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Ausdauerjagd: Die Jagd in der Steinzeit bei Neandertaler und Co


Bilderhöhle von Niaux

Mailand, Italien – 11. Januar 2018: Briefmarke mit Darstellungen von Tieren aus der Bilderhöhle von Niaux, Bildnachweis: spatuletail / Shutterstock.com


Als Ausdauerjagd bezeichnet man die ursprüngliche Jagdmethode der Steinzeitmenschen. Es handelt sich dabei, um eine spezielle Form der Hetzjagd, bei der die Beutetiere bis zum Tode verfolgt werden. Als Begründer der Steinzeitjagd wird Homo erectus angenommen.

Die Jagdweise vom Menschen der Steinzeit ist aus dem Tierreich übernommen

Im Tierreich unterscheidet man zwischen zwei Jagdmethoden, welche als Hetzjagd oder Lauerjagd bezeichnet werden.

Bei der Lauer- oder Schleichjagd pirscht sich ein Beutegreifer an ein Beutetier nahe genug heran und überrascht dieses überfallartig. Um die Lauerjagd zu beherrschen, müssen die Prädatoren auf die Windrichtung achten, damit sie nicht vom Beutetier gewittert werden können. Außerdem erfordert die Schleichjagd ein lautloses Anschleichen, einen Unterschlupf oder Dickicht – um nicht gesehen zu werden. Typische Lauerjäger sind Katzen, aber auch Reptilien (Schlangen, Krokodile, Echsen).

Typisch für Lauerjäger ist, dass diese als Einzelgänger agieren. Tiere, welche in Gruppen, Sozialverbänden oder Rudeln leben – müssen sich nicht anschleichen. Stattdessen können sie ihre Beutetiere aufhetzen und ihnen im Verbund nachjagen. Dabei übernimmt jedes Rudeltier eine bestimmte Aufgabe. So beginnt bspw. ein Beutegreifer die Jagd, indem er die anvisierten Beutetiere auftreibt, welche dann flüchten.

Ein anderer Beutegreifer des Rudels greift von einer anderen Seite an und versperrt der flüchtigen Beute den Weg. Dadurch werden die Beutetiere so lange gehetzt, bis diese erschöpft sind und nicht mehr flüchten können. Dann fällt das angreifende Rudel über die Beute her, tötet es und frisst es.

Typische Hetzjäger sind Wölfe oder Löwen. Die Jagddominanz entsteht bei diesen Raubtieren durch die Gruppenstärke, die Zusammenarbeit bei der Jagd und der Jagderfahrung.

Beim Jetztmenschen und auch bei allen anderen ausgestorbenen Menschenarten der Steinzeit waren beide Jagdtechniken genetisch vorhanden. Denn die Menschheit gehört biologisch zum Tierreich. Somit unterscheidet sich eine menschliche Zelle nicht von einer Tierzelle. Auch der Grundbauplan eines Menschen ist identisch zu den meisten Säugetieren. Aber die menschliche Physiologie und die Besonderheiten in seiner Anatomie zwangen die Steinzeitmenschen dazu, die Jagdweise der Tiere etwas abzuwandeln.

Der Steinzeitmensch war zu langsam, um ein Lauerjäger zu sein

Die heutige Jagdmethode der Menschheit ist eine Lauerjagd. Irgendwo liegt ein Jäger mit einem Gewehr auf der Lauer und wartet ab bis ein Beutetier seinen Weg kreuzt. Dann gibt es den tödlichen Schuss und der Jagderfolg ist da. Aber in der Steinzeit hatten die Menschen keine Gewehre. Zwar gab es später Fernwaffen, wie Steinschleuder oder Pfeil und Bogen. Aber diese mussten erst erfunden werden.

Die Jagd existierte bereits vor der Erfindung von Waffen. Denn kein Mensch und auch kein Steinzeitmensch erfindet irgendwas, um dann herauszufinden – was man damit machen kann. Pfeil und Bogen wurden demnach nur erfunden, um die Erfolgsaussichten einer Jagd zu erhöhen.

Wenn man sich einen Menschen ohne Waffe als Lauerjäger vorstellt, wird klar – dass man keine schnellen und kleinen Fluchttiere jagen kann. Somit sind Hasen oder andere flinke Läufer schon einmal keine leichte Beute. Besser wäre es, sich an eine Antilope oder ein Reh anzuschleichen, dieses dann überfallartig zu überraschen, zu überwältigen und dann zu erdrosseln oder zu erschlagen.

Wenn man sich aber vorstellt, dass ein Mensch vielleicht bis auf 10 Meter an die Tiere herankommt – müsste der Überfall innerhalb von Sekunden geschehen. Würde man nicht innerhalb von 1 oder 2 Sekunden, das Huftier überwältig haben – würde es flüchten. Und ein Hinterherlaufen ist wohl kaum möglich für einen Menschen.

Der Mensch ist demnach viel zu langsam, um als echter Schleichjäger erfolgreich zu sein.

Der Steinzeitmensch war zu schwach, um ein Hetzjäger zu sein

Bei der Hetzjagd wird ein Tier so lange gehetzt, bis es erschöpft zu Boden fällt. Dann kann man es töten.

Aber Tiere, wie Hasen, welche zwar flink sind – aber über kaum Ausdauer verfügen – kann man als Hetzjäger auf keinen Fall jagen – da diese sich innerhalb von 10 Sekunden in Erdlöchern verstecken. Und 10 Sekunden sind keine Hetzjagd und auch viel zu schnell vorbei für den langsamen Menschen.

Also müsste der Mensch als Hetzjäger ebenfalls das Großwild angreifen. Das Problem ist nur, dass man das Großwild über sehr weite Strecken hetzen müsste. Und dann fällt es zu Boden, ist aber nicht tot. Wenn sich ein unbewaffneter Steinzeitmensch einen Bison im Todeskampf nähert, geht die Sache höchstwahrscheinlich für den Jäger schlechter aus – als für die Beute.

Bleibt zu sagen…
Der Mensch ohne Waffen ist als Hetzjäger viel zu schwach, um sich mit dem Großwild anlegen zu können. Und wie schon gesagt. Die Waffen wurden erst nach der Jagd erfunden und nicht vorher. Also welche Wahl bleibt dem unbewaffneten Steinzeitmenschen noch, um an Fleischnahrung zu kommen?

Die Menschen in der Steinzeit wurden vom Pflanzenfresser zum Allesfresser

Die ersten Früh- und Vormenschen waren allesamt Vegetarier. Dies wird deutlich, wenn man sich die Abstammung des Menschen anschaut. Der nächste lebende Verwandte des Menschen ist der Schimpanse. Und dieser ist ein Pflanzenfresser. Alle anderen Menschenaffen und Primaten sind ebenfalls Pflanzenfresser.

Der Graben zwischen Mensch und Tier wurde vor mindestens 3,2 Millionen Jahren endgültig geschlagen. Zu dieser Zeit lebte ein Vorfahre der Menschenlinie, namens Australopithecus afarensis. Und dieser konnte wohlmöglich auf zwei Beinen gehen. Zwar gibt es auch Tierarten, welche auf zwei Beinen stehen und sogar gehen können – doch beim Menschen setzte sich die Bipedie als typische Gangart durch.

Als die Menschheit das Laufen lernte, wurde sie nicht sofort zum Fleischfresser. Aber durch Werkzeuge, welche aus Stein gemacht waren, konnten die Knochen größerer Beutetiere aufgeknackt werden.

Das darin enthaltene Knochenmark ist fetthaltig und nährstoffreich. Man nimmt an, dass die ersten Steinwerkzeuge – wie Chopper oder Faustkeil – nur deshalb erfunden wurden, um die Röhrenknochen der toten Kadaver aufzuknacken. Schnittspuren an gefundenen Knochenteilen beweisen dies.

An einzelnen Knochen fand man neben den Schnitten auch Spuren, welche darauf hindeuten, dass Fleisch vom Knochen geschabt wurde. Demnach waren Ur– und Frühmenschen – wie Homo habilis oder Homo ergaster – bereits Fleischfresser.

Wie konnte das passieren?
In der Zeit als die Frühmenschen in Erscheinung traten, kam es zu einem Umbruch in den Ökosystemen. Denn vor etwa 5,33 Mio. Jahren kam es zu einem Klimawandel. Die Epoche wird in der Erdgeschichte als Pliozän geführt. Damals wärmte sich die Erde auf, wodurch Urwälder verschwanden und Savannen entstanden. Vermutlich konnten die Vorfahren des Menschen nicht mehr genug Nahrungsreserven finden, wodurch es zu einer evolutionären Adaptation im Stoffwechsel, Gebiss und der Verdauung kam. Der Umstieg auf Fleisch war vollzogen.

Dass die ersten Steinzeitmenschen jedoch selbst gejagt hätten, kann man ausschließen. Denn in der Nahrungskette steht der Mensch ohne Waffen ziemlich weit hinten an. Stattdessen nimmt man an, dass sich die ersten Menschen noch von Aas ernährt haben, welches Löwen und andere Raubtiere hinterließen.

Da aber Aas und totes Gewebe sehr schnell fault, ist deren Verzehr mitunter sehr riskant. Frisches Fleisch, welches der Mensch selbst jagen würde, ist viel bekömmlicher. Und mit dem aufrechten Gang erhielt die Menschheit auch die Fähigkeit, um als Spitzenprädator in der Nahrungskette aufzusteigen.

Die Ausdauerjagd wird durch den aufrechten Gang der Steinzeitmenschen möglich

Bei der Ausdauerjagd wird – anders als bei der herkömmlichen Hetzjagd – das Beutetier zu Tode gehetzt. Nun fragt man sich, wie das gehen soll. Wer schon einmal mit seinem Hund joggen war, weiß – dass dieser irgendwann einfach stehen bleibt und nicht weiterläuft.

Wieso?
Ein Hund und jedes andere Säugetier – außer dem Menschen – reguliert seine Körperwärme hauptsächlich über das Atmen. Will der Hund also Körperwärme abgeben, muss er mehr ausatmen. Nun hat jedes Tier beim Atmen und gleichzeitiger Fortbewegung ein Problem. Denn immer dann, wenn die Vorderpfoten auf den Boden aufkommen – werden die Innereien der Tiere nach vorn gestoßen.

Wie jetzt?
Laufen ist gleichzusetzen mit einem kontrollierten Springen, wobei gerade der Aufprall besonders intensiv ist. Denn beim Aufprall auf den Vorderpfoten der Tiere stoßen die inneren Organe nach vorne, wodurch die Atemluft aus der Lunge gepresst wird.

Da Laufen mit einem kontrollierten Sprung gleichgesetzt werden kann, werden die Innereien beim Absprung nach hinten verschoben. Dadurch wird Atemluft angesaugt, welche in die Lungen strömt und somit die Einatmung der Tiere ermöglicht.

Was heißt das jetzt für den Hund?
Setzen die Hinterbeine des Hundes beim Laufen auf, atmet er automatisch ein. Und setzen die Vorderpfoten des Hundes beim Laufen auf, atmet er automatisch aus. Und dies machen auch Pferde, Schweine und alle anderen Tiere so. Denn der Gasaustausch beim Laufen auf vier Pfoten kann gar nicht anders funktionieren.

Das bedeutet, dass jeder Vierbeiner immer nur ein Atemzug pro Schritt machen kann. Ein Zwischenatmen, um vielleicht etwas mehr Körperwärme abzugeben – ist für Vierbeiner nicht möglich. Somit kann ein Hund beim Laufen sehr schnell überhitzen und daran sterben.

Beim Menschen ist dies anders. Durch den aufrechten Gang rutschen keine Organe hin und her. Stattdessen befindet sich am Brustkorb eine Atemmuskulatur, welche unabhängig von der Fortbewegung funktioniert. Ein Mensch kann demnach pro Schritt auch zwei Atemzüge oder drei machen. Dadurch kann innere Körperwärme beim Laufen viel besser abgegeben werden.

Der aufrechte Gang begünstigt den Menschen außerdem auch aufgrund der darbietenden Sonnenfläche, so dass er bei warmen Temperaturen viel weniger Wärme abbekommt. Denn der direkten Sonneneinstrahlung sind lediglich der Kopf und die Schultern ausgesetzt. Diese beiden Körperteile nehmen die meiste Wärme auf. Bei allen Vierbeiner ist immer der komplette Rumpf einer direkten Sonnenausstrahlung ausgesetzt.

Der Körper eines Menschen besitzt zudem circa 2 Mio. Schweißdrüsen, welche bei Hitze permanent Schweiß absondern – um diesen zu kühlen. Ein Hund und jedes andere Säugetier besitzt zwar auch Schweißdrüsen, aber nicht so viele. Stattdessen besitzen Tiere auch Duftdrüsen, um Pheromone und andere Signalstoffe auszuscheiden. Diese Duftstoffe brauchen Tiere, um Reviere zu markieren oder Paarungsbereitschaft zu signalisieren.

Da der Mensch die einzige Tierart ist, welche das ganze Jahr zeugungsfähig ist, keine Reviergrenzen kennt und auch sonstige Signale über Gestik, Mimik oder Sprechen regeln kann – sind diese Duftdrüsen unbrauchbar und wurden im Laufe der Evolution durch Schweißdrüsen ersetzt. Auch das macht ihn zum Ultralangstreckenläufer im Tierreich.

Die Beine der Menschen wurden zur tödlichen Waffe der Steinzeit

Der aufrechte Gang und die damit zusammenhängende Atmung sorgten demnach dafür, dass die Menschheit immer hitzebeständiger wurde. Und da bereits im Pliozän (vor 5,33 Mio. Jahren) die schattigen Urwälder einer Savannenlandschaft weichen mussten – war dieser Lebensraum optimal für einen hitzebeständigen Ausdauerjäger.

Zwar fällt die Steinzeit erdgeschichtlich ins Pleistozän, jedoch blieben die Ökosysteme auch im Pleistozän erhalten.

Man nimmt an, dass die Steinzeitjäger – welche immer noch ohne Waffen waren – sich ein Beutetier in einer Herde ausgeguckt haben. Nun trieben die Jäger eine Herde in das Sonnenlicht. Die Fluchttiere rannten weg und die Ausdauerjäger verfolgten die Tiere weiterhin. Der Blickkontakt zur Herde blieb bestehen. Angekommen bei der Herde wurde diese erneut ins Sonnenlicht getrieben, dann weiter verfolgt und erneut aufgetrieben. Nach einigen Stunden der ständigen Flucht starb das permanent aufgescheuchte Tiere an Überhitzung.

Wieso?
Der Fluchtinstinkt beim Großwild sorgt dafür, dass diese nicht nur gemächlich wegrennen. Die Flucht ist stattdessen immer ein Sprint. Und die Jäger blieben dran und nach nur ein oder zwei Atemzügen mussten die Beutetiere wieder fliehen. Da aber ein Tier nur eins zu eins Atmen und Laufen kann, wird die Atmung irgendwann sehr schnell und flach.

Mit der Flachatmung gelangt weniger Sauerstoff in den Organismus und weniger Körperwärme aus dem Organismus. Der geringe Sauerstoffanteil im Blut führt dazu, dass weniger ATP als Energieträger in den Mitochondrien aufgebaut wird – wodurch die Energie für den nächsten Sprint fehlt. Das Tier überhitzt nach Stunden dieser anhaltenden Anstrengung und stirbt auf der Stelle.

Für die Steinzeitjäger hatte die Ausdauerjagd mindestens drei Vorteile. Zum einen war diese Jagdmethode sehr risikoarm, da kein Blutvergießen stattfand – welches Löwen oder Hyänen anlocken könnte. Und zum anderen war sie effizient, denn nur ein Wetterumsturz oder andere Zufallsereignisse standen einem Jagderfolg im Weg. Bei anderen Beutegreifer im Tierreich ist die Chance auf Jagderfolg viel geringer. Außerdem konnten die Jäger sich beim Erlegen des Tieres nicht verletzen, da es bereits zu Tode gehetzt wurde.

Homo erectus als erster Jäger der Steinzeit

An das Erdzeitalter des Pliozäns schloss sich das Pleistozän an, welches vor etwa 2,5 Mio. Jahren begann und erst vor circa 11.600 Jahren endete. Wie bereits oben beschrieben, fällt die Epoche der Steinzeit in diese erdgeschichtliche Epoche.

Homo erectus (vor etwa 2 Mio. Jahren) gilt als erster Jäger unter den Menschen. Die oben beschriebene Ausdauerjagd kann für ihn angenommen werden. In einer Studie aus dem Jahr 2020, mit dem Titel „Dehydration and persistence hunting in Homo erectus“ – welche im Journal of Human Evolution veröffentlicht wurde, sprach sich der Autor Martin Hora dafür aus, dass Homo erectus für 5,5 Stunden jagen konnte – ohne zu trinken.

Homo erectus sollte auch die erste Menschenart sein, welche das Feuer beherrschte. Die erste Feuerstelle, welche vom Menschen angelegt wurde, stammt aus der Wonderwerkhöhle in Südafrika und wird auf ein Alter von 1 Mio. Jahren datiert. Als erster Feuermacher der Menschheit wird Homo erectus genannt, welcher diese Höhle bewohnte.

Als Homo erectus das Feuer beherrschte, wurde auch das Nahrungsspektrum größer. Denn das Fleisch der Beutetiere konnte fortan gebraten werden, wodurch Bakterien und andere Krankheitserreger absterben. Jede Mahlzeit wurde somit gehaltvoller und deren Genuss war mit weniger Risiko verbunden. Außerdem ging die Nahrungsaufnahme schneller, da das Fleisch weniger zäh war.

Der Mensch sparte durch das Feuer enorm an Zeit, welche er nun in seine Fortbildung (Kultur, Erfindung) investieren konnte. Werkzeuge wurden zum Zerkleinern der Nahrung entwickelt und eingesetzt, wodurch sich die Kaumuskulatur zurückbildete.

Das Pleistozän, in welchem Homo erectus, zeitlich gehört – ist geprägt durch abwechselnde Warm- und Kaltphasen. Diese Phasenwechsel machten das Leben der Steinzeitmenschen nicht einfacher, da das Jagdwild abwanderte. Laut der Out-of-Africa-Theorie wanderte eine Population von Homo erectus vor circa 1,8 Mio. Jahren aus Afrika aus. Über die Halbinsel Sinai gelangte diese Menschenart nach Asien und Europa.

Europäische Nachfahren des Homo erectus ist der Homo heidelbergensis – welcher sich dann zum Homo neanderthalensis (Neandertaler) entwickelte. Die Schöninger Speere, welche man zwischen 1994 und 1998 in Niedersachsen (Deutschland) fand – belegen – dass Homo heidelbergensis bereits Jagdwaffen besaß. Für seinen Nachfahren (Neandertaler) sind Waffen ebenfalls belegt.

Aus der verbliebenen Population in Afrika entwickelten sich vor etwa 300.000 Jahren die erste Homo sapiens, welche noch als archaischer Homo sapiens bezeichnet werden. Auch diese wanderten, wahrscheinlich auch als Klimaflüchtlinge, aus Afrika aus.

Als diese früheren Homo sapiens in Europa ankamen, stellten sie eine Konkurrenz zum Neandertaler dar – welcher perfekt auf die europäische Eiszeit angepasst war. Diese ersten Homo sapiens werden bis zum Aussterben des Neandertalers noch als Cro-Magnon-Menschen bezeichnet.

Durch die Jagd veränderten sich kognitiven Möglichkeiten der Steinzeitmenschen

Mit der Gattung Homo (deutsch: Mensch) machte das Hirnvolumen einen Sprung, verdoppelte sich schlagartig – gegenüber den Vorfahren.

Unklar ist, ob das größere Gehirn durch die Jagd entstand oder umgekehrt. Klar ist auf jeden Fall, dass ein übergroßer Schädel mit sehr viel Gehirnmasse (Gewicht) nicht vor dem Körper getragen werden kann – sondern oben auf dem Rumpf aufsitzen muss. Somit ist die Steigerung des Gehirnvolumens erst möglich geworden, als die Menschheit begann – aufrecht zu laufen.

Etwa 20 Prozent aller Energiereserven, welche der Mensch durch seinen Stoffwechsel aufbaut, werden vom Gehirn beansprucht. Dieser Umstand erforderte auch für die Steinzeitmenschen ein weitaus höheren Energiebedarf als bei den Frühmenschen (Australopithecus und Co.).

Mit der Jagd auf das Großwild wurden auch zahlreiche kognitiven Fähigkeiten ausgebildet. So mussten die Jäger die Spuren ihrer Beutetiere lesen können, den Kot analysieren lernen und die Körpersprache der Tiere verstehen. Auch Gewohnheiten und Eigenheiten der Beutetiere mussten erfasst und verstanden werden.

Nun fragt man sich, wieso das Tier analysieren – wenn man es einfach in die Sonne scheucht. Ganz so einfach ist das nicht. Denn jedes Herdentier nutzt die Herde als Schutz. Scheucht man eine Antilope auf, läuft sie mit den anderen davon. Nun kann man sie verfolgen und neu aufscheuchen. Irgendwann ist diese aber zurück in der Herde und man scheucht die ganze Herde wieder auf.

Und da ist das Problem. Denn zurück in der Herde mischt sich die erschöpfte Antilope unter, so dass man nicht mehr ausmachen kann – welches Tier man gerade noch aufgescheucht hat.

Ein unerfahrener Jäger – welcher keine Kenntnisse über die Beutetiere hat – würde demnach immer wieder ein anderes Tier ins Sonnenlicht scheuchen. Dadurch würde seine Ausdauerleistung nachlassen, die seiner Beute würde sich aber immer wieder erholen können.

Spurenleser können das Individuum an der Fährte erkennen. Hat so ein Steinzeitjäger erst einmal die Spur aufgenommen, kann es den Fluchtweg des aufgescheuchten Tieres nachverfolgen. Dies erfordert allerdings ein Bewusstsein, ein Gedächtnis und eine kognitive Möglichkeiten zur Wiedererkennung.

Die Steinzeitmenschen brauchten demnach mehr Gehirnleistung, mussten die Tiere verstehen – mit ihnen Eins werden.

Eine Theorie zur Höllenmalerei besagt, dass die Steinzeitmenschen die Felsbilder malten – um über ihre Beutetiere einen Bann auszusprechen, wodurch diese leichter zu fangen wären. Diese Jagdzauber-Theorie gilt allerdings als umstritten.

Eine andere Theorie besagt, dass sich die Steinzeitkünstler in Trance befanden als sie diese Bilder malten und dabei eine Vision vom Jagdwild hatten. Die Trance-Theorie könnte tatsächlich wahr sein, denn nach 5 Stunden Ausdauerjagd in der Sonne ist man in einem Trancezustand. Vielleicht sollen die Felsbilder auch Jagderfahrungen in diesem Trancezustand darstellen.

Von den San, einem Steinzeitvolk in Südafrika, ist bekannt – dass diese gedanklich so sehr mit dem Beutetier verschmelzen – dass sie die nächsten Schritte des Tieres vorrausahnen können. Sie werden dadurch zum Tier.

Die Jagdtechnik der Steinzeitmenschen während der Eiszeit

Die Neandertaler waren die Supermenschen der europäischen Eiszeit. Sie waren stärker, schneller und vermutlich sogar intelligenter als die Cro-Magnon-Menschen aus der Homo-sapiens-Linie.

Heute nimmt man an, dass auch Neandertaler sprechen konnten – sich bei der Jagd absprachen und als Verbund agierten. Ihre massiven Muskeln sorgten dafür, dass sie weniger auskühlten als die schmächtigen Cro-Magnon-Menschen.

Auch ihre Jagdweise war viel dominanter. So stellten sie Bären, Mammuts, Bisons und anderen Vertretern der Megafauna nach – trieben diese in die Enge, um sie dann mit Speeren zu attackieren. Das Fleisch und das Knochenmark benötigten die Neandertaler um ihre massiven Bewegungsapparat mit Energie zu versorgen.

Heutige Neandertaler würden dem Jetztmenschen in sämtlichen sportlichen Disziplinen, welche auf reine Muskelkraft setzen, weit überlegen sein. Doch der evolutionäre Vorteil des Cro-Magnon-Menschen und späteren Homo sapiens lag in seinen Ausdauerfertigkeiten.

Was war besser?
Die Achillessehne ist die dickste und stärkste Sehne des Menschen. Sie befindet sich oberhalb des Fußes und sorgt dafür, dass bei jedem Fußtritt eine gewisse Energie vom Fuß auf die Wade übergeht. Klingt völlig banal, aber ist es keineswegs. Denn die Achillessehne ist bei den Säugetieren verschieden stark ausgeprägt, wodurch sich deren Laufmöglichkeiten drastisch unterscheiden.

Immer wenn ein Mensch auf den Boden tritt, entsteht ein Druckwiederstand zwischen Fußboden und Fuß. Dieser Druck setzt Energien frei, welche auf den Fuß übertragen werden. Durch die Achillessehne werden diese Energien auch auf die Wade gebündelt. Dadurch wirkt die Achillessehne wie ein Energiebündel bzw. Energiespeicher, welcher es ermöglicht – längere Energiereserven zwischen Fuß und Wade zu erhalten. Ähnlich wie eine mechanische Feder, welche beim Herunterdrucken eine Kraft speichert und erst beim Loslassen diese Kraft wieder freigibt.

Der Neandertaler besaß auch eine Achillessehne. Allerdings war diese kürzer, weshalb man annimmt – dass dessen Ausdauerleistung als Jäger oder Läufer gegenüber dem Homo sapiens bzw. Cro-Magnon-Menschen stark eingeschränkt war.

Zum Aussterben des Neandertalers existieren zahlreiche Theorien und alle sind umstritten. Eine Theorie besagt, dass sich am Ende der letzten Kaltzeit die klimatischen Verhältnisse so stark verändert haben, dass sich der Eiszeitjäger wieder zurück zum Ausdauerjäger entwickeln musste.

Da aber Homo sapiens als vortrefflicher Ausdauerjäger bereits in Europa angekommen war – entstand ein unmittelbarer Konkurrenzkampf um knappe Ressourcen innerhalb dieser ökologischen Nische.

Und da die Muskulatur des Neandertalers sehr viel mehr Nährstoffe brauchte, welche nun nicht mehr vollends zur Verfügung stand – kam es zum Aussterben dieser vorletzten Menschenart.

Die Jagdweise heutiger Steinzeitmenschen

Die letzten Steinzeitmenschen leben in Südafrika und werden als Volk der San bezeichnet. Noch heute erlegen sie Huftiere ohne Waffen, indem sie ihnen permanent nachstellen und diese in die Sonne scheuchen.

Als „Großer Tanz“ bezeichnen die San das Jagen einer Großen Kudu-Antilope, was mitunter 40 Stunden andauert. Laut den San verschmelzen sie während des Jagens mit ihrer Beute, sehen Richtungswechsel voraus und können erahnen, wie der Kudu als nächstes reagiert.

Die San praktizieren die Ausdauerjagd, indem sie das Tier studieren, sich einfühlen und dadurch den Jagderfolg erhöhen.


Weitere Artikel zur Steinzeit, findest du auf unsere Übersichtsseite. Außerdem werden dort die wichtigsten Fragen und Antworten zur Steinzeit beschrieben.


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