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Was geschah mit der Hagia Sophia nach dem Fall Konstantinopels (1453)


Als die Osmanen die byzantinische Hauptstadt Konstantinopel einnahmen, war die Hagia Sophia das erste Ziel des neuen Herrschers. Unter der Herrschaft von Sultan Mehmed II. wurde die frühchristliche Kirche zur Moschee.

Die Hagia Sophia ab 1453

Am 29. Mai 1453 eroberten die Osmanen unter ihrem Führer Sultan Mehmed II das damalige Konstantinopel (auch Byzanz). Der Sultan hatte einen großen Respekt vor der prächtigen Kaiserstadt. Er soll den byzantinischen Kaiser Konstantin XI mehrmals schriftlich zur Kapitulation aufgerufen haben. Mehmed wollte so die Zerstörung der Stadt verhindern. Als der Kaiser ablehnte, nahm der Sultan sich die Stadt siegreich mit Gewalt. Dabei kam es zu großer Zerstörung und viel Leid.

Der Sultan ritt erst einige Stunden nach der brutalen Plünderung und Brandschatzung der Stadt ein. Sein Ziel war die Hagia Sophia. Einigen Geschichtsschreibern zufolge soll er zu Pferde in die Kirche geritten sein.

Am Vortag hatte ein letzter christlicher und orthodoxer Gottesdienst in der Kirche stattgefunden. Einige Bürger Konstantinopels hatten in der Kirche Schutz vor den Osmanen gesucht. Sie wurden verschleppt, getötet oder geschändet. Mehmed betete auf dem Boden der Kirche. Er danke Allah für den ruhmreichen Sieg.

Aus der Hagia Sophia wurde eine Moschee

Am folgenden Tag soll der Sultan auf der Kuppel der Hagia Sophia gestanden und traurig auf die Zerstörung geschaut haben. Er gelobte, die Stadt wieder aufzubauen. Mehmed verlegte seine Residenz an den Bosporus und aus Konstantinopel wurde Istanbul.

Die Umbauarbeiten am Gotteshaus waren eines der ersten Projekte in der Stadt. Christliche Insignien, Statuen, die Kirchenglocken, der Altar und weitere Ausstattungen wurden entfernt oder zerstört. Wandmalereien und christliche Mosaike verschwanden unter einem dicken Putz. Kreuze weichten dem Halbmond und vom ersten Tag der Eroberung an nutzen Muslime den Prachtbau zum Gebet.

Mehmed ließ in den kommenden Jahren alle für die Nutzung als Moschee notwendigen Ergänzungen anbauen. So bekam die ehemalige Kirche ein Minarett (Turm), eine muslimische Gebetsnische und eine Sultansloge. In den folgenden hundert Jahren kamen drei weitere Minarette dazu. Bis heute ist die Hagia Sophia von vier Minaretten umgeben.

Eine Kirche als Vorbild für Moscheen

Schon zu ihrer Bauzeit im 5. Jahrhundert n. Chr. war die Hagia Sophia einzigartig in der Welt. Der heutige Bau geht auf Kaiser Justinian (482 bis 565 n. Chr.) zurück. Dieser soll das Bauwerk im Traum gesehen haben und beauftragte die besten Architekten seiner Epoche mit der Umsetzung.

Gegründet wurde der Kirchenbau an der Stelle bereits von Kaiser Konstantin II (3. Jhd. n. Chr.). Er überbaute einen heidnischen Tempel mit einem Vorläufer der heutigen Kirche.

Lange war die Hagia Sophia die Kathedrale Konstantinopels, später die Hauptkirche des Byzantinischen Reiches (auch Oströmisches Reich) sowie der Mittelpunkt des oströmischen Christentums, der Orthodoxie.

Nach der Einnahme der Osmanen entwickelte sich der Prachtbau zu einem Vorbild für die Architektur der morgenländischen Moscheen. Bis heute ist die Hagia Sophia mit ihrem quadratischen Grundriss eine ungewöhnliche Kirche und Kathedrale (ansonsten meist rechteckig angelegt).
Man könnte meinen, der Bau ähnele Moscheen. Doch tatsächlich ging die Baukunst der Moscheen aus einer ehemaligen Kirche hervor – der Hagia Sophia.

Nutzung als Museum und Rückkehr zur Moschee

Im Jahr 1934 regte der erste Präsident der noch jungen türkischen Nation an, die Hagia Sophia in Staatseigentum umzuwandeln (Säkularisation). Von diesem Zeitpunkt an sollte der Bau nicht mehr als Moschee, sondern als Museum dienen. Der Ministerrat stimmte dem zu und so war die Hagia Sophia bis 2020 ein Museum und Besuchermagnet der türkischen Metropole.

Vor einigen Jahren hatten islamistische Verbände gegen die Nutzung des Wahrzeichens (Sieg des Islam über das Christentum) geklagt. Aus der Hagia Sophia sollte wieder eine Moschee werden. Am 10. Juli 2020 hat das oberste Verwaltungsgericht der Türkei dem Antrag stattgegeben. Das erste moslemische Gebet fand auf Anordnung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am 24. Juli 2020 statt. Seitdem ist das Gebäude wieder eine Moschee. Touristen und Staatsleute reagierten zunächst bestürzt auf die komplette Schließung des Wahrzeichens für Besucher.

Doch der Präsident und Tourismus Minister erklärten, dass die Schließung nur vorübergehend während des Umbaus sei. Später dürften auch Nicht-Muslime und Ausländer den Bau wieder betreten, wenn sie sich an die islamischen Regeln (außerhalb der Gebetszeiten, ohne Schuhe und mit sauberen Füßen) halten.

Die Hagia Sophia wird also ein internationales Wahrzeichen Istanbuls bleiben. Trotz der Islamisierung gilt sie bis heute als eine der am wenigsten veränderten frühchristlichen Kirchen dieser Welt.


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