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Unterschied Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord


Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind drei der vier Straftatbestände des internationalen Völkerstrafrechts, wie es in der Praxis seit Ende des Zweiten Weltkriegs existiert. Die Unterscheidung zwischen den Straftatbeständen hängt vor allem mit der Gesamtsituation zusammen.

Zusammenhang zwischen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Grundsätzlich sind sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit Verstöße gegen das Völkerstrafrecht, das wiederum von den Vereinten Nationen als Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg erstmals mit dem Londoner Statut vom 8. August 1945 festgelegt wurde. Dieses Statut diente den Alliierten dazu, die Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des Dritten Reiches vorzubereiten. Dazu war es nötig, dass sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert werden, um den Nazis diese nachweisen zu können. Der Völkermord war bereits definiert worden.

Unterschiede zwischen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Kriegsverbrechen entstehen im Krieg, wenn ein Militär gegen zu schützende Bevölkerungsteile vorgeht. Darunter fallen Zivilisten aber auch Kriegsgefangene. Immer dann, wenn das Militär besonders grausam gegen diese zu schützende Bevölkerung vorgeht, spricht man von Kriegsverbrechen. Die Methodik kann Mord, Verschleppung, Versklavung oder ähnliches sein.

Völkermord entsteht durch Rassismus, Nationalismus, Religion oder anderen Motiven, welche einen Staat dazu bewegen, die Bevölkerung eines anderen Staates zu vernichten. Mitunter kommt es im Krieg zu Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, was dann wieder ein Kriegsverbrechen wäre. Aber nicht jeder Krieg begründet sich auf ideologische Interessen. Und dennoch ist jeder Völkermord ein Kriegsverbrechen – da Unschuldige bzw. zu schützende Personen, aufgrund von Hautfarbe oder Herkunft vernichtet werden sollen. Aber nicht jedes Kriegsverbrechen ist ein Völkermord, da bei der Tötung eines Gefangenen nicht zwingend ein rassistisches, ethnologisches, religiöses oder nationalistisches Motiv vorliegen muss.

Da die Nazis mit dem Holocaust einen Völkermord an den Juden begangen haben, aber auch andere Zivilisten ermordet worden – wurde der Unterschied zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit für die Nürnberger Prozesse herausgearbeitet. So sind in den Konzentrationslagern auch Oppositionelle, Gewerkschaftsführer, Behinderte und Andersdenkende gestorben – was kein Völkermord und Kriegsverbrechen darstellt, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Wie und wann entstehen Kriegsverbrechen

Das Kriegsrecht legt die Regeln für bewaffnete Konflikte zwischen zwei völkerrechtlichen Körperschaften fest. Unter den Konfliktparteien sind neben einzelnen Ländern auch Staatenbündnisse, Unabhängigkeitsbewegungen, Rebellengruppen, Terrororganisation, Milizen und ähnliche zu fassen. Eine wirklich abschließende Definition für Kriegsverbrechen gibt es nicht, weil hier auch Gewohnheitsrechte eine Rolle spielen.

Es gibt dennoch einen festgelegten Strafbestandskatalog strafbarer Kriegsverbrechen, derer Individuen folglich auch vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt werden können. Das Verbrechen der Aggression, also der Angriffskrieg, welcher häufig landläufig als Kriegsverbrechen bezeichnet wird, ist nach Völkerrecht ein eigener Straftatbestand, der gesondert neben Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord existiert. Da ein Recht auf Selbstverteidigung existiert, ist ein Verteidigungskrieg an sich stets legal, was aber nicht bedeutet, dass nicht auch ein sich verteidigendes völkerrechtliches Subjekt im laufenden Konflikt sich Kriegsverbrechen schuldig machen könnte.

Die Verfolgung von Kriegsverbrechen soll stattdessen die Zivilbevölkerung vor Übergriffen durch das feindliche Militär schützen. So sind Zwangsprostitution, Ermordung, Verschleppung, Versklavung und Folter als gängige Kriegsverbrechen an Zivilisten zu sehen. Aber auch der Beschuss von öffentlichen Gebäuden und Sanitätseinrichtungen gilt als Kriegsverbrechen. Der grausame Umgang mit Kriegsgefangenen ebenfalls.

Wie und wann entstehen Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Weit weniger konkret als Kriegsverbrechen sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefasst. Im weitesten Sinne versteht man hierunter systematische Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung nach moralischen Gesichtspunkten, da Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Zeitpunkt ihrer Verübung nach dem Recht der betreffenden Staaten meist keinen Straftatbestand darstellen. Im engeren Sinne werden heute zumeist systematische Verstöße gegen die UN-Menschenrechtskonvention als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesehen. Hierbei liegt die Betonung wirklich auf „systematisch“, da Menschenrechte Individualrechte sind, also erst einmal nur den Einzelnen betreffen. Erst kollektive Menschenrechtsverstöße erfüllen demnach den Straftatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit.

In Abgrenzung zum Kriegsverbrechen kann ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch außerhalb eines bewaffneten Konflikts begangen werden. Der Völkermord oder Genozid stellt hierbei noch einmal einen gesonderten völkerrechtlichen Straftatbestand dar. Wie auch bei den Kriegsverbrechen existiert allerdings im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag eine Liste von Taten, die ganz klar als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden und entsprechend geahndet werden können.

Entstehungsgeschichte der Begriffe und Straftatbestände

Obgleich es Kriege gibt, seit die Menschen in kulturellen Gruppen organisiert sind, sind Kriegsverbrechen als juristischer Begriff eine relativ junge Erfindung. Regeln für die Kriegsführung gibt es schon lange. Der erste Friedensvertrag wurde bereits am 10. November 1259 v. Chr. zwischen Ramses II. (1303 – 1213 v. Chr.) und Ḫattušili III. (Lebensdaten unbekannt) geschlossen. Lange gab es auch so etwas wie ungeschriebene Gesetze, gewisse Normen des Anstands, die die meisten Zivilisationen in stillschweigendem Übereinkommen in Kriegszeiten achteten.

Die erste Genfer Konvention war eine Vereinbarung von zwölf Staaten „betreffend [der] Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“ im Jahre 1864. Doch erst die Haager Abkommen, die in den Haager Friedenskonferenzen 1899 und 1907 beschlossen wurden, legten erste Regeln der Kriegsführung verbindlich fest, wobei viele Staaten sie nicht ratifizierten. Zur Anwendung kamen sie nach dem Ersten Weltkrieg nicht, obwohl dieser ihre Notwendigkeit als erster bewaffneter Konflikt in eklatantem Maße der Weltöffentlichkeit vor Augen geführt hatte.

Da Wilhelm II. aus dem Haus Hohenzollern (1859 – 1941), den man im Versailler Vertrag zum Hauptverantwortlichen erklärte, jedoch nicht von den Niederlanden, wo er sich im Exil befand, an Den Haag, was sich ebenfalls in den Niederlanden befindet, ausgeliefert wurde, kam es nie zu einem Prozess.

Wirklich ins Leben gerufen wurde das international verbindliche Völkerstrafrecht mit Ende des Zweiten Weltkrieges als Reaktion auf die Verbrechen des Deutschen Reichs und des Kaiserreich Japans. Für die Nürnberger Prozesse, bei dem erstmals Personen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt und angeklagt wurden, wurde das Londoner Statut (1945) verabschiedet. Dieses gilt zusammen mit den Genfer Konventionen von 1949 als die Grundlage für das Kriegsrecht und des Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998. Das Römische Statut löste das Londoner Statut de facto ab und gilt seit 1998 als vertragliche Grundlage der 123 Vertragsstaaten, um Verbrechen gegen Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu verfolgen.

Straftatbestände nach Völkerrecht

Die Straftatbestände, welche definitiv strafrechtlich verfolgbare Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, sind im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag festgelegt und lauten wie folgt:

Artikel 7 Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Im Sinne dieses Statuts bedeutet ‚Verbrechen gegen die Menschlichkeit‘ jede der folgenden Handlungen, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen wird:

  • a) vorsätzliche Tötung;
  • b) Ausrottung;
  • c) Versklavung;
  • d) Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung;
  • e) Freiheitsentzug oder sonstige schwer wiegende Beraubung der körperlichen Freiheit unter Verstoß gegen die Grundregeln des Völkerrechts;
  • f) Folter;
  • g) Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Ge­walt von vergleichbarer Schwere;
  • h) Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe oder Gemeinschaft aus politi­schen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Grün­den, Gründen des Geschlechts im Sinne des Absatzes 3 oder aus anderen nach dem Völkerrecht universell als unzulässig anerkannten Gründen im Zu­sammenhang mit einer in diesem Absatz genannten Handlung oder einem der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegenden Verbrechen;
  • i) zwangsweises Verschwindenlassen von Personen;
  • j) das Verbrechen der Apartheid;
  • k) andere unmenschliche Handlungen ähnlicher Art, mit denen vorsätzlich große Leiden oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der geistigen oder körperlichen Gesundheit verursacht werden.“

Im nächsten Absatz werden diese Straftatbestände noch einmal konkretisiert, So umfasst die Ausrottung etwa nicht nur die gezielte Tötung größerer Gruppen, sondern auch „die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen – unter anderem das Vorenthalten des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Medikamenten –, die geeignet sind, die Vernichtung eines Teiles der Bevölkerung herbeizuführen.“

Wichtig ist, dass sobald die oben genannten Straftaten aufgrund von Rassismus, Nationalismus oder Religion – erfolgen, kann das Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch als Völkermord (Genozid) gewertet werden.

Artikel 8 Kriegsverbrechen

Absatz a) bezieht sich mehrfach auf „Kriegsgefangene oder andere geschützte Personen“, also Individuen, die in den bewaffneten Konflikt hineingezogen werden, ohne den Kombattantenstatus zu haben. Kombattanten sind vereinfacht ausgedrückt Personen, die aktiv in den bewaffneten Konflikt eingreifen, sprich solche, die nicht nur zur bloßen Selbstverteidigung, sondern als Teilnehmer des Krieges zur Waffe gegriffen und sich nicht ergeben haben.

2. Im Sinne dieses Statuts bedeutet ,Kriegsverbrechen:

  • a) schwere Verletzungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949, nämlich jede der folgenden Handlungen gegen die nach dem jeweiligen Genfer Abkommen geschützten Personen oder Güter:
    • i) vorsätzliche Tötung;
    • ii) Folter oder unmenschliche Behandlung einschließlich biologischer Ver­suche;
    • iii) vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder schwere Beeinträchti­gung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit;
    • iv) Zerstörung und Aneignung von Gut in großem Ausmaß, die durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und rechtswidrig und willkürlich vorgenommen werden;
    • v) Nötigung […] zur Dienstleistung in den Streitkräften einer feindlichen Macht;
    • vi) vorsätzlicher Entzug des Rechts […] auf ein unparteiisches ordentliches Ge­richtsverfahren;
    • vii) rechtswidrige Vertreibung oder Überführung oder rechtswidrige Ge­fangenhaltung;
    • viii) Geiselnahme;
  • b) andere schwere Verstöße gegen die innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts im internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Ge­setze und Gebräuche, nämlich jede der folgenden Handlungen:
    • i) vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche oder auf ein­zelne Zivilpersonen, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen;
    • ii) vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte, das heißt auf Objekte, die nicht militärische Ziele sind;
    • iii) vorsätzliche Angriffe auf Personal, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge, die an einer humanitären Hilfsmission oder friedens­erhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der Charta der Verein­ten Nationen beteiligt sind […];
    • iv) vorsätzliches Führen eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder weitreichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkre­ten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;
    • v) der Angriff auf unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Ge­bäude, die nicht militärische Ziele sind, oder deren Beschießung, gleichviel mit welchen Mitteln;
    • vi) die Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden oder wehrlo­sen Kombattanten, der sich auf Gnade oder Ungnade ergeben hat;
    • vii) der Missbrauch der Parlamentärflagge, der Flagge oder der militäri­schen Abzeichen oder der Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen sowie der Schutzzeichen der Genfer Abkommen, wodurch Tod oder schwere Verletzungen verursacht werden;
    • viii) die unmittelbare oder mittelbare Überführung durch die Besatzungs­macht eines Teiles ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr be­setzte Gebiet oder die Vertreibung oder Überführung der Gesamtheit oder eines Teiles der Bevölkerung des besetzten Gebiets innerhalb desselben oder aus diesem Gebiet;
    • ix) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erzie­hung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, auf geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, sofern es nicht militärische Ziele sind;
    • x) die körperliche Verstümmelung von Personen, die sich in der Gewalt ei­ner gegnerischen Partei befinden, oder die Vornahme medizinischer oder wissenschaftlicher Versuche jeder Art an diesen Personen, die nicht durch deren ärztliche, zahnärztliche oder Krankenhausbehand­lung gerechtfertigt sind oder in ihrem Interesse durchgeführt werden und die zu ihrem Tod führen oder ihre Gesundheit ernsthaft gefähr­den;
    • xi) die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feind­lichen Volkes oder Heeres;
    • xii) die Erklärung, dass kein Pardon gegeben wird;
    • xiii) die Zerstörung oder Beschlagnahme feindlichen Guts, sofern diese nicht durch die Erfordernisse des Krieges zwingend geboten ist;
    • xiv) die Erklärung, dass Rechte und Forderungen von Angehörigen der Ge­genpartei aufgehoben, zeitweilig ausgesetzt oder vor Gericht nicht einklagbar sind;
    • xv) der Zwang gegen Angehörige der Gegenpartei, an den Kriegshandlun­gen gegen ihr eigenes Land teilzunehmen, selbst wenn sie bereits vor Ausbruch des Krieges im Dienst des Kriegführenden standen;
    • xvi) die Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung, selbst wenn sie im Sturm genommen wurde;
    • xvii [-xx]) die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen […], erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie al­ler ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen […], Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken […], Waffen, Geschossen, Stoffen und Methoden der Kriegführung, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder un­nötige Leiden zu verursachen […]
    • xxi) die Beeinträchtigung der persönlichen Würde […]
    • xxii) Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft […], Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt […];
    • xxiii) die Benutzung der Anwesenheit einer Zivilperson oder einer anderen ge­schützten Person, um Kampfhandlungen von gewissen Punkten, Gebieten oder Streitkräften fern zu halten;
    • xxiv) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, Material, Sanitätseinheiten, Sanitäts­transportmittel und Personal, die in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen versehen sind;
    • xxv) das vorsätzliche Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Krieg­führung durch das Vorenthalten der für sie lebensnotwendigen Gegenstände, einschliesslich der vorsätzlichen Behinderung von Hilfslieferungen, wie sie nach den Genfer Abkommen vorgesehen sind;
    • xxvi) die Zwangsverpflichtung oder Eingliederung von Kindern unter fünf­zehn Jahren in die nationalen Streitkräfte oder ihre Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten;
    • xxvii) die Verwendung von Waffen, die mikrobielle oder andere biologische Agenzien oder Toxine verwenden, ungeachtet ihres Ursprungs oder ihrer Herstellungs­methode;
    • xxviii) die Verwendung von Waffen, deren Hauptwirkung darin besteht, durch Splitter zu verletzen, die im menschlichen Körper durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können;
    • xxix) die Verwendung von Laserwaffen, die eigens dazu entworfen sind, sei es als ihre einzige Kampfaufgabe oder als eine ihrer Kampfaufgaben, die dauerhafte Erblindung des unbewehrten Auges, das heißt des bloßen Auges oder des Auges mit Sehhilfe, zu verursachen“

Ahndung und Durchsetzung

Das erste Mal kamen, sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit, als Straftatbestände bei den Nürnberger Prozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher zur Anwendung. Also unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs, womit im Grunde schon die Problematik bei der Durchsetzung offenbart wird. Denn um Völkerrechtsbrüche zu ahnden, muss man der Täter habhaft werden und sie vor Gericht stellen können.

Adolf Hitler (1889 – 1945), Joseph Goebbels (1897 – 1945) und Heinrich Himmler (1900–1945) hatten sich bei Kriegsende umgebracht, um der Gefangennahme zu entgehen. Adolf Eichmann (1906–1962) war geflohen. Das hieß, dass die vier gewichtigsten Täter nicht in Nürnberg vor Gericht gestellt werden konnten, auch wenn Eichmann Jahre später vom israelischen Geheimdienst Mossad geschnappt wurde.

Andere Kriegsverbrecher und Verbrecher gegen die Menschlichkeit kauften sich regelrecht frei. So tauschten viele Wissenschaftler des NS-Regimes, aber auch des japanischen Kaiserreichs die Forschungsergebnisse ihrer Menschenexperimente gegen Straffreiheit und arbeiteten nach Kriegsende für die USA. Deren Verbrechen wiederum wurden wie die der anderen Alliierten nie geahndet. Das heißt, dass die Täter, wenn sie selbst in der Machtposition sind, für gewöhnlich straffrei ausgehen.

Seit 2002 ist offiziell der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag für die Gerichtsverfahren bei Völkerrechtsbrüchen zuständig. Bis dahin waren für entsprechende Verfahren sogenannte Ad-hoc-Strafgerichtshöfe („ad hoc“ lat.: „für den Augenblick“) eingerichtet worden: für den Jugoslawienkrieg 1993 in Den Haag, Niederlande und für den Völkermord in Ruanda 1994 in Arusha, Tansania.

Am Internationalen Strafgerichtshof, der im Übrigen kein Organ der Vereinten Nationen ist und mit diesen nur kooperiert, wurden bislang 45 Fälle verhandelt, viele jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, da sie flüchtig waren bzw. sind. Andere Verfahren wurden eingestellt oder die Anklage wurde zurückgenommen, einige wurden sogar freigesprochen. Wirklich verurteilt wurden bislang Verbrechen gegen das Völkerrecht in 9 Fällen.

In Anbetracht der bewaffneten Konflikte auf der Welt und der Summe an in ihnen begangener Kriegsverbrechen und den noch einmal unabhängig von kriegerischen Auseinandersetzungen hinzukommenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind 9 Urteile eine verschwindend geringe Zahl. Das internationale Strafrecht und der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag stellen sich bei genauerer Prüfung also doch eher als zahnlose Tiger heraus. Geahndet werden nämlich die wenigsten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie ein Blick auf nur eine kleine Auswahl von Beispielen zeigt.

Historische Beispiele

Da die Mehrheit der Völkerrechtsverbrechen nie verfolgt wurden, gibt es für die meisten keine juristisch verbindliche Einschätzung, weshalb vieles einem gewissen Interpretationsspielraum unterliegt. Folglich sind die meisten der nun folgenden Angaben ohne Gewähr.

Verbrechen der Nationalsozialisten

Bevor wir nun all die übrigen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit adressieren, sollten wir uns kurz um den Elefanten im Raum kümmern: die Nazis. Die Liste der vom NS-Regime begangenen Verbrechen ist lang, doch ihre beiden gravierendsten Taten betreffen die zwei anderen völkerrechtlichen Straftatbestände: Völkermord, also den Holocaust, und Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges, des Zweiten Weltkriegs nämlich. Natürlich begingen Wehrmacht und SS im Verlauf dieses Konflikts zahlreiche Kriegsverbrechen wie etwa Massenerschießungen, Massenvergewaltigungen, Vertreibungen, Angriffe auf die Zivilbevölkerung oder Verbringung Kriegsgefangener in Arbeitslager.

Zu den Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Nazis zählen die Ermordung psychisch behinderter Menschen, Deportationen, die Inhaftierung politischer Gegner und „ungewollter“ Bevölkerungsgruppen unter oftmals menschenverachtenden Haftbedingungen, Zwangssterilisationen, Folter, Arbeitslager und leider vieles mehr, die Liste ist wie gesagt lang.

Kriegsverbrechen im 20. Jahrhundert

Der Zweite Weltkrieg sah neben den Verbrechen der Nazis auch zahlreiche andere. Die Kaiserlich Japanische Armee etwa richtete im Winter 1937/1938 (in Asien war der Krieg da bereits in vollem Gange) ein Massaker in der chinesischen Hauptstadt Nanking an, das seines gleichen sucht. Am 13. Dezember 1937 nahmen die Truppen von Asaka Yasuhiko (1887 – 1981) Nanking ein und gaben sich einem sechswöchigen Blutbad hin.

300.000 Chinesen wurden auf teils bestialische Weise ermordet und 80.000 vergewaltigt, wobei die Massenvergewaltigungen sich oftmals über den gesamten Tag hinzogen und damit endeten, dass man dem Opfer eine Glasflasche in die Vagina einführte, die dann zerschlagen wurde, um das Opfer auf diese Weise zu töten. Nanking war aber nicht einmal das grausamste Verbrechen Japans im Zweiten Weltkrieg, wenn auch das mit den meisten Opfern.

Unter dem Kommando von Dr. Ishii Shirō (1892 – 1959) erbauten die Mitglieder der Einheit 731 der Heeresgruppe Kwantung 1936 in Pingfang eine 6 km2 große und 150 Gebäude umfassende Anlage, in der sie Kriegsgefangene gezielt mit Krankheitserregern infizierten, in den Bauch schossen, den Auswirkungen von Granaten, extremer Kälte, hohem Druck und Strahlung aussetzten, um sie dann einer Vivisektion zu unterziehen. Unter einer Vivisektion versteht man das Aufschneiden und Untersuchen eines lebenden Organismus ohne Betäubung oder Anästhesie. Da Ishii die Forschungsergebnisse nach Kriegsende an die USA weitergab, gingen er und viele andere Verantwortliche straffrei aus.

Aber auch die Alliierten begingen schwere Kriegsverbrechen, darunter zahlreiche Misshandlungen der Zivilbevölkerung oder Kriegsgefangener wie das Massaker von Nemmersdorf oder die Massenvergewaltigungen in den jeweils eroberten Gebieten. Hinzukamen schwere Angriffe auf nicht militärische Ziele: Die bekanntesten wären der Angriff der Royal Airforce auf Dresden und am eklatantesten von allen und wohl bis heute das beispielloseste aller Kriegsverbrechen, die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, die unmittelbar oder mittelbar über 300.000 Menschen das Leben kosteten. Dass der damalige britische Premierminister Winston Churchill (1874 – 1965) und US-Präsident Harry S. Truman (1884 – 1972), die die Befehle zu diesen Angriffen auf die Zivilbevölkerung gaben, nie dafür gerichtlich belangt wurden, dürfte wenig überraschen.

Überhaupt entziehen sich die USA aufgrund ihrer unangefochtenen Machtposition seit Inkrafttreten der Truman-Doktrin, die die Rolle der Vereinigten Staaten als „Weltpolizei“ definierte, erfolgreich jeglicher Verantwortung für Kriegsverbrechen wie den Gebrauch von Napalm und Agent Orange im Vietnamkrieg, die Folter von Kriegsgefangenen in Abu-Ghuraib oder schlicht die zahlreichen dokumentierten und nicht dokumentierten, da erfolgreich vertuschten Beispiele für Massenerschießungen, „Zielübungen“, Bombenabwürfe auf zivile Ziele und Massenvergewaltigungen.

Und angesichts des Umgangs der USA mit Journalisten wie Julian Assange (*1971) oder Whistleblowern wie Chelsea Manning (*1987) muss man davon ausgehen, dass eine Dunkelziffer von Kriegsverbrechen, die erfolgreich geheim gehalten wurden, existiert. Wobei bereits die Geburt der USA mit dem Völkermord an den amerikanischen Ureinwohnern und zahlreichen damit einhergehenden Kriegsverbrechen wie dem Massaker von Wounded Knee mit Taten einhergingen, die heute als schwere Verstöße gegen das Völkerrecht gewertet würden.

Nur weder Richard Nixon (1913 – 1994) noch George H. W. Bush (1924–2018) oder sein Sohn George W. Bush (* 1946) haben sich je in Den Haag wiedergefunden. Für Henry Kissinger (* 1923), der 1973 den Sturz von Chiles demokratisch gewähltem Präsidenten Salvador Allende (1908 – 1973) und den Tod Tausender Chilenen zu verantworten hatte, und Barack Obama (* 1961) – welcher den Drohnenkrieg massiv vorantrieb – gab es stattdessen den Friedensnobelpreis.

Andere Kriegsverbrecher landen aber vor Gericht. Für die Jugoslawienkriege richtete man gezielt einen Ad-hoc-Strafgerichtshof ein, wobei die meisten Angeklagten allerdings freigesprochen wurden. Slobodan Milošević (1941 – 2006) war zwar das einzige amtierende Staatsoberhaupt, das sich in der jüngeren Geschichte vor Gericht zu verantworten hatte, starb allerdings noch vor der Urteilsverkündung.

Alle bislang vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, seit dieser 2002 ins Leben gerufen wurde, verhandelten Verfahren betrafen Konflikte, genauer gesagt Bürgerkriege in Afrika: Demokratische Republik Kongo, Uganda, Mali, Libyen, die Zentralafrikanische Republik (2-mal), Sudan/Darfur, Kenia und Elfenbeinküste.

Relativ zeitnahe und ungeahndete Kriegsverbrechen schließen auch die Hinrichtungen durch den Islamischen Staat, Giftgasangriffe in Syrien und von beiden Seiten begangene Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht im Gazastreifen mit ein. Auf Ereignisse in aktuell laufenden Konflikten soll wegen der vagen Informationslage, die sich auch stündlich ändert, hier nicht eingegangen werden.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit im 19. und 20. Jahrhundert

Nun haben Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen eine gewisse Schnittmenge, wie der Originalgesetzestext aus dem Römischen Statut erkennen lässt, und es ist nicht immer eindeutig festzulegen, was nun Teil der Kriegshandlung oder einfach ein Verbrechen von Menschen in einer Machtposition gegen andere ist. Daher wird hier nun vor allem auf Handlungen eingegangen werden, die allenfalls entfernt in Verbindung mit dem Kriegsgeschehen stehen oder eben völlig unabhängig davon verübt wurden.

Das wohl umfangreichste und größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit wird wegen der 10 Millionen Toten oft auch als größter Völkermord der Geschichte bezeichnet, wobei allerdings außer Acht gelassen wird, dass es hierbei nicht um die systematische Ausrottung ging, sondern die Menschen an den Folgen der gegen sie begangenen Misshandlungen starben.

Als Kongogräuel gingen die rassistisch motivierten Verbrechen der Kolonialmacht Belgien und ihres Königs Leopold II. aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha (1835 – 1909) gegen die indigene Bevölkerung des Kongo-Freistaats zwischen 1888 und 1908 in die Geschichte ein. Leopold II. betrachtete die Menschen des Kongo-Freistaates als sein Privateigentum, und wer von ihnen den gewünschten Ertrag nicht erwirtschaftete, sich aufsässig zeigte oder des Diebstahls bezichtigt wurde, war der Willkür der Kolonialherren ausgeliefert. Neben Erschießungen und Vergewaltigungen waren vor allem Amputationen der Hände als Strafe für angebliche Diebe die gängigste Bestrafungsmethode.

Doch das war zu einer Zeit, als es die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte noch nicht gab. Seit diese existiert, hat sich neben Diktaturen und Autokratien, also Gewaltherrschaften wie der Volksrepublik China, der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea, dem Königreich Saudi-Arabien, dem Staat Katar oder der Russischen Föderation vor allem ein Land bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit hervorgetan: die Vereinigten Staaten von Amerika. Allem voran wäre da das Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base. Ein Gefängnis, in dem seit 2002 Menschen ohne Anklage oder Rechtsgrundlage und oft aufgrund fadenscheiniger Annahmen festgehalten und gefoltert werden oder – wie die USA es nennen – „erweiterten Verhörtechniken“ ausgesetzt sind.

Die USA unterhielten weitere Foltergefängnisse in Bagram, Afghanistan und Abu Ghuraib, Irak. Der ehemalige US-Vizepräsident Dick Cheney (* 1941) sagte über den Bericht des eigenen Geheimdienstes CIA zu dem Vorgehen, er sei „voller Scheiße!“, und erklärte zu den Verhörmethoden, welche er maßgeblich verantwortet hatte: „Ich würde es sofort wieder tun.“

Zusammenfassung

  • Auch wenn es schon zuvor allgemein anerkannte Regeln der Kriegsführung gab, entstanden erst um 1900 mit den ersten Genfer Konventionen und den Haager Abkommen verbindliche Gesetze, die regelten, was im Kriegsfalle erlaubt war und was nicht.
  • Das Völkerstrafrecht wurde aber erst als Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg im Londoner Statut als Grundlage für die Nürnberger Prozesse festgelegt.
  • Das Völkerstrafrecht kennt vier Straftatbestände: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression, d. h. Angriffskrieg.
  • Was als Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet wird, obliegt zwar dem Gewohnheitsrecht, dennoch gibt es einen verbindlichen Katalog an völkerrechtlichen Straftatbeständen. Diese sind seit 2002 im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag verankert.
  • Kriegsverbrechen beziehen sich dabei primär auf Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung und Kriegsgefangenen während eines bewaffneten Konflikts zwischen zwei völkerrechtlichen Subjekten, z. B. Staaten, Staatenbündnissen, Milizen etc..
  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind systematische bzw. kollektive Menschenrechtsverstöße, die in keinem direkten Zusammenhang mit Kriegsgeschehen stehen.
  • Der Völkermord bzw. Genozid hat immer rassistische, nationalistische oder religiöse Motive.
  • In der Theorie sollen Verstöße gegen das Völkerstrafrecht vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bzw. vor dessen Gründung vor entsprechenden Ad-hoc-Strafgerichtshöfen verhandelt werden. Dies passiert in der Praxis eher selten. Während etwa die Verbrechen des NS-Regimes in den Nürnberger Prozessen zur Anklage gebracht wurden und noch lebende Hauptverantwortliche verurteilt wurden, entzogen sich viele Kriegsverbrecher des Zweiten Weltkrieges mit Deals auch dem Verfahren.
  • Völkerrechtsbrüche der USA wurden, obwohl sie zahlreich sind, noch nie zur Anklage gebracht – dies scheitert an der Vormachtstellung der Supermacht.

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