Artenvielfalt im Regenwald: Welche Tiere und Pflanzen leben dort
Das Leben im Regenwald ist geprägt von extremen Bedingungen wie anhaltend hohen Temperaturen und einer hohen Luftfeuchtigkeit. Das Nahrungsangebot ist knapper, als die berauschende Vielfalt und das üppige Grün vermuten lassen. Ein komplexes System aus Spezialisierungen und Anpassungsvorgängen ist notwendig, um einen derart vielschichtigen Lebensraum zu erschaffen, zu erhalten oder um dort zu überleben.
Anpassungsstrategien im Regenwald
Als Regenwälder werden immerfeuchte Wälder, wie sie hauptsächlich in den tropischen Klimazonen zwischen dem Äquator und den Wendekreisen zu finden sind, bezeichnet. In diesen Gebieten bleiben die Temperaturen das ganze Jahr über konstant erhöht. Die nur geringfügigen Temperaturunterschiede gewährleisten der Pflanzenwelt eine nahezu ununterbrochene Vegetationszeit. Ein Großteil der Regenwaldgebiete trägt immergrünes Laub und ist entsprechend enorm reich an Biomasse.
Die Böden dieser nach außen hin so üppigen Waldgebiete sind karg und bieten nur wenige Nährstoffe. Die Vegetation entwickelt unter diesen Bedingungen interessante und weitestgehend jahreszeitenunabhängige Stoffkreisläufe. Das Leben verlagert sich zu großen Teilen in die Höhe, dorthin, wo Nährstoffe produziert und gefunden werden können, wo Licht und Zuflucht zur Verfügung stehen.
Man spricht von einem mehrstufigen Stockwerkbau zwischen dem wurzelüberzogenen Boden und den Baumkronen der Urwaldriesen. Jedes Stockwerk bietet unterschiedliche Lebensbedingungen. Weiter unten stehen die Pflanzen sehr dicht, es ist dunkler und wimmelt nur so von Insekten. Nach oben hin bekommen Pflanzen und Tiere mehr Licht, die Entwicklung essbarer Früchte wird wahrscheinlicher und das Dickicht aus Lianen und Sträuchern wird überschaubarer.
Tiere und Pflanzen, die hier überleben müssen, sind in der Regel hochangepasst und stark spezialisiert. Die Ausbreitungszonen und Populationsdichten einzelner Arten sind meist gering. Jede Nische bringt eine andere Vegetationsform hervor, die individuellen Lebensformen Nahrung und Unterschlupf bietet.
Die Rolle des Regens im Regenwald
Nahe am Äquator gestaltet sich die Anzahl der Sonnenstunden pro Tag das ganze Jahr über relativ gleichbleibend. In direkten Äquatorialzonen steht die Sonne konstant 12h lang am Himmel. Die Luft ist permanent warm und feucht.
Am Vormittag steigt das von den Pflanzen verdunstete Wasser auf. Die Luftfeuchtigkeit erhöht sich zunehmend und bald sammeln sich in den Wipfeln der Bäume dichte Wolkenmassen, die sich zum späten Nachmittag in heftigen Schauern wieder abregnen. Der verwitterte Boden ist nur geringfügig in der Lage, die Wassermengen aufzunehmen und zu halten und die hohen Temperaturen sorgen für eine rasche Verdunstung. Somit steht das Wasser hauptsächlich den Pflanzen zur Verfügung, die in der Lage sind, es oberirdisch aufzunehmen.
Die Niederschlagsmengen erreichen im Verlauf des Jahres bestimmte Höhepunkte. Diese Regenzeiten werden zusätzlich von starken Stürmen und Gewittern begleitet. Die Niederschlagsmenge in Regenwaldgebieten liegt im Schnitt fünfmal höher als in Mitteleuropa.
Arten von Regenwäldern
Regenwälder können anhand unterschiedlicher Kriterien eingeteilt werden. Entsprechend ihrer Nähe zum Äquator spricht man von tropischen Regenwäldern und mit zunehmender Ausrichtung zu den hin Polen von subtropischen Regenwäldern und regengrünen Feuchtwäldern bzw. Savannen.
Entsprechend der Höhenlage kennt die Wissenschaft die Einteilung in tropische Tieflandregenwälder, tropische Bergregenwälder und z. T. Wolken– und Nebelwälder. Letztere werden nicht regulär dazu gezählt. Ohnehin sind die Übergänge fließend und eine Einteilung dient eher theoretischen Überlegungen.
Tropischer Tieflandregenwald
Der tropische Tieflandregenwald erstreckt sich von den niedrig gelegenen Küstenregionen bis hin zu Gebirgslandschaften mit Höhenlagen von bis zu 1200 m. Diese Wälder sind von dichten Wasserläufen durchzogen. Die Temperaturen liegen das ganze Jahr über zwischen 24°C und 30°C.
Dem Betrachter bietet sich in Bodennähe ein dichtes überirdisches Wurzelwerk, gefolgt von einer Krautschicht, undurchdringlichem Buschwerk und dem schier unendlich wirkenden Hauptkronendach unterschiedlichster Baumarten, darunter Urwaldriesen mit einer Höhe von bis zu 80 m. Pflanzen, die die Welt seit mehreren hundert Jahren wachsen sehen haben.
Tropischer Regenwald
Ab einer Höhe von ca. 1800 m schließen sich die tropischen Bergregenwälder an. Sie ähneln ihren tiefer gelegenen Nachbarn, teilen sich jedoch in weniger Stockwerke auf. Der Wechsel von der einen in die andere Region wird vor allem durch einen Temperaturabfall auf bis zu 18°C deutlich. Zusätzlich nehmen die Niederschlagsmengen erheblich zu.
Die Anzahl der Baumarten nimmt unter diesen Bedingungen ab, die Bäume sind deutlich kleiner. Dafür erhöht sich die Anzahl der sogenannten Aufsitzerpflanzen deutlich. Dies sind unterschiedliche Pflanzenarten, die ohne direkte Abhängigkeiten in Baumnischen und auf Astgabeln gedeihen. Sie haben im Laufe der Evolution ausgeklügelte Strategien entwickelt, um ohne Bodennähe existieren zu können. Generell finden sich mehr kleinere Gewächse, der Unterbau bekommt in diesen Lagen deutlich mehr Bedeutung. Dies sorgt für eine ausgeprägtere Artenvielfalt.
Ab 2000 Höhenmetern folgen die Wolken- und Nebelwälder, die jedoch nicht mehr zwingend zu den Regenwäldern gezählt werden.
Regenwälder nach Kontinenten
Große Teile Südamerikas und Mittelamerikas sind von klassischen immergrünen tropischen Feuchtwäldern und tropischen Tieflandregenwäldern durchzogen. Das Amazonasgebiet in Südamerika stellt einen atemberaubenden Primärregenwald ( = ursprünglich)dar, der mehr als die Hälfte der Tierbestände unseres Planeten beheimatet. Viele der dort lebenden Arten sind kaum erforscht und nur unzureichend dokumentiert. Eine Besonderheit dieser Region ist das dichte Blätterdach der Paranussbäume.
Der afrikanische Kontinent bietet sowohl tropische Tieflandregenwälder, als auch Regionen mit laubabwerfenden Bäumen, die längere Trockenzeiten überdauern müssen. Das weitläufige Flusssystem des Kongo-Beckens gestaltet Sümpfe und Mangrovenwälder, die wieder ganz eigenen Arten mit sich bringen.
Auch Australien und Ozeanien verfügen über Bestände unterschiedlicher Regenwaldarten.
Das Indo-Malayische Archipel verfügt über außergewöhnliche Torfsumpfwälder und der Süden und Südosten Asiens bringt Überschwemmungs- und Auenwälder hervor. Landschaften durchzogen von Seen und Flüssen, geprägt von tropischen Tieflandregenwäldern, die von unzähligen Bächen und Sümpfen durchzogen werden. Viele der Regenwälder Asiens gestalten sich inzwischen als Mosaikwälder, Mischlandschaften, in denen die Regenwälder durch besiedelte Gebiete und andere Landschaftsformen unterbrochen werden.
Das Zustandekommen der Artenvielfalt in Regenwäldern
Die Artenvielfalt in Bergregenwäldern wird deutlich höher angegeben als in den Tieflandgebieten. Gemeint ist damit eine ausgeprägtere Biodiversität. Die Anzahl der vorkommenden Arten in Regenwäldern ist also im Verhältnis zu ihrer Fläche im Vergleich zu anderen Regionen sehr hoch.
Der ausgeprägten Artenvielfalt in Regenwälder liegen vermutlich die fordernden räumlichen und klimatischen Bedingungen zu Grunde. Im Wesentlichen scheint neben den Niederschlägen und Temperaturen vor allem die Stockwerkentwicklung zu sehr spezialisierten Anpassungsvorgängen in Flora und Fauna zu führen.
Der Wald als Ganzes befindet sich ständig im Wandel. Auf lange Zeit hin galt es, sich an trockenere und regenreichere Perioden, Überschwemmung und starke Wärmeentwicklung anzupassen. Entsprechend lassen sich unzählige Kompensationsversuche beobachten, die den Bedarf unterschiedlicher Arten an Licht, Nahrung, Wasser und Unterschlupf verdeutlichen.
Während die Pflanzen durch geschickte Formen der Ausnutzung unterschiedlicher Gegebenheiten viele unterschiedliche Wege aufzeigen, den Mangel an Nährstoffen im Boden auszugleichen und sich z. T. von diesem gänzlich unabhängig machen, entwickelt die Tierwelt hauptsächlich spezialisierte Bedürfnisse. Häufig als direkte Reaktion auf die Entwicklungen der Pflanzenwelt.
Man geht davon aus, dass diese Vorgänge selten homogen auf ein größeres Gebiet ausgerichtet stattfanden und –finden. Entwicklungsgeschichtlich bilden Düren und Naturkatastrophen sogenannte Regenwaldinseln, einzelne Waldgebiete, die vorübergehend von den übrigen Beständen abgeschnitten existieren. In jedem dieser Gebiete finden unterschiedliche Anpassungsvorgänge statt, die sich, wächst das Waldgebiet im Laufe der Zeit wieder zusammen, auch nachträglich gegenseitig beeinflussen.
Zudem existiert auf dem kargen Boden innerhalb der Pflanzengruppen keine Verdrängung. Der Nährstoffvorrat ist generell niedrig, sodass keine Art stärker profitiert als die Andere. Die Anpassung geschieht nach oben hin, in den Raum und vorwiegend unter Abhängigkeit der eigenen Möglichkeiten, Feuchtigkeit und Mineralstoffe aus der Umgebung zu gewinnen. Diese Entwicklung schafft neue Lebensräume für unterschiedliche Tierarten, welche sich wiederum an das Leben an luftigen Höhen anpassen. Ein großer Prozentsatz der im Regenwald beheimateten Tierwelt ist so z. B. in der Lage zu klettern oder zwischen den Bäumen zu gleiten.
Besondere Ausprägungen der Flora
Wie schon erwähnt ist die Pflanzenwelt des Regenwaldes verstärkt auf die Aufnahme von Feuchtigkeit und Nährstoffen aus der Umgebung angewiesen. Der Boden bietet nur geringe Nährstoffpotenziale und keine tiefe Humusschicht. Herabfallende und abgestorbene Pflanzenbestandteile erreichen nur selten eine so tiefe Ebene. Sie werden in der Regel schon auf dem Weg nach unten in einer höheren Schicht durch Tiere und Pflanzen weiter verwertet. Wachstumspotentiale gehen entsprechend von höhergelegenen Ebenen aus.
Auch Wasser kann im Boden nicht gehalten werden. Bäume verhelfen sich mit flachen oder oberirdischen Wurzel in Form von stelzenartigen oder brettartigen Gebilden. Die Pflanzen wachsen teilweise enorm dicht beieinander und nach oben hin gestaffelt, um die Wachstumszonen voll ausnutzen zu können. Häufig sind Epiphyten- Aufsitzerpflanzen, die durch clevere Techniken Wasser und Nährstoffe aus der Umgebung gewinnen. Sie leben u. a. von herabfallenden Blättern, die sich in ihren Blattkelchen zu Humus umwandeln und so Nährstoffe abgeben.
Das Bild ist geprägt von Palmen, Kletterpflanzen, Würgefeigen, Lianen, Baumfarnen, Bodendeckern, Moosen und Flechten. Bekannt sind vielen Menschen in diesem Zusammenhang die Sammeltrichter der Bromelien und die als Zimmerpflanzen beliebten Orchideen mit ihren stark spezialisierten Luftwurzeln, Geißkräuter und Lobelien.
Viele Bäume machen sich für die Bestäubung die artenreiche Gruppe der Fledertiere zu Nutze, welche sich wiederum durch die Spezialisierung auf die Vielzahl hochwachsender Blüten und Früchte entwickeln konnten.
Besondere Ausprägungen der Fauna
Abgestorbene Bestandteile, die dennoch den Boden erreichen, werden dort durch unzählige Insekten innerhalb kürzester Zeit eingearbeitet und umgehend von Bakterien und Pilzen zu Humus verarbeitet. Vorwiegend flachwurzelnde Pflanzen können direkt auf diese Nährstoffquelle zurückgreifen. So bleibt der Verarbeitungskreislauf immer in Bewegung, es kommt nicht zur Verwitterung in tiefer liegenden Erdschichten
Die größte Gruppe der im Regenwald beheimateten Tierwelt besteht aus Gliederfüßern. Spinnentiere, Blattschneideameisen, Krebstiere und Tausendfüßer bevölkern in unüberschaubaren Variationen den Boden und die Stämme der Pflanzen.
Für den Mitteleuropäer fast widersinnig wirkende Anpassungsvorgänge haben in diesen Gefilden unglaubliche Tierarten hervor gebracht. Baumsteigerfrösche, die schon in Pflanzenkelchen schlüpfen und selten einen echte Tümpel kennenlernen. Fliegende Schlangen und beängstigend große Reptilien wie Krokodile und Anakondas.
Neben Chamäleons und Schildkröten tummeln sich diverse giftige Amphibien, die durch ihre grellbunte Warnzeichnung einem vorzeitigen Tod als Beute hungriger Vögel entgehen. Was nicht giftig ist, hat gelernt sich zu tarnen. Käfer, Falter und Schrecken verschmelzen mit der Umgebung. Das Blätterdach beherbergt eine Vielzahl bunter Vögel, viele spezialisiert auf einzelne Früchte oder andere Pflanzenteile. Papageien, Paradiesvögel und Kolibris passen sich perfekt an ihren jeweiligen Lebensraum an.
Große Säugetiere sind vergleichsweise gering vertreten. Viele haben Greifschwänze oder Flughäute ausgebildet. Sie klettern geschickt von einem Baum zum anderen und können größere Abstände gleitend überwinden.
Die größten in Regenwäldern beheimateten Tiere sind die Waldelefanten. Häufiger jedoch finden sich Primaten, die in großen Gruppen die Bäume bevölkern. Mancherorts leben große Wildkatzen wie Tiger und Jaguare und kleinere aber wendige Räuber, wie Riesenotter.
Zusammenfassung
- Regenwälder gestalten sich auf allen Kontinenten unterschiedlich und variieren in der Ausgestaltung entsprechend vorherrschender klimatischer Bedingungen, die sich entsprechend der Entfernung zum Äquator und der Ausprägung der Höhenlagen unterscheiden können.
- Sie beheimaten eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten, wobei sich das Leben vorrangig auf höheren Lagen, auf verschiedenen Etagen innerhalb der Baumwipfel und Astgabeln abspielt.
- Dem Ökosystem eigene Stoffwechselkreisläufe sorgen für ein angreifbares Nährstoffangebot.
- Das Überleben basiert auf starken Anpassungs- und Spezialisierungsprozessen.
- Ein Eingriff von Außen in diese empfindlichen Systeme, wie sie durch den Menschen allzu oft geschehen, kann unter Umständen vielen Arten innerhalb kürzester Zeit die Lebensgrundlage rauben.