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Fruchtbare Halbmond: 7 Fragen und Antworten zum historischen Gebiet


fruchtbare halbmond

Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes (englisch: Fertile Crescent)


Der Fruchtbare Halbmond ist ein historisches Gebiet in Vorderasien, welches als ein Ursprungsgebiet der Neolithischen Revolution gilt. Dort entstanden frühe Formen von Ackerbau und Viehzucht, wodurch der Kulturwandel von einer Nomadenkultur in eine Bauernkultur vollzogen werden konnte. Da die Neolithische Revolution als Beginn der Jungsteinzeit betrachtet wird, ging der Übergang von der Mittelsteinzeit zum Neolithikum vom Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes aus.

Was ist der Fruchtbare Halbmond

Der Begriff wurde 1916 durch den US-amerikanischen Ägyptologen James Henry Breasted eingeführt und beschreibt ein Regengebiet an der Ostküste des Mittelmeeres. Da sich dieses Gebiet sichelförmig bzw. halbmondförmig über die Mittelmeerküste bis nach Vorderasien erstreckte, wird es als Halbmond bezeichnet.

Die eigentliche Neolithische Revolution und somit auch der Beginn der Jungsteinzeit begann etwa 9.600 v.Chr. Doch auf dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes befanden sich zwischen dem 18. Jahrtausend und dem 12. Jahrtausend v.Chr. verschiedene Völker, wie die Kebaran-Kultur, die Natufien oder Khiamien – welche bereits Wildpflanzen sammelten und kultivierten.

Als dann in Europa die Eiszeit etwa 12.000 v.Chr. endete und die Mittelsteinzeit begann, betrieben die Menschen auf dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes bereits eine Frühform von Ackerbau und Viehzucht. Und sie waren sesshaft.

Die Zeitepoche in diesem Kulturraum wird als Präkeramischen Neolithikum zusammengefasst, da die Menschen zwar Agrarkultur betrieben – aber noch keine Tongefäße besaßen.

Parallel dazu begann in Europa die Mittelsteinzeit. In dieser Epoche wurden die Menschen zu Fischern, Jägern und Sammlern. Da es wärmer in Europa wurde, bildeten sich Waldgebiete und das Wechselwild – welches von einstigen Eiszeitjägern gejagt wurde -verschwand. Stattdessen siedelte sich Standwild mit festen Territorialverhalten an.

Somit konnten die einstigen Nomaden der Eiszeit saisonal sesshaft werden. Neben der Jagd wurde der Fischfang betrieben, welcher ebenfalls zu einer saisonalen Sesshaftigkeit führte. Doch zwischen 12.000 und 9.600 v.Chr. blieben die Europäer nahezu Halbnomaden und verbrachten Winter- und Sommermonate an verschiedenen Lagerstätten.

Auf dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes führte das Praktizieren von Landwirtschaft zu einem Überfluss an Nahrung, wodurch sich ein stetiges Bevölkerungswachstum ergab.

Zwischen dem Ende der Eiszeit (12.000 v.Chr.) und dem Beginn der Neolithischen Revolution in Eurasien (9.600 v.Chr.) liegen über 2.000 Jahre. Und in diesen Jahrtausenden konnte die Bevölkerung auf dem Fruchtbaren Halbmond derart anwachsen, dass sich wohlmöglich eine Knappheit an Ackerflächen ergab.

Die Bauern suchten neue Agrarflächen und brachten so den Kulturwandel nach Europa und Westasien.

Wo ist der Fruchtbare Halbmond

Der Fruchtbare Halbmond beginnt im östlichen Mittelmeerraum. Dieses Gebiet wird historisch als Levante, später als Vorderer Orient und heute als Naher Osten bezeichnet. Von dort zieht sich das Gebiet nach Norden bis zum Taurusgebirge. Dieses Gebiet, welches heute in der Türkei liegt, wird historisch als Südanatolien bezeichnet.

Im Taurusgebirge entspringen zwei Flüsse, welche als Euphrat und Tigris bezeichnet werden. Die Schwemmgebiet des Euphrat und Tigris – welche sich bis zum Persischen Golf erstrecken – zählen ebenfalls zum Fruchtbaren Halbmond. Historisch wird dieses Gebiet als Zweistromland oder Mesopotamien bezeichnet.

Da Ägypten mit dem Gebiet der Levante geschichtlich stark verwurzelt ist, wird der Norden Ägyptens, welcher als Unterägypten bezeichnet wird- entweder als Erweiterung oder als Teil des Fruchtbaren Halbmondes gesehen.

Im Süden des Fruchtbaren Halbmonds bildet die Syrische Wüste eine natürliche Grenze. Diese ist bereits Teil der Arabischen Halbinsel. Das Grenzgebiet im Norden ist das Hochland von Anatolien mit der Taurus-Gebirgskette. Im Westen grenzt das Mittelmeer an und im Osten das Zagrosgebirge.

Welche Länder gehören zum Fruchtbaren Halbmond

Die Levante als Teilgebiet des Fruchtbaren Halbmonds umfasst die Staatsgebiete des heutigen Syrien, Israel, Libanon, Jordanien und die palästinensischen Autonomiegebiete (Gaza, Westjordanland).

Der ägyptische Teil des Fruchtbaren Halbmonds beschränkt sich auf das Nildelta im Norden. Und der mesopotamische Teil des Fruchtbaren Halbmonds umfasst das Staatsgebiet des heutigen Iraks und den Nordosten Syriens.

Warum ist der Fruchtbare Halbmond fruchtbar

Die Fruchtbarkeit des Fruchtbaren Halbmondes hat geografische Ursachen. Dass die Neolithische Revolution von dort ausgehen konnte, hat allerdings erdgeschichtliche und kulturelle Ursachen, welche im nächsten Abschnitt erläutert werden.

Das erste Teilgebiet des Fruchtbaren Halbmondes ist die Levante im östlichen Mittelmeerraum. Und die Küstengebiete des Mittelmeerraums sind geprägt durch ein Klima mit regenreichen Wintermonaten und milden Sommermonaten.

Weiterhin herrscht an der Mittelmeerküste eine erhöhte Luftfeuchtigkeit – welche im Landesinneren des jeweiligen Landes abnimmt. So ist der Fruchtbare Halbmond umgeben von Wüstenlandschaften, da die Äquatornähe ein gleichwarmes Wetter provoziert, welches allerdings durch das Mittelmeer unterbunden wird.

Über der Levante kommt es zu häufigen Niederschlag und hohen Niederschlagsmengen, wodurch sich die Wolken abregnen und dadurch weniger Regenwasser für die angrenzenden Wüstengebiete zur Verfügung steht.
Das Gebiet Unterägyptens war fruchtbar, da der Nil seine Wassermassen bis zur Mündung ins Mittelmeer trägt. An der Flussmündung befindet sich das Nildelta, welches den Nil mehrfach aufteilt und fruchtbares Schwemmland schafft. Heute ist das Nildelta trockener, da der Assuan-Staudamm die natürliche Nilschwemme blockiert.

Der mesopotamische Teil des Fruchtbaren Halbmondes ist fruchtbar, da auch Euphrat und Tigris ein Schwemmland bilden, auf welchem Landwirtschaft betrieben werden kann.

Wieso begann Ackerbau und Viehzucht auf dem Fruchtbaren Halbmond viel früher

Während der Eiszeit kam es immer wieder zu wärmeren Perioden. Und im Gebiet des Mittelmeerraums waren die Eis- und Warmzeiten wohlmöglich lediglich als Trocken- und Regenzeiten spürbar. So ist es bspw. bekannt, dass die Neandertaler – schon während der Altsteinzeit – in die Kebara-Höhlen nach Israel auswanderten, um der Kälteperiode zu entgehen.

Und tatsächlich waren weite Teile Europas – während der Eiszeit – unbewohnt und die Menschheit zog nach Süden. (Siehe Hauptartikel: Steinzeit in Europa)

Die letzte Eiszeit begann vor 115.000 Jahren und endete 9.700 v.Chr. – also vor etwa 12.000 Jahren. Während der Eiszeit gab es immer wieder Wärmeperioden. Die letzte Wärmeperiode wird als Alleröd-Interstadial bezeichnet.

Das Alleröd-Interstadial begann 11.400 v.Chr. und endete 10.730 v.Chr. Diese Zeitspanne ist geprägt durch ein sehr freundliches Klima im östlichen Mittelmeerraum, wodurch zuerst die Vegetation und dann die Tierwelt zunahm. Die Menschen, welche im östlichen Mittelmeerraum lebten, jagten vornehmlich Gazellen, deren Anzahl nun stark zunahm und welche aufgrund von Nahrungsvielfalt nicht abwanderten. Als Folge wurden die Menschen etwa 11.000 v.Chr. erstmalig sesshaft.

Das erhöhte Nahrungsangebot und die damit verbundene Sesshaftigkeit sorgten für einen Bevölkerungsanstieg im östlichen Mittelmeerraum. Dieser Bevölkerungsschub bewrikte eine Überjagung der Gazellen, wodurch eine Hungersnot drohte. Nun wandten sich die Menschen der Landwirtschaft zu, begannen Wildgräser zu pflücken und allmählich zu kultivieren.

Als 10.730 v.Chr. die Warmphase endete, kam die Kältephase zurück – welche als Jüngere Dryas bezeichnet wird. Der Kälterückfall dauerte 1000 Jahre an und endete 9.700 v.Chr. Mit Ende der Jüngeren Dryaszeit endete auch die Eiszeit endgültig.

In Europa begann nun die Mittelsteinzeit, in welcher die Eiszeitjäger und Sammler saisonal sesshaft wurden. Doch in der Levante und auf dem Fruchtbaren Halbmond kannten die Menschen den Ackerbau bereits seit dem Alleröd-Interstadial – waren also bereits 2.000 Jahre in einer Agrarkultur und hatten einen Innovationsvorsprung.

Die Landwirtschaft unter besseren klimatischen Bedingungen sorgte für einen erneuten Bevölkerungsanstieg und anschließender Auswanderung (siehe Abschnitt oben), wodurch die Neolithische Wende auch in Europa, Asien und der restlichen Welt vollzogen wurde.

War der Fruchtbare Halbmond der alleinige Ursprungsort von Ackerbau und Viehzucht

Nein. Es wird angenommen, dass Parallelentwicklungen auch in China und Mexiko stattfanden.

Welche Bedeutung hat der Fruchtbare Halbmond für Religion und Geschichte

In der biblischen Schöpfungsgeschichte wird der Garten Eden erwähnt, welchen Gott für das Urmenschenpaar Adam und Eva erschuf. Der britische Bauingenieur Sir William Willcocks, welcher durch den Bau der ersten Assuan-Staumauer in Oberägypten bekannt wurde, versuchte 1918 weitere Zentren im Irak als Garten Eden auszumachen. Dadurch könnte sich das Gebiet des historischen Halbmonds noch einmal verschieben.

In der Bibel wird außerdem erwähnt, dass Mose die Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft ins gelobte Land führte. Das gelobte, fruchtbare oder heilige Land ist das Land Israel – welches sich auf dem Fruchtbaren Halbmond befindet.

Der Innovationsvorsprung auf dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes hielt über die komplette Dauer der Jungsteinzeit an. Und auch die anschließende Kupferzeit fand ihren Ursprung auf diesem Gebiet.

Während der nachfolgenden Bronzezeit entstand auf Zypern ein mächtiges Königreich, namens Alašija – welches den Kupferhandel im kompletten Mittelmeer kontrollierte. In den Hauptgebiete des Fruchtbaren Halbmondes entstanden die Hochkulturen des Alten Ägypten, der Sumerer, das Reich Elam und das Reich Akkad. Weiterhin entstanden mächtige Stadtstaaten – wie Ebla oder Mari.

Das Assyrische Reich sollte das erste Großreich der Weltgeschichte werden und das Perserreich das erste Weltreich. Beide entstanden in Mesopotamien. An der östlichen Mittelmeerküste siedelten im Altertum die Phönizier, welche später den Stadtstaat Karthago gründen sollten.

Mit dem Judentum und dem Christentum sollten auch beide Weltreligionen auf dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes ihren Ursprung finden.


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