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Sigmund Freuds Drogenkonsum und Forschungsreihe zu Kokain


Mit 29 Jahren wurde Sigmund Freud zum Privatdozenten an der Universität in Wien. Nach Abschluss seines Studiums (1882) und der Stelle als Arzt im Wiener Universitätsklinikum (1882 – 1885) glaubte Freud, nun endlich eine Möglichkeit gefunden zu haben, um an Geld und Ruhm zu kommen. Mit einer Studie zur medizinischen Verwendung von Kokain, sollte der wissenschaftliche Durchbruch gelingen.

1885: Sigmund Freud Habilitation

Mit Martha Bernays war Freud mittlerweile 3 Jahre verlobt. Der Arztberuf in der Universitätsklinik Wien brachte zwar Geld ein. Jedoch reichte dieses Geld nicht aus, um eine Privatpraxis zu errichten und Martha zu heiraten.

Freud war im tiefsten Inneren immer Forscher geblieben und sehnte sich an seine Studienzeiten im Brücke-Labor zurück. Er wollte außerordentliche Erfolge, eine Kapazität darstellen und Geld war eher Mittel zum Zweck.

Die Praxis, welche er sich vorstellte, sollte auch nicht in der Provinz liegen. Stattdessen wollte er nur wohlhabende Kundschaft bedienen, welche er hauptsächlich in Wien anzutreffen glaubte.

Die Habilitationsprüfung stellte eine geeignete Maßnahme dar. Denn durch das Ablegen dieser höchsten Hochschulprüfung würde ihm die Lehrbefähigung bescheinigt werden. Eine Dozentenstelle an der Universität stellte demnach eine Möglichkeit dar, Geld zu verdienen und gleichzeitig zu forschen.

Im Januar 1885 reichte Freud den Antrag zur Verleihung ein. Seine Lehrer Brücke, Meynert und Nothnagel unterstützten ihren Schüler und befürworteten öffentlich die Ernennung. Im Juli 1885 wurde der Antrag genehmigt, womit der Dozententitel in unmittelbare Nähe rückte.

In dieser Zeit machte in Wissenschaftskreisen ein neues Mittel von sich Reden. Es handelte sich dabei um ein weißes Pulver, namens Kokain.

Sigmund Freuds Forschungen über Coca

Kokain wird aus der südamerikanischen Kokapflanze gewonnen. Zu Zeiten Freuds, noch völlig unerforscht, bekam das Mittel nun erste Aufmerksamkeit. Diese neue Substanz wurde in Wissenschaftskreise noch stiefmütterlich behandelt, wodurch Freud hier eine Chance für einen wissenschaftlichen Durchbruch sah.

Und so bestellte er bei der Firma Merck in Darmstadt die teure Substanz auf Kredit. Diese verschickten dies per Post und im April 1884 begann Freud mit den ersten Kokain-Versuchen. Zunächst erprobte er das Mittel an sich selbst und stellte dabei fest, dass dieses Mittel Energien freisetzte. Es handelte sich demnach um einen kleinen Muntermacher, welchen Freud auch an seine Verlobte nach Wasbek verschickte.

Im Juni 1885 veröffentliche Freud eine Arbeit mit dem Titel „Über Coca“. Aus dieser geht hervor, dass das Mittel besonders gut gegen Schmerzen hilft. Weiterhin kann es als Substitutionsmittel eingesetzt werden, um beispielsweise Morphiumsüchtigen zu helfen. Dass Kokain selbst eine Droge ist, war Freud zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Und so empfahl er seinem Freund und Kollegen Ernst Fleischl von Marlow die Einnahme.

Ernst Fleischl Marlow war, während Freuds Studienzeit, dessen Leiter am Brücke-Institut. Bei einer Obduktion infizierte sich Marlow mit Leichengift, weshalb ein Daumen amputiert werden musste. Seitdem litt er an Schmerzen. Um diese zu unterdrücken, nahm er Morphium und wurde davon abhängig. Freud wollte die Morphiumabhängigkeit behandeln, indem er ihm Kokain verabreichte.

Tatsächlich wurde der Schmerz, durch die Einnahme von Kokain, gelindert. Freud sah sich in seiner Vermutung bestätigt. Die scheinbar erfolgreiche Behandlung brachte Einiges ins Rollen. Denn Freud lobte das Wundermittel im „Wiener Centralblatt“ und bescheinigte dessen Wirksamkeit für die ganze Therapie.

So schrieb er, dass Kokain gegen Brechreiz und gegen Schmerzen helfen würde. Außerdem kann man es bei Depressionen und Müdigkeit einnehmen. Besonders zu empfehlen ist es, bei der Substitionsbehandlung von Süchtigen, wie beispielsweise Morphiumsucht. Denn es wirkt belebend, ohne selbst abhängig zu machen.

Diese Fehleinschätzung hatte Folgen. So wurde Fleichl-Marlow zweifach abhängig, vom Morphium und vom Kokain. Der Mehrfachabhängige wurde lediglich 44 Jahre alt, starb unter Qualen an den Folgen des Kokains. Freud hatte nicht nur den Verlust eines Freundes zu verkraften, sondern sah sich auch mit Vorwürfen der Ärzteschaft konfrontiert.

Der deutsche Psychiater Albrecht Erlenmeyer schrieb:

„Freud habe neben Alkohol und Morphium, mit dem Kokain eine dritte Geißel auf die Menschheit losgelassen.“

Neben dieser Schmach und den Vorwürfen, gesellte sich auch Pech. Denn Freud hatte die Wirksamkeit bei Schmerzpatienten entdeckt. Die wissenschaftliche Publikation lieferte allerdings Carl Koller. Mit diesem Wiener Augenarzt stand Freud im Austausch.

Koller und auch andere Augenärzte hatten das Problem, dass Patienten – bei einer Augenchirurgie – die Augen nicht offenhielten. Das Auge machte stattdessen eine automatische Reflexbewegung, was die OP schwierig gestaltete. Freud riet ihm zur Verwendung von Kokain, um die Hornhaut des Auges zu betäuben.

Daraufhin stellte Koller einige Testreihen zusammen und vollendete das Vorgedachte Freuds. Er veröffentliche dazu eine Arbeit und stellte diese auf dem Heidelberger Ophthalmologen-Kongress (Ophthalmologie = Augenheilkunde) vor. Dies war eine Sensation und machte Koller über Nacht berühmt. Heute gilt Koller als Begründer der modernen Lokalanästhesie (örtlichen Betäubung) in der Augenheilkunde.

Hat Koller die Idee gestohlen?
Nein, denn Freud war aufgrund der schlechten Ergebnisse niedergeschlagen, glaubte nicht an den Durchbruch und besuchte stattdessen seine Langzeitverlobte Martha in Hamburg-Wandsbek.

Jahre später schrieb Freud am 8. November 1934 an Josef Meller:

„Eine jetzt neunundvierzigjährige Ehegemeinschaft hat mich später für den Entgang an Jugendberühmtheit entschädigt.“


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