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Was bedeutet Tacheles, warum heißt es so: Bedeutung und Herkunft


was bedeutet tacheles wo kommt es her

Mal Tacheles reden oder jetzt gibt’s Tacheles sind Redewendungen, welche genutzt werden – um eine klare Botschaft zu senden. Tacheles kann demnach übersetzt werden mit Klartext, reine Sachinformation oder zur Sache kommen.

Was bedeutet Tacheles ursprünglich: Bedeutung und Verwendung

Das deutsche Wort Tacheles geht auf das jiddische Wort Tachlis zurück und bedeutet so viel wie „Klartext reden“. Tacheles ist ein sogenannter Jiddismus, ein aus dem Jiddischen stammendes Lehnwort. Es wird aber nicht alleinstehend verwendet, sondern immer in Form der Redewendung „Tacheles reden“.

Das jiddische Tachlis bedeutet so viel wie (praktischer) Zweck oder (vernünftiges) Ziel. „Tachlis“ im Jiddischen hat dieselbe Bedeutung wie „Tacheles reden“ im deutschen Sprachgebrauch, nämlich eine bestimmte Sache offen, unverblümt, unverhüllt und ohne falsche Rücksichtnahme mit einem Ziel und zu einem bestimmten Zweck zu diskutieren und zu klären.

Beispiele für die Verwendung der deutschen Redewendung:

  • Wir können noch lange um den heißen Brei herumreden. Lass uns endlich Tacheles reden und auf den Punkt kommen.
  • Lass uns Tacheles reden und endlich zur Sache kommen.

Häufig wird diese Redewendung auch verwendet, um ein heikles Thema anzuschneiden. Den Gesprächspartnern wird dadurch schon einmal angekündigt, dass gleich offene Worte und vielleicht auch unangenehme Wahrheiten ausgesprochen werden. Beispielsweise in Formulierungen wie:

  • Lass uns reinen Wein einschenken und Tacheles reden.
  • Lass uns reinen Tisch machen und Tacheles reden.

Zur Herkunft des Wortes Tacheles

Neben Tacheles gibt es viele andere Lehn- und Fremdworte, die aus dem Jiddischen kommen. Es sind Jiddismen, die ursprünglich aus dem Hebräischen stammen. Über das Jiddische und das Rotwelsche gelangten sie seit dem 15. Jahrhundert in den deutschen Sprachschatz. In einigen Dialekten und Stadtmundarten spielen sie noch heute eine große Rolle, beispielsweise in Mannheim, Koblenz, Frankfurt, Berlin oder auch in Wien. Geläufige Wörter sind:

  • Schlamassel
  • Meschugge
  • Mischpoke
  • Schickse
  • Schmonzette
  • Kaff
  • Tinnef
  • Chuzpe
  • Reibach
  • Ganove
  • Schmiere (stehen)
  • Malochen
  • Zocken

Seit den 1960er-Jahren werden im allgemeinen Sprachgebrauch Jiddismen wieder vermehrt verwendet. Im aktiven deutschen Wortschatz sind heute allerdings nur noch etwa 50 Jiddismen belegt. Seit den 1980er-Jahren hat „Tacheles“ im Journalismus regelrecht Hochkonjunktur. Seither wird überall Tacheles geredet, in der Politik („Der Kanzler redet Tacheles“), in der Wirtschaft („Kaum ein Tag, an dem kein US-Notenbanker Tacheles redet“) und auch im Sport: „Mats Hummels redet nach 2:4 gegen Glasgow Rangers Tacheles“.

Das jiddische Wort Tachlis stammt vom hebräischen Wort Tachlit ab. Tachlit bedeutet Vollendung oder auch Äußerstes. Tachlis ist von Tachlit abgeleitet und wurde dann benutzt, wenn es um ein Ziel oder um den Zweck einer Sache ging. Ein Beispiel: „Wer kein Tachlis hat, der drischt leeres Stroh“. Es wurde aber schon früh auch in der heutigen deutschsprachigen Bedeutung gebraucht. Dazu folgende Beispiele: „Tachlis!“ oder „Mach tachlis!“ für „Komm endlich auf den Punkt!“, „Beeil dich“, „Komm zur Sache“ oder „Das hat keinen tachlis“ für „Das hat weder Hand noch Fuß“. Außerdem zeigt die Silbe „bal“ sowohl im Hebräischen wie auch im Jiddischen als erstes Element in einer Wortverbindung eine Person an. Ein Baltachlis ist also ein praktischer, entschlossener Mensch.

Jiddisch in Deutschland

In Deutschland spricht fast niemand mehr jiddisch. In den USA und in Israel erlebt das Jiddische aufgrund der jüdischen Einwanderer aus Osteuropa seit einigen Jahren aber eine regelrechte Neubelebung. Jiddisch ist die Sprache der Juden Mittel- und Osteuropas. Sie wird in den jüdischen Gemeinden Deutschlands („Westjuden“) kaum noch gesprochen. Die Sprache ist in Deutschland in Vergessenheit geraten, denn unter den Nationalsozialisten wurden nicht nur Millionen Juden ermordet, sondern auch deren schriftliche Hinterlassenschaften vernichtet. Briefe, Lehrbücher und andere Dokumente, die zu jener Zeit noch in jiddischer Sprache verfasst waren, sind für immer verloren.

Das Jiddische entstand im Mittelalter. Es war eine Mischung aus Hebräisch und Mittelhochdeutsch. Nach der ersten großen Judenverfolgung in Europa im 14. Jahrhundert, während der sogenannten Pestpogromen, flüchteten tausende Juden nach Osteuropa. Hier mischte sich das Jiddische mit der slawischen Sprache zur Schtetl-Sprache der „Ostjuden“. In Deutschland des 18. Jahrhunderts gehörte ein großer Teil der Juden dem Bildungsbürgertum an, der das Jiddische mittlerweile aufgegeben hatte. Sie wollten sich anpassen und haben Deutsch als Sprache bevorzugt. Übrig geblieben sind jiddische Sprichwörter und Wortwendungen, die bis heute die deutsche Alltagssprache bereicherten.

Verballhornung des Jiddischen

Genaugenommen ist Tacheles eine Verballhornung des jiddischen Tachlis. Unter einer Verballhornung versteht man eine Neubildung eines Wortes oder einer Redewendung. Dies kann absichtlich oder unbewusst erfolgen. Die Bedeutung des verballhornten Ausgangswortes bleibt dabei aber bestehen. Beispiele dafür sind:

  • „Hals- und Beinbruch“ vom jiddischen „hatsloche un broche“, was so viel wie „Erfolg und Segen“ bedeutet.
  • „Hokuspokus“ vom lateinischen „hoc est corpus“ (eigentliche Bedeutung: „das ist mein Leib“) der lateinischen Messe
  • „Unter aller Kanone“ vom lateinischen „sub omni canone“ (eigentliche Bedeutung: „unterhalb der Messskala“)
  • Ratzefummel für Radiergummi

Volksetymologie – aus hebräischen Wörtern werden jiddische

Werden unklare oder unbekannte Wörter oder Wortteile ungewollt falsch an bekannte muttersprachliche Wörter angepasst, spricht man von Volksetymologie oder auch von Fehletymologie. Hierbei handelt es sich um inhaltliche Umdeutungen. Bei solchen Wortbildungsprozessen wird ein unbekanntes oder in seiner Bedeutung undurchsichtiges Wort, beispielsweise ein Fremdwort, zu einem vertraut klingenden Wort umgebildet. Dies geschieht durch lautliche Veränderungen oder indem neue, fantasievolle Wörter gebildet werden. Aus hebräischen Begriffen wurden im Mittelalter jiddische. Vermittelnde Sprache war in den meisten Fällen das Rotwelsche. Beispiele:

  • Aus dem hebräischen „Rosch ha-Schana“, der Bezeichnung für „Anfang des Jahres“, wurde der „Gute Rutsch ins neue Jahr“.
  • Aus dem hebräischen „Sturmwind“ (hech supha) wurde die Redensart „Es zieht wie Hechtsuppe“.

Jiddisch im Rotwelschen

Rotwelsch ist ein Sammelbegriff für die Sprache gesellschaftlicher Randgruppen. Das Wort Welsch bedeutet im übertragenen Sinne „fremdartig“ oder „unverständlich“ und taucht heute noch in dem Wort Kauderwelsch auf. Der Wortbestandteil Rot kommt von dem rotwelschen Wort Rot für Bettler und findet sich auch in „Rotte“ für Bande oder auch im Mittelniederländischen „rot“ für faul und schmutzig. Rotwelsch war zunächst also eine abwertende Fremdbezeichnung und wurde mit „Gaunersprache“ gleichgesetzt. Spätestens im 15. Jahrhundert war Rotwelsch aber die Selbstbezeichnung der Sprache ihrer Sprecher. Rotwelsch war ein Soziolekt, eine Gruppensprache.

Die Mitglieder dieser Sprechergemeinschaft betrachtete sich als eine Gruppe von Eingeweihten mit einer eigenen Sprache. Das Rotwelsch war identitätsbildend und integrativ und stärkte den Zusammenhalt sozial ausgegrenzter Gruppen. Dazu gehörten spätestens seit dem Mittelalter auch die Juden. Sie waren von den meisten Berufen ausgeschlossen und waren bis ins 19. Jahrhundert hinein sehr häufig fahrende Händler und Hausierer. Dies erklärt das große Vorkommen hebräischer bzw. jiddischer Wörter im Rotwelschen.

Das Rotwelsche ist aber keine eigenständige Sprache. Es unterscheidet sich hauptsächlich lexikalisch und in seinen Dialektvarianten von der deutschen Umgangssprache. Das Rotwelsche ist ein Jargon, eine Art Sonderwortschatz mit vielen Entlehnungen, Umdeutungen, Buchstabenverdrehungen und lautmalerischen Verballhornungen aus dem Westjiddischen. Beispiele:

  • baldowern („auskundschaften“) kommt vom jiddischen baal („Herr“) und dowor („Sache“). Baal davar bedeutet also der „Herr der Sache“.
  • Saure-Gurken-Zeit („schwierige Zeit“) kommt vom jiddischen Zores- und Jokresszeit, ausgesprochen „Soires un Jokre-Zeit“ („Zeit der Not und der Teuerung“).

Ohne das Rotwelsche würde es heute viele jiddische Wörter und Redewendungen nicht mehr geben. Sie wären vermutlich nie aus dem hebräischen in den deutschen Wortschatz gelangt. Die deutsche Umgangssprache wäre um viele Redewendungen ärmer.


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