundschaften zwischen den Staaten an, stabilisierte sie und sicherte den Frieden.
Fernkontakte erforderten intensive Ressourcen, denn Händler und/oder Gesandte waren manchmal mehrere Jahre unterwegs. Die britischen Inseln hatten im Hochmittelalter intensiven Kontakt zu den Herrschern in Byzanz. Auch in Skandinavien wurden Gesandtschaften an die byzantinischen Kaiser entsendet. Diese innereuropäischen Kontakte förderten den Handel, stellten aber auch Macht und Prestige der jeweiligen Herrscher sicher. Oft wurden Heiraten vereinbart. Bis ins elfte Jahrhundert stand zudem die Ostkirche in gleichem Rang wie der Papst in Rom. Christliche Herrscher suchten deswegen nicht nur den Kontakt zum Papst, sondern auch zum Patriarchen von Konstantinopel.
Kontakte bis in den Fernen Osten
Nach Osten hin hatten das Byzantinische Reich vor allem Handelskontakte. Aus Zentralasien und Indien wurden Schmucksteine und Erze importiert. Händler und Abenteurer stießen auch nach Südostasien vor. In Thailand und Malaysia wurden zahlreiche Öllämpchen gefunden, die eindeutig byzantinischen Ursprungs sind. Sie belegen den Handelskontakt zum Westen dort.
Auch Glas aus den Werkstätten von Byzanz war im Fernen Osten sehr begehrt. Ob die Byzantiner direkten Kontakt mit China hatten ist aber umstritten. Die Chinesen kannten Byzanz, aber es gibt keine Quellen darüber, ob Gesandtschaften dorthin entsendet oder von dort empfangen wurden. Importe aus China wurden nicht direkt abgewickelt, sondern liefen vor allem über die Araber.
In der Spätzeit des Byzantinischen Reiches kam es auch zu innenpolitischen Turbulenzen in China, sodass die Chinesen von den Kontakten zum Westen abgeschnitten waren. China wusste zum Beispiel nichts über den Untergang des Byzantinischen Reiches, wie Karten aus dem 17. Jahrhundert belegen. Dort ist Ostrom immer noch verzeichnet.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Byzantinische Reich mit allen wichtigen Völkern, Kulturen und Staaten der Alten Welt intensive Kontakt geübt hat. Germanen, Romanen, Araber, Inder und Turkvölker aus Zentralasien kamen an den Hof von Konstantinopel, um ihren eigenen Status und damit Macht und Reichtum zu sichern. Die byzantinischen Kaiser bekamen ihrerseits durch diese Kontakte den Status, den sie durch ihre Position beanspruchten. Sie haben sich als Kaiser, als Weltenherrscher, verstanden.
Die diverse Kultur der Hauptstadt und des Reichs zeugte davon, dass der Glanz und die Glorie des Byzantinischen Reiches in allen Ecken der damals bekannten Welt gerühmt wurde. So konnten die Herrscher ihre Macht sichern, ihren Anspruch als weltliche Vertreter Gottes und auch als Beschützer der oströmischen Kirche bis ins 15. Jahrhundert sicherstellen.