4 Ursachen & Gründe, warum Tierzellen keine Zellwand besitzen
Der zelluläre Aufbau tierischer Zellen unterscheidet sich von anderen Zelltypen, u.a. Bakterienzellen, Pflanzenzellen und Pilzzellen dahingehend, dass tierische Zellen keine Zellwand besitzen. Eine solche Zellwand existiert jedoch bei Bakterien, Pilzen und Pflanzen, wenngleich sie dort durch unterschiedliche eingelagerte Makromoleküle differenziert werden kann. Warum solch eine Zellwand bei tierischen Zellen fehlt, liegt in mehreren Ursachen begründet.
Inhalt
1. Die Mobilität der Tiere
Obwohl Bewegung und die Reaktion auf äußere Reize zwei Merkmale des Lebens darstellen, bewegen sich beispielsweise Pflanzen deutlich langsamer als Tiere. Darüber hinaus sind Pflanzen und Pilze sesshaft, weshalb sie eine stabile Stützstruktur benötigen, die sie vor zu starker mechanischer Verformung schützt. Diese Stützstruktur stellt die Zellwand dar. Tiere sind vergleichsweise äußerst mobil, bewegen Teile ihres Körpers zu anderen Stellen ihres Körpers und würden so durch eine äußerst stabile Zellwand stark in ihrer Bewegung eingeschränkt werden.
2. Tiere besitzen ein Skelett
Damit die Mobilität von Tieren gewährleistet wird, ohne eine mangelnde Stabilität in Kauf nehmen zu müssen, existiert bei Tieren ein Skelett. Das Skelett besitzt sowohl Schutz- als auch Stützfunktionen im tierischen Körper. Gliederfüßer (Arthropoda) besitzen ein sog. Exoskelett, das den gesamten Körper umgibt und die inneren Organe schützt.
Interessanterweise besteht das Exoskelett von Arthropoden zu einem großen Anteil aus Chitin, das auch in die Zellwände von Pilzen eingelagert wird. Bei anderen Tieren wie z.B. Vögeln oder Säugetieren besteht das Skelett, das sich im Inneren des Körpers befindet (Endoskelett), aus mehreren Knochen, die jeweils über Gelenke miteinander verbunden sind. Dieses Endoskelett verhilft den Tieren dazu, eine stabile Stützstruktur zu erhalten, die ihren restlichen instabilen Körper trägt und auch schützt.
Der Schädel eines Tieres ist war von Haut, Muskeln und Nerven umgeben, liegt somit innerhalb des Körpers, jedoch schützt er das lebenswichtige Gehirn vor äußeren mechanischen Einflüssen. Auch der Brustkorb, der je nach Tierart aus verschieden vielen Knochen besteht, umgibt schützend innere Organe wie die Lunge, Herz, Magen etc.
Es lassen sich auch verschiedene Skelettmodelle bei Weichtieren finden, bei denen ehemalige Bestandteile eines Exoskeletts nachweisbar sind. Ein Beispiel hierfür ist ein innenliegendes Skelett von Nacktschnecken, das bei anderen Schnecken in Form eines „Hauses“ vorliegt. Auch der Schulp von Kopffüßern stellt ein solches rudimentäres Skelett dar.
3. Tiere besitzen eine extrazelluläre Matrix
Die Zellwand von Pflanzen, Pilzen und Bakterien weist nicht nur stützende Funktionen, sondern auch Physiologische Funktionen auf. Die Zellwand sorgt beispielsweise dafür, dass der osmotische Druck innerhalb der Zellen nicht dazu führt, dass die Zelle platzt. Auch ist die Zellwand an der Kommunikation zwischen zwei Zellen beteiligt. Solche Funktionen bewerkstelligt an tierischen Zellen die extrazelluläre Matrix.
Der Aufbau der extrazellulären Matrix
Die extrazelluläre Matrix besteht aus drei Molekültypen. Einen Molekültyp stellen fibrilläre Proteine wie z.B. Kollagen dar. Der menschliche Körper besteht beispielsweise zu ca. 25% aus Kollagen. Den zweiten Molekültyp stellen die sog. Proteoglykane dar. Diese bestehen zu einem Großteil aus Zuckern, aber auch aus Proteinen und bilden ein viskoses Filtrationsgewebe aus. Der dritte Molekültyp verbindet die fibrillären Proteine mit den Proteoglykanen.
Alle Moleküle, die für die extrazelluläre Matrix notwendig sind, werden gewebsspezifisch von Zellen sezerniert, die in der Nähe der extrazellulären Matrix liegen. Die extrazelluläre Matrix von Hautzellen unterscheidet sich beispielsweise von der extrazellulären Matrix der Niere.
Die Funktionen der extrazellulären Matrix
Wie eingangs erwähnt erfüllt die extrazelluläre Matrix verschiedene Funktionen, die in ähnlicher Form auch von der Zellwand der Pflanzen, Pilze und Bakterien übernommen werden. Somit sorgt die extrazelluläre Matrix dafür, dass Zellen innerhalb verschiedener Gewebe zusammengehalten werden und diese somit nicht frei umherschwimmen. Außerdem trägt sie dazu bei, die mechanischen Eigenschaften von verschiedenen Geweben wie der Haut und Knorpel aufrechtzuerhalten. Auch der mineralische Anteil von Knochen wird in einer extrazellulären Matrix eingelagert.
Filtration
Aufgrund der Filtrationseigenschaften der Proteoglykane sorgt die extrazelluläre Matrix dafür, dass schädliche Stoffe aus dem Körper herausgefiltert werden, während andere resorbiert werden. Dies ist beispielsweise in der Leber und der Niere der Fall.
Embryonalentwicklung und Gewebereparatur
Während der Embryonalentwicklung trägt die extrazelluläre Matrix dazu bei, die wandernden Zellen an ihre richtige Position zu transportieren. Ebenso ist sie an der Gewebereparatur beteiligt. Schneidet man sich unglücklicherweise in den Finger, so folgt eine Reaktionskaskade aus Blutgerinnung und Wundverschluss inkl. der Narbenbildung.
Die Narbenbildung erfolgt hierbei mithilfe der extrazellulären Matrix, da verschiedene Stoffe, insbesondere aber das Kollagen, sezerniert werden. Eine extreme Form der Gewebereparatur, die krankhafte Ausmaße annimmt, lässt sich anhand der Leberzirrhose darstellen. Hierbei werden geschädigte Leberzellen repariert, wodurch das Gewebe „vernarbt“ und in der Funktionsweise deutlich eingeschränkt wird.
Zell-Kommunikation
Weiterhin spielt die extrazelluläre Matrix eine entscheidende Rolle bei der Zell-Zell-Kommunikation. Insbesondere die chemische Signalübertragung wird von ihr gesteuert. So sind verschiedene Proteine, bspw. das Integrin, sowohl mit der Plasmamembran der Zelle als auch mit der extrazellulären Matrix verbunden. Somit sorgen sie für eine Signalübertragung in das Zellinnere, wodurch verschiedene Mechanismen reguliert werden.
Insgesamt besteht ein Mensch zu ungefähr 50 % aus extrazellulärer Matrix. Somit besteht ein Mensch nicht nur aus Zellen, auch wenn das eine weit verbreitete Meinung ist.
4. Die unterschiedliche Osmoregulation
Während Pflanzen eine Vakuole besitzen, die einströmendes Wasser und andere Stoffe aufnehmen kann, besitzen tierische Zellen keine Vakuolen. Die Existenz einer Zellwand ist notwendig, damit einströmendes Wasser, das den Gesetzen der Osmose folgend in das Zellinnere einströmt, sobald es weniger gelöste Moleküle enthält, die Zelle nicht direkt zum Platzen bringt.
Sind im äußeren Milieu mehr Moleküle gelöst als innerhalb der Zelle, strömt das Wasser aus der Zelle heraus, was eine Austrocknung und ein Schrumpfen der Zelle zur Folge hätte. Somit stabilisiert die Zellwand die Ausdehnungs- und Schrumpfphasen der Pflanzenzellen. Tierische Zellen benötigen keine Zellwand, da die Osmoregulation anders erfolgt.
Aufgenommenes Wasser, sei es durch Trinken oder durch die Aufnahme über die Haut, wird über den Blutkreislauf verteilt, wodurch es an einem gewissen Punkt die Nieren erreicht. Hier erfolgt eine Resorption verschiedener benötigter Mineralien in Abhängigkeit der Expression des Hormons ADH (Antidiuretisches Hormon).
Nicht benötigtes Wasser wird mit dem Harn wieder ausgeschieden. Darüber hinaus kann Wasser auch bei einigen Tieren in Form von Schweiß abgesondert werden. Durch solche Mechanismen sind die tierischen Zellen nicht den gleichen Druckschwankungen ausgesetzt, wie es bspw. Pflanzenzellen sind.
Fazit
Tierische Zellen sind aus mehreren Gründen nicht auf eine Zellwand angewiesen. Einerseits besitzen Tiere ein Skelett, das dem gesamten Organismus eine Stützstruktur bietet. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Exoskelett oder ein Endoskelett handelt. Weiterhin besitzen tierische Zellen eine extrazelluläre Matrix, die ähnliche Funktionen erfüllt wie die Zellwand der Pflanzen.
Hierunter fällt bspw. die Gewebereparatur, die Zell-Kommunikation und der Gewebeverband. Darüber hinaus sind Tiere dazu in der Lage, eine komplexere Osmoregulation durchzuführen, weshalb ihnen auch eine Vakuole fehlt. Durch verschiedene Mechanismen sind sie dazu in der Lage, Wasser und Mineralien getrennt voneinander zu filtrieren, resorbieren und auszuscheiden, weshalb tierische Zellen nicht solchen Druckschwankungen unterliegen, wie es bei Pflanzenzellen der Fall ist.