Ägyptische Chronologie: Zeitraum, Epochen und Einteilung
Die ägyptische Chronologie liefert den zeitlichen Rahmen und Struktur für die Ordnung historischer Daten des Alten Ägyptens. Dabei unterscheidet die wissenschaftliche Forschung zwischen relativer und absoluter Chronologie. Erstere stellt fest, ob Geschichtsquellen älter oder jünger sind als andere. Sie ordnet Gegenstände dem Alter entsprechend.
Die absolute Chronologie entwirft dann den zeitlichen Rahmen, wie beispielsweise einen Kalender, und ordnet den Gegenstand bzw. die Quelle zu. Dies führt mitunter zu ständig wechselnden Datenlagen, welche besonders in der Ägyptologie auftreten. Sobald der Forschungsstand aktualisiert wird, ändern sich Jahreszahlen zu Geschichtsereignisse. Dies führt mitunter dazu, dass Geschichtszahlen überholt und veraltet gelten.
Inhalt
Zeitmessung der alten Ägypter
Im Alten Ägypten existierte bereits ein Kalender mit 365 Tagen, der sich an der für das Überleben der Hochkultur essenziellen Nilschwemme und dem Stand des Sirius orientierte. Das Sternbild des Sirius wurde durch die Göttin Sothis verkörpert, welche somit die Nilschwemme ankündigte. Da der Nil die Grundlage für den Ackerbau war, galt dieser zeitliche Fixpunkt als außerordentlich wichtig.
Das Fehlen eines Schaltjahres in diesem Verwaltungskalenders führte jedoch dazu, dass sich der altägyptische Neujahrstag, der mit dem ersten Erscheinen des Sirius zusammenfallen sollte, über die Jahrhunderte durch das Sonnenjahr bewegte.
Dennoch ist eine Umrechnung altägyptischer Daten in den von uns gebrauchten gregorianischen Kalender grundsätzlich möglich, wenn auch nicht hundertprozentig präzise. Das liegt nicht nur am Verwaltungskalender, sondern auch daran, dass der Tag des ersten Aufgangs des Sirius bedingt durch astronomische Faktoren geringfügig variieren kann und somit auch der Sothis-Kalender nicht völlig präzise ist.
Die Jahresangaben im Alten Ägypten waren abhängig vom Regierungsjahr des aktuellen Pharaos. Um einen Überblick über die eigene Geschichte und zeitliche Abfolgen zu behalten, führten die alten Ägypter daher Königslisten, die auch heutigen Archäologen als wichtige Quelle dienen. Aber auch diese Listen sind keine voll und ganz verlässlichen Quellen, da sich durch das häufige handschriftliche Übertragen auch hier Fehler eingeschlichen haben.
Außerdem stimmen sie nicht in allen Punkten überein oder widersprechen sich gar ganz eklatant. In den Zwischenzeiten, beispielsweise zwischen dem Alten und Mittleren Reich, erschweren die Machtkämpfe um den Thron die Einordnung zusätzlich.
Absolute und relative Chronologie
Historiker unterscheiden bei der zeitlichen Einordnung von Ereignissen zwischen der relativen und der absoluten Chronologie. Die relative Chronologie legt das Verhältnis von Ereignissen zueinander fest, beschäftigt sich also mit der grundlegenden zeitlichen Abfolge. Hier steht also die Frage im Vordergrund: Was passierte zuerst und was danach und wie lange dauerte etwas an? Die absolute Chronologie versucht dann diese Erkenntnisse auf unsere Zeitrechnung (Kalender) zu übertragen.
Zunächst wird also auf Königslisten und andere historische Quellen zurückgegriffen. Dazu zählen
- der Turiner Königspapyrus (13. Jahrhundert vor Christus)
- die erhaltenen Abschriften der Aegyptiaca des Manetho (dieser lebte um 300 v. Chr.)
- und Aufzeichnungen griechischer Historiker wie Hekataios von Milet (560 – 490 v. Chr.) und Herodotos von Halikarnassos (ca. 484 – 425 v. Chr.)
Diese wichtigen Quellen liefern Erkenntnisse für die relative Chronologie. Es lässt sich somit eine zeitliche Abfolge herstellen.
Daraus lässt sich dann eine ungefähre absolute Chronologie berechnen. Da diese Methode aus den oben genannten Gründen (Ungenauigkeit des altägyptischen Kalenders, Übertragungsfehler, Wirren um die Thronfolge) jedoch nicht sehr präzise ist, kommen unterschiedliche Forscher zu unterschiedlichen Ergebnissen. Mit voranschreitendem Forschungsstand können Daten mit der Zeit jedoch immer präziser eingekreist werden.
C14-Methode
Mit der 14C-Datierung, auch Radiokarbonmethode oder Radiokohlenstoffdatierung genannt, lässt sich aus dem Verfallsgrad der in abgestorbenen Organismen gebundenen radioaktiven 14C-Isotope das Alter eines Objekts bestimmen. Dieses Verfahren kam in der Vergangenheit vor allem bei der Datierung von Fossilien zum Einsatz. Mittlerweile wurde das Verfahren aber so sehr verfeinert, dass man Daten sehr viel präziser bestimmen kann.
Aber auch diese Methode ist nicht ohne Tücken. Zum einen gibt das Zerfallsgesetz, das die Grundlage für die Verknüpfung von der Menge der 14C-Isotope zum Alter der Probe bildet, nur einen statistischen Wert an, von dem der individuelle Zerfallsprozess der in der Probe enthaltenen 14C-Isotope abweichen kann. Man nimmt daher meist mehrere Messungen bei unterschiedlichen Proben aus demselben Fundkontext vor und kalkuliert die Standardabweichung mit ein.
Zum anderen ist ein weiterer Unsicherheitsfaktor der Umstand, dass die Radiokarbonmethode nicht datiert, wann ein aus organischen Materialien bestehendes Objekt verwendet wurde, sondern wann der Organismus, aus dem es stammt, gestorben ist. Das ist etwa bei Mumien, die zeitnah präpariert und begraben wurden, kein so großes Problem, aber ein Holzbalken etwa kann von einem Baum stammen, der viel früher gefällt wurde, als der Balken dann verbaut wurde.
Das wiederum verfälscht die Datierung anorganischer Fundstücke aus demselben Fundkontext. So kann sich das mit der 14C-Datierung ermittelte Alter von dem der Fundschicht unterscheiden.
Mit einer Kombination der genannten Methoden bemühen sich die Forscher, die Ereignisse aus der Geschichte des Alten Ägyptens zeitlich einzuordnen. Basierend auf den daraus resultierenden Ergebnissen nimmt man Einteilungen in noch einmal untereinander unterteilte Zeitabschnitte vor: Reiche und Zwischenzeiten, Dynastien, Regierungszeiten.
Die Daten im Folgenden variieren aus genannten Gründen je nach Quelle. Wir haben uns für die jeweils gängige Datierung entschieden, da die Daten vor allem als Orientierungshilfe hinsichtlich der zeitlichen Abläufe dienen sollen.
Chronologie der ägyptischen Geschichte
Die Einteilung der Geschichte in Epochen erfolgt für gewöhnlich im Nachhinein. Die Menschen der Renaissance etwa nannten die Zeit, in der sie lebten, nicht selbst so.
Die wichtigste Quelle für die Erfassung und auch die Untergliederung der altägyptischen Geschichte ist die bereits erwähnte Aegyptiaca des Priesters Manetho, der zur Herrschaftszeit der Pharaonen Ptolemaios I. (367 – 283 v. Chr.), Ptolemaios II. (308 – 246 v. Chr.) und Ptolemaios III. (284 – 222 v. Chr.) lebte.
Für diese ausländischen Herrscher wollte er die Geschichte seines Landes begreifbar machen. Bereits Manetho teilte die einzelnen Herrscher Ägyptens in Dynastien ein, die bis heute als Grundlage für die Forschung dienen. Die dynastische Einteilung hat nichts mit Abstammung zu tun, sondern mit Regierungssitzen. So regierten Ägyptens früheste Dynastien in der Hauptstadt Thinis.
Der Regierungssitz und die Zentralverwaltung ist gleichbedeutend mit Königsmacht. Immer wenn Ägypten geeinigt war und unter einer Zentralverwaltung regiert wurde – fasst die heutige Forschung diese Zeit als Reich zusammen. Alle Zeiten der Kleinkönigreiche, ohne eine Zentralverwaltung und ohne „echte“ Königsmacht, werden als Zwischenzeiten bezeichnet.
Diese Reiche-Zusammenfassung ist lediglich eine moderne Konvention. Die dahinterliegende eigentliche Einteilung in Dynastien, welche Manetho einführte, wird auch heute noch in der ägyptischen Forschung verwendet.
Epoche | Zeitspanne |
Vorgeschichte | vor 4000 v.Chr. |
Prädynastische Epoche | ca. 4000 v.Chr. bis 2950 v.Chr. oder bis 3032 v.Chr. |
Frühdynastische Zeit |
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Altes Reich |
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Erste Zwischenzeit |
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Mittleres Reich |
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Zweite Zwischenzeit |
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Neues Reich |
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Dritte Zwischenzeit |
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Spätzeit | ca. 664 v.Chr. bis 332 v.Chr. |
Griechisch römische Zeit | 332 v.Chr. bis 395 n.Chr. |
*gängige Zeitangabe | **nach neuester Forschungslage |
**Die ägyptischen Epochen und Zeiträume unterscheiden sich mitunter, je nachdem welcher Chronologie und Königslisten zugrunde gelegt worden.
Mythische Herrscher
Manethos Chronik beginnt mit den Göttern als Herrscher Ägyptens, wobei er auf eine bereits gewachsene Mythologie zurückgreift und den ägyptischen Göttern griechische Namen oder gar Namen ihrer griechischen Pendants gibt, was seine Interpretation der mythischen Herrscher doch etwas eigenwillig erscheinen lässt.
So sieht Manetho Ptah, den er mit Hephaistos gleichsetzt, und nicht etwa Atum bzw. Re als „Ersten in Ägypten“. Re kommt erst an zweiter Stelle und wird mit Helios (Sonne) gleichgesetzt. Danach sind als weitere Herrscher und nicht nur als Nachkommen Schu, den Manetho als Agathodaimon bezeichnet, was ein generischer Name für einen wohlwollenden Gott ist, und Geb, der mit Kronos identifiziert wird, angegeben.
Erst darauf folgt dann Osiris, der in der klassischen Mythologie Res Nachfolge antritt. Zu guter Letzt kommen der mit Typhon identifizierte Seth und Horus, der im griechischen Orus genannt wird.
Prädynastik und Frühdynastische Zeit
Im Anschluss an die Herrschaft der Götter beginnt die eigentliche und für die Forschung so wichtige Königsliste. Sie beginnt in Übereinstimmung mit anderen Quellen mit Menes als erstem Pharao Ägyptens. Die heutige Forschung weiß, dass es vor diesem König, der um 3000 v. Chr. die 1. Dynastie begründet haben soll, andere Herrscher Ägyptens gab. Und das waren keineswegs Re und Osiris, die wenn überhaupt noch davor geherrscht haben.
Die Prädynastik oder 0. Dynastie kennt Herrscher wie Fisch oder Doppelfalke, aber auch Ni-Neith oder Ni-Hor. Der erste unter ihnen soll Fingerschnecke gewesen sein, doch dessen Existenz ist ebenso umstritten wie etwa die von Storch oder Hund. Bedeutende Herrscher der Prädynastik waren Skorpion I., unter dessen Herrschaft vermutlich Schrift und Bewässerungssysteme eingeführt wurden, und Narmer, mit dem der kulturelle Aufschwung Ägyptens begann.
Deshalb könnte Narmer auch mit Menes identisch sein und wäre somit sogar der erste Pharao der 1. Dynastie. Mit der 1. Dynastie wird die frühdynastische Zeit eingeleitet. Während Manetho die ersten elf Dynastien thematisch zusammenfasst, umfasst die Frühdynastische Zeit in der heutigen Forschung nur die 1. und 2. Dynastie. Die 2. Dynastie endet mit Chasechemui-Nebuihetepimef, der um 2740 v. Chr. regierte.
Warum endete nun ausgerechnet mit diesem Pharao die Frühdynastische Zeit?
Er vereinte Ober- und Unterägypten wieder miteinander. Die Bildung des ägyptischen Staates ist also mit seiner Regierungszeit abgeschlossen.
Das Alte Reich
Es folgte das Alte Reich. Was macht nun die Pharaonen des Alten Reichs aus? Aus der 3. Dynastie ist vor allem ein Pharao überaus bekannt und an ihm zeigt sich wunderbar, warum die 3. Dynastie zum Alten Reich und somit zur ersten großen Glanzperiode des Alten Ägyptens gezählt wird. Und dies obwohl die Herrscherlinie aus der 2. Dynastie eigentlich nur fortgesetzt wurde. Der berühmte Pharao hieß Djoser (Regierungszeit: 2720 – 2700 v. Chr.).
Djoser ließ die erste Pyramide bauen. Djosers Baumeister Imhotep gilt als erster Universalgelehrter der Geschichte und wurde als einer der wenigen Nicht-Pharaonen posthum in den Stand eines Gottes erhoben. Natürlich erreichte die Djoser-Pyramide noch nicht die Perfektion späterer Bauten, da damals vor allem im Trial-and-Error-Verfahren gebaut wurde.
Man mag sich nun fragen, warum die alten Ägypter eine Pyramidenform für ihre Grabmäler anstrebten. Die Pyramide mit quadratischer Grundfläche steht symbolisch für den Benben-Stein und somit für den Urhügel aus dem populärsten der altägyptischen Schöpfungsmythen. Diese Form soll deshalb auch den perfekten Einklang mit der kosmischen Weltordnung Maat symbolisieren.
Während des Alten Reichs wurden zahlreiche Pyramiden gebaut, darunter auch die großen Pyramiden von Gizeh. Die Pyramiden der 3. Dynastie waren noch Stufenpyramiden. Über die Pharaonen der 3. Dynastie ist außer über Djoser wenig bekannt. Die 4. Dynastie wurde von Snofru (Regierungszeit: 2670 – 2620 v. Chr) begründet, der als Idealbild eines gerechten Herrschers eingestuft wird und die erste „echte“ Pyramide baute.
Auch Cheops (Regierungszeit: etwa 2620 – 2580 v. Chr.) und Chephren (Regierungszeit: 2570 – 2530 v. Chr.), die Erbauer der beiden großen Pyramiden in Gizeh, waren Pharaonen der 4. Dynastie. Manetho gibt als letzten Pharao der 4. Dynastie Thamphthis an, der jedoch durch keine zeitgenössischen Quellen belegt ist und wenn wohl um 2500 v. Chr. regiert hätte.
Die 5. und 6. Dynastie ähneln sich kulturell sehr. Jedoch fand in der 6. Dynastie eine Dezentralisierung der Verwaltung statt, es entstanden kleinere Kultzentren. Der damit einhergehende Zerfall der Zentralregierung führte unweigerlich zur Schwächung der Herrschaft des Pharaos. Dies geschah um 2180 v. Chr. und läuteten das Ende des Alten Reichs ein. Es begann die Erste Zwischenzeit.
Erste Zwischenzeit
Wie unterscheiden sich nun die sogenannten Zwischenzeiten von den Reichen? Als Zwischenzeiten werden Perioden der Instabilität bezeichnet, in der verschiedene, oft selbstproklamierte Pharaonen um die Herrschaft über Ägypten stritten, wohingegen die Reiche Epochen der Stabilität und des kulturellen Aufschwungs darstellten.
Laut Manetho soll der Streit um den Thron in der 7. Dynastie solche Ausmaße angenommen haben, dass 70 Herrscher in 70 Tagen regierten. Belege dafür gibt es nicht, weshalb die 7. Dynastie der Forschung bis heute Rätsel aufgibt. Aber auch die 8., 9. und 10. Dynastie sind bis heute Zeiträume, über die wir wenig wissen.
In der 8. Dynastie meldeten wohl zeitgleich 17 Pharaonen Herrschaftsansprüche an. In der 9. und 10. Dynastie bildeten sich Theben und Herakleopolis endgültig als getrennte Herrschaftszentren heraus. Obgleich die Könige von Herakleopolis sich als Nachfolger der Herrschergeschlechter des Alten Reichs sahen, waren es die Fürsten in Theben, die sich durchsetzen konnten. So begründete Mentuhotep I. um 2137 v. Chr. die 11. Dynastie. Diese gehört zum Teil noch zur Ersten Zwischenzeit.
Das Mittlere Reich
Das Mittlere Reich beginnt nämlich eigentlich erst mit der Wiedervereinigung Ägyptens unter Mentuhotep II. um 1970 v. Chr. Die 11. Dynastie endet dann mit dem Sturz Mentuhotep IV. im Jahre 1938 v. Chr. durch Amenemhet I. (Regierungszeit: 1938–1909 v. Chr.), der vermutlich zuvor ein Wesir des Pharaos war. So beginnt die 12. Dynastie.
In der Aegyptiaca eröffnet sie das zweite Buch. Der bedeutendste Herrscher der 12. Dynastie war Sesostris I. (Regierungszeit: 1919–1874 v. Chr., die ersten zehn Jahr mit seinem Vater zusammen), der zum einen für seine rege Bautätigkeit und zum anderen für wichtige literarische Werke aus seiner Herrschaftszeit in die Geschichte einging.
Die 12. Dynastie endete mit der wohl ersten Königin Ägyptens: Nofrusobek (Regierungszeit 1810 – 1806 v. Chr.). Es folgten erneut Thronstreitigkeiten und die Hyksos fielen in Ägypten ein. So endete das Mittlere Reich und ging in die Zweite Zwischenzeit über, die die Dynastien 13 bis 17 umfasst.
Zweite Zwischenzeit
Die 13. Dynastie wäre mit chaotisch, wahrlich euphemistisch beschrieben. Manetho versuchte nicht einmal eine Auflistung der Herrscher dieser Zeit zu erstellen und die meisten sind uns nur aus dem Turiner Königspapyrus bekannt.
Bei der 14. Dynastie verhält es sich ähnlich. Die 16. Dynastie beschreibt eine Vielzahl lokaler Kleinkönige, die Manetho ebenfalls nicht auflistet. Und die 15. Dynastie? Das war die Herrschaft der sechs Könige der Hyksos. Dem bedeutendsten und bestbelegten von ihnen gaben die Ägypter den Namen Apopi I. (Regierungszeit: 1574 – 1534 v. Chr.) oder gräzisiert Apophis I..
Apophis ist in der ägyptischen Mythologie der Inbegriff allen Bösen, die Verkörperung des Chaos (Isfet). Das sagt wohl alles über die Haltung der späteren ägyptischen Generationen gegenüber den Fremdherrschern aus. Wichtig ist, dass die Dynastien der Zweiten Zwischenzeit teilweise parallel existierten.
Es war am Ende ein König der 17. Dynastie, Senacht-en-Re (herrschte um 1550 v. Chr.), der das neue Herrschergeschlecht der Ahmosiden begründete und so das Ende der 17. Dynastie einleitete. Dennoch werden erst die Könige ab Ahmose I. (Regierungszeit: 1539 – 1514 v. Chr.) zur 18. Dynastie gezählt. Warum?
Das Neue Reich
Die letzten Herrscher der 17. Dynastie (Seqen-en-Re und Kamose) konnten zwar Erfolge gegen die Fremdherrscher erzielen, doch erst Ahmose I. konnte die Hyksos endgültig aus Ägypten vertreiben und das Neue Reich einleiten, weshalb man erst mit seiner Thronbesteigung von der 18. Dynastie spricht.
Die 18. Dynastie war zunächst von Feldzügen, später aber von einem inneren Konflikt des Throns mit der Priesterschaft geprägt, der unter Echnaton (Regierungszeit: 1353 – 1336 v. Chr.) in einem vom König geführten theokratischen Regime, in dem ein Glaube an nur einen Gott, Aton, angestrebt wurde, mündete. Echnaton hinterließ ein Reich, dessen Volk voll Hass auf seinen Herrscher war und auch wenn seine Nachfolger, darunter sein Sohn Tutanchamun (Regierungszeit: 1332 – 1323 v. Chr.), versuchten, die alte Ordnung wiederherzustellen, sollte die Dynastie der Ahmosiden bald enden.
Tutanchamun hinterließ keinen Erben, ebenso wenig seine Nachfolger Eje II. (Regierungszeit: 1323 – 1319 v. Chr.) und Haremhab (Regierungszeit: 1319 – 1292 v. Chr.), die zuvor Wesir und General unter Tutanchamun gewesen waren.
Haremhabs General und Wesir Ramses I. (Regierungszeit: 1292–1290 v. Chr.) begründete die 19. Dynastie, die die letzte große Blütezeit Ägyptens darstellte. Zu den vielen bedeutenden Pharaonen dieser Dynastie zählte auch Ramses II. oder Ramses der Große (Regierungszeit: 1279 – 1213 v. Chr.).
Die Gemahlin von Ramses‘ II. Enkel Sethos II. (Regierungszeit: 1204 – 1198 v. Chr.) Tausret (Regierungszeit: 1193–1190 v. Chr.) war die letzte Herrscherin der 19. Dynastie. Die 20. Dynastie wurde von Sethnacht (Regierungszeit: 1190–1187) begründet, der wohl schon zu deren Lebzeiten gegen Tausret opponiert hatte. Sethnacht folgten die Ramessiden, d. h. neun Pharaonen mit dem Namen Ramses.
Mit Ramses III. (Regierungszeit: 1187 – 1156 v. Chr.), der einer Verschwörung seines Hofstaates zum Opfer fiel, starb der letzte große Pharao Ägyptens. Es folgten Angriffe der Libyer und interne Machtkämpfe der Erben Ramses‘ III. untereinander und mit der Amun-Priesterschaft in Theben, die den Staat so stark destabilisierten, dass sie das Ende des Neuen Reichs und der 20. Dynastie herbeiführten.
Dritte Zwischenzeit
Manetho beginnt sein drittes Buch mit der 20. Dynastie. Die 21. stellt ihn wieder einmal vor große Probleme. Das Königshaus war schon in der 20. Dynastie von Libyern unterwandert worden, die nun wohl die Herrschaft an sich rissen und die Dritte Zwischenzeit einläuteten. Man spricht daher auch von der libyschen Dynastie.
Zeitgleich herrschten in der ausgehenden 20. und während der 21. Dynastie die Hohepriester über Ägypten. Die 22. Dynastie soll laut Manetho ihre Wurzeln in Bubastis gehabt haben und wird daher auch Bubastidische Dynastie genannt. Der Tod Takelots II. führte 830 v. Chr. zu Kämpfen um den Thron und einer faktischen Teilung des Landes in eine ober- und eine unterägyptische Linie der 22. Dynastie. 856 v. Chr. entstand zusätzlich in Leontopolis die 23. Dynastie, die parallel zur 22. existierte.
Als wären das nicht genug gleichzeitig regierende Herrscher kam 727 v. Chr. im Nildelta die 24. Dynastie dazu. Die 25. Dynastie bildeten vom ägyptischen Amun-Kult überzeugte Herrscher aus Kusch (Nubien), die Ägypten eroberten und wieder einten. Während all dieser Zeit lag weiterhin so große Macht bei den Hohepriestern des Amun, dass sie gemeinhin mit in den Königslisten geführt wurden.
Ferner entstanden während der Dritten Zwischenzeit zahlreiche Lokalkönigtümer. Die 25. Dynastie der Kuschiten war stark anti-assyrisch geprägt, was die Assyrer letztlich zum Angriff provozierte. Die Könige Asarhaddon (†26. Oktober 669 v. Chr.) und Aššur-bāni-apli (†627 v. Chr.) eroberten Ägypten und zerstörten Theben mitsamt den ägyptischen Heiligtümern. Die assyrischen Könige bilden jedoch keine eigene Dynastie. Mit dem raschen Schwinden ihrer Macht endet dann auch die Dritte Zwischenzeit.
Spätzeit
Es folgt die Spätzeit, während derer Ägypten zum letzten Mal autonom war, aber auch nicht die ganze Zeit über. Die Daten für diese Epoche sind erstmals relativ gut gesichert überliefert, da sie mit Quellen anderer Länder, mit denen die Ägypter nun freiwillig und unfreiwillig in regem Austausch standen, abgeglichen werden können.
Gerade die griechische und für spätere Zeitperioden, die römische Geschichtsschreibung sind wichtige Quellen für die heutige Forschung zu dieser Zeit.
Die 26. Dynastie wurde nach dem Regierungssitz in Saïs auch Saïtenzeit genannt. Es findet sich ebenfalls die Bezeichnung ägyptische Restauration, da die Herrscher der 26. Dynastie Ägypten noch einmal zu seinem alten Glanz zurückführen wollten. Darin war vor allem Amasis (Regierungszeit: 570 – 526 v. Chr.) recht erfolgreich.
Die 26. Dynastie fand 525 v. Chr. mit der Eroberung Ägyptens durch die Perser unter König Kambyses II. (558 – 522 v. Chr.) ein jähes Ende. Die 1. Perserherrschaft bildet demnach die 27. Dynastie.
Bereits während der 26. Dynastie hatten die Ägypter sich mitunter durch die Eingliederung griechischer Söldner ins eigene Heer Griechenland angenähert. Nachdem der Perserkönig Xerxes I. (519 – 465 v. Chr.) wie schon Dareios I. (549 – 486 v. Chr.) an der Eroberung Griechenlands gescheitert war, kamen die Griechen den Ägyptern während der Herrschaft Darieos‘ II. (Regierungszeit: 423 – 404 v. Chr.) zur Hilfe und verhalfen ihnen zu erneuter Unabhängigkeit.
Artaxerxes II. konnte sich von 404 bis 402 v. Chr. zwar im Süden Ägyptens noch behaupten, wurde aber dann schlussendlich auch dort von Amyrtaios, dem einzigen Pharao der 28. Dynastie, verdrängt. 399 v. Chr. stürzte Nepherites I. Amyrtaios und ließ ihn hinrichten. So begann die 29. Dynastie. Nepherites I. unterstützte nun Sparta gegen die Perser. 380 v. Chr. setzte Nektanebos I. Nepherites II. nach nur viermonatiger Herrschaft ab und begründete so die 30. Dynastie.
Während der 29. und 30. Dynastie mussten die Ägypter sich immer wieder der Perser erwehren. Ab 341 v. Chr. gelang es den Persern unter Artaxerxes III. (390 – 338 v. Chr.) jedoch Ägypten wieder schrittweise unter ihre Kontrolle zu bringen, womit die 31. Dynastie und 2. Perserherrschaft begründet wurde.
Die Perserkönige, von denen die ersten zwei vergiftet und der dritte gestürzt wurden, konnte den Thron Ägyptens nicht wirklich gut für sich behaupten. Zwischen 338 und 336 v. Chr. kam mit Chabbasch sogar noch einmal ein Gegenkönig an die Macht, dessen Herrschaft manchmal als 32. Dynastie bezeichnet wird.
Herrschaft der Griechen und Römer
Eine 33. Dynastie und eine Rückkehr zur Autonomie Ägyptens sollte es jedoch nicht mehr geben. Der Satrap (persischer, aber später auch griechischer Titel für einen Statthalter) Mazakes (Lebensdaten nicht überliefert) des Perserkönigs Dareios III. (380 – 330 v. Chr.) übergab Ägypten 332 v. Chr. in Folge der Schlacht bei Issos („333 – bei Issos Keilerei“) kampflos an Alexander III. von Makedonien (356 – 323 v. Chr.), der Dareios III. ein Jahr später auch militärisch besiegte.
Mit der Herrschaft Alexanders des Großen, wie der makedonische Feldherr und Eroberer gemeinhin genannt wird, wird in Ägypten die griechisch-römische Zeit eingeleitet. Manethos Aufzeichnungen enden hier.
Zunächst herrschte Alexander III. selbst als Pharao Meri-Amun-setep-en-Re über Ägypten, obgleich faktisch sein Satrap Kleomenes von Naukratis († 322 v. Chr.) regierte. So wird die Dynastie der Argeaden in Ägypten eingeleitet. Vor dem Abzug seiner Truppen aus Ägypten ließ Alexander sich nach ägyptischem Ritus krönen und veranlasste sowohl die Errichtung der nach ihm benannten Hafenstadt Alexandria als auch die Restauration der ägyptischen Kultur.
Als Alexander 323 v. Chr. starb, soll er verfügt haben, sein Reich solle von dem Besten weiterregiert werden. Obwohl er seinen Siegelring seinem engsten Vertrauten Perdikkas (†320 v. Chr.) übergab, fiel die Wahl des Gremiums der Diadochen (Bezeichnung für die Feldherren und Erben Alexanders des Großen) dann auf Alexanders Halbbruder Philipp III. Arrhidaios, der jedoch 317 v. Chr. von Alexanders Mutter Olympias von Epirus (375 – 316 v. Chr.) vergiftet wurde, und Alexanders ungeborenen Sohn Alexander IV.
Aigos (323 – 310 v. Chr.), der mit seiner Mutter vom Diadochen Kassandros (350 – 297 v. Chr.) als Geisel gehalten und am Ende ermordet wurde. Der Satrap Ägyptens, Ptolemaios (367 – 283 v. Chr.), stahl den Leichnam Alexanders III. mit der Absicht, ihn gegen dessen ausdrücklichen Wunsch in Siwa beizusetzen. Perdikkas, der als Vormund der beiden Erben Alexanders III. eingesetzt worden war, zog gegen seinen einstigen Waffenbruder zu Felde, wurde jedoch bei Memphis geschlagen.
Perdikkas wurde infolgedessen von seinen eigenen Truppen ermordet. Sein Nachfolger Antigonos I. Monophthalmos (382 – 301 v. Chr.) wurde von Ptolemaios und seinen Verbündeten, zu denen Kassandros zählte, im Krieg besiegt. Ptolemaios fiel Ägypten zu, und er begründete die Dynastie der Ptolemäer.
Ptolemaios I. folgte eine Vielzahl griechischer Herrscher in Ägypten, die das Land auch wieder zu einer relativen Blüte führten. Es war der Streit um den Thron zwischen Ptolemaios XIII. (61 – 47 v. Chr.), wobei die wahre Macht bei seinem Berater Potheinos († 48 v. Chr.) lag, und seiner Schwester Kleopatra VII. (69 – 30 v. Chr.), der die Herrschaft der Ptolemäer beenden sollte.
Im Kampf zweier römischer Feldherren, Gnaeus Pompeius Magnus (106 – 48 v. Chr.) und Gaius Iulius Caesar (100 – 44 v. Chr.), versuchten sowohl Potheinos als auch Kleopatra VII. Caesars Gunst zu erlangen. Potheinos schoss mit der Ermordung des Pompeius übers Ziel hinaus und verärgerte Caesar mit der Überreichung des Kopfs seines Rivalen sehr. Kleopatra VII. gelang es – entgegen der weitverbreiteten Meinung weniger mit ihrem Aussehen als vielmehr mit Charme und Bildung – Caesar für sich zu gewinnen und Ägypten so eine gewisse Eigenständigkeit unter der römischen Vorherrschaft zu bewahren.
Nach Caesars Ermordung setzte die junge Königin jedoch auf das falsche Pferd und bezirzte unter den beiden Erben Caesars Marcus Antonius (86 – 30 v. Chr.). Dieser unterlag seinem Gegenspieler Gaius Octavius (63 v. Chr. – 14 n. Chr.) im Jahre 30 v. Chr., als dieser Alexandria einnahm. Octavius, nun unter dem Namen Imperator Caesar Divi filius Augustus zum ersten Kaiser (das Wort leitet sich übrigens von „Caesar“, was auch kaisar gesprochen wird, ab) Roms ernannt, wurde so auch Pharao von Ägypten und leitete als Heka-hekau-setep-en-Ptah die Herrschaft der römischen Kaiser als Pharaonen Ägyptens ein.
Die einzelnen Dynastien der römischen Kaiser werden in der Ägyptologie gemein nicht separat behandelt. Der letzte in ägyptischen Hieroglyphen als Pharao belegte Kaiser Roms ist Gaius Galerius Valerius Maximinus (genannt Maximinus Daia, †313 n. Chr.). Ihm folgte Flavius Valerius Constantinus (genannt Konstantin der Große, zwischen 270 und 288 – 337 n. Chr.), der im Römischen Reich, also auch in Ägypten, das Christentum legitimierte.
Mit ihm begann aber auch die Teilung des römischen Imperiums. Theodosius I. (347 – 395 n. Chr.) erhob das Christentum offiziell zur Staatsreligion. Mit seinem Tod kam es zur endgültigen Teilung Ägyptens und dem Beginn der Byzantinischen Zeit.
Zusammenfassung
- Die ägyptische Chronologie liefert den zeitlichen Ordnungsrahmen für historische Ereignisse im Alten Ägypten
- Gegenstand der Forschung ist es eine zeitliche Abfolge, beispielsweise bei Regierungszeiten von Pharaonen, herzustellen. Dazu bedient sich die Forschung verschiedener Königslisten und historischen Darstellungen, wie beispielsweise der Aegyptiaca des Manetho.
- Es werden somit immer verschiedene Geschichtsquellen miteinander abgeglichen und sukzessiv vervollständigt. Der dadurch gewonnene Erkenntnisstand wächst weiterhin, wodurch es immer wieder zu Anpassungen kommt.
Literatur
- Toby Wilkinson: Aufstieg und Fall des Alten Ägypten: Die Geschichte einer geheimnisvollen Zivilisation vom 5. Jahrtausend v. Chr. bis Kleopatra, ISBN 3570552756*
- Hermann A. Schlögl: Das Alte Ägypten: Geschichte und Kultur von der Frühzeit bis zu Kleopatra, ISBN 3406549888*
- Sabine Kubisch: Das Alte Ägypten: Von 4000 v. Chr. bis 30 v. Chr., ISBN 3737410488*
- Charlotte Schubert: Das Alte Ägypten (Geschichte kompakt), ISBN 3534235525*