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Lamarckismus: Die Evolutionstheorie Lamarcks zur Entstehung der Arten


Lamarckismus wird die Theorie zur Entstehung der Arten genannt, welche Jean-Baptiste de Lamarck aufstellte. Die meisten seiner aufgestellten Einzeltheorien haben deutliche Fehler, weshalb sie heute kaum noch Beachtung finden.

Wenn wir die Namen Lamarck und Darwin hören, haben wir häufig sofort die Bilder des französischen Narren und eines englischen, großartigen Wissenschaftlers vor Augen. Dabei hat Lamarck diese harsche Darstellung gar nicht verdient.

Wer genau Jean-Baptiste de Lamarck war und ob seine Evolutionstheorie neben dem durch stetiges Strecken länger werdenden Giraffenhalses noch anderes zu bieten hat, verrät dir dieser Artikel.

Wer war Lamarck?

Jean-Baptiste de Lamarck wurde am 1. August 1744 in Bazentin-le-Petit in Frankreich geboren. Er war das 11. Kind seiner Eltern Philippe Jacques de Monet de La Marck und Marie-Françoise de Fontaine de Chuignolles, welche zum niederen Adel gehörten.

Nach dem Tod seines Vaters ging der 15 Jahre alte Lamarck zur Armee. Von seiner Familie vorgesehen war bis dahin eigentlich, dass er Geistlicher wird. Er kämpfte im Siebenjährigen Krieg und wurde in verschiedenen Forts stationiert, ehe er 1768, mit 24 Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste.

Danach studierte er vier Jahre lang Medizin, hörte jedoch ohne Abschluss auf. Dennoch schrieb er kurz darauf, in den 1770er Jahren, ein Werk über Botanik, das er Flore française (Französische Flora) nannte. Dieses wurde in drei Bänden 1779 auf Staatskosten gedruckt.

Die Flore française beeindruckte so sehr, dass er noch im selben Jahr in die Akademie der Wissenschaften, auch die Pariser Académie des sciences de l’Institut de France oder kurz Académie des sciences genannt, aufgenommen wurde.

Übirgens…
Dieser Akademie dürfen nur Wissenschaftler beitreten, die auf ihrem Gebiet herausragendes geleistet haben.

In den darauf folgenden Jahren arbeitete Lamarck vor allem an wissenschaftlichen Enzyklopädien („Encyclopédie méthodique: botanique“ und „Tableau encyclopédique et méthodique des trois règnes de la Nature: botanique“)

1793 begann er im gerade eröffneten Muséum national d’histoire naturelle zu arbeiten. Er war dort zuständig für die Insekten und Würmer, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon als Muschelexperte bekannt war. Er ordnete die ihm anvertrauten Bestände des Museums und hatte außerdem lehrende Aufgaben.

1801 erschien ein Werk über Wirbellose, das „Système des animaux sans vertèbres“. Dabei prägte er gleichzeitig diesen damals noch neuen Begriff der Wirbellosen. Darauf folgten bis 1822 die siebenbändige Reihe „Histoire naturelle des animaux sans vertèbres“, in dem er auch seine Theorien über die Veränderlichkeit der Arten darlegte.

Auch in anderen Bereichen veröffentliche Lamarck wissenschaftliche Werke, erlangte aber nie ein vergleichbares Ansehen. Er versuchte sich mit Büchern in physikalischen, chemischen, meteorologischen, geologischen und physiologischen Themen, von denen keines nennenswerte Beachtung erlangte.

Lamarck vermutete Verschwörungen dahinter und starb am 28. Dezember 1829 in Paris. Trotz seiner vielen wissenschaftlichen Publikationen starb er verarmt. Er war dreimal verheiratet und hatte insgesamt acht Kinder.

Als Lamarck starb, war Charles Darwin gerade 20 Jahre alt und hatte noch keine Bekanntheit erlangt. Seine Reise mit der HMS Beagle, die entscheidend für seine späteren Erkenntnisse war, hatte noch nicht einmal begonnen.

Es ist fraglich, ob die Welt für die vielen Veränderungen, die Lamarck in den Wissenschaften gerne gesehen hätte, einfach noch nicht bereit war. Es ist auch möglich, dass seine Arbeiten schlicht nicht so herausragend waren, wie er glaubte und sie daher in den meisten Bereichen so wenig Anklang fanden.

Lamarcks Evolutionstheorie

Um 1800 herum beschäftigte Lamarck sich mit der Arttransformation. Wie er zu diesem Thema kam, ist nicht genau geklärt. Denkbar wäre, dass es mit einer in Paris geführten Diskussion zusammenhängt, die die Frage stellte, ob Arten aussterben können.

Lamarck lehnte diese Idee ab und wollte möglicherweise mit seiner Theorie der Veränderlichkeit der Arten diese Ablehnung und zu dieser Zeit stattfindende Fossilfunde miteinander vereinen.

Die Ausgangsidee Lamarcks ist dabei die der Urzeugung. Bei der Urzeugung geht man davon aus, dass sehr einfache Lebewesen aus zuvor unbelebter Materie entstehen können. Dies geschieht spontan und zu jeder Zeit, also auch heute noch. Die einzelnen dabei entstehenden Klassen haben laut dieser Theorie keinen gemeinsamen Ursprung. Diese einfachen Lebewesen entwickeln sich dann weiter und werden dabei komplexer.

Seine Ideen veröffentliche er 1809 in dem Werk „Philosophie Zoologique“ und in der Reihe „Histoire naturelle des animaux sans vertèbres“. Seine Theorie war eine der ersten einer systematischen Evolutionstheorie.

1. Lebewesen passen sich an äußere Veränderungen an

Dies ist die wohl bekannteste von Lamarcks Theorien. Er geht dabei davon aus, dass die Umwelt sich allmählich verändert, nicht plötzlich. Die Katastrophentheorie klammert er dabei völlig aus.

Durch sich langsam veränderte Umweltbedingungen sind Lebewesen gezwungen, sich diesen anzupassen. Sie tun dies, indem sie im Laufe ihres Lebens erworbene Fähigkeiten weitervererben. Ein beliebtes Beispiel dafür ist die Giraffe. Laut Lamarck musste sich die Giraffe strecken, um an die Blätter an Bäumen heranzukommen. Dadurch wurde ihr Hals länger und diesen gaben sie dann an die nächste Generation weiter.

Lamarck ging davon aus, dass der vermehrte Gebrauch eines Organs oder Körperteils dazu führt, dass dieses trainiert wird und der damit verbesserte Zustand genetisch vererbt werden kann. Wird ein Organ wenig benutzt, bildet es sich zurück es. So würde er wohl die Existenz von Höhlenfischen, die keine oder deutlich zurückgebildete Augen besitzen, auch damit erklären, dass diese Tiere, da sie in völliger Dunkelheit leben, ihre Augen nicht nutzen können.

Die Augen verkümmern dadurch mit fortschreitendem Alter des Fisches und der Fisch gibt die bereits verkümmerten Augen an seine Nachkommen weiter. Diese wiederum können ihre Augen ebenfalls nicht nutzen, wodurch diese sich noch weiter zurückentwickeln. Dieser Teil seiner Theorie wurde als „Lamarckismus“ bekannt.

2. Vervollkommnungstrieb

Um zu erklären, warum laut Lamarcks Evolutionstheorie einfache Organismen mit der Zeit komplexer werden, gab er an, dass jedes Lebewesen einen Vervollkommnungstrieb besitzt. Dieser Trieb führt dazu, dass evolutionäre Vorgänge, die das Lebewesen komplexer werden lassen, auch stattfinden, wenn sie nicht durch geänderte Umweltbedingungen nötig sind. Wie genau das alles stattfindet, hat Lamarck nicht erklärt.

Dass es dennoch weiterhin sehr einfache Lebewesen gibt, erklärte er durch die weiterhin stattfindende Urzeugung. Der Mensch ist laut seiner Theorie das älteste Lebewesen und daher am komplexesten entwickelt.

3. Ausrottung ist nur durch den Menschen möglich

Lamarck ging davon aus, dass jedes Lebewesen uneingeschränkt auf sich verändernde Lebensumstände reagieren konnte. Daher ist ein Aussterben einer Art nicht möglich. Das Lebewesen würde sich an die neue Situation anpassen und seine Nachkommen wären dadurch bereits vorbereitet.

Da gerade zu dieser Zeit Fossilien gefunden wurden, musste er diese Funde mit seiner Theorie verbinden. Er erklärte Fossilien, indem er behauptete, die dabei gefundenen Tiere sind nicht ausgestorben, sondern haben sich so sehr verändert, dass sie nicht mehr erkannt werden können. Außerdem gab er an, dass es möglich ist, dass Exemplare der Fossilienfunde noch in unentdeckten Gebieten der Erde leben.

Dass eine Art völlig ausgerottet wird, ist nur durch Eingreifen des Menschen möglich. Dieser würde unnatürlich plötzliche Veränderungen in der Umwelt erzeugen, worauf die Lebewesen nicht schnell genug reagieren können. Die Katastrophentheorie kann demnach nur im Zusammenhang mit dem Menschen stattfinden.

Heutige Einschätzung der lamarckschen Evolutionstheorie

Lange Zeit ging man davon aus, dass eine Vererbung von erworbenen Fähigkeiten unmöglich ist. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass zumindest manche Lebewesen sehr wohl dazu in der Lage ist.

Passend zu Lamarcks Fachgebiet im Muséum national d’histoire naturelle können Würmer, genauer gesagt Fadenwürmer, eine während ihres Lebens erworbene Resistenz gegen Viren an ihre Nachkommen weitergeben. Diese Nachkommen sind dann ebenfalls resistent, obwohl sie nie in Kontakt mit den Viren waren.

Seine Theorie der Urzeugung, die eine wichtige Rolle in seiner Evolutionstheorie spielt, stimmt nicht mit dem heutigen wissenschaftlichen Stand überein. Heute gehen wir davon aus, dass alles Leben auf der Erde gemeinsame Vorfahren hat. Dass die Umwelt einen Teil zu evolutionären Vorgängen beiträgt, ist ebenfalls sicher.

Lamarck ist also aus heutiger Sicht zwar nicht völlig rehabilitiert, aber zumindest wird er nicht mehr so sehr verspottet, wie es beispielsweise zu Zeiten von Darwin der Fall war. Dieser nannte seine Bücher nämlich „veritable rubbish“, zu Deutsch „echter Müll“.


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