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Wanderprediger: 5 Fragen und Antworten zum Wanderpredigertum


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Darstellung eines wandernden Mönchen

Wanderprediger sind Oppositionelle und Gegner des etablierten religiösen Systems. Sie gehören keiner Kirche an und verbreiten ihre eigenen, nicht institutionellen Glaubensansichten unter der Bevölkerung. Sie ziehen von Ort zu Ort und von Stadt zu Stadt. Charismatische Wanderprediger sammeln Anhänger um sich herum, die sie begleiten und die eventuell auch zu Jüngern werden.

Den Herrschenden sind Wanderprediger ein Dorn im Auge, denn sie sorgen für Unruhe. Sie kritisieren die aktuellen Zustände, zeigen Alternativen oder rufen zur Umkehr auf. All dies führt dazu, dass Wanderprediger häufig Opfer von Gewalt durch etablierte Machthaber und Eliten sind. Dies lässt sich durch die gesamte Geschichte hindurch beobachten, in der Antike ebenso wie im Mittelalter. Es konnten Gelehrte sein, die sich als ehemalige Insider gegen das System auflehnten oder Laien, die nie dem System angehörten und es als Außenstehende kritisierten.

Was ist ein Wanderprediger

Eine Predigt ist eine Rede mit zumeist religiösem Inhalt vor einem Publikum. Im Mittelalter waren es vor allem Mönche, aber auch Äbte, die ihr Konvent verließen, weil sie mit den Zuständen des Mönchsstandes nicht einverstanden waren. Sie predigten und riefen zu Bußen und zur Umkehr auf. Sie zogen wandernd durch das Land, um so viele Menschen wie möglich von ihrer Sicht- und Glaubensweise zu überzeugen.

Die Wanderprediger machten auf die Missstände innerhalb des Klerus aufmerksam und zogen damit das Missfallen der Amtskirche auf sich. Der Zulauf aus der Bevölkerung war teilweise sehr groß. Es waren vor allem die Armen, die Bauern und die Angehörigen von Randgruppen, die die Zuhörerschaft ausmachten. Zum Teil beherrschten die Wanderprediger noch nicht einmal die Sprache der Zuhörer und dennoch gelang es ihnen, die Menschen mitzureißen.

Typisch für Wanderprediger ist ihre asketische Lebensweise. Sie sind selbst arm, gehen in Lumpen, barfuß, ohne Kopfbedeckung und sind zumeist zu Fuß, manchmal auch auf einem Esel unterwegs. Sie legen weite Strecken zurück und predigen unter freiem Himmel, in Wäldern, aber auch in den Dörfern und Weilern. Ihre Anhänger verehrten sie als Heilige. Man schrieb ihnen Wunder zu und verehrte sie als Heiler und zum Teil auch als Heilige. Wanderprediger wurden als Häretiker verfolgt, wenn sie keinem geistlichen Stand angehörten, denn Laien war das Predigen verboten.

Das Wanderpredigertum dient zur Missionierung, auch nach innen. Jeder Prediger ist ein Glaubensverkünder. Handelt es sich um einen christlichen Prediger, verkündigt er den christlichen Glauben nach seiner Interpretation. Missioniert wird immer unter Andersgläubigen, was von der jeweiligen Glaubensgemeinschaft nicht ungestraft hingenommen wird. Auch dann nicht, wenn es sich im Prinzip um die eigene Glaubensgemeinschaft handelt. Denn eine individuelle Interpretation des Glaubens läuft darauf hinaus, eine eigene Glaubensgemeinschaft zu gründen. Insofern ist das Missionieren eines Wanderpredigers tatsächlich immer ein Missionieren von Andersgläubigen.

Im Spätmittelalter wurden beispielsweise die Waldenser verfolgt, die den christlichen Glauben nicht regelkonform verbreiteten. Es war eine „Armutsbewegung“, die sogenannten Armen von Lyon, die einen großen Zulauf in der Bevölkerung hatte. Sie sind nach ihrem Gründer Petrus Valdes aus Südfrankreich benannt und verstehen sich als Vorläufer des reformierten Protestantismus. Die „Armen von Lyon“ wurden aus der katholischen Kirche ausgeschlossen und durch die Inquisition verfolgt.

Welche Bedeutung hatten Wanderprediger in der Bibel

Prediger als Verkünder des Glaubens tauchen im Alten Testament vor allem als Propheten auf. Im Alten Testament gab es noch keine Christen. Die Predigten richteten sich also an die Juden, an das Volk Israel. Die Propheten sehen sich dazu als von Gott berufen. Im hellenistischen Griechenland gab es keine Prediger im eigentlichen Sinne. Es waren die Philosophen, die diese Rolle ausfüllten. Öffentliche Reden waren üblich, vor Gericht, in der Politik und bei Festlichkeiten. Reden mit religiösem Inhalt gab es erst mit der Ausbreitung des Christentums.

Erst im Neuen Testament bekommen Predigten eine Relevanz. Jesus wies seine Jünger an, zu predigen. Die Hinweise finden sich in den Evangelien, der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen. Jesus selbst zeigt sich vor allem im Matthäusevangelium als Prediger, in seiner Bergpredigt und in der Endzeitrede.

In der Bergpredigt verkündet Jesus seine Lehre. Sie ist eine Neuauslegung des Willen Gottes, wie er in der Tora offenbart wurde. Bei der Endzeitrede bzw. der eschatologischen Rede Jesus handelt es sich um eine Rede auf dem Ölberg in Jerusalem, die an seine Jünger gerichtet war. Sie wurde in den Evangelien des Matthäus, Markus und Lukas überliefert. In ihr geht es um die Zukunft der Welt und um das Weltgericht. In dieser Rede spricht Jesus von seinem Tod und seinem Wiederkommen. Es ist seine letzte Rede vor seinem Tod und seine letzte Unterweisung an seine Jünger.

Welche Bedeutung hatte der Wanderprediger Johannes der Täufer

Jesus wurde von Johannes dem Täufer getauft. Die Taufe fand im Jordan statt, indem der Täufling im Fluss untergetaucht wurde. Das öffentliche Wirken von Johannes dem Täufer begann irgendwann zwischen den Jahren 26 bis 30 n. Chr. Jesus zählte zu den Jüngern des Johannes, der ein Leben in Askese führte.

Im Markusevangelium wird berichtet, dass er sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt habe. Im Matthäusevangelium ist zu lesen, dass er gar nicht aß oder trank. Johannes war ein Prediger im Stil der Propheten des Alten Testaments. Er rief zur Umkehr auf und kündigte das Kommen des Gottesreichs und das endzeitliche Gericht an.

Johannes der Täufer war der Wegbereiter für den erwarteten und nahenden Messias und seine Anhängerschaft war groß. Unter ihnen befand sich auch Jesus. Als Prophet verkündete Johannes die Botschaft Gottes, wie er sie interpretierte. Durch seine Auslegungen und durch die Taufen befanden sich er und seine getauften Anhänger allerdings im religiösen Abseits und außerhalb der jüdischen Glaubensgruppen dieser Zeit, denen die Taufe unbekannt war.

Nachdem Jesus getauft war, begann er vermutlich im Jahr 28 n. Chr. selbst in Galiläa und Judäa seine Lehre zu verkünden, am Jordan zu taufen und Anhänger um sich herum zu versammeln. Er löste sich von Johannes, der als Asket in der Wüste lebte und begab sich stattdessen zu den Menschen in die Dörfer und Siedlungen.

Die vielen Anhänger und Johannes der Täufer selbst wurden von dem Herrscher Herodes Antipas nicht gerne gesehen und deswegen beobachtet. Dass Herodes später seine Frau verstieß und er stattdessen die Frau seines Bruders heiratete, wurde von Johannes öffentlich als Fehlverhalten kritisiert.

Kurz nach der Taufe Jesus wurde Johannes inhaftiert und nach einer längeren Gefangenschaft hingerichtet. Die Inhaftierung erfolgte, um Johannes den Täufer daran zu hindern, einen Aufruhr gegen den Herrscher durch das Volk auszulösen. Die Gefahr war wohl vorhanden, denn Johannes war geachtet und sein Rat wurde allgemein befolgt. Das Jahr der Hinrichtung lag zwischen 28 bis 32 n. Chr. Ein Teil der Anhängerschaft von Johannes des Täufers schloss sich nach seiner Hinrichtung Jesus an.

Wie wurde Jesus zum Wanderprediger

Jesus wurde zwischen den Jahren 8 und 4 v. Chr. vermutlich in Nazareth und nicht in Bethlehem geboren. Entweder im Jahr 30 oder 31 n. Chr. wurde er in Jerusalem von Pontius Pilatus, dem römischen Präfekten von Judäa, zum Tode verurteilt und gekreuzigt. Vermutlich konnte Jesus weder lesen noch schreiben. (Mehr dazu im Hauptartikel: Wer war Jesus von Nazareth, Abschnitt Bildung)

Er war kein Lehrer im eigentlichen Sinne. Jesus war von Beruf ein Bauhandwerker wie sein Vater und vermutlich als Lohnarbeiter tätig. Die Begegnung mit Johannes dem Täufer war eine Initialzündung. Jesus wurde zu einem Wanderprediger ohne eigene Familie, ohne festen Wohnsitz und ohne feste Arbeit. Jesus war also kein Lehrer im klassischen Sinn. So wurde er nur in den Evangelien und in der Apostelgeschichte bezeichnet, nirgendwo sonst.

Der massenhafte Zulauf von Zuhörern wurde in kurzer Zeit immer größer und sein vermeintlicher politischer Ungehorsam wurde von der herrschenden Elite argwöhnisch beobachtet. Letztendlich waren es die Hohepriester und die übrigen führenden politischen Kräfte in Israel, die Jesus zum Tod am Kreuz verurteilten. Der römische Statthalter dagegen erklärte Jesus insgesamt dreimal für unschuldig.

Es sprechen folgende Merkmale für die Tatsache, dass Jesus ein Wanderprediger war:

  • er predigte vor einem großen Publikum an öffentlichen Plätzen
  • er war auf dem Land unterwegs und zog von Dorf zu Dorf, um seine Botschaft zu verbreiten
  • seine Vorträge waren ethisch herausfordernd
  • er ließ sich nicht vom „Geschmack“ der Zuhörer oder eines elitären Publikums leiten
  • er zog Fachleute zum Disput an und wurde deswegen von seiner Anhängerschaft als außerordentlich erfolgreicher Lehrer angesehen

Die zwar philosophischen, aber nicht abstrakten, sondern bildreichen und lebensnahen Gespräche stellten Jesus in eine Riege mit Gelehrten wie Platon oder Plutarch.

Während aber von der stoischen Philosophie geprägte Senatsangehörige von den herrschenden römischen Kaisern aus rein politischen Gründen vertrieben und hingerichtet wurden, ist es bei Jesus die einheimische jüdische Elite, die sich durch ihn bedroht fühlt. Es waren gerade auch seine Erzählungen vom barmherzigen Samariter im Gegensatz zu den unbarmherzigen Leviten und Priestern und der konkrete Bezug zum amtierenden Hohepriester Kaiphas, die die Auslöser des Todesurteils gegen Jesus waren.

Der Wunsch Jesu nach einem neuen Kultpersonal und einer veränderten Tempelorganisation, die die Gottesherrschaftsstrukturen berücksichtigen und umsetzen sollten, verdankte er vermutlich seinem eigenen Lehrer Johannes dem Täufer. Er wurde von Jesus als größter Prophet von allen betrachtet. In der späteren christlichen Überlieferung ist es jedoch Jesus, dem diese Gedanken zugeschrieben werden. Johannes wird in den Schatten gedrängt.

Warum wurde Jesus zu einem Wanderprediger

Es war Jesus selbst, der sich als von Gott gesandter und in seinem Namen handelnder Messias betrachtete, um sein Volk zu retten. Von Jesus selbst gibt es keine persönlichen Niederschriften. Seine Lebensgeschichte wurde erst nach seinem Tod in den vier Evangelien im Neuen Testament festgehalten, von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.

Jesus war stark von seinem Lehrer Johannes dem Täufer beeinflusst und wusste, dass die Bevölkerung sehnlichst einen Retter erwartete, der ihnen von Johannes auch angekündigt wurde. Jesus stammte aus einer galiläischen Handwerkerfamilie, innerhalb der es möglicherweise eine Bildungstradition gab.

Sicher war die familienspezifische Bildung nicht vergleichbar mit der von Schriftgelehrten. Dennoch ist von einer gewissen Bildung auch in der Familie von Jesus auszugehen, die immerhin so weit reichte, dass sich Jesus mit den Lehren von Johannes des Täufers auseinandersetzen und seine eigenen Visionen einer veränderten Gesellschaft entwickeln konnte.

Jesus war kein studierter Fachtheologe. Aufgrund seiner Herkunft und seiner aus konservativer Sicht radikalen Ansichten blieb ihm nichts anderes übrig, als Wanderprediger zu werden, um seine Lehre, seine Auslegungen der Tora und seinen Glauben unter die Menschen zu bringen und zu verbreiten. Das Wanderpredigertum war weit verbreitet. Die Wanderprediger zogen von Ortschaft zu Ortschaft, verbreiteten ihre Ansichten, aber auch Neuigkeiten. Sie sorgten für einen Nachrichtenaustausch auch auf dem Land. Aus diesem Grund waren die einflussreichsten Wanderprediger von der Obrigkeit gefürchtet.

Die Prediger hatten den direkten Kontakt zur Landbevölkerung. Sie erreichten neugierige, interessierte und wissbegierige Menschen, die vermutlich leicht zu verführen und zu manipulieren waren, denn schließlich hatten diese Menschen kaum Möglichkeiten, die Neuigkeiten und Nachrichten auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Waren sie plausibel und erfuhren die Menschen sie tagtäglich am eigenen Leib, fehlte nicht viel, um sie gegen die Herrschenden aufzuwiegeln. Die Angst der Mächtigen vor dem Einfluss der Wanderprediger auf die Bevölkerung, speziell auf die Landbevölkerung, war also durchaus berechtigt.

Jesus hatte wohl eine starke Überzeugungskraft und begeisterte die Menschen, die wie er selbst auch hauptsächlich Juden gewesen sein dürften, mit seinen Interpretationen der heiligen jüdischen Schriften. Er sprach die Menschen an, denn er stellte sich nicht über sie, sondern war einer von ihnen. Jesus Bekanntheitsgrad reichte schon bald über die Grenzen Galiläas hinaus. Seine revolutionären Ansichten ließen ihn zu einem Wanderradikalen werden. Die herrschende jüdische Elite fühlte sich bedroht.

Jesus wurden Wunder nachgesagt. Es machte schon zu seinen Lebzeiten die Rede von seinem Wirken und den Heilungen Schwerstkranker die Runden in der armen und verarmten Bevölkerung. In seinen beeindruckenden Predigten verkündete er die baldige, befreiende und heilvolle Herrschaft Gottes auf Erden. Sich selbst sah er als Wegbereiter und Mittler, der den Menschen Gottes Heil bringt und sie Gottes Gegenwart erfahren lässt.

Jesus wandte sich an das einfache Volk und immer auch an die gesellschaftlichen Randgruppen wie Kranke, Ausgestoßene, Arme und an Frauen, was ihm massive Kritik und Argwohn seitens der Obrigkeit einbrachte. Dies alles führte letztendlich zu seiner Hinrichtung.

Literatur

  • Thomas Schirrmacher (Autor), Im Gespräch mit dem Wanderprediger des New Age – und andere apologetische Beiträge, ISBN: 978-3932829642*
  • Johannes Von Walter (Autor), Die Ersten Wanderprediger Frankreichs / the First Wanderprediger France: Studien Zur Geschichte Des Monchtums, ISBN: 351104247X*
  • Walter Bühlmann (Autor), Jesus – Bauhandwerker und Wanderprediger: Sein Leben und Wirken unter Herodes d. Grossen und seiner Söhne, ISBN: 978-6138357773*

Über den Autor

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