Was ist eine Erbgutanalyse, wie und wozu wird sie gemacht
Erbgutanalysen sind Verfahren, welche in der Wissenschaft genutzt werden, um das Genmaterial verschiedener Pflanzen-, Pilz-, Bakterien– oder Tierarten zu untersuchen, zu vergleichen und Gemeinsamkeiten in den Genen festzustellen. Dadurch können die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Arten ermittelt und eine gemeinsame Stammesgeschichte rekonstruiert werden. Weiterhin nutzt man Erbgutanalyse zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms, um erblich bedingte Eigenschaften des Individuums festzustellen oder um die Vorfahren einer Person zu ermitteln.
Inhalt
Was sind Erbgutanalysen: Definition und Bedeutung
Der Stammbaum kann von den meisten Menschen nicht mehr als drei bis vier Generationen zurückverfolgt werden. Erbgutanalysen erlauben inzwischen aber auch einen Blick in vergangene Jahrtausende.
Wissenschaftler versuchen den größten aller Stammbäume zu entschlüsseln: Wo und wann lebten unsere allerersten Vorfahren? Wie haben sich ihre Nachkommen ausgebreitet? Wie ähnlich sind wir mit unseren in Europa und anderen Erdteilen lebenden Mitmenschen.
Die DNA bildet den „Bauplan des Körpers“ und stellt den Schlüssel zu unserer Vergangenheit dar – und sie ist auch in der Lage, Fragen nach der ganz individuellen Geschichte zu beantworten.
Wozu werden Erbgutanalysen gemacht
Die Wissenschaftler interessiert dabei hauptsächlich das nur bei Männern vorkommende Y-Chromosom und die DNA in den Mitochondrien, den „Kraftwerken“ der Zellen. Die meisten Erbinformationen werden von Generation zu Generation rekombiniert. Lediglich das etwa 58 Millionen Basispaare lange Y-Chromosom und die mitochondriale DNA (mtDNA) bleiben von der Neuanordnung von genetischem Material verschont. Sowohl Männer als auch Frauen erben ihre mtDNA nur von ihrer Mutter. Jeder Mann erhält sein Y-Chromosom nur von seinem Vater.
Alle Menschen hätten identische mtDNA, und jeder Mann trüge das gleiche Y-Chromosom in seinem Nukleus, wenn alles perfekt abliefe. Aber manchmal unterläuft der Natur ein „Kopierfehler“. Im männlichen Y-Chromosom kann eine winzige Veränderung auftreten, die er an alle seine Söhne weitergibt – und diese erneut an alle ihre männlichen Nachfahren. Auch die mtDNA einer Frau kann sich geringfügig verändern, die alle ihre Nachkommen in sich tragen und die von ihren Töchtern an die nächste Generation vererbt wird.
Wie werden persönliche Erbgutanalysen durchgeführt
Jeder kann seine persönliche Frühgeschichte erforschen. Dazu genügen einige mit einem Wattestäbchen abgeschabte Zellen aus der Mundschleimhaut, damit eine Analyse des eigenen Y-Chromosoms erfolgen kann. Wer ein derartiges Testkit für 99,95 Dollar (zuzüglich Versandkosten) erwirbt, unterstützt das Genografic Project finanziell. Bei Frauen wird die mtDNA getestet.
Die Ergebnisse der Analyse des Erbmaterials sowie seine Geschichte können nach wenigen Wochen im Internet abgerufen werden. Allerdings offenbart das Y-Chromosom nur etwas über die unmittelbare männliche Abstammungslinie. Genauso informiert die mtDNA nur über die mütterliche Linie. Da die Anzahl der Ahnen mit jeder Generation stark zunimmt, bleibt der größte Teil der Vorfahren trotz der Analyse aber unbekannt.
Ergebnisse der Erbgutanalyse
Die Untersuchungsergebnisse können aber auch Aufschluss über die jüngere Vergangenheit geben. Zwei Männer mit identischem Zunamen können beispielsweise ihre Ergebnisse für das Y-Chromosom vergleichen – sind sie nicht verschieden, so ist es wahrscheinlich, dass sie früher einen gemeinsamen Ahnen hatten. Je mehr Unterschiede vorkommen, desto weiter ist die Gemeinsamkeit in der Vergangenheit zu suchen. Viele Webseiten unterstützen bereits Freizeit-Genealogen bei ihren Forschungen. Wenn man seine Analyseergebnisse eingibt, stellt eine Datenbank Informationen über Personen zur Verfügung, die ein vergleichbares genetisches Profil haben.
Mitunter ist die Erbgutanalyse der einzige Hinweis in der Geschichte, weil keine anderen Aufzeichnungen vorhanden sind: Viele Nachkommen ehemaliger Sklaven versuchen mithilfe ihrer DNA zu ergründen, zu welchem afrikanischen Stamm ihre Nachkommen gehörten. Dabei wird offenbar, dass ihr Y-Chromosom eine europäische Silhouette hat. Dies zeigt, dass unter den Ahnen ein weißhäutiger Sklavenhalter lebt, dessen Erbgut über die männliche Linie weitergegeben wurde. Hier kann die mtDNA unterstützen, weil es seltener passierte, dass mütterlicherseits eine weißhäutige Frau ihre Spuren zurückgelassen hat.