Sigmund Freud als junger Arzt im Wiener Krankenhaus: Die Jahre von 1882 bis 1885
Schlagwörter: Sigmund Freud

Sigmund Freud erlangte sein Abitur im Alter von 17 Jahren (1873). Während seines Studiums (1873 – 1881) arbeitete er am Brücke Institut, wo er Kenntnisse zur Physiologie des Menschen erlangte. Anderthalb Jahre nach seiner Promotion kehrte Freud der Forschung den Rücken, um als junger Arzt im Allgemeinkrankenhaus in Wien zu arbeiten (1882 – 1885).
Im Vorfeld 1876 – 1822: Sigmund Freuds Ausbildung im Brücke Institut
Schon zu seinen Studentenzeiten arbeitete Sigmund Freud im Labor des Physiologen Ernst Wilhelm Brücke. Dort erwarb er ein grundlegendes Verständnis zu Abläufen und Vorgängen im menschlichen Körper.
Brücke verstand sich darauf, körpereigene Prozesse aus physikalischer Perspektive zu betrachten. Sein Schüler Freud nahm diese Grundhaltung an, wodurch dessen Gesamtbild neu geprägt wurde. An der Universität Wien hatte Freud zwar einige Vorlesungen im Bereich Anatomie und Physiologie besucht. Jedoch bestand das allgemeine Verständnis im 19. Jahrhundert darin, einen göttlichen Lenker in körperlichen Abläufen zu sehen. Durch die Arbeit im Brücke Institut wurde dieses naturphilosophische Weltbild Freuds komplett überarbeitet.
Am 30. März 1881 war Freud kein Student mehr, sondern Doktor der Humanmedizin. Dennoch arbeitete er weitere drei Semester im Labor, da er glaubte – noch nicht genug gelernt zu haben. Am liebsten wäre er immer dortgeblieben, doch die Stelle im Labor versprach wenig Verdienst und Freud, mittlerweile mit Martha Bernays verlobt, wollte heiraten.
Und um zu heiraten, brauchte er Geld. Deshalb verließ er schweren Herzens das Institut, um im Sommer 1882 als Aspirant eine Sekundararztstelle im Wiener Allgemeinen Krankenhaus anzutreten.
1882 – 1885: Sigmund Freud als Wiener Assistenzarzt
Im Wiener Klinikum arbeitete Freud als Humanmediziner, was seinem beruflichen Studienabschluss entsprach. Allerdings war ihm vor seinem Studium schon klar, dass er kein Arzt werden wollte. Dieses breitgefächerte Medizinstudium sollte ihm bloß alle Türen zur Wissenschaft öffnen, um eine Laufbahn als Naturforscher anzutreten.
Das Brücke-Labor aus dem er kam, bot eigentlich genau die Arbeit, welche er verrichten wollte. Die Geldnöte drängten ihn nun zu einer Tätigkeit, zu welcher er sich selbst nicht berufen sah.
Dennoch hatte er im Krankenhaus bereits einige Erfolge zu verzeichnen. Im Bereich der Neuropathologie entwickelte Freud ein Verfahren, welches Gehirnschnitte für eine mikroskopische Untersuchung zugänglich machte. Dazu verwendete er Goldchloridlösung.
Dieses neue Verfahren verschaffte ihm eine gewisse Aufmerksamkeit in Forscherkreisen, wodurch im Jahr 1884 ein Artikel im englischsprachigen Fachjournal „Brain“ erschien. Dieser Artikel trug den Titel „Eine neue Methode zum Studium des Faserverlaufs im Centralnervensystems“.
Der Ruhm war allerdings sehr kurzweilig, da viele Forscher bereits ebenfalls auf dem Gebiet der Präparation forschten. Und Camillo Golgi gelang bereits 1873 der Durchbruch mit seiner Golgi Methode, welche eine Silberfärbung der Präparate erreichte. Den Nobelpreis sollte Golgi zwar erst 1906 erhalten, dennoch war Freud damals schon klar, dass ihm dauerhafter Ruhm auf diesem Betätigungsfeld kaum zustehen würde.
In ihm keimte immer mehr die Frage auf, ob er diesen langweiligen und wenig versprechenden Arztberuf ewig ausführen müsste. In den ersten Jahren zwischen 1882 und 1885 arbeite Freud in den Abteilungen des Allgemeinen Krankenhauses. Zuerst in der Chirurgie, dann für innere Krankheiten bei Professor Hermann Nothnagel. Dieser hatte ein besonderes Interesse für die Physiologie des Nervensystems, was Freud bereits im Brücke-Institut untersuchte.
Schließlich arbeitete Freud für ein weiteres halbes Jahr bei Professor Theodor Meynert in der Psychiatrie. Meynert war Hirnpathologe bzw. Neuroanatom und galt als Experte auf diesem Gebiet. Freud kam hier zum ersten Mal mit echter Geisteskrankheit in Berührung.
Meynert war allerdings Pathologe und kein Seelenarzt. Deshalb stützte sich dessen Arbeit einzig auf die Hirnstrukturen und dessen Prozesse. Hier sah der Professor die Quelle des psychischen Leidens. Insbesondere untersuchte Meynert die Zellstruktur der Großhirnrinde.
Meynert wollte die Psychiatrie auf eine anatomische Grundlage stellen, was ihm auch gelang. Bei den kognitiven Leiden seiner Patienten erlangte Meynert ebenfalls Durchbrüche, insbesondere bei der altersbedingten Demenz, welche pathologisch durch Verschleißablagerungen erklärbar wurde.
Die Psychose hatte allerdings andere Ursachen. Für Freud war damals noch nicht abzusehen, dass er einmal die Referenz auf dem Gebiet der Nervenheilkunde sein würde. Allerdings bemerkte er im Jahr 1883 bereits, dass die medizinische Welt rasante Fortschritte verbuchte. Es zog ihn zurück an die Universität.
Ähnliche Beiträge
Schlagwörter: Sigmund Freud
Sigmund Freud wurde 1885 zum Privatdozenten an der Universität in Wien. Im Oktober erhielt er ein Reisestipendium, weshalb er eine halbjährige Parisreise antrat. Im Pariser Hospital „Salpêtrière“ arbeitete zur damaligen Zeit der Neurologe und Hypnotiseur Jean Martin Charcot. Die Zusammenarbeit mit Charcot sollte Freuds Karriere verändern.
Schlagwörter: Sigmund Freud
Der Paris-Aufenthalt (Oktober 1885 bis Anfang 1886) und die Arbeit mit Jean Martin Charcot bestärkten den 29-jährigen Freud darin, seine Privatpraxis zu eröffnen. Denn in Paris – unter Charcots Leitung – erkannte Freud, dass psychische Krankheiten nicht nur anatomische und physiologische Ursachen hatten, wie man weitläufig annahm. Stattdessen gibt es […]
Schlagwörter: Psychoanalyse, Sigmund Freud, Sprache, Versprechen
Nicht selten kommt es vor, dass sprachliche Elemente vertauscht, ausgelassen oder hinzugefügt werden und einer Aussage neuen Sinn geben. Dieses Phänomen nennen wir heute „Freudscher Versprecher“. Die Psychoanalytik sieht die Gründe für diese Versprecher im Unbewussten des Menschen und geht davon aus, dass der Versprecher die wahre Intention des Sprechenden […]
Schlagwörter: Sigmund Freud
Sigmund Freud wurde am 6. Mai 1856 im mährischen Freiberg geboren, welches heute auf tschechischem Gebiet liegt, aber damals zum Österreichisch-Ungarischen Großreich gehörte. Freud war Teil einer jüdischen Großfamilie und wuchs unter ärmlichen Bedingungen auf.
Schlagwörter: Sigmund Freud
Martha Bernays, später Martha Freud, war die Ehefrau von Sigmund Freud. Sie wurde am 26. Juli 1861 in Hamburg geboren und starb am 2. November 1951 in London. Mit Sigmund Freud war sie 4 Jahre verlobt (1882 – 1886) und 53 Jahre verheiratet (1886 – 1939).
Schlagwörter: Sigmund Freud
Martha und Sigmund Freud hatten 6 Kinder, welche im Zeitraum zwischen 1887 und 1895 geboren wurde. Alle Kinder genossen eine Erziehung, welche auf Disziplin, Fleiß und Bildung setzte, was man deutlich an den Lebensläufen von Kindern und Enkeln erkennen kann. Mathilde Freud (1887 – 1978) Das älteste Kind der […]
Schlagwörter: Grundkonflikt, Selbstanalyse, Sigmund Freud
In den Jahren zwischen 1896 und 1899 unterzog sich Sigmund Freud einer Selbstanalyse. Diese legendäre Zeit bildet die Grundlage für Freuds Werk „Die Traumdeutung“.
Schlagwörter: Droge, Kokain, Sigmund Freud
Mit 29 Jahren wurde Sigmund Freud zum Privatdozenten an der Universität in Wien. Nach Abschluss seines Studiums (1882) und der Stelle als Arzt im Wiener Universitätsklinikum (1882 – 1885) glaubte Freud, nun endlich eine Möglichkeit gefunden zu haben, um an Geld und Ruhm zu kommen. Mit einer Studie zur medizinischen […]
Schlagwörter: Hysterie, Sigmund Freud
Ilona Weiss, alias Fräulein Elisabeth v. R., ist die fünfte Krankheitsgeschichte Sigmund Freuds im Werk „Studien über Hysterie“. Die Patientin litt an Schmerzen im Bein und war im Zeitraum zwischen Herbst 1892 und Winter 1893 bei Sigmund Freud in Behandlung. In „Studien zur Hysterie“ beschreibt Freud auf den Seiten 116 […]
Schlagwörter: Sigmund Freud
Nach seinem Abschluss am Realgymnasium im Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt (Juli 1873), nahm Sigmund Freud als 17-jähriger ein Studium an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien auf. Erst acht Jahre (1881) später schloss der ewige Student sein Studium ab. Dieser verspätete Abschluss war keineswegs das Ergebnis von Faulheit, sondern von Unentschlossenheit, […]
Schlagwörter: Sigmund Freud
Sigmund Freud gilt als Begründer der Psychoanalyse. Er erforschte dazu die Seele des Menschen, die in aller Regel auch seine Patienten waren. Der Wiener Nervenarzt entwickelte zum 20. Jahrhundert hin unterschiedliche Denkmodelle. Ausgehend von seinem Kollegen und späteren Freund Josef Breuer, verschrieb auch er seinen Patienten eine Redekur im Rahmen […]
Schlagwörter: Hysterie, Psychoanalyse, Sigmund Freud
Anna O., mit bürgerlichen Namen Bertha Pappenheim, gilt als erste Patientin der Psychoanalyse. Betreut wurde sie anfangs von Josef Breuer. Sigmund Freud übernahm später Breuers Aufzeichnungen und Forschungsergebnisse und zusammen veröffentlichten sie das Werk „Studien über Hysterie“. Da Breuer und Freud an ihrer Patientin die Wirksamkeit der Hypnose nachwiesen, ging […]
Schlagwörter: Das ES, Das ICH, Das ÜBER-ICH, Ich-Psychologie, Psychoanalyse, Sigmund Freud
Freuds Strukturmodell der Psyche auch bekannt als Drei-Instanzen-Modell, entstand im Jahr 1923. Nach diesem Modell bildet die menschliche Psyche drei Instanzen bzw. Strukturen aus, welche das Handeln, Erleben und Verhalten bestimmen. Freud nannte diese drei Strukturen Es, Ich und Über-Ich. In diesem Beitrag erfährst du, welche Bedeutung das Strukturmodell hat, […]
Schlagwörter: Sigmund Freud
Aurelia Kronich, alias Katharina, ist eine Krankengeschichte Sigmund Freuds, welche im Freud-Breuer-Gemeinschaftswerk „Studien zur Hysterie“ veröffentlicht (1895) wurde. Die Fallakte Katharina beginnt auf Seite 106 und endet auf Seite 116.
Schlagwörter: Sigmund Freud
Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, wurde am 06. Mai 1856 im tschechischen Freiberg (Pribor) geboren. Damals gehörte der Ort, welcher heute im Nordosten Tschechiens liegt, noch zum Königreich Österreich-Ungarn, weshalb Freud als Österreicher geboren wurde. Freud wurde als Sohn des jüdischen Tuchhändler Jakob Freud (1815-1896) und dessen 20 Jahre […]
Schlagwörter: Psychoanalyse, Sigmund Freud, Theorie
Die psychoanalytische Trieblehre bzw. Triebtheorie ist eine Einzeltheorie der Psychoanalyse nach Freud. Wie auch das Strukturmodell oder die psychosexuelle Entwicklungstheorie ist auch die Trieblehre nur ein Teilausschnitt, um psychisches Verhalten zu erklären, vorherzusagen und zu beschreiben. Was ist die Triebtheorie nach Sigmund Freud Der Begründer der Psychoanalyse ging von einer […]
Schlagwörter: Sigmund Freud
Sigmund Freud war Sohn von Jakob Kallomon Freud (1815 – 1896), einem jüdischen Handlungsreisenden aus Tysmenitz (heutige Westukraine) und Amalia Malka Nathanson (1835 – 1930). Zusammen hatten sie 8 Kinder.
Schlagwörter: Hysterie, Sigmund Freud
Fanny Moser, alias Emmy von N., war eine Schweizer Adlige, welche sich von Sigmund Freud therapieren ließ, nachdem ihr Mann gestorben war. Neben Bertha Pappenheim (alias Anna O.) Aurelia Kronich (alias Katharina) und Anna von Lieben (alias Frau Cäcilie) ist Fanny Moser eine weitere Fallgeschichte, welche in Sigmund Freuds Werken […]
Schlagwörter: Psychoanalyse, Sigmund Freud, Wilhelm Fließ
Sigmund Freud und Wilhelm Fließ unterhielten in den Jahren zwischen 1887 und 1904 eine Männerfreundschaft. In dieser Zeit bestand ein inniger Briefwechsel zwischen beiden und es fanden gelegentliche Treffen statt. Fließ war der letzte Freund, welchen Freud geduzt hatte und er trug maßgeblich zur Entstehung der Psychoanalyse bei. In der […]
Schlagwörter: Psychoanalyse, Sigmund Freud
Sigmund Freud gilt als Begründer der Psychoanalyse. Es handelt sich dabei um eine Theorie über die Prozesse und Beschaffenheit der menschlichen Psyche, sowie um eine Therapieform, um psychisch Kranken zu helfen. Die Psychoanalyse wurde in den Jahren zwischen 1890 und 1910 entwickelt, auf Grundlage der Erkenntnisse von Josef Breuer. Seitdem […]
Schlagwörter: Hysterie, Sigmund Freud
Lucy R., ist eine Krankenakte von Sigmund Freuds, welche 1895 in seinem Werk „Studien zur Hysterie“ veröffentlicht wurde. Hinter Anna O. (Seite 15 – 36) und Emmy v. N (S. 37 – 89) ist Lucy R. (S. 90 – 106) der dritte Krankenfall zur Hysterie, welcher von Freud beschrieben wurde.