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Wesen


Das Wesen beinhaltet, neben den äußerlichen Merkmalen einer Gestalt oder Erscheinung, auch alle Glaubensvorstellungen und Konzepte – welche man der äußeren Gestalt gedanklich anhängt. Aus dieser allgemeinen Definition des Wesens ergeben sich, je nach wissenschaftlichem Fachgebiet, genauere Definitionen.

Biologie

In der Biologie ist das Wesen ein Körper mit einer fest definierten Gestalt, welches Leben enthält. Demnach handelt es sich um ein Lebewesen. Aber erst die Vorstellung, was Leben ist und die Zuordnung der Eigenschaften machen aus einem leblosen Körper, welcher zuvor schon sichtbar, spürbar oder anders wahrnehmbar war – ein Lebewesen.

Für sehr viele Menschen wird Leben mit Fortbewegung gleichgesetzt. Aber der Wind bewegt sich auch und enthält kein Leben. Und Pflanzen sind Lebewesen, können sich aber nur sehr langsam – für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar – bewegen. Demnach muss Leben nicht zwingend sichtbar oder wahrnehmbar sein und ergibt sich erst aus einem größeren Zusammenhang heraus.

Statt der simplen Wahrnehmung werden einem Körper bestimmte Vorstellungen über das Leben angehängt, wodurch sich etwas Bedeutenderes als die wahrnehmbare Materie ergibt. Leben stellt dann eine Einheit aus Materie, Geist und mitgegebener Vorstellung dar. Diese Vorstellung vom Leben verbindet die beiden Einzelteile Körper und Geist und lässt etwas entstehen, was bedeutender ist – als die Gesamtheit der einzelnen Teile.

Demnach ist das biologische Wesen eine äußerliche Gestalt oder Erscheinung, welche mit gewissen Glaubensvorstellungen behaftet wird und wodurch sich ein Konzept ergibt, welchem man gedanklich eine Bedeutung gibt.

Tierwesen und Mischwesen

Tierwesen oder Mischwesen sind ein ungenauer Begriff für ein Lebewesen. Durch gewisse Merkmale der äußeren Gestalt des Wesens ordnet der Betrachter gedanklich gewisse Eigenschaften zu, welche nicht zwingend existent sein müssen, allerdings eine Klassifizierung zulassen.

Werden die betrachteten Eigenschaften dem kognitiven Schema „tierisch“ zugeordnet und übersteigen eine gewissen Schwellenwert, gilt das betrachtete Objekt als tierisch. So kann beispielsweise die Objekt-Eigenschaft „Fell“ dazu führen, dass man dieses Merkmal seinem innerlich angelegten und durch Erfahrung aufgebauten Tierschema entnimmt. Und dadurch ist es möglich ein Fellwesen dem Tier zuzuordnen.

Übersteigen die wahrnehmbaren Eigenschaften nicht das Tierische, sondern driften in eine andere Richtung – interpretiert man das Gesehene als menschlich, bakteriell oder pflanzlich. Dies führt dazu, dass falsche Annahmen über einen Sachverhalt getroffen werden, da der Betrachter gewisse Eigenschaften immer überbewertet (zB. Fell) und deshalb als eindeutig wahrnimmt und zuordnet. Andere nicht unwesentliche Eigenschaften werden ignoriert.

In der Psychologie bezeichnet man diesen Wahrnehmungsfehler als Bestätigungstendenz. Dieses Phänomen tritt immer dann ein, wenn man bestimmte Eigenschaften gezielt sucht und dadurch immer wieder die gleiche Bestätigung erhält, allerdings andere wahrnehmbare Eigenschaften ignoriert.

Können die wahrnehmbaren Eigenschaften nicht genau zugeordnet werden, bezeichnet man das betrachtete als Mischwesen. Lange glaubte man, dass Pilze ebenfalls pflanzliche Lebewesen sind, da diese äußerlich – wie Pflanzen wirken. Das Schema, welches für Pflanzen existiert, greift beim Pilz und ordnet die Eigenschaften ganz konkret dessen Wesensmerkmalen den Pflanzen zu. Heute weiß man, dass Pilze den Tieren viel ähnlicher als den Pflanzen sind.

Religion und Mythologie

In der Mythologie, im Polytheismus (Vielgötterei) und in Religionen, welche auf Naturkräfte basieren – sind Wesen eine Art von Geistererscheinung. Diese Naturgeister oder spirituellen Erscheinungen besitzen äußerliche Merkmale, welche sie von irdischen Lebewesen unterscheiden.

Da es keinen wissenschaftlichen Beweis für Geister gibt und stattdessen jede irdische Materie einer physikalischen Ordnung unterliegt, kann – innerhalb der Naturwissenschaften – keine Erklärung für das Auftreten von Geistern gefunden werden.

Dennoch kann die Vorstellung, was ein Geisterwesen ausmacht, dazu führen – dass Menschen eine physikalisch erklärbare Erscheinung wahrnehmen. Und durch die Vorstellung des Menschen, dass Geisterwesen existieren und nur diese Wesen ganz bestimmte Merkmale aufweisen – können diese Eigenschaften der Erscheinung zugeordnet bzw. dort gefunden werden, auf dieses Abbild übergehen, wodurch es existent wird.

Erscheinungen von Gott oder von Geistern sind somit nur möglich, wenn die Glaubensvorstellung von einem Gott existiert und eine konkrete Merkmalszuschreibung vorgenommen werden kann. Erst dann verbinden sich wahrnehmbare Materie und die gedankliche Vorstellung von Gott zu einem Erlebnis, welches theoretisch genauso möglich ist, wie die Vorstellung von Leben. Die Vorstellung eines Gottes ist angeboren und existiert als angeborene Idee, einer Leistung, zu der jeder Mensch von Geburt aus fähig ist.

Psychologie

Das Wesen einer Person ist die Gesamtheit seiner nach außen wahrnehmbaren Persönlichkeitseigenschaft und die dahinter vermuteten Anteile. Diese Wesensanteile bestehen aus Motiven, Gefühlsregungen und Impulsen – welche das Individuum ebenfalls beschreiben, allerdings für den Betrachter und mitunter für die Person selbst – nicht zugänglich sind.

Durch Attribuierung (Merkmalszuschreibung) von außen und einer sozialen Wahrnehmung werden dem Individuum bestimmte Eigenschaften angehängt, wodurch das Wesen der Person erklärbar wird. Der Betrachter – welche diese Eigenschaften anhängt – glaubt auch, dass er diese wahrnimmt – da die oben erwähnte Bestätigungstendenz einsetzt.

Dieser Wahrnehmungsfehler wird sich auch ergeben, obwohl diese Eigenschaften im Gegenüber nicht zugegen sind. Aber dadurch wird das Handeln, Erleben und Verhalten der Person für den Betrachter erklärbar.


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