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Unterschiede zwischen Ost- und Westeuropa in Kultur, Geografie und Wirtschaft


was gehört zu westeuropa

Laut den Vereinten Nationen gehören die blauen Gebiete (Frankreich, BeNeLux-Staaten, Deutschland, Österreich und Schweiz) zu Westeuropa. Diese Gebiete unterscheiden sich von Osteuropa (lila), Nordeuropa (orange) und Südeuropa (grün)


Die Grenzen zwischen Ost- und Westeuropa sind fließend. Momentan wird eine Verschiebung der ideellen und begrifflichen Grenze gen Osten diskutiert

Ständiger Wandel: Westeuropa und Osteuropa

Wer den Versuch wagen möchte, West- und Osteuropa streng zu definieren, wird schnell an Grenzen stoßen. Die Festlegung der Linien, was nun Osten und was Westen ist, schwankt nicht nur derzeit wieder.

Verantwortlich dafür sind die vergangene sowie aktuelle politische, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Veränderungen in Europa. In längst vergangenen Zeiten teilte man Europa weniger streng nach Ost oder West ein. Europa in seiner heutigen Form mit Ländern, Völkern und Staaten existierte gar nicht. Nur der Kontinent trug den Namen Europa.

Noch vor drei- bis vierhundert Jahren gab es viel mehr Einzelreiche, Monarchien, Provinzen als heute. Erst seit der Französischen Revolution im 18. Jahrhundert bildeten sich aus vielen kleinen Reichen und Verwaltungsgebieten größere, einheitlich geführte Staaten heraus.

Die kulturelle Entwicklung hat ebenfalls beachtliche Veränderungen durchlaufen. Während Russland früher eine dem Westen (zum Beispiel Frankreich) sehr zugewandte Monarchie war, kam dieses gute Verhältnis später (durch Kriege und soziale Umbrüche) abhanden.

Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg wurde für viele Jahrzehnte streng in Ost- und Westeuropa unterschieden. Zwischen den westlichen Großmächten und Russland kam es zu einer tiefen Spaltung. Diese Zeit ging als der „Kalte Krieg“ und der „Eiserne Vorhang“ in die Geschichtsbücher ein.

Heute vollziehen viele Länder, die bis vor fünfzig Jahren noch zu Osteuropa gezählt wurden, eine Wandlung. Sie orientieren sich westlich, sind Mitglied in der Europäischen Union und nehmen die kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Züge des Westens an.

West- und Osteuropa nach dem Krieg

Was zum Westen und was zum Osten gezählt wurde, war durch den Ausgang des Zweiten Weltkrieges, aber auch durch kulturelle Hintergründe bestimmt.
Ein Land wie Polen beispielsweise war kulturell schon immer eng an der östlichen, slawischen Kultur und Russland zugeneigt.
Trotzdem gab es im heutigen Polen Gegenden, die eher der westlichen Kultur und dem mitteleuropäischen Erbe zugetan waren.

Nach dem Krieg fielen alle Gebiete östlich von Deutschland, sowie das bis 1991 bestehende Ostdeutschland unter die russische Vorherrschaft. Russlands Armee hatte diese Bereiche im Krieg eingenommen und von den Nationalsozialisten befreit. Dennoch hatte Russland als dominierende Großmacht im europäischen Osten in diesen Gegenden auch schon vor dem Krieg einen beachtlichen Einfluss gehabt.

Wie die Grenzen später verliefen, wurde unter anderem in den Verhandlungen der Siegermächte Großbritannien, USA, Russland und Frankreich bestimmt. Deutschland wurde unter den Siegermächten aufgeteilt und alle westlichen und südlichen Länder Europas (z.B. Frankreich, Spanien, Portugal) entwickelten sich als relativ freie Staaten oder Regierungsformen weiter.

Der Osten fiel für lange Zeit unter die Ideologie der damaligen Sowjetunion (ehemals und jetzt wieder Russland). Das Reich hatte sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Zarenreich (Monarchie) hin zu einer sozialistischen Regierungsform (Gemeinschaftsverwaltung, Kommunen, aber auch Tyrannei) entwickelt.

Der Westen dagegen wurde von den Ideologien Großbritanniens (parlamentarische Monarchie) und der USA (Demokratie) geprägt. Die Wertvorstellungen waren insgesamt freier und ließen der einzelnen Person mehr Rechte und Entwicklungsmöglichkeiten.

Das Beispiel des getrennten Deutschlands zeigt sehr gut, wie unterschiedlich sich Landstriche und Menschen abhängig vom dominierenden System entwickeln. Die Grenze zwischen Ost- und Westeuropa lief während den Zeiten des Kalten Krieges und des Eisernen Vorhangs entlang der Grenze Ostdeutschlands, Polens, der Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien.

Zu Westeuropa wurden die Länder Westdeutschland, Frankreich, Belgien, die Niederlande, ganz Skandinavien sowie streng genommen auch die südeuropäischen Länder Spanien, Italien und Portugal gezählt.

Soziale und wirtschaftliche Unterschiede

Während der strengen Teilung in Ost und West sowie der Feindschaft der Großmächte in Europa zeigten sich die Unterschiede am meisten im sozialen und wirtschaftlichen Bereich:

Westeuropa

  • schneller wirtschaftlicher Aufstieg
  • breiter Wohlstand
  • gute Versorgung, Sozialstaaten
  • Wahlmöglichkeiten
  • Die Demokratie als prägendes Politsystem
  • Freiheiten für die Bürger
  • Reiserechte
  • journalistische Freiheit
  • Wahrung von Menschenrechten
  • soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung, welche die Möglichkeiten der freien Marktwirtschaft und die sozialen Sicherheiten der Zentralverwaltungswirtschaft miteinander kombiniert
  • Staat mischt sich nur bedingt in sozialen Fragen ein und löst nur bedingt eine Ungleichbehandlung

Osteuropa

  • Wirtschaftliche Ungleichheit in der breiten Masse der Bevölkerung gab es nicht
  • Staat lenkt die Geschicke der Wirtschaft, der sozialen Gleichstellung
  • Planwirtschaft fördert keine Innovationen, sondern zielt nur darauf ab, dass gewisse Planvorgaben umgesetzt werden
  • Knappheit von Gütern (Mangelwirtschaft)
  • Armut und Unterversorgung
  • Tyrannei und Unterdrückung
  • Alleinherrschaften und Pseudo-Gemeinschaft (Kommunismus)
  • wenig Freiheiten für die breite Masse
  • Vorteile für Machthaber und Strippenzieher
  • Unterdrückung und Kontrolle von Journalismus
  • Menschenrechtsverletzungen.

Diese Listen können sich einmal mehr der Wahrheit nur annähern und ein grobes Bild zeichnen. Selbstverständlich gab und gibt es auf beiden Seiten Verschiebungen und Graubereiche. Auch im Westen ist Journalismus nicht unbedingt frei. Er wird von Wirtschaft, Geld und Machthabern mit beeinflusst und bestimmt. Bürger des Westens durften und dürfen aber jederzeit ihre Meinung frei äußern.

Im Osten sah das ganz anders aus. Die Menschen wurden von staatseigenen Systemen im großen Stil ausspioniert (Stasi in Ostdeutschland) und unter Umständen massiv unterdrückt oder „ausgeschaltet“ (Systemkritiker). Diese strengen Unterschiede zwischen West- und Osteuropa wackeln seit den 1990er Jahren extrem. Die Umbildungsmaßnahmen in Europa sind derzeit noch in vollem Gange.

Die neue Mitte

Die Unzufriedenheit mit der Unterdrückung und fehlende Freiheiten führten 1990 zu einem großen Ruck. Ostdeutschland befreite sich selbst von der russischen Vorherrschaft.

Der Wiedervereinigung Deutschlands folgten viele weitere Umbrüche in Ländern, die einst zu Osteuropa zählten. Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen, die Tschechoslowakei und Teile der Sowjetunion befreiten sich von totalitären und unterdrückenden Polit- sowie Wirtschaftssysteme.

In den letzten zwanzig Jahren sind immer mehr osteuropäische Länder in die westlich geprägte Europäische Union eingetreten. Das können Länder nur tun, wenn sie bestimmte soziale, politische und wirtschaftliche Grundbedingen erfüllen.

Russland bildet derzeit noch das große Bollwerk im Osten. Es gehört auch nur einer kleiner Teil des gigantischen Landes zu Europa. Der Rest liegt streng genommen in Asien.

Der Ständige Ausschuss für geografische Namen schlägt daher auch eine offizielle Verschiebung der Grenze gen Osten vor. Aus Ländern wie Deutschland, Polen, Ungarn, den lettischen Staaten usw. soll offiziell Mitteleuropa werden. Osteuropa würde dann ab den Staaten Weißrussland und der Ukraine beginnen. Westeuropa wären diesem Vorschlag zufolge Frankreich, Niederlande, Belgien, Großbritannien und Irland.

Italien Spanien, Portugal und Malta bilden gemeinsam Südeuropa. Die Balkanländer, Griechenland, Bulgarien, Teile Rumäniens und Zypern würden offiziell Südosteuropa bilden. Die Vereinten Nationen halten derzeit aber noch den alten Bezeichnungen und Grenzen fest. Eine offizielle Umbenennung hätte zunächst einen rein ideellen Wert. Von größerer Bedeutung als Ost-, West-, Mittel- und Südeuropa sind derzeit immer noch die Staatsgrenzen.


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