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19 Merkmale der Tundra als Lebensraum, Ökosystem & Biotop


Mackenzie-Wolf-(Canis-lupus-occidentalis)

Der Mackenzie-Wolf (Canis lupus occidentalis) lebt im Norden Amerikas, in den Tundra-Gebieten nördlich der Rocky Mountains in Alaska und Kanada


Tundren bezeichnen extrem kalte Lebensräume zwischen den Polen und borealen Nadelwäldern. Sie sind von niedriger Vegetation und geringer tierischer Population geprägt. Durch den Menschen sind sie stark gefährdet.

Was ist die Tundra: Definition und Bedeutung

Die Tundra ist ein offener Lebensraum. Ihr Boden befindet sich meistens im Permafrost. Das Wort „Tundra“ kommt von dem finnischen Wort „Tunturi“, was „baumlose Hochfläche“ bedeutet. Entsprechend wachsen in Tundren selten Bäume. Die Vegetation wird von Zwergsträuchern, Gräsern, Flechten und Moosen dominiert. Sie kann dicht oder weniger dicht sein.

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Tundra in Sibirien (Russland) im Sommer

Tundren machen etwa 5 % der Landoberfläche der Erde aus. Im Winter kann die Temperatur auf unter -40 °C sinken. Das Jahresmittel liegt etwa zwischen -20 °C und 5 °C. Temperaturen über 10 °C sind in den meisten Tundren unüblich.

Tundren kommen auf der Nordhalbkugel zwischen der norwegischen Insel Spitzbergen bis in die James Bay in Kanada vor. Auf der Südhalbkugel gibt es zwischen Palmerland, einem Teil der Antarktischen Halbinsel, und den Crozetinseln diesen Lebensraum.

Moschusochse (Ovibos moschatus)

Der Moschusochse (Ovibos moschatus) lebt in der Tundra der Nordhalbkugel, kommt ursprünglich in Grönland, Kanada und Alaska vor. Mittlerweile gibt es auch Herden in Norwegen und Schweden


Insgesamt gibt es auf der Südhalbkugel aber wesentliche weniger Tundren als im Norden. Das liegt daran, dass auf der Nordhalbkugel viel mehr Landmasse in der subpolaren Ebene zu finden ist. Diese ist Voraussetzung für die Bildung von Tundren.
Andenschakal (Lycalopex culpaeus

Der Andenschakal (Lycalopex culpaeus) lebt in den Tundren Südamerikas

Reist man von einer Tundra in Richtung Pol, kommt man in Eis- und Kältewüsten. In die andere Richtung wird der Lebensraum durch Waldtundren begrenzt.

Tundren sind dünn besiedelte Lebensräume. Sowohl Menschen als auch Tiere findet man dort kaum. Das bedeutet auch, dass viele Tundragebiete bis heute naturnah sind und kaum durch den Menschen verändert wurden. Die größten dieser naturnahen Tundren findet man im Nunavut-Territorium, einem Inuitgebiet in Kanada.

Waldtundra

Die Waldtundra ist ein Übergangslebensraum. Sie weist Merkmale der Tundra und des borealen Nadelwaldes auf. Anders als Tundren stehen in Waldtundren vereinzelt Bäume und Baumgruppen. Diese Bäume sind häufig kleiner als Exemplare in den Nadelwäldern. Aus diesem Grund wird die Waldtundra auch Krummholzzone oder Krüppelwald genannt.

Tundratypen

Tundren lassen sich feiner untergliedern. Dabei achtet man auf die Pflanzenarten, die in dem jeweiligen Gebiet vorkommen. So gibt es Flechten- und Moostundren, die kaum höhere und teilweise allgemein wenig Vegetation aufweisen. In der Zwergstrauchtundra, Wiesentundra und den Tundramooren wachsen Sträucher sowie Zwergbirken. Die Pflanzendichte liegt bei mindestens 80 %. Bergtundren können mit Wiesen, Sträuchern oder wenigen Bäumen bewachsen sein.

Darüber hinaus gelten einige subpolare Regionen als tundraähnlich. Dazu gehören subarktische und -antarktische Wiesen, Zwergstrauchheiden, sowie das Magellan-Hochmoor auf den südlichen Inseln der Inselgruppe Feuerland im Süden Südamerikas.

Chemische und physikalische Abläufe in der Tundra

Die Luft der Tundra ist dauerhaft kalt, kann dabei aber feucht oder auch extrem trocken sein. Jährlich fällt in diesem Lebensraum zwischen 200 und 1500 mm Niederschlag, zumeist in Form von Schnee.

Die ständige Kälte führt dazu, dass sich unter der Vegetation der Tundra so gut wie immer ein Permafrostboden befindet. Der Boden bleibt dadurch, auch bei wenig Niederschlag, dauerhaft feucht. In der gefrorenen Erde können Kleinstlebewesen nur sehr langsam arbeiten. Dadurch sammelt sich Rohhumus und Torf an und die Menge an Biomasse bleibt mit etwa 25 t/ha sehr gering.

Da die Vegetationsperiode nur zwischen 30 und 90 Tage im Jahr beträgt, kommt gleichzeitig nur wenig abgestorbenes Pflanzenmaterial nach. Die Böden in der Tundra bleiben daher nährstoffarm und sind, bei Torfbildung, zusätzlich sauer.

Da die Pflanzen nur eine sehr begrenzte Blütezeit zur Verfügung haben, kann die Pollenbelastung in Tundren kurzzeitig stark ansteigen. Die Pflanzen blühen alle gleichzeitig, während sie in anderen Gebieten der Erde nacheinander blühen würden.

Ökologisches Gleichgewicht

Stabilität des Lebensraumes

Ohne Einfluss des Menschen sind Tundren stabile Lebensräume. Ihre extremen Temperaturen lassen konkurrierende Pflanzen und Tiere nicht zu, sodass sie sich ungestört entwickeln können. Allerdings sind Tundren in vielen Teilen der Erde fragmentiert. Das bedeutet, dass der Lebensraum immer wieder durch andere Lebensräume unterbrochen wird. Diese winzigen Tundren unterliegen einem ständigen Wandel und sind anfälliger für dauerhafte Veränderungen.

Gerade der Klimawandel bedroht die Tundra. Dieser Lebensraum ist in den meisten Gebieten auf seinen Permafrostboden angewiesen. Fällt dieser weg und steigt die Lufttemperatur, fällt weniger Schnee und die moorigen Gebiete können trocknen. In diesem Fall würde aus dem offenen, baumlosen Lebensraum nach und nach eine Waldtundra werden.

Bedeutung der Tundra als Ökosystem und Biotop

Tundren an sich haben für den Menschen kaum einen Nutzen. Sie eignen sich durch die geringe Temperatur nicht zur Landwirtschaft und Holz findet man dort ebenfalls nicht. Das ist gleichzeitig auch ein Problem, denn in dem biomassearmen Lebensraum kommt es schnell zu Raubbau. Raubbau bezeichnet die Nutzung von Ressourcen, ohne dass diese sich rechtzeitig wieder bilden können.

Gleichzeitig wird bei der Förderung die Umgebung in Mitleidenschaft gezogen. Besonders wichtig sind dabei Erdöl und Erdgas. Bei ihrer Förderung wird das Land nicht nur zerstört, sondern auch vergiftet. Zusätzlich kommt es zu sogenanntem Thermokarst. Dabei wird der Permafrostboden punktuell getaut, sodass Seen entstehen. Diese zerstören das Landbild der Tundra und nehmen Flora und Fauna den Lebensraum.

Die einzige landwirtschaftliche Nutzung ist die der Rentier-Weidewirtschaft. Damit die Tiere die Vegetation nicht zerstören, erfolgt diese halbnomadisch, früher nomadisch. Weil sich diese Art der Tierhaltung als Subsistenzwirtschaft kaum noch lohnt, geht sie immer weiter zurück. An ihre Stelle treten größere Firmen, die die Weidewirtschaft gewinnorientiert betreiben. Durch sie steigt die Gefahr der Überweidung viel stärker als durch die Subsistenzbauern.

Der Permafrostboden ist nicht nur für die Tundra von enormer Wichtigkeit: Taut er, wird massenhaft Wasser frei, das fruchtbare Erde aus der Tundra in umliegende Gebiete schwemmt. Der aufgetaute Boden erlaubt es Bakterien, totes Pflanzenmaterial abzubauen, wodurch am Ende Methan und Kohlendioxid freigesetzt wird. Dadurch wird zusätzlich der Klimawandel, der auch für das Tauen des Bodens verantwortlich ist, gefördert.

Das Schmelzwasser sammelt sich in tieferliegenden Gegenden in Form von Seen an, welche die Landmasse verringern. Dadurch geht Lebensraum für Tiere und Pflanzen verloren.

Die Folgen des Klimawandels für die Tundren sind schon jetzt erkennbar: Die Lebensräume verlagern sich immer weiter in Richtung der Pole. Dadurch büßen sie Landmasse ein, die tierische und pflanzliche Bewohner der Tundra benötigen. Sie alle nehmen als Folge in ihrer Zahl ab und könnten in Zukunft vom Aussterben bedroht sein.

Die Luftverschmutzung führt dazu, dass Flechten immer mehr Schadstoffe aufnehmen. Auch Gewässer versauern dadurch langsam. Die belasteten Flechten sind eine wichtige Nahrungsquelle für die pflanzenfressenden Bewohner der Tundra. Krankheiten treten nach ihrem Verzehr häufiger auf.

Das Leben in der Tundra

Je nachdem, ob sich die Tundra auf der Nord- oder Südhalbkugel befindet, leben verschiedene Tiere und Pflanzen in diesem Lebensraum. Gerade die Südhalbkugel war ursprünglich pflanzenarm.

Nordhalbkugel

Typische Pflanzen der Tundra auf der Nordhalbkugel sind Moose und Flechten. Moose wachsen in den feuchten Gebieten, während Flechten die trockenen Bereiche bevölkern. Hinzu kommen Sauergräser, Farne, Heidekräuter, Rosengewächse, Kreuzblütler, Mohn und Wegerich. Zu den wenigen dort vorkommenden Bäumen gehören Zwerg-Birken und Weiden. Auch die Weiden bleiben deutlich kleiner oder wachsen sogar eher strauchförmig.

Braune Lemming (Lemmus trimucronatus)

Der Braune Lemming (Lemmus trimucronatus) lebt in den Tundra Nordamerikas und Nordasiens


Von diesen Pflanzen ernähren sich auf der Nordhalbkugel Polar- und Schneehasen, Lemminge, Moschusochsen, Rentiere und Yaks. Insekten gibt es in der Tundra, diese sind jedoch kaum erforscht. Neben blutsaugenden Insekten kommen auch Bestäuber, Blattläuse und Käfer vor.
Yak (Bos mutus)

Das Yak (Bos mutus) kam ursprünglich in Zentralasien (Tibet) bis in die Mongolei und Sibirien vor, Heute ist die Verbreitung weitestgehend auf Zentralasien beschränkt


Zu den Vögeln in der Tundra gehören Moorschneehühner, Sibirische Goldregenpfeifer, Schneeeulen, Spornammer und Pfuhlschnepfen. Außerdem leben Kolkraben, Kraniche, (Raub-)Möwen, Tundraschwäne, Enten, Gänse und Falken dort. Sie ernähren sich von Pflanzen, Beeren, Insekten und kleinen Säugetieren.
Pfeifschwan (Cygnus columbianus)

Der Tundra- bzw. Pfeifschwan (Cygnus columbianus) brütet in den Tundren Kanadas und Alaskas. Im Winter sind die Tiere weiter südlich verbreitet


Schneeleoparden, Wölfe (Mackenzie-Wolf, eurasischer Wolf und Polarwolf), Polarfüchse, Braunbären und der Vielfraß sind die in der Tundra der Nordhalbkugel lebenden Raubtiere. Sie ernähren sich von den anderen tierischen Bewohnern dieses Lebensraumes. Teilweise dringen sie zudem in die Kältewüsten und Waldtundren vor. Andersherum wandern Eisbären gelegentlich von der Arktis bis in die Tundra, um dort nach Nahrung zu suchen.
Vielfraß (Gulo gulo)

Der Vielfraß (Gulo gulo) ist, zusammen mit dem Riesenotter, die größte Marderart. Er kommt überwiegend im borealen Nadelwald in Nordamerika und Eurasien vor, dringt aber auch weiter nördlich in baumlose Gebiete der Tundra vor.

Südhalbkugel

In den Tundren der Südhalbkugel gab es, bevor der Mensch dort vordrang, nur zwei Blütenpflanzen. In dem Lebensraum wuchsen die Antarktische Schmiele und das Antarktische Perlwurz. Daneben kamen dort Moose und Flechten vor, die den überragenden Großteil der Tundren überwucherten. Zwergsträucher gibt es hier so gut wie keine. Auch Bäume kamen ursprünglich gar nicht vor und machen auch heute keinen nennenswerten Teil der Tundra aus.

Antarktische Schmiele (Deschampsia antarctica)

Antarktische Schmiele (Deschampsia antarctica)


Neben der geringen Artenvielfalt der Pflanzenwelt gibt es auch deutlich weniger verschiedene Tierarten auf der Südhalbkugel. Große Säugetiere findet man dort gar nicht. Die Landflächen werden ausschließlich von Pinguinen, Scheidenschnäbeln und Sturmvögeln bewohnt.
Riesensturmvogel (Macronectes giganteus)

Der Riesensturmvogel (Macronectes giganteus) lebt an den Küstengebieten der Südhalbkugel, brüten an den Felsklippen der Küsten und in den Tundren dieser Gebiete. Seine Flügelspannweite beträgt bis zu 2 Meter.


In Feuerland gibt es zusätzlich Andenschakale, Kammratten und einen Vertreter aus der Gattung der Lamas, das Guanako. Der Versuch, Rentiere in Südgeorgien anzusiedeln, scheiterte heftig. Die Tiere fügten der Vegetation enormen Schaden zu und wurden kurz nach ihrer Ansiedlung wieder ausgerottet.

Menschen in der Tundra

Auch wenn Tundren nur eine geringe Bevölkerungsdichte ausweisen, leben einige Menschen dort. Dazu gehören die Nenzen in Sibirien, die Samen in Fennoskandinavien (ursprünglich Lappland) und die Inuit in Kanada und Grönland.

Diese Menschen leben bis heute teilweise traditionell, haben aber auch viele Vorteile der westlichen Welt und des technischen Fortschritts angenommen. Dennoch ernähren sich viele nach wie vor durch Jagd auf Robben und Rentiere. Letztere werden außerdem als Nutztiere für ihre fettreiche Milch gehalten.

Im Nunavut-Territorium, dem Inuitgebiet in Kanada, gelten neben Englisch und Französisch daher auch Inukitut und Inuinnaqtun als Amtssprachen. Inukitut bezeichnet eine Makrosprache, die alle Inuit-Dialekte Kanadas einschließt. Inuinnaqtun ist einer dieser Dialekte, den 2016 nur 665 Menschen als Muttersprache sprachen. Der Dialekt gilt daher als gefährdet.

Zusammenfassung

  1. Tundren sind offene, baumlose Lebensräume.
  2. Der Boden in Tundren ist meistens dauerhaft gefroren und speichert dadurch viel Wasser.
  3. Tundren stellen 5 % der Landoberfläche der Erde.
  4. Die meisten Tundren gibt es auf der Nordhalbkugel.
  5. Die größte, naturnahe Tundra befindet sich in Kanada.
  6. Tundren bilden sich in den subpolaren Zonen der Erde.
  7. Tiere und Menschen gibt es in der Tundra, allerdings stellen sie einen geringen Anteil des Lebens dort dar.
  8. Die Waldtundra ist ein Übergangslebensraum, der die Tundra in Richtung Äquator begrenzt.
  9. Verschiedene Tundratypen weisen unterschiedliche Vegetation wie Flechten, Moose und Zwergsträucher auf.
  10. In Tundren fällt zwischen 200 und 1500 mm Niederschlag jährlich, größtenteils in Form von Schnee.
  11. Die Vegetationsperiode ist nur zwischen 30 und 90 Tage lang.
  12. Im Boden einer Tundra befindet sich Torf und Rohhumus, da durch den permanenten Frost Kleinstlebewesen nur langsam arbeiten.
  13. Die extremen Bedingungen in Tundren machen sie zu stabilen Lebensräumen, da externe Arten dort nicht überleben können.
  14. Der Klimawandel und Raubbau von Erdöl und Erdgas gefährden die Lebensräume.
  15. Tundren speichern Methan und Kohlenstoffdioxid in ihren Permafrostböden.
  16. In Tundren wachsen vor allem Moose, Flechten und niedrige Sträucher.
  17. Zu den dort lebenden Tieren gehören Schneeeulen, Möwen, kaum erforschte Insekten, Wölfe, Rentiere, Hasen, Lemminge und Bären.
  18. In Tundragebieten der Südhalbkugel leben hauptsächlich Pinguine sowie Sturmvögel und so gut wie keine Säugetiere.
  19. Zu den indigenen Völkern der Tundra gehören die Nenzen und die Inuit, welche bis heute teilweise traditionell leben.

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