Was bedeutet Faustregel: Definition, Ursprung, Bedeutung, Herkunft & Verwendung
Die Faustregel ist eine Methode, um ohne komplizierte Berechnungen, einen Wert zu ermitteln. Das Ergebnis ist nicht genau, aber ausreichend für das Vorhaben. Wie der Begriff entstand, ist nicht genau geklärt. Es existieren hierzu mehrere Theorien.
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Was bedeutet Faustregel
Eine Faustregel bezeichnet eine einfache Möglichkeit, einen Wert zu berechnen. Dafür sind keine komplizierten Formeln oder viel Vorwissen nötig. Die Berechnung lässt sich im Kopf durchführen. Sie ist zwar nicht so genau wie eine Rechnung mit den entsprechenden Formeln, für das Vorhaben aber ausreichend.
Viele Faustregeln beruhen auf Erfahrungen. Für sie sind häufig gar keine Berechnungen notwendig. Gibt es zwar eine genaue Möglichkeit zur Berechnung und dauert diese zu lang, wendet man stattdessen die Faustregel an.
Andere Redensarten, die synonym zur Faustregel verwendet werden können, sind „Pi mal Daumen“ oder „Über den Daumen gepeilt“. Die Möglichkeit, ohne viel Vorwissen oder Formeln eine ausreichend präzise Aussage zu einem mathematischen oder anderem wissenschaftlichen Problem zu treffen, nennt man Heuristik.
Im Englischen spricht man von der „rule of thumb“. Übersetzt bedeutet das „Daumenregel“. Dieses Wort wird im Deutschen genau wie „Faustregel“ verwendet. Die Hand, die Finger bzw. der Daumen haben demnach eine besondere Bedeutung – wenn man das einfache Abschätzen bzw. Abzählen eines Vorganges beschreibt.
Beispiele für Faustregel
Entfernung von Gewitter
Bei Gewitter kann man die Entfernung des Unwetters durch den Abstand von Blitz und Donner in Sekunden ermitteln. Nach dem Blitz zählt man die Sekunden, bis der Donner zu hören ist. Das Ergebnis teilt man durch drei und erhält die Entfernung in Kilometern.
Diese Methode ist eine Faustregel, da die genaue Berechnung deutlich komplizierter wäre. In Wirklichkeit bewegt sich der Schall nicht 1/3 Kilometer pro Sekunde. Seine Geschwindigkeit hängt nicht nur von der Umgebungstemperatur ab. Auch die Luftfeuchtigkeit und die Beschaffenheit der Körper, die auf seinem Weg liegen, beeinflussen sein Tempo. Bei trockener Luft und 20 °C beträgt die Schallgeschwindigkeit allerdings genau 343,2 Meter pro Sekunde. Um die Entfernung des Gewitters ungefähr zu ermitteln ist die Faustregel daher völlig ausreichend.
Minuten bis zum Sonnenuntergang
Wenn sich die Sonne dem Horizont nähert, kann man durch eine Faustregel bestimmen, wie viele Minuten Tageslicht noch bleiben. Dafür streckt man den Arm mit abgewinkelter Hand von sich, sodass man seine Handinnenfläche sieht. Die Hand wird am ausgestreckten Arm so positioniert, dass der kleine Finger den Horizont berührt. Nun zählt man, wie viele Finger zwischen Sonne und Horizont passen. Ein Finger entspricht dabei 15 Minuten.
Diese Methode reicht für Wanderer völlig aus, um etwa herauszufinden, wie lange sie noch Tageslicht haben werden. Wirklich genau ist sie aber nicht. Außerdem lässt sie sich nur nachmittags oder abends anwenden, wenn noch höchstens acht Finger zwischen Sonne und Horizont passen.
Wie schnell sich die Sonne dem Horizont nähert, hängt von der Jahreszeit und dem Standort auf der Erde ab. Am Äquator dauert die Dämmerung nur etwa 20 Minuten, da die Sonne dort senkrecht untergeht. In Mitteleuropa schneidet sie beispielsweise flacher, weswegen die Dämmerung länger dauert. Weiter nördlich, bzw. südlich vom Äquator schneidet sie noch flacher.
Die Faustregel, dass ein Finger breit 15 Minuten Sonnenlicht entspricht, lässt sich nur in mittleren geografischen Breiten anwenden.
Faustregeln für die deutsche Rechtschreibung
Die deutsche Rechtschreibung ist durch verschiedene Regeln festgelegt. Für viele Bereiche gibt es zusätzlich Faustregeln, die zwar häufig stimmen, aber auch mal falsch liegen können.
Beispielsweise muss ein Satzabschnitt meistens mit Kommata abgetrennt werden, wenn er sich auch in Klammern setzen lassen würde. Großgeschrieben wird jedes Wort, vor das man einen Artikel, eine bestimmte oder unbestimmte Mengenangabe oder ein Adjektiv setzen kann.
Diese Faustregeln reichen für den Alltag aus. Will man wirklich fehlerfrei schreiben, muss man zusätzlich die genauen Regeln kennen.
Herkunft der Faustregeln
Wo die Faustregel ihren Ursprung hat, ist nicht bekannt. Es existieren verschiedene Theorien, die naheliegend klingen, aber nicht bewiesen sind.
Johann Georg Faust
Johann Georg Faust war ein Wunderheiler, der von etwa 1480 bis 1541 lebte. Er gilt als Vorlage für Goethes Faust I und Faust II. Der Name „Faust“ kommt aus dem Lateinischen. Während der Renaissance war „Faustus“ ein üblicher Gelehrtenname. Er bedeutet „der Glückliche“. Der Träger wollte damit seine gute Bildung ausdrücken, mit der er den Menschen Glück bringt. In Knittlingen, Fausts Geburtsort, ist er allerdings auch als normaler Familienname belegt.
Ab 1506 sind mehrere Besuche in Süddeutschland überliefert, bei denen Faust auch als Magier oder Wahrsager auftrat. Dabei traf er jedoch häufig auf Menschen, die in ihm nichts weiter als einen Betrüger sahen.
Einer davon war Johannes Trithemius, ein Abt, der Faust 1506 nahe der Stadt Gelnhausen traf. Er berichtete ein Jahr darauf dem Astrologen und Mediziner Johann Virdung von seinen Beobachtungen in einem Brief.
Darin schreibt er, dass Faust sich wann immer es sich anbot, als der Beste in einem Gebiet darstellte. Er behauptete, die Gesamtwerke Platons und Aristoteles aus dem Kopf besser wiedergeben zu können, als die Philosophen selbst. Außerdem sei er in der Lage, alle von Jesus Christus vollbrachten Wunde selbst durchzuführen. Dabei merkte er zusätzlich an, dass ihm dies in beliebiger Zahl möglich sei und wann immer er es wolle.
Ein Zusammenhang mit der Bedeutung seines Namens wird 1513 deutlich. Der Humanist Mutianus Rufus traf Faust in einer Herberge an und hörte seine Prahlereien. In einem Brief verdeutlicht Rufus die Abneigung, die er gegenüber Faust verspürte, als er ihm beim Handlesen zusah. Gleichzeitig gibt er aber auch an, nicht eingegriffen zu haben, als er den Menschen Geld für seine Dienste abnahm. „Die Dummen“, wie er sie nennt, würden ihn ja nicht kümmern.
Auch später treibt Faust es mit seinen Betrügereien immer wieder zu weit, wird aber kaum dafür belangt. Man verweist ihn der Stadt, wenn er auffällt, woraufhin Faust einfach weiterzieht. Sein Name „der Glückliche“ schien zumindest ihm selbst Glück zu bringen, da er größeren Strafen stets entging. Er war den Behörden schlicht die Mühe nicht wert.
Am Ende soll Faust in einer Explosion gestorben sein, als er versuchte, Gold herzustellen. Bis dahin hatte er mindestens 24 Jahre von Betrügereien gelebt.
Überträgt man sein Leben auf den Begriff „Faustregel“ könnte dieser bedeuten, dass etwas ohne wissenschaftlichen Gedanken, trotzdem lang genug gut geht und daher ausreicht. Auch der Name allein könnte der Ursprung für die Faustregel sein. Schließlich stellt eine Faustregel einen glücklichen Zufall dar. Man benötigt weder Vorwissen noch komplizierte Formeln und damit viel Zeit, um zum Ziel zu kommen.
Längen- und Winkelmaß Faust
Bei Faust oder Faustbreit handelt es sich um ein Längenmaß, das die geballte Faust als Einheit nutzt. Mit der Faust wurde in Österreich die Größe eines Pferdes gemessen. Sie entspricht etwa 10 cm.
Am ausgestreckten Arm markieren die Fingerknochen bei geballter Faust etwa 3, 5 und 8°. Die Faust eignet sich daher auch zum Schätzen von kleinen Winkeln.
Dadurch könnte sich der Begriff „Faustregel“ entwickelt haben. Die Faust entspricht etwa 10 cm Länge oder bestimmten Winkeln. In vielen Situationen ist die Faust ausreichend, sodass durch ihre Hilfe keine komplizierten Berechnungen nötig sind. Genaue Messungen kann sie aber nicht ersetzen.