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Was ist Wahrnehmungskonstanz: Definition, Beispiele, psychologische Gründe


Konstante Wahrnehmung bzw. Wahrnehmungskonstanz beschreibt den Umstand, dass wir bestimmte Objekte oder Organismen immer gleich wahrnehmen. Dabei ist es egal, wie sich die äußeren Umweltbedingungen ändern.

Wie?
Was wir mit unseren Augen wahrnehmen, sieht nicht immer gleich aus. Je nach Helligkeit der Umgebung, erscheinen Objekte heller oder dunkler. Auch die Entfernung hat einen Einfluss darauf, wie wir Gegenstände wahrnehmen. Je weiter etwas von uns entfernt ist, desto kleiner erscheint es. Zudem ist auch unsere eigene Position im Raum sowie die des Objektes ausschlaggebend dafür, in welcher Form wir dieses wahrnehmen.

Doch trotz all dieser Einflüsse, erkennen wir Objekte stets wieder. Wir nehmen sie als konstant und in ihrer Form und Farbe unveränderlich wahr. Doch wieso ist das so? Mit dem Phänomen der konstanten Wahrnehmung und ihren Ausprägungen wollen wir uns in diesem Artikel etwas näher beschäftigen.

Was bedeutet konstante Wahrnehmung?

Die Definition lautet: Unsere visuelle Wahrnehmung bleibt konstant, obwohl die Abbildungen der Objekte in unserer Umwelt sich auf unserer Retina ständig verändern.

Mit der Wahrnehmungskonstanz ist also gemeint, dass wir Dinge oder Personen problemlos wiedererkennen. Und zwar auch dann, wenn sich unser Betrachtungswinkel, die Entfernung oder die Helligkeit ändert.

Nimmt das Auge einen visuellen Reiz wahr, leiten Nervenbahnen diesen Reiz an die zuständigen Gehirnregionen weiter, welche den Sinneseindruck erst konstruieren. Im Anschluss erfolgt die sensorische Integration, bei welcher die aktuelle Wahrnehmung mit dem vorhandenen Wissen abgeglichen wird.

Ohne diesen Vorgang würde unsere Wahrnehmung ins Leere laufen. Denn ohne ein bestehendes Wissensnetz, könnten die Reize keine Assoziationen zu bereits vorhandenen Informationen in unserem Gedächtnis wecken. Wir würden ein Objekt demnach zwar ohne Probleme wahrnehmen, würden ihn jedoch nicht erkennen.

Warum gibt es Wahrnehmungskonstanzen?

Wir nehmen die Stimuli der uns umgebenden Objekte als unverändert wahr, weil diese Fähigkeit für das Überleben sehr wichtig ist.

Könnten wir Objekte nicht aus anderen Winkeln oder unter verschiedenen Helligkeitseinflüssen wiedererkennen, hätte das unter Umständen verheerende Folgen. Unsere Orientierung würde darunter leiden und wir könnten Entfernungen nicht ermitteln.

Beispielsweise können wir im Straßenverkehr sehr gut abschätzen, wie weit ein auf uns zukommendes Auto noch entfernt ist. Diese Entfernung können wir unter anderem an der Größe des Wagens ausmachen. Wir wissen, dass das Auto selbst seine Größe nicht verändert und dass es uns nur größer erscheint, je näher es kommt.

Außerdem hilft uns die konstante Wahrnehmung dabei, auch uns unbekannte Objekte grob einzuordnen. Denn unsere Wahrnehmung ist mit unserem Denken verknüpft und so ordnen wir auch neue visuelle Reize ähnlichen, bereits gespeicherten Informationen zu. Auf diese Weise bilden wir Kategorien und finden uns in der Umwelt besser zurecht. Wie wir diese Reize einordnen und welche Kategorien bereits vorliegen, ist sehr individuell und hängt mit den bisherigen Lernerfahrungen zusammen.

Was bedeutet Größenkonstanz am Beispiel?

Größenkonstanz meint die Fähigkeit, die richtige Größe eines Objekts wahrzunehmen.
Das gilt auch dann, wenn sich das retinale Abbild in seiner Größe verändert. Um die Größe eines Gegenstandes oder einer Person korrekt einschätzen zu können, bedient sich unser Gehirn anderer Umgebungsreize.

Einerseits dienen Entfernungen uns bei der Wahrnehmung von Größen, doch auch andere Objekte können als Referenzpunkte genutzt werden. Dass dieses Vorgehen allerdings nicht unfehlbar ist, zeigt der sogenannte Ames´sche Raum. Die Oberflächen dieses Raumes sind gestreckt und nicht rechteckig. Die Winkel sind daher schief in Bezug auf die Höhe und die Tiefe des Raumes. Der Raum ist allerdings so konstruiert, dass wir diese Verzerrungen nicht wahrnehmen.

Der Betrachter sieht sich den Raum durch ein Guckloch an, welches sich genau an der richtigen Stelle befindet. Von diesem Blickwinkel aus interpretiert unser visuelles System nämlich die verschobenen Maße als einen ganz normal proportionierten Raum.

Das hat eine optische Täuschung zur Folge: Stellt sich nun eine Person in die hintere linke Ecke des Raumes, wirkt sie wesentlich kleiner als eine Person in der rechten Ecke. Die linke Ecke befindet sich vom Betrachter aus nämlich nicht nur weiter hinten als die rechte Ecke. Zusätzlich ist der Boden so geneigt, dass der Abstand zwischen Fußboden und Zimmerdecke wesentlich größer ist als der auf der rechten Raumseite.

Was bedeutet Form- oder Dingkonstanz am Beispiel?

Ding- beziehungsweise Formkonstanz bedeutet, dass wir die „wahre Form“ eines Objektes selbst dann erkennen, wenn sich dessen Abbild auf unserer Retina verändert.

Das hängt eng mit der Größenkonstanz zusammen. Ein Objekt kann in verschiedene Richtungen rotiert werden und dennoch erkennen wir es weiterhin als das besagte Objekt. Stell dir vor, dass du ein Buch in Händen hältst. Im zugeklappten Zustand nimmst du beim Betrachten des Deckels lediglich ein Rechteck wahr, welches eine bestimmte Farbe und Größe aufweist sowie mit Buchstaben und gegebenenfalls noch mit Bildern versehen ist.

Drehst du deinen Augen nun den Buchrücken zu, nimmst du erneut ein Rechteck wahr. Diesmal allerdings ein schmaleres. Dennoch erkennst du, dass es sich immer noch um ein Buch handelt. Das Gleiche gilt etwa auch für Münzen. Lässt du diese zwischen deinen Fingern rotieren, verwandelt sich die Form von einem Kreis zu einer Ellipse. Drehst du weiter, siehst du nur noch ein langes, sehr schmales Rechteck, welches beim Weiterdrehen wieder zur Ellipse und schließlich wieder zu einem Kreis wird.

Ob nun Buch, Münze, andere Objekte oder Menschen: Du erkennst immer, worum es sich handelt, selbst wenn du variierende Formen über dein visuelles System wahrnimmst. Dein Gehirn interpretiert diese Formen dann als ein stets gleich bleibendes Objekt.

Was bedeutet Farb- und Helligkeitskonstanz am Beispiel?

Ein weißer Tisch bleibt weiß, auch wenn es im Raum dunkler wird.
Neben Form und Größe spielt auch die Farbe bei der optischen Wahrnehmung eine wichtige Rolle. Wenn du gerade an deinem Schreibtisch sitzt, dann sieh ihn dir einmal genau an. Falls der Tisch weiß ist, so erscheint er aufgrund des Lichteinfalls nicht überall in dem gleichen Weißton.

Während die Tischplatte weiß aussieht, erscheint die Tischkante eher in einem hellen Grauton und die Tischbeine in einem noch etwas dunkleren Grau, da diese im Schatten der Tischplatte liegen. Dennoch erkennst du einen weißen Tisch, da dein Vorwissen die Information beinhaltet „Der Schreibtisch ist weiß“.

Denn…
Wirklich wahr nimmst du nämlich ein Spektrum von verschiedenen Weiß- und Grautönen. Dein Gehirn zieht allerdings die abgespeicherte Information über die Farbe des Tisches heran. Wenn du die Schatten von Bäumen an einer Hauswand siehst, nimmst du zwar auch hellrote und dunkelrote Ziegelsteine (im Bereich des Schattens) wahr. Dennoch gehst du davon aus, dass es sich um eine durchgehend hellrote Mauer handelt.

Zusammenfassung

  • Auch wenn sich das retinale Abbild von Objekten verändert, nehmen wir sie dennoch in Farbe, Form und Größe konstant wahr. Das hat den Vorteil, dass wir uns in unserer Umwelt besser orientieren und sie besser einschätzen können.
  • Die Fähigkeit der konstanten Wahrnehmung wird uns durch unser Gedächtnis ermöglicht. Mittels unseres Vorwissens erkennen wir Dinge auch dann wieder, wenn sie rein visuell nicht so aussehen, wie wir sie kategorisiert haben.
  • Wirkt etwas aufgrund fehlender Umgebungshelligkeit dunkler, wissen wir dennoch über welche Farbe das Objekt in Wirklichkeit verfügt. Auch wissen wir, dass Objekte nicht tatsächlich kleiner werden, wenn wir uns von ihnen entfernen.
  • Man unterscheidet zwischen Konstanzphänomene der Wahrnehmung: Größenkonstanz, Form- bzw. Dingkonstanz und Farb- und Helligkeitskonstanz
  • Ein Beispiel für Größenkonstanz ist, dass wir Objekte in unterschiedlicher Entfernung dennoch gleich groß wahrnehmen.
  • Ein Beispiel für Form- und Dingkonstanz ist, dass ein Teller aus verschiedenen Betrachtungswinkel immer als rund erscheint.
  • Ein Beispiel für Farb- und Helligkeitskonstanz ist, dass wir weißen Schnee auch bei Dämmerung als weiß wahrnehmen.

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