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6 Merkmale und Besonderheiten der Inseltiere (Inselfauna)


Galapagos-Riesenschildkröten inseltiere inselfauna

Galapagos-Riesenschildkröten als Beispiel für Inselgigantismus im Tierreich


Inseln sind durch Gewässer abgegrenzte Landmassen. Dadurch sind Inseln immer Isolationsräume. Bestimmte Individuen einer Tierart, welche durch Wanderungen (z.B. Vogelflug) auf eine Insel gelangen, finden mitunter dort geeignete Umweltfaktoren vor, bilden eine ökologische Nische aus und verlassen diese Insel nie wieder. Durch die Isolation entwickeln sich die Inselpopulationen anders als die Kontinentalpopulationen, weshalb sich Inseltierarten von Kontinentaltierarten in bestimmten Merkmalen abgrenzen lassen.

Isolation als Evolutionsfaktor bei Inseltieren

Naturräume, deren Fauna sich innerhalb bestimmter Grenzen entwickelt, stellen bei der Evolutionsforschung einzigartige Bereiche dar. Anhand deren Beobachtung können Rückschlüsse auf die Gründe für die Artbildung und Artveränderung gezogen werden.

Inseln sind typische Orte einer Isolation von Fauna und Flora. Viele Tierarten benötigen den Landweg, um sich dort neu anzusiedeln bzw. die Insel zu verlassen. Wenn Vögel ein solches Gebiet besetzt haben, indem sie dorthin geflogen sind, auf der Insel aber dann im Laufe der Zeit flugunfähig wurden, dann können sie die Insel nicht mehr verlassen.

Wenn eine Tierart isoliert wird, dann kann es dazu kommen, dass aufgrund ausbleibender Gefahren durch Fressfeinde oder einem Überangebot an Nahrung wegen mangelnder Konkurrenz zunächst eine Zunahme der Population erfolgt. Sobald die Reproduktion zunimmt, und die Tiere sich ungehindert vermehren, beginnt innerhalb der eigenen Art eine Konkurrenz um die vorhandenen Ressourcen.

Wenn nun ein Tier beispielsweise einen längeren Hals besitzt und dadurch besser an die höher hängenden Früchte kommt, so ist diese evolutionäre Adaptation vorteilhaft für das Überleben und die Fortpflanzung der Spezies. Es entsteht eine ökologische Nische, in welcher die Tierart konkurrenzlos ist. Die evolutionär erworbenen Adaptationen (Eigenschaften) sind demnach die Merkmale, welche es einer Tierart ermöglicht, ihre ökologische Nische bestmöglich zu bilden.

Ein anderes Beispiel ist die Schnabelform bei Vögeln. Bei der gleichen Art können sich innerhalb eines evolutionär relativ kurzen Zeitraums unterschiedliche Ausprägungen der Schnäbel herausbilden, da viele Tiere um die vorhandene Nahrung buhlen. Je nach Länge, Durchmesser und Form der Schnäbel werden unterschiedliche Samen und Früchte verzehrt. Auch hier entsteht eine Nischenbildung, da die Evolution dazu beiträgt, dass sich diese Schnabelformen entwickeln und beibehalten werden, falls dadurch ein Vorteil vor der Konkurrenz erreicht wird.

Ein solches Merkmal kann eine morphologische (äußerliche) Besonderheit sein. Aber auch ein ganz bestimmtes Verhalten der Tiere kann einen Vorteil bringen. Damit dieses nicht nur individuell, sondern artspezifisch auftritt, muss das Merkmal adaptiv sein. Das heißt, es wird weitervererbt. Und dann spricht man von einer evolutionären Anpassung.

Die Inselfauna ist mitunter größer als die Populationen auf dem Kontinent

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für Inselgigantismus ist die Entwicklung der Moas auf Neuseeland. Die flugunfähigen Vögel, die nicht einmal mehr Flügel besaßen, konnten auf der Insel eine Höhe von bis zu 2,5 Metern erreichen und waren dort die dominierende Spezies, wobei die Weibchen größer waren als ihre männlichen Artgenossen.

moas skelett inselgigantismus

Skelett eines Moas, ausgestellt im Canterbury Museum in Neuseeland, Bildnachweis: mikluha_maklai / Shutterstock.com

Die meisten Moa-Arten hatten kurze Beine und waren nicht größer als ein Truthahn, jedoch bildeten einige Arten einen Inselgigantismus aus. So auch die Weibchen der Gattung Dinornis. Ihr Gewicht betrug zwischen 180 und 270 Kilogramm (die Männchen der gleichen Art nur ca. 85 Kilogramm).

Man weiß heute, dass sie sich ausschließlich von Pflanzen ernährten und nicht, wie lange fälschlicherweise angenommen wurde, offene Steppe bevorzugten. Sie hielten sich primär in bewaldeten Gebieten auf und nahmen dort Früchte und Waldpflanzen zu sich.

Vor über 3.000 Jahren wurde die Inselpopulation dieser riesigen Vögel ausgerottet, als die ersten Menschen nach Neuseeland gelangten und Jagd auf die Tiere machten. Nach den ältesten Knochenfunden zu urteilen, existierten Moas bereits vor etwa 2,5 Millionen Jahren auf der Insel, von den Vorfahren der Vögel wurden bisher keine Überreste entdeckt.

Man kann heute aus den Knochenfunden schließen, dass die Wachstumsphase dieser Vögel sehr lange dauerte und auch die Geschlechtsreife spät einsetzte. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Tiere keinen zu großen Bedrohungen durch Fressfeinde ausgesetzt waren, also keine Eile hatten, schnell die gesamte Größe und das Körpergewicht zu erreichen.

Wie auch bei anderen Tieren, bei denen Inselgigantismus beobachtet wird, ist das günstige Klima, Zugang zu Nahrungsmitteln und genügend Trinkwasservorkommen ein möglicher Grund für diese Entwicklung.

Sollte es Fressfeinde geben, die eine ähnliche Größe aufweisen, dann kann ein veränderter Körperbau von Vorteil sein. Die Moas hatten vor der Zeit ihrer Ausrottung keine uns bekannten Fressfeinde auf den Inseln. Als etwa 1280 vor Christus dann Menschen aus Polynesien nach Neuseeland kamen, ist anzunehmen, dass die Tiere leicht zu jagen waren.

In den Berichten der Maori-Stämme sind keine Beschreibungen dieser Vögel überliefert, sodass man davon ausgehen kann, dass die Tiere bereits vor der Existenz dieser Volksstämme ausgerottet waren.

Ein weiteres Beispiel für den Inselgigantismus sind zum Beispiel die Galápagos-Riesenschildkröte oder die kanarische Riesenratte.

Die Inseltierwelt wird mitunter kleiner als die Kontinentalpopulationen der gleichen Art

Der Graufuchs ist eine auf dem nordamerikanischen Festland lebende Tierart. Man weiß heute, dass der Insel-Graufuchs, der auf sechs der acht kalifornischen Kanalinseln lebt, von diesem abstammt. Da er eine andere Genetik und Morphologie aufweist, wird er als eigenständige, endemische Art eingestuft.

insel graufuchs (Urocyon littoralis) insel verzwergung

Insel Graufuchs (Urocyon littoralis) auf der Insel Santa Rosa

Es gibt sechs Unterarten, die auf allen Inseln leben. Jede Unterart weist klare Unterschiede auf, so zum Beispiel eine unterschiedliche Zahl von Schwanzwirbeln. Die drei Inseln im Norden (San Miguel, Santa Cruz und Santa Rosa) wurden zuerst von den Graufüchsen, die vom Festland kamen, erobert. Das war während der letzten Eiszeit, vor ungefähr 10.000 Jahren. Auf die restlichen Inseln kamen die Insel-Graufüchse vermutlich durch die Hilfe des Menschen, die die Tiere als Haustiere hielten.

Was die Körpergröße betrifft, so ist nur der Fennek unter den Fuchsarten noch kleiner als der Insel-Graufuchs. Normalerweise ist der Insel-Graufuchs nicht größer als eine uns bekannte Hauskatze, sein Gewicht beträgt etwa 1,3 bis 2,8 Kilogramm, wobei das Männchen im Regelfall schwerer ist als das Weibchen. Im Vergleich dazu kommt der Graufuchs, der auf dem Festland heimisch ist, auf 3,5 bis 6,5 Kilogramm.

Die Verzwergung des Insel-Graufuchses ist offensichtlich auf die geringere Verfügbarkeit von Nahrung zurückzuführen. Die Tiere ernähren sich von kleineren Säugetieren, Früchten, Vogeleiern oder auch Insekten.

In den letzten Jahren wurde der Bestand an Insel-Graufüchsen durch Fressfeinde, wie Stein- und Weißkopf-Seeadler, sowie durch Krankheiten sehr dezimiert. Vor letzteren haben die Tiere lange Zeit durch die Isolierung auf den Inseln keinen ausreichenden Schutz entwickeln können.

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Rentier auf der norwegischen Insel Spitzbergen

Weitere Beispiele für das Phänomen der Insel-Verzwergung sind die auf Madagaskar ausgestorbenen Flusspferde oder auch Elefanten, die in Indonesien beheimatet sind. Sie sind bzw. waren kleiner als ihre Artgenossen auf dem Festland. Rentiere erreichen normalerweise eine Schulterhöhe von etwa einem Meter, die auf der Insel Spitzbergen lebenden Tiere haben eine Schulterhöhe von nur etwa 65 Zentimeter.

Organumbildung bei Inseltierarten

Die sogenannten Darwinfinken leben auf den zehn Galápagos-Inseln, es gibt schätzungsweise 18 verschiedene Arten dieser Vögel, die miteinander eng verwandt sind. Man vermutet, dass ein ökologisches sehr einschneidendes Ereignis, wie zum Beispiel ein Sturm, vor etwa 10 Millionen Jahren dafür verantwortlich gewesen sein könnte, dass von den Vögeln plötzlich eine kleine Gruppe abgespalten und in ein anderes Gebiet vertrieben wurde, in diesem Fall auf die Galápagos-Inseln.

darwinfinken Galápagos schnabelformen

Die Darwinfinken auf unterschiedlichen Galápagos-Inseln besitzen unterschiedliche Schnabelformen, welche auf ihre Fressgewohnheiten angepasst sind

Durch ein großes Angebot an Nahrung und das Fehlen von Konkurrenz konnte sich diese Gruppe ungehindert vermehren. Beim Nahrungserwerb entstand dadurch aber ein größerer Konkurrenzdruck und es folgte eine Spezialisierung, die sich unter anderem bei der Schnabelform manifestierte.

Die Entstehung vieler neuer Arten aus einer Stammform wird Adaptive Radiation genannt. Es bildeten sich neue ökologische Nischen, das heißt in diesem Fall spitze oder dicke Schnäbel. Durch die Nischenbildung entstanden viele neue Arten in erdgeschichtlich relativ kurzer Zeit. Um Konkurrenz bei der Nahrungssuche zu vermeiden, erfolgte also eine Spezialisierung auf viele verschiedene Arten von Schnäbeln.

Das Eichhörnchen besetzt ebenfalls eine ökologische Nische, da es im Kronenbereich eines Baums lebt und dort spezielle Nahrung vorhanden ist. Der Koala ist ein weiteres Beispiel, er nimmt ausschließlich Eukalyptusblätter zu sich, es gibt hier keine Konkurrenz.

Organrückbildung bei Inseltieren

Auf vielen Inseln mangelt es an Raubtieren, die auf dem Boden leben, sodass einige dort lebende Vögel, wie die Dodos auf Mauritius oder die neuseeländischen Kiwis ihre Flugfähigkeit verloren haben. Gegen andere Fressfeinde, wie Raubvögel, ist ein Versteck im Gebüsch oder Wald ein besserer Schutz, als zu fliegen. Bei Nahrungsknappheit kann die Energie für das Fliegen eingespart werden.

Der Dodo war ein flugunfähiger Vogel, der auf der Insel Mauritius im Indischen Ozean beheimatet war, bis er um 1690 ausstarb. Er hatte zwar kleine Flügel. Doch diese konnte er jedoch nicht zum Fliegen benutzen, zum Teil auch wegen der schwach ausgebildeten Brustmuskulatur. Seine Nahrung bestand aus vergorenen Früchten, die er auf dem Boden fand.

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Graphische Nachbildung von Dodos, welche im 17. Jahrhundert ausstarben


Fressfeinde hatte der Dodo nicht zu befürchten, sodass die Flugunfähigkeit ihm nicht zum Nachteil gereichte. Bis die Menschen kamen. Aus Mangel an Fluchtverhalten konnte er leicht von Menschen eingefangen werden. Da er in Freiheit am Ende der Regenperiode an Gewicht zulegen musste, um über die Trockenperioden zu kommen, wurde er in Gefangenschaft dann laufend überfüttert, was noch zur Flugunfähigkeit beitrug.
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Die flugunfähigen unfähigen Kiwis (Apteryx) sind das Wahrzeichen von Neuseeland


Auch der neuseeländische Kiwi, der kleinste unter den Laufvögeln, kann nicht fliegen. Das liegt hauptsächlich an dem Umstand, dass ihm, wie anderen Laufvögeln, der Brustbeinkamm fehlt, an dem die Flugmuskulatur sitzt. Es gibt allerdings noch etwa 4 Zentimeter lange Flügel, die am Ende Krallen besitzen und unter dem Gefieder versteckt sind. Ob diese Vögel, die als Nationalwahrzeichen Neuseelands bekannt sind, noch nie fliegen konnten oder ob die Flügel aufgrund von mangelnder Gefahr durch Fressfeinde verkümmert sind, ist nicht genau erwiesen.
Galapagosscharbe (Nannopterum harrisi)

Galapagosscharbe (Nannopterum harrisi), auch als Stummelkormoran bezeichnet

Wenn man von der Galápagosscharbe spricht, so meint man die einzige Kormoranart, die nicht fliegen kann. Das Brustbein ist zwar vorhanden, jedoch kleiner als bei anderen Kormoranen. Die Flügel sind 18 Zentimeter kürzer als bei diesen, sie sind jedoch schwerer und größer. Männchen wiegen bis zu 4 Kilogramm, Weibchen um die 2,5 Kilogramm. Sie gehören zu den seltensten Meeresvögeln.

Man vermutet, dass die Rückbildung der Flügel damit zusammenhängt, dass die Vögel mit reichlicher Nahrung aus dem Meer rechnen konnten und so die Flugfähigkeit nicht nötig war, um den Erhalt der Art zu garantieren.

Auch der Mauritius-Papagei und der Stephenschlüpfer haben wegen der besonderen Bedingungen auf einer Insel ihre Flugfähigkeit eingebüßt. Beid sind allerdings schon ausgestorben.

Veränderung der Lebensweise bei Inseltieren

Die Galápagos-Inseln beheimaten die einzige Leguanart, die Meerechse genannt wird und sich aus dem Ozean ernährt. Diese Tiere sind auf allen Inseln verbreitet.

Meerechse (Amblyrhynchus cristatus)

Meerechse (Amblyrhynchus cristatus)


Damit die Echsen sich gut im Wasser zurechtfinden, mussten sie sich körperlich an die Umgebung anpassen. Die grundsätzliche Färbung der Echsen ist schwarz, da sie sich an Land, nach der Futtersuche im Meer, wieder aufwärmen müssen. Trotzdem weisen sie auch andere Farben auf. Viele besitzen graue und rote Flecken. Der Schwanz erscheint kräftig und plattgedrückt. Er ist so beim Schwimmen als Ruder einsetzbar.
meerechse tauchen schwimmen

Meerechse beim Tauchen

Die wichtigste Besonderheit dieser Lebewesen sind jedoch die Drüsen an den Nasenlöchern, die dabei helfen, aus dem Meer aufgenommenes Salz ausscheiden zu können. Die weiße Färbung des Kopfes kommt von den Salzkristallen, die als weißes Pulver an der Haut haften.

Weitere Tiere, die sich der Umwelt anpassten und den Körperbau veränderten, sind zum Beispiel die Insel-Geckos im brasilianischen Bundesstaat Goiás. Durch die Errichtung des Stausees Serra da Mesa entstanden ungefähr 300 Inseln. Die Geckos konnten nun größere Termiten fressen als ihr Artgenossen auf dem Festland. Sie bekamen aufgrund dieser Veränderung größere Köpfe. Diese Anpassung vollzog sich in nur 15 Jahren.


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