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Unterschied zwischen Strömung & Epoche in Kunst, Literatur, Philosophie


unterschied epoche und strömung

Peter Paul Rubens Gemälde mit dem Titel: Jagd auf Nilpferd und Krokodil von 1615 ist eine Malerei aus der Epoche des Barock

Eine Epoche ist ein großer geschichtlicher Zeitabschnitt. Der Beginn und das Ende einer Epoche sind häufig durch einen tiefen Einschnitt oder durch tiefgreifende Veränderungen der bestehenden Verhältnisse gekennzeichnet. Es sind Zeitpunkte, an denen Bemerkenswertes geschieht.

Unterschied zwischen Strömung und Epoche

Epochen weisen „epochentypische“, hochbedeutende Merkmale auf. Dies können gesellschaftspolitische, kulturelle oder auch technische Besonderheiten sein, die nur innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts Geltung haben und diesen prägen. Erfindungen, Revolutionen, Kriege oder kulturelle Errungenschaften können epochale Bedeutung haben. Synonyme für „epochal“ sind beispielsweise „bahnbrechend“, „revolutionär“ oder „umwälzend“.

Die Geschichte wird in wenige sehr lange und in viele relativ kurze Epochen eingeteilt. Die drei langen erdgeschichtlichen Großepochen sind das Erdaltertum, das Erdmittelalter und die Erdneuzeit. Die langen Großepochen der Menschheitsgeschichte gehören in die Erdneuzeit: das Altertum, das Mittelalter und die Neuzeit. Alle Großepochen können also in mehrere Kleinepochen gesplittet werden.

Das europäische Mittelalter etwa wird in Frühmittelalter, Hochmittelalter und Spätmittelalter unterteilt. Innerhalb dieser verschiedenen Epochen gibt es in allen soziokulturellen Bereichen weitere Epocheneinteilungen, die naturgemäß zeitlich parallel stattfinden. In der spätmittelalterlichen Kunst ist es beispielsweise die Renaissance, in der Philosophie die Spätscholastik.

Sandro Botticelli Der Frühling

Der Frühling von Sandro Botticelli, einem bedeutenden italienischen Maler der frühen Renaissance

Wesentliche kürzere und zeitlich klar abgegrenzte Zeiträume innerhalb der verschiedenen Epochen sind Strömungen. Sie unterteilen die Epochen, indem sie einige wesentliche Eigenschaften einer jeweiligen Epoche aufgreifen, interpretieren und entsprechend umsetzen.

Zum Beispiel wurde in der spätmittelalterlichen Kunst (in der Renaissance) die Perspektive entdeckt und angewandt. Eine Strömung innerhalb der Renaissance war das italienische Quattrocento. Die Künstler des Quattrocento bemühten sich um Realitätsnähe auf der Grundlage einer mathematisch konstruierbaren Tiefenperspektive.

sandro-botticelli-Verkündigung

Sandro Botticellis „Verkündigung“ von 1489/1490 gilt als typisches Quattrocento-Gemälde

In der Kunst, Literatur oder Musik kann eine „Strömung“ als Stilrichtung bezeichnet werden. In der Philosophie und anderen Kulturwissenschaften ist von „Schulen“ die Rede, wenn Strömungen gemeint sind. In den politisch-gesellschaftlichen Bereichen wiederum ist eine „Strömung“ eine „Bewegung“. Ohne diese Differenzierungen und Begrifflichkeiten wäre eine Überschaubarkeit über die unzähligen vergangenen und noch heute parallel stattfindenden Strömungen und Richtungen nahezu unmöglich.

Epochen und Strömungen in der Kunst

In Europa lassen sich seit dem Mittelalter Kunstepochen mit verschiedenen Kunststilen (oder auch Kunstrichtungen) identifizieren. „Kunststil“ meint eine einheitliche Gestaltung von Kunstwerken innerhalb einer bestimmten Epoche. Individuelle Kunststile von einzelnen Künstlern, von Künstlergruppen oder Künstlerschulen sind nichts anderes als künstlerische Strömungen.

Kunstwerke verschiedener Künstler einer bestimmten Kunstepoche weisen aber häufig gemeinsame Merkmale auf, weil sie alle von den gerade aktuellen Moden oder gesellschaftlichen Themen mehr oder weniger stark beeinflusst sind und vielleicht sogar mehr oder weniger stark selbst Einfluss auf die herrschenden Verhältnisse nehmen möchten. Künstlerische Strömungen oder Kunstrichtungen weisen also charakteristische Besonderheiten auf. Anhand dieser gemeinsamen künstlerischen Merkmale können der Beginn und das Ende oder auch eine Übergangszeit zu einer nachfolgenden Epoche festgemacht werden.

Epochen, zumindest deren Ende, lassen sich nur nachträglich feststellen. Die Kunst der Moderne kann insofern noch nicht als Kunstepoche bezeichnet werden, weil sie noch nicht beendet ist. Deswegen wird in der modernen Kunst fast ausschließlich von Strömungen, Kunststilen und Kunstrichtungen gesprochen. Sie existieren zum Teil gleichzeitig nebeneinander, überschneiden sich und verschwinden wieder. Die Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts fallen alle unter den Sammelbegriff „Abstrakte Kunst“.

Die avantgardistischen Stilrichtungen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts werden als „Kunst der Moderne“ bezeichnet. Die Kunst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird der sogenannten „Zweiten Modernen“ zugerechnet.

Die vielen Strömungen der Gegenwart und der jüngeren Kunstgeschichte sind Ausdruck der relativ neuen Möglichkeit einer freien Kunstentfaltung, wie sie in früheren Zeiten nicht möglich war. Die Kirche und die Herrschenden gaben den Geschmack und die Themen vor. Die folgende Liste beinhaltet neben den europäischen Kunstepochen auch die großen modernen Strömungen. Sie ist allerdings nicht vollständig, denn es gab auch immer kleinere, kunstgeschichtlich weniger bedeutsame Strömungen:

  • Renaissance (1400-1600)
  • Barock (1575-1770)
  • Klassizismus (1770-1830)
  • Romantik (1790-1840)
  • Historismus (1815-1848)
  • Impressionismus (1850-1900)
  • Symbolismus (1880-1900)
  • Jugendstil (1890-1910)
  • Expressionismus und Fauvismus (1905-1925)
  • Kubismus (1907-1940)
  • Futurismus (1909-1924)
  • Dadaismus (1915-1925)
  • Surrealismus (1924-1945)
  • Brutalismus (1953-1967)
  • Pop-Art (1955-1970)
  • Postmoderne (1957-1980)
  • Neo-Expressionismus (seit 1978)

Epochen in der Literatur

Unter einer Epoche in der Literatur versteht man einen Abschnitt in der Literaturgeschichte. Der Beginn und das Ende einer literarischen Epoche sind durch eine Art „Trennereignis“ oder durch eine sogenannte Epochenschwelle gekennzeichnet. Nach diesen „Epochenendpunkten“ beginnen neue Epochen mit stilistischen oder formalen Eigenschaften, die sich ähneln.

In der Literatur sind es naturgemäß literarisch umgesetzte gedankliche Veränderungen, die mit der Epocheneinteilung erfasst werden. Die literarischen Epochen überschneiden sich zum Teil. Die Übergänge sind fließend. Die europäischen Literaturepochen sind folgende:

Strömungen in der Literatur

Die Strömungen innerhalb einer Literaturepoche sind Ausdrucksweisen, die abhängig sind von gesellschaftlichen Gegebenheiten und den gedanklichen Grundausrichtungen einer Epoche. Sie sind aber auch abhängig von den individuellen Bedürfnissen und Ausdrucksfähigkeit der Autoren. Ebenso wie in der Geschichte der Kunst lässt sich auch in der Geschichte der Literatur feststellen, dass die Anzahl der verschiedenen Strömungen im Laufe der Jahrhunderte zunimmt und seit dem 20. Jahrhundert fast schon überhandnimmt.

Die zunehmende Bildung der Bevölkerung, die Demokratisierung im 20. Jahrhundert, die den Menschen die Freiheit gab, sich zu entfalten, all das trägt zur Entwicklung von künstlerischen und literarischen Strömungen bei. Die Menschen setzen sich mit den sozialen und politischen Verhältnissen auseinander. Sie protestieren auch in Form ihrer Kunstwerke.

Vermutlich gab es auch in früheren Zeiten mehr Strömungen als bisher bekannt wurden. Zum einen waren sie aber gesellschaftlich wenig bedeutsam und sind deswegen nicht aufgegriffen und deswegen auch nicht überliefert worden. Zum anderen liegt der Mangel an nachgewiesenen künstlerischen und letztendlich auch literarischen Strömungen vergangener Jahrhunderte auch am lückenhaften Forschungsstand.

Moderne Kunst und Literatur lassen sich vergleichsweise unkompliziert analysieren und entsprechend viele Stile lassen sich erkennen. In der folgenden Liste befinden sich nur die bedeutsamen Strömungen der deutschen Literatur:

  • Renaissance und Humanismus (1350–1600)
  • Barock (1600–1720)
  • Aufklärung (1680–1800)
  • Empfindsamkeit (1740–1790)
  • Sturm und Drang (1770–1790)
  • Weimarer Klassik (1786–1832)
  • Romantik (1795–1835)
  • Biedermeier (1815–1848)
  • Vormärz (1815–1848)
  • Junges Deutschland (1830–1848)
  • Realismus (1848–1890)
  • Naturalismus (1880–1900)
  • Fin de Siècle und Moderne (1890–1914)
  • Impressionismus (1890–1920)
  • Expressionismus (1910–1925)
  • Avantgarde (1915–1925)
  • Neue Sachlichkeit / Weimarer Republik (1918–1933)
  • Exilliteratur (1933–1945)
  • Innere Emigration (1933–1945)
  • Trümmerliteratur (Nachkriegsliteratur) (1945–1950)
  • Literatur der DDR (1949–1990)
  • Literatur der 1950er-Jahre
  • Literatur der 1960er-Jahre
  • Neue Subjektivität (1970–1979)
  • Postmoderne und Popliteratur (1980–2000)
  • Tendenzen der Gegenwartsliteratur (ab ca. 1990)

Epochen und Strömungen in der Philosophie

Philosophische Epochen erstrecken sich zum Teil über sehr lange Zeiträume. Innerhalb dieser Epochen entstehen immer wieder bedeutsame Strömungen. In der Philosophie sind es einzelne Denker, die eine neue Weltsicht oder eine neue Interpretation des Gegebenen entwickeln. Sie versammeln Anhänger um sich, die diese neuen Gedanken aufgreifen und weiterentwickeln. So entstehen aus Strömungen große philosophische Schulen, die oftmals auch parallel existieren, sich aber deutlich voneinander unterscheiden.

Philosophische Strömungen können sehr gut als solche erkannt und von anderen abgegrenzt werden. Die Geschichte der europäischen Philosophie ist gut 2500 Jahre alt und die Anzahl der verschiedenen Strömungen ist immens. Denker greifen politische, soziale, religiöse, naturwissenschaftliche, technische und künstlerische Tendenzen und Gegebenheiten auf und entwickeln immer wieder neue Erklärungen für das Vorgefundene, für die Welt und die menschliche Existenz.

Je komplexer die Gesellschaften im Laufe der Geschichte werden, desto mehr philosophische Strömungen entwickeln sich. Die folgende Liste enthält die wichtigsten Epochen (und Strömungen) der europäischen Philosophie:

  • Vorsokratik (Pythagoreismus)
  • Griechische Klassik (Platonismus, Aristotelismus, Kynismus)
  • Hellenistische Philosophie (Skeptizismus, Stoizismus, Epikureismus)
  • Römische Philosophie (Atomistik, Eklektizismus)
  • Spätantike Philosophie (Neuplatonismus)
  • Mittelalterliche Philosophie (Scholastik)
  • Philosophie der Renaissance (Humanismus)
  • Neuzeitliche Philosophie (Rationalismus, Empirismus, Aufklärung)
  • Philosophie des 19. Jahrhunderts (Idealismus, Positivismus, Historismus, Materialismus, Marxismus)
  • Philosophie des 20. Jahrhunderts (Phänomenologie, Sozialphilosophie, Existenzphilosophie, Hermeneutik, Pragmatismus, Konstruktivismus, Strukturalismus)
  • Philosophie der Gegenwart (Poststrukturalismus, Dekonstruktion, Postmoderne, Feministische Philosophie)

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