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Wieso wird der Regenwald als Apotheke der Menschheit bezeichnet


Wieso wird der Regenwald als Apotheke der Menschheit bezeichnet

Der tropische Regenwald, der sich weltweit in zahlreichen Regionen rund um den Äquator findet, gilt aus vielen Gründen als extrem wertvoll. Denn die Umwälzung von Feuchtigkeit wirkt stabilisierend auf das Klima, zudem bildet der Urwald einen gigantischen CO2-Speicher. Nicht umsonst stellt er einen der wichtigsten Gradmesser bei der Beurteilung des Klimawandels dar. Hinzu kommt eine gigantische Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen, die höchstens von den Korallenriffen übertroffen wird. Neben vielen weiteren Aspekten ist diese Vielfalt auch für den Menschen wichtig – als riesiges Reservoir noch unerforschter Arzneimittel.

Artenvielfalt des Regenwaldes bietet Potential für die Pharmazie

Neben der Tiefsee gilt der Regenwald als das Biom mit der größten Artenvielfalt, egal, ob es Pflanzen, Tiere, Pilze oder Bakterien betrifft. Bereits jetzt werden etwa 50 Prozent aller Spezies hier verortet, obwohl sein Anteil an der weltweiten Landfläche lediglich sieben Prozent beträgt. Und dabei ist ein großer Teil noch gar nicht erforscht – allein im Amazonas-Regenwald wurden binnen zehn Jahren über 1200 neue Arten gefunden. Der Grund für die große Vielfalt liegt in den besonderen Lebensbedingungen der tropischen Wälder. Doch viele dieser Arten sterben aus, bevor sie überhaupt entdeckt werden.

Ursächlich sind Abholzung und Veränderung der Biotopstruktur, Klimawandel sowie Giftstoffeintrag durch Luft und Wasser. Zudem ist es schwer, das Terrain zu erkunden, geschweige denn Arten aufzufinden. Krankheiten, Sprachbarriere, mangelhafte Infrastruktur und weitere Faktoren erschweren Forschungsreisen ebenfalls. Doch das Aussterben vieler Arten ist nicht nur aus ökologischen Gesichtspunkten katastrophal, es vernichtet auch unbekannte und für den Menschen wichtige Potenziale.

Antibiotikamangel

Ein Mangel an Antibiotika führt dazu, dass selbst eigentlich problemlos zu behandelnde oder seltene Erkrankungen zu lebensbedrohlichen Gesundheitsgefahren werden. Dabei meint ein Mangel nicht das Präparat an sich, sondern zu wenig Wirkstoffe, gegen die keine Resistenzen entstanden sind. Denn Bakterien mit einer Unempfindlichkeit gegen einen oder sogar mehrere Wirkstoffe sind auf dem Vormarsch.

Bereits heute sterben jährlich allein in Deutschland mehr als 2000 Menschen an Keimen, gegen die kein Antibiotikum mehr wirkt – weltweit sind es mehr als 1,2 Millionen. Zwar existieren zurzeit noch einige Reserveantibiotika, doch diese sind oft mit Nachteilen behaftet, wie einer schlechteren Verträglichkeit oder Kombinierbarkeit. Deshalb ist es umso wichtiger, Substanzen zu entdecken, die gegen resistente oder neue Erreger wirksam und gleichzeitig gut verträglich sind, um weitere Medikamente zu entwickeln. Da viele vorangegangene Arzneimittel erstmals aus biologischen Quellen extrahiert wurden, ist es wahrscheinlich, dass hier weitere Wirkstoffe verborgen sind.

Medikamente aus Pflanzen und Insekten

Viele, wenn nicht sogar die meisten modernen Medikamente wurden erstmals aus Lebewesen gewonnen und erst später synthetisiert. Antibiotika, erstmals aus dem Penicillin eines Schimmelpilzes gewonnen, sind das vielleicht prominenteste Beispiel. Andere Wirkstoffe sind das hochgiftige Colchicin der Herbstzeitlosen, das im Kampf gegen Krebs hilft, oder Atropin aus der Tollkirsche, mit der die Pupille für Untersuchungen erweitert werden kann.

Besonders Pilze und Pflanzen enthalten oft Substanzen, die sie vor Bakterienbefall schützen sollen und die wir uns ebenfalls zunutze machen können. Auch virenhemmende Wirkstoffe finden sich in vielen Organismen. Unter den Tieren sind es vorwiegend Insekten und Weichtiere, die Abwehrstoffe zum Schutz gegen Keime und Parasiten bereithalten. Weitere Stoffe dienen besonders Pflanzen zu ganz anderen Zwecken, beispielsweise als Lock- und Botenstoff oder Hitzeschutz. Diese haben manchmal eher zufällig auch Wirkungen, die sich Menschen zur Krankheitsbekämpfung zunutze machen können – allerdings ist dazu viel Forschung notwendig.

Fazit

Der enorme Reichtum an Spezies aller Stämme, also Tiere, Pflanzen, Pilze, Einzeller und Bakterien, im tropischen Regenwald birgt große Chancen für die Medizin der Zukunft. Zahlreiche Wirkstoffe zur Behandlung unterschiedlichster Krankheiten dürften in den Urwäldern noch verborgen liegen, was insbesondere bei der Entwicklung neuer Antibiotika von großer Wichtigkeit sein könnte. Um diese zu nutzen, muss die Artenvielfalt und damit der gesamte Regenwald jedoch in möglichst ursprünglichem Zustand und großer Ausdehnung erhalten bleiben.


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