Erste Zwischenzeit Ägyptens: Ursachen, Dynastien und Ende
Als Erste Zwischenzeit wird, innerhalb der Geschichte des Alten Ägyptens, die Epoche verstanden – welche sich zwischen dem Alten Reich und dem Mittleren Reich ergibt. Sie umfasst 100 Jahre und beginnt ungefähr 2125 v.Chr. bis 2010 v.Chr.
War das Alte Reich noch durch langanhaltende, politische Stabilität, innere Ordnung im Land und ansteigenden Wohlstand in der Bevölkerung gekennzeichnet, versank Ägypten nun in chaotischen Zuständen. Das Reich durchlebte binnen 100 Jahren weitere fünf Dynastien und die Amtszeiten zahlreicher Herrscher. Um das Jahr 2100 v.Chr. endete die Erste Zwischenzeit und Ägypten blühte im Mittlere Reich neu auf.
Inhalt
- 1 Erste Zwischenzeit Ägyptens: Abgrenzung und Zeiteinteilung
- 2 Erste Zwischenzeit Ägyptens: Definition, Ursachen und Bedeutung
- 2.1 1. Es gab keine zentrale Regierung für das gesamte Ägyptische Reich.
- 2.2 2. Die Bevölkerung empfand die Zwischenzeiten als sogenannte Maat-Zeiten.
- 2.3 3. Gau-Fürsten führten Kriege und sorgten für Reichseinigungen in der Ersten und der Zweiten Zwischenzeit.
- 2.4 4. Fremdherrscher von Regionen außerhalb Ägyptens versuchen in Zweiten und Dritten Zwischenzeit die Macht im Reich zu ergreifen.
- 3 Dynastien der Erste Zwischenzeit
- 4 Theben und Herakleopolis als Machtzentren der Ersten Zwischenzeit
- 5 Ende der Ersten Zwischenzeit und Wiedervereinigung
Erste Zwischenzeit Ägyptens: Abgrenzung und Zeiteinteilung
Epoche | Zeitspanne |
Vorgeschichte | vor 4000 v.Chr. |
Prädynastische Epoche | ca. 4000 v.Chr. bis 2950 v.Chr. oder bis 3032 v.Chr. |
Frühdynastische Zeit |
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Altes Reich |
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Erste Zwischenzeit |
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Mittleres Reich |
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Zweite Zwischenzeit |
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Neues Reich |
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Dritte Zwischenzeit |
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Spätzeit | ca. 664 v.Chr. bis 332 v.Chr. |
Griechisch römische Zeit | 332 v.Chr. bis 395 n.Chr. |
Die Datierung der geschichtlichen Ereignisse erfolgt aufgrund einer chronologischen Rückrechnung. Dazu werden die Regierungszeiten einzelner Herrscher rekonstruiert. An den Wendepunkte, wie zum Beispiel den Übergang einer Dynastie zur nächsten oder dem Wendepunkt des kulturellen Wandels werden letztlich die Epochenanfängen festgemacht. Somit sind die Epochen rein konventionelle Methoden, welche die moderne Forschung zur besseren Gliederung verwendet. Außerdem ergeben sich, je nach chronologischen Ansatz, auch andere Epochenübergänge.
Erste Zwischenzeit Ägyptens: Definition, Ursachen und Bedeutung
In der Geschichte des Ägyptischen Reichs gab es insgesamt drei Zwischenzeiten. Die erste Zwischenzeit erstreckte sich ungefähr von 2200 v.Chr. bis 2100 v. Chr. und war zwischen dem Alten Reich und dem Mittleren Reich angesiedelt. Nach etwa 350 Jahren endete wiederum das Mittlere Reich und ging in die Zweite Zwischenzeit von 1650 v. Chr. bis 1550 v. Chr. über.
Es folgte das Neue Reich, welches ebenso 1070 v. Chr. endete und in die Dritte Zwischenzeit mündete, welche die längste der drei Epochen darstellte. Circa 400 Jahre ägyptischer Geschichte wurden durch die Dritte Zwischenzeit geprägt. Das Reich erlebte anschließend die Epoche der Spätzeit von 650 v. Chr. bis 330 v. Chr., welche zugleich den letzten Meilenstein in der Ära des Ägyptischen Reichs markierte.
Die Erste Zwischenzeit war der erstmalige Bruch der Einigung zwischen Oberägypten und Unterägypten, welcher sich im Nachhinein noch zweimal wiederholen sollte. Die Ursachen waren je nach Zwischenzeit unterschiedlich, die folgenden Merkmale der Zwischenzeiten hingegen weitestgehend identisch:
1. Es gab keine zentrale Regierung für das gesamte Ägyptische Reich.
Die einst vereinten Teile des Ägyptischen Reichs, Oberägypten und Unterägypten, zerfallen in den Zwischenzeiten in viele kleine Herrschaftsbereiche. Diese führten zumeist untereinander Krieg. Zahlreiche, schwache Herrscher regierten und weitgreifende politische Änderungen folgten.
2. Die Bevölkerung empfand die Zwischenzeiten als sogenannte Maat-Zeiten.
Maat-Zeiten zeichnen sich durch chaotische Alltagszustände und eine fehlende Weltordnung aus. Die Menschen wünschten sich die Zeiten mit einem starken Pharao und klaren Herrschaftsstrukturen zurück.
3. Gau-Fürsten führten Kriege und sorgten für Reichseinigungen in der Ersten und der Zweiten Zwischenzeit.
Fürsten verschiedener, größerer Verwaltungsgebiete (Gau-Fürsten) behaupteten sich gegen schwache Kleinstherrscher und schafften die vermisste Ordnung und Struktur im staatlichen Ablauf. Neue kleinere Reichseinigungen wurden herbeigeführt.
4. Fremdherrscher von Regionen außerhalb Ägyptens versuchen in Zweiten und Dritten Zwischenzeit die Macht im Reich zu ergreifen.
Ein zersplittertes Ägyptisches Reich mit schwachen Herrschern ermöglichte es starken, benachbarten Regenten die Macht im Land temporär zu übernehmen. Die Bevölkerung verweigerte sich jedoch zu beiden Zwischenzeiten gegen die Fremdherrschaften.
Dynastien der Erste Zwischenzeit
Einer der großen Herrscher des Alten Reiches war Pepi II. Er war der fünfte König der 6. Dynastie und regierte ungewöhnlich lang. Das lag maßgeblich an seinem sehr hohen Alter. Mit 6 Jahren betrat er den ägyptischen Thron. Er starb erst im Jahr 2184 v. Chr. im Alter von 100 Jahren und nach einer Regentschaft von mehr als 90 Jahren.
Pepi II. hinterließ keinen Thronfolger, sodass die 6. Dynastie nach ihm sein Ende fand. Was er jedoch hinterließ war eine gesamtstaatliche Instabilität. Lokale Provinzverwaltungen erstarkten. Eine zentrale Verwaltung war im Reich nicht mehr gegeben. Auch die Ordnungsbehörden waren am Ende der 6. Dynastie weitestgehend regionalen Strukturen unterstellt.
Die fehlende Organisation führte zu Mangelwirtschaft, einer schwachen Landwirtschaft und ausbleibendem Handel. Mit sinkendem Wohlstandsniveau und resultierenden Hungersnöten geriet das Reich in eine schwere Krise. Die Grundlage für eine funktionierende Herrschaft eines Pharaos war nicht mehr gegeben. Die Monarchie wurde durch die Polyarchie oder sogar Anarchie abgelöst.
Das vormals geeinte Ägyptische Reich erlebte erneut eine Kleinstaaterei. Viele unbedeutende Herrschaftsgebiete gingen aus Ober- und Unterägypten hervor. Aus heutiger Sicht gelang es lediglich den zwei Städten Theben und Herakleopolis sich zu etablieren und später bei der Wiedervereinigung des Ägyptischen Reichs mitzuwirken.
In der 6. Dynastie endete die Ära des Alten Reiches. Nach dem Tod Pepis II. zerfiel Ägypten in unzählige kleine Herrschaftsgebiete. Es herrschte Chaos in Regierung und Gesellschaft.
7. Dynastie
Binnen 70 Tagen regierten in der 7. Dynastie nacheinander 70 Könige. Aufgrund dessen, dass die Könige so unbedeutend waren, sind bis heute kaum Spuren, Dokumente oder Artefakte der einzelnen Regenten gefunden worden.
8. Dynastie
Die Stadt Memphis gewann in der 8. Dynastie erstmals große Bedeutung. Hier wollten nach Ende des Alten Reiches 17 Könige die Herrschaft über das gesamte Ägyptische Reich erlangen. Allen Königen der 8. Dynastie gelang es nicht Oberägypten und Unterägypten wie ein geeintes Reich zu regieren.
9. Dynastie und 10. Dynastie
Die 9. und die 10. Dynastie werden aufgrund der zeitlich kurzen Abfolgen gern zusammengefasst. In den zwei Dynastien brachte die nordägyptische Stadt Herakleopolis um 2170 v. Chr. erstmals Gaufürsten hervor. Diese waren sehr machtvoll, sodass es gelang die Stadt Memphis und das dazu gehörende Gaugebiet zu erobern. Das Herrschaftsgebiet der Herakleopoliten reichte bis in die Stadt Assuit. Die Anzahl der Regenten der 9. Dynastie ist weitegehend unklar. Man geht von maximal 19 verschiedenen Königen aus. Alle Herrscher von Herakleopolis galten als mächtig und selbstbewusst. Sie sprachen sich selbst das Recht zu als legitime Nachfolger der Könige des Alten Reiches zu gelten.
11. Dynastie
Ebenfalls zeitgleich mit der 9. Dynastie und der 10. Dynastie trat an anderer Stelle die 11. Dynastie in Erscheinung. Im südlichen Oberägypten bringt die Stadt Theben starke Adelsgeschlechter hervor. Elementar trug Thebens König Mentuhotep II. dazu bei den Krieg mit Herakleopolis zu beenden und Oberägypten wieder mit Unterägypten zu vereinen.
Theben und Herakleopolis als Machtzentren der Ersten Zwischenzeit
Nach dem Zusammenbruch der staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen des Alten Reichs bestimmten die zwei Fürstentümer Herakleopolis und Theben die Geschicke des Landes. Über eine zeitliche Spanne von etwa 90 Jahren regierten die Dynastien beider Gebiete nebeneinander.
In Herakleopolis herrschten die Könige der 9. und der 10. Dynastie. Zu ihnen gehörten vermutlich zwölf bis 19 Könige, die in der Hauptstadt Unterägyptens residierten. Die Reihenfolge und die Datierung der verschiedenen Regentschaften sind unklar. Die Dynastien herrschten insgesamt etwa 185 Jahre lang.
Im Alten Ägypten war Herakleopolis die Hauptstadt des 20. oberägyptischen Gaues (vorderer Baumgau, auch Oleanderbaumgau oder Naret-Baumgau genannt). Den Herakleopoliten, die im Nildelta lebten, gelang es, abtrünnige Gebiete unter Kontrolle zu bringen. Zudem kontrollierten sie große Teile des nördlichen Ägyptens.
Theben war teilweise zeitgleich die Hauptstadt Oberägyptens und regierte über Regionen entlang des Nilufers. Nachdem Theben zunächst von Aufsehern der örtlichen Priester geführt wurde, entstand hier eine eigenständige, mächtige 11. Dynastie.
Ende der Ersten Zwischenzeit und Wiedervereinigung
Hatten sich zunächst friedliche Dynastien in Ober- und Unterägypten entwickelt, sahen sich die Herakleopoliten um 2060 v. Chr. als rechtmäßige Nachfolger der Könige des Alten Reiches. Es entwickelte sich ein Bürgerkrieg zwischen Herakleopolis und Theben. In Theben regierte Mentuhotep II., der für seine aggressive Außenpolitik bekannt war.
Nach zahlreichen Feldzügen gelang es den Thebanern den Frieden zwischen Ober- und Unterägypten wiederherzustellen. Mentuhotep II. gilt heute als Begründer des Mittleren Reiches sowie als „Vereiniger der beiden Länder“ Oberägypten und Unterägypten.
Im Mittleren Reich blieb die Erste Zwischenzeit als Zeit des Chaos, der Vielstaaterei und der Hungernöte in Erinnerung. Erst mit der Reichseinigung gelang es Mentuhotep II. die Position des Pharaos neu zu besetzen. Die staatliche Ordnung und die zentralen Verwaltungsstrukturen konnten wiederhergestellt werden. Der Wohlstand kehrte in der Gesellschaft wieder ein. Mit dem Mittleren Reich begann eine neue Zeit der Stabilität im Ägyptischen Reich.