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Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein: Bedeutung & Ursprung


wer anderen eine grube gräbt fällt selbst hinein

In den Kulturen der Welt gibt geradezu verblüffende Übereinstimmungen bei vielen Weisheiten, Sprichwörtern und Redensarten. Bestes Beispiel ist ein Zitat aus der Bibel, aufzufinden bei Spr 26,27: „Wer eine Grube gräbt, fällt selbst hinein, wer einen Stein hochwälzt, auf den rollt er zurück.“

Wer anderen eine Grube gräbt in der Bibel und anderen Kulturkreisen

Das Buch der Sprichwörter (abgekürzt: spr) ist ein Buch der Bibel. Um ganz genau zu sein, gehört das Buch der Sprichwörter zum Alten Testament der Bibel, welches für Christen und Juden gleichermaßen als Glaubensgrundlage dient.

Die Redewendung mit dem „Graben der Grube“ bereichert schon seit Langem das Sprichwort-Repertoire der Chinesen mit “Jemand hebt einen Stein hoch und verletzt den eigenen Fuß” und ist auch mit einem Zitat beim Propheten Mohammed direkt vergleichbar: “Wer seinem Bruder eine Grube gräbt, fällt selbst hinein”.

Bedeutung der Redewendung bzw. des Sprichwortes

Dem Sinn nach sagt diese Lebensweisheit in etwa: Wer anderen Menschen Schlechtes oder Boshaftes zufügt, kann so durchaus selbst zu Schaden kommen. Das entspricht inhaltlich der dringenden Warnung: “Was du nicht willst, das man dir tu, füg`auch keinem anderen zu!”

Die Redewendung von der Grube als Gefahrenquelle will die Leute davon abhalten, seinen Mitmenschen in irgendeiner Form zu schaden. Demnach ist sie auch eine direkte Absage an jede Form der Schadenfreude. Schließlich kann sich jeder schnell selbst in eigenhändig gelegten Fallstricken verheddern. Landläufig bekannt ist das Sprichwort “Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein” aus der Bibelübersetzung von Martin Luther.

Luthers Vorliebe für Sprichwörter

Dem Reformator Martin Luther wird eine ausgeprägte Vorliebe für Sprichwörter nachgesagt. So stammt “Durch Schaden wird man klug” von lateinisch „Quae nocent docent“ ab – Luther machte daraus den Spruch vom Schaden, der Klugheit generiert und der sich schnell im kulturellen Gedächtnis festsetzte.

Ein weiteres Beispiel für Luthers Liebe zu sprichwörtlichen Redewendungen sei „Man sol den mantel kehren als die winde sint gewant“. Dieser Spruch ist aufzufinden in einer uralten Sprüchesammlung aus dem 11. Jahrhundert und meinte damit durchaus etwas Positives. Martin Luther machte daraus etwas Negatives, indem er den Spruch umkehrte in “Den Mantel nach dem Wind hängen”.

So gibt es zahlreiche Beispiele für Luthers Affinität zu Sprichwörtern. Mit „Warum rülpset und furzet ihr nicht? Hat es euch nicht geschmacket?” oder gar “Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz” sind hier zwei besonders handfeste Zitate erwähnt, die nichts für sensible Gemüter sind und Martin Luther von seinen Schülern zugeordnet werden. Die fassten die Aussprüche des Meisters in den “Tischreden” zusammen, die in den renommierten Weimarer Luther-Editionen sechs Bände mit jeweils 700 Seiten füllen.

Von der Grube, in die man leicht hineinfällt

Die Weisheit “Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein” geht unter anderen zurück auf eine Aussage des biblischen Königs Salomo und ist also eine Abrechnung mit mehr oder weniger heimtückischem Vorgehen anderen Zeitgenossen anderen Mitmenschen gegenüber, das sich schnell gegen den Urheber des ganzen Ungemachs selbst wenden kann.

Aber auch zahlreiche andere Redewendungen haben ihre Ursachen in der Heiligen Schrift. Man muss dazu keinesfalls lange suchen, um in unserer Alltagssprache auf weitere Bibelworte zu stoßen. “Das salomonische Urteil”, “der Wolf im Schafspelz”, “der verlorene Sohn” – und wenn uns etwas “ein Dorn im Auge ist”, dann liegen hier die Ursachen in Moses Warnung vor Feinden, die “zu Dornen in euren Augen werden.”

Nicht alle Sprichwörter entstammen der Bibel, wie etwa das beliebte “Der frühe Vogel fängt den Wurm”. Das Original „The early bird catches the worm“ stammt aus einem Buch von 1670 mit dem Titel „A collection of English proverbs“ von John Ray, der auch als Vater der englischen Botanik in die weltgeschichtlichen Annalen eingegangen ist.

Aber unsere Redewendung “Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein” steht in den biblischen Sprüchen, durchaus in mehreren Variationen wie in Ps 7,16: „Er hat eine Grube gegraben und ausgehöhlt – und ist in die Grube gefallen, die er gemacht hat“.
In den Psalmen der Bibel als Fundgrube für Redewendungen, Sprichwörter und diverse Weisheiten gibt es auch “ Den seinen gibt’s der Herr im Schlaf “ oder “Ich wasche meine Hände in Unschuld”.

Wer aus dem vermeidlichen Dunkel seiner Bibelkenntnisse auf Pontius Pilates stößt, der seine Hände in Unschuld wusch, erinnert sich womöglich an andere, ebenfalls mehrmals vorkommende Bibelstellen. Auch die Redewendung “In Sack und Asche gehen” stammt aus der Bibel. Er ist also keinesfalls ein Werbespruch für Billigmode.

Geht ein Licht auf?

Wem bei der Betrachtung der Redewendung von der gefährlichen Grube ein Licht aufgeht und wer dann meint “Es werde Licht” stamme von Goethe und nicht aus der Bibel, irrt sich gewaltig. Denn das steht gleich am Anfang im 1. Buch Moses.

Anderen eine Grube graben kann man schnell selbst, oft auch durch flotte Sprüche, voreilige Schlussfolgerungen und übersteigerte Selbstdarstellung. In diesem Zusammenhang können mehrere Bibelpassagen zum Nachdenken anregen, wie etwa zu dem Thema “Etwas ausposaunen”:

„Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht lassen vor dir posaunen, wie die Heuchler tun in den Synagogen und auf den Gassen, auf dass sie von den Leuten gepriesen werden “ (Mt 6,2).

Demnach sind eine allzu flotte Selbstdarstellung und deren entlarvende Folgen nur Beispiele unter vielen für einen letztendlich schmerzhaften Eklat – für die Grube, in die man schnell selbst hineinfallen kann.

Einem gesunden Selbstbewusstsein soll damit keinesfalls entgegengetreten werden. Heißt es doch in der Offenbarung des Johannes, Kapitel 3 an die Gemeinde in Laodizea. „Du bist weder kalt noch heiß. Wärest du doch kalt oder heiß! Weil du aber lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus meinem Mund ausspeien“.

Letztendlich sollte man es mit Karl Kraus halten. „Ich bin kein Huhn, aber ich weiß, wann ein Ei faul ist“.
Also: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“ – auch die Vorsicht vor selbst gegrabenen Gruben.


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