Unterschied zwischen Verstehen und Wissen
Man könnte glauben….
Verstehen und Wissen sind doch Synonyme. Und es existiert kein Unterschied zwischen den beiden Begriffen. Weit gefehlt. Zahlreiche Unterschiede weisen die beiden Konzepte auf, obwohl sie eng miteinander verwoben sind.
Inhalt
Vom Wissen zum Verstehen und umgekehrt
Wissen ist die Fähigkeit, bestimmte Informationen, welche du dir durch Bildung und Erfahrung angeeignet hast, wieder abzurufen. Dazu brauchst du ein Gedächtnis. Denn die Informationen sind im Gedächtnis gespeichert und können nur von dort wieder abgerufen werden. Mehr ist Wissen allerdings nicht….
Verstehen hingegen, setzt voraus, dass Menschen Bedeutungen und Ursachen von bestimmten Informationen oder Dingen kennen. Um dies zu erreichen, müssen sie etwas über die Sachlage wissen, welche sie verstehen wollen. Grundlage für das Verstehen ist somit Wissen.
Interpretationen sind möglich, sobald Wissen vorhanden ist und mit anderem Wissen kombiniert werden kann. Um beide Wissensinhalte kombinieren zu können, muss Verständnis vorhanden sein. Und Verständnis ist das Resultat von Verstehen.
Hier ein Beispiel…
Das, was dein Professor wissen möchte, nachdem er dir ein Konzept erläutert hat, ist, ob du die Erklärung verstehst. Damit ist allerdings nur gemeint, ob du ihm folgen konntest. Im Matheunterricht ist dies oft der Fall. Der Lehrer bzw. Professor macht etwas vor und die Schüler folgen ihm gedanklich durch den Rechenweg. Hat man den Vorgang nachvollziehen können, sollte sich Verständnis einstellen – oder?
Demnach sollten alle Schüler und du auch, falls du seine Frage mit ja beantwortet hast, nach vorne gehen und die Rechnung allein können. Oftmals ist dies nicht so, da Wissen fehlt. Mathematik ist eine reine Übungssache, keine Logik oder sonst etwas. Man vollzieht nach, was der Lehrer macht. Dies macht man in einfachen kleinen Schritten. Wie kommt der Lehrer von diesem Zwischenergebnis zum nächsten. Und diese Schritte schreibt man am besten auf und prägt sie sich ein.
Dann übt man. Es ist eigentlich wie Autofahren oder eine andere Tätigkeit. Jeder Handgriff bzw. Zwischenschritt wird sich eingeprägt. Denn eine Mathematikaufgabe ist so etwas Ähnliches, wie eine Kochanleitung. Zuerst das, dann das und zum Schluss umrühren.
Wenn man diese Mathematikanleitung aufgeschrieben hat, muss dies geübt werden. Das Wissen muss sich festigen, bevor es ins Verstehen geht. Leider erzählen die meisten Mathematiklehrer etwas ganz anderes. Sie erzählen nämlich, dass das Verstehen die Grundlage für Wissen und Nachmachen ist. Dies funktioniert nicht. Denn Verstehen baut auf Wissen auf und nicht umgekehrt.
Also Mathematikanleitung aufschreiben und üben. Durch das Üben wird Wissen angelegt. Und immer wieder angewendet, weiß man – wie es funktioniert. Man kann die gleichen Aufgaben, aufgrund der Schritt-für-Schritt-Anleitung, immer wieder nachmachen. Irgendwann kommen aber neue Aufgaben. Und jetzt zeigt sich, ob man diese Schritt-für-Schritt-Anleitung verstanden hat. Denn das Verständnis über eine Sachlage zu haben, befähigt dich, das Wissen auch anders anzuwenden. Denn du kannst dein Wissen mit der neuen Aufgabe verknüpfen.
Verstehen ist so ähnlich, wie umfängliches Wissen zu einem Sachverhalt zu besitzen und diese auf andere Probleme anwenden zu können. Falls neue Matheaufgaben kommen, welche du nicht lösen kannst, hast du mit der Schritt-für-Schritt-Anleitung nicht genug geübt. Denn deine Erfahrungen sind zu gering im Umgang mit dieser Art von Matheaufgaben. Also betrüge dich nicht selbst und mach die Übung weiter.
Wenn neue Unterrichtsstoff vermittelt wird, baut neues Wissen auf dem alten Verständnis auf. So führt das Verstehen wiederum dazu, dass sich neues Wissen leichter angeeignet werden kann.
Denke immer daran….
Wer schneller versteht als du, hat nur mehr Zeit mit Üben verbracht.
Wissen hilft dabei, Probleme auf die gleiche Art zu lösen
Wissen stellt ein Konzept dar, welches Menschen mithilfe von Erfahrung und Bildung gleichermaßen erwerben. Experten verwenden für dieses Konzept die Begriffe Information oder Bewusstsein. Bewusst wahrgenommene Informationen werden gespeichert und somit als Wissen abgelegt.
Information, welche ins Unbewusstsein gelangen, werden zwar ebenfalls gespeichert, können aber nicht bewusst abgerufen werden.
Aber…..
Dank ihres erworbenen Wissens entwickelt sich eine Person weiter. Dennoch übertrifft das Wissen niemals die Tiefe des Verstehens. Jeder Mensch verwendet den Begriff Wissen im Alltag und bezieht sich dabei auf seinen eigenen Kenntnisstand über bestimmte Abläufe oder Dinge.
Wissen hilft uns dabei, bestimmte Probleme des Alltags zu lösen oder Informationen zu einem Sachverhalt abzurufen. Dieses Wissen ist allerdings festgelegt. Somit handelt eine Person, ohne Verständnis über ein bestimmtes Problem, immer nach dem gleichen Muster. Sie wird nicht in der Lage sein, eine andere Möglichkeit zu finden, um das Problem zu lösen, da ihr Wissensstand oder Erfahrungsschatz dies nicht hergibt.
Wenn eine Person behauptet, nach ihrem besten Wissen und Gewissen gehandelt zu haben, heißt das, dass die Informationen, die sie hatte nach aktuellem Kenntnisstand korrekt waren. Es muss nicht die beste Lösung sein. Es ist lediglich die beste Lösung, welche im Gedächtnis abrufbar war.
Da Wissen nichts als abrufbare Informationen sind, gibt es auch triviales Wissen und triviale Probleme – welche nicht verstanden werden müssen.
Solche einfachen Informationen wären:
- Zeitpunkt der Lieblingsserie
- Die aktuellen Top drei Lieder in den Musikcharts
- Die Nummer der Straßenbahn, welche in das Stadtzentrum fährt
- Die Kochdauer von Reis
- Die Zutaten für einen griechischen Bauernsalat
Die genannten Punkte fallen in die Kategorie Wissen und unterscheiden sich von einem Verständnis, weil sie keinen Argumentationsspielraum aufweisen. Es handelt sich um Tatsachen, welche sich nicht diskutieren lassen und welche nicht zwingend neues Problemdenken auslösen.
Probiert die Person allerdings beim Bauernsalat etwas Neues aus und weicht vom üblichen Rezept ab, bekommt sie eine neue Erfahrung und somit neues Wissen. Um im Vorfeld entscheiden zu können, wie der Bauernsalat verändert werden könnte, muss die Person wissen – wie die Zutaten wirken.
Falls sie dies nicht weiß und einfach ausprobiert, wird sich eine Erkenntnis einstellen. Diese Erkenntnis wird im Wissensschatz als neue Erfahrung ebenfalls gespeichert. Gleichzeitig ergibt sich ein Verständnis darüber, wie die Zutaten kombiniert werden könnten.
Ohne das Wissen über die neue Zutat oder wie ein Bauernsalat gemacht wird, kann keine Kombination stattfinden – da keine Prognose oder Vorstellung über die Neuerung besteht, weil dazu das Wissen und das Verständnis fehlen.
Glaubst du nicht… Hier ein Beispiel…
Was würde passieren, wenn sich die Schieflage der Erde um 2 Grad ändert? Weißt du nicht? Du kannst keine Prognose dazu abgeben? Aber du weißt doch sicherlich, was die Erde ist und du weißt auch, was eine Schieflage ist, oder? Dennoch kannst du beides nicht kombinieren und eine vernünftige Prognose dazu erstellen? Oder etwa doch?
Der Grund ist, weil du beide Themen nicht komplett erfasst hast. So etwas Alltägliches, wie der Bauernsalat, ist allerdings auch nur ein Problem – wie die Schieflage der Erde. Doch dieses Problem oder ähnliche Probleme hast du wahrscheinlich oft genug gelöst und bist versiert darin. Deshalb kannst du eine Schlussfolgerung ziehen, eine Prognose erstellen – was passiert, wenn sich eine Komponente ändern sollte.
Halten wir kur fest…
- Um Erkenntnis zu erlangen, muss Wissen vorhanden sein.
- Denn Erkenntnis bedeutet etwas erkennen. Ohne Vorwissen ist kein Erkennen möglich. Du kannst schließlich auch keine Person erkennen, welche du noch nie gesehen hast – oder?
- Erst durch Wissen kann neues Wissen mit dem altem Wissen kombiniert werden, wodurch sich Erkenntnis einstellt.
- Die Grundlage, dass Wissen mit anderem Wissen kombiniert werden kann, ist dass beide Wissensinhalte zuvor erworben und verstanden worden.
- Falls die beiden Wissensinhalte zuvor nicht verstanden worden sind, ist die Person nicht zur Kombination fähig – da keine Vorrausschau bzw. Prognose erstellt werden kann.
Wissen bildet somit die Grundlage, die Menschen in ihrem Leben hilft, Aufgaben zu lösen. Erkenntnis ergibt sich dann, wenn man herausfindet, wie man diese Aufgaben auch anders lösen könnte. Beides setzt einen Kenntnisstand, also Wissen, voraus und die Fähigkeit der Neukombination, welche durch Verständnis möglich wird.
Wissen repräsentiert Informationen in Form von einer Sammlung über einen ausgewählten Sachverhalt oder eine Person. Dank der Kenntnisse über den jeweiligen Sachverhalt, treffen Menschen mehr oder weniger wohlüberlegte Entscheidungen. Sie können dadurch auch Herausforderungen begegnen und Probleme lösen. Demzufolge wirkt sich Wissen immer auf das Handeln, Verhalten, Erleben und Denken von Menschen aus.
Sogar Maschinen sind in der Lage mithilfe von erworbenem Wissen, welches durch Informationen generiert wurde, Entscheidungen zu fällen. Denn damit Menschen oder Maschinen Wissen erlangen, müssen sie zunächst Informationen verarbeiten. Allerdings ist Wissen nicht gleich Wissen. Es setzt sich aus vier unterschiedlichen Arten zusammen.
Die vier Wissensarten
- Situatives Wissen
- Deklaratives Wissen
- Prozedurales Wissen
- Sensomotorisches Wissen
Situatives Wissen ist mit unterschiedlichen Facetten und Emotionen verbunden. Im Laufe des Lebens durchlaufen Menschen zahlreiche Situationen. Sofern neue Zustände und Ereignisse eintreten, nutzen sie das Wissen, welches sie in früheren Situationen erworben haben, um das jeweilige Problem zu lösen. Dabei wenden sie dieses Wissen meistens in einer abgewandelten Form an.
Deklaratives Wissen setzt sich aus Definitionen und Regeln, die in einer bestimmten Beziehung zueinanderstehen, zusammen. Auf dieser Ebene begegnen Menschen Herausforderungen folgendermaßen: Idealerweise existiert eine Ausgangssituation und ein Ziel, welches erreicht werden soll. Rationale Planung nennen Wissenschaftler diesen Prozess der Problemlösung. Denn die Menschen handeln bewusst. Immerhin planen sie dabei, Regeln und Definitionen, welche sie durch Erfahrung oder Lernen erworben haben, anzuwenden.
Prozedurales Wissen setzt sich aus routinierten Handlungsabläufen zusammen. Charakteristisch für diese Wissensart sind Konsequenzen. Sie sind in Wenn-Dann-Regeln verpackt. Außerdem lassen sie sich wunderbar auf eine gegenwärtige Situation anwenden, um den nächsten Schritt des jeweiligen Routineablaufs zu bewältigen. Meistens sind diese Regeln tief im Unbewusstsein verankert. In diese Kategorie fallen die typischen Bewegungsabläufe, die ein Autofahrer macht, um in den richtigen Gang zu schalten.
Sensomotorisches Wissen bezieht sich auf gut gesteuerte Handlungsabläufe. Im Vergleich zum prozeduralen Wissen stehen hier jedoch nicht die Wenn-Dann-Regeln im Vordergrund. Stattdessen dominieren beim sensomotorischen Wissen Rückkopplungsmechanismen. Auf dieser Ebene lösen Menschen ihre Probleme folgendermaßen: Sie greifen nach einem Gegenstand autonom und ohne jegliche Kontrolle. Das trifft zu, sobald sie nach dem Objekt greifen. Sie können diesen Prozess auch mit geschlossenen Augen durchführen. Falls jedoch eine Person den Gegenstand vorher an sich reißt, lässt sich dieser Ablauf aufgrund des Rückkopplungsmechanismus nicht beeinflussen, sondern lediglich stoppen.
Weitere Funktion des Verstehens
Verstehen steht für die bewusste Ursache sowie Bedeutung von etwas zu kennen. Ansichtsweise und Interpretation beschreiben ebenso den Prozess des Verstehens. In der Schule beschäftigen sich Schüler im Sprachunterricht mit Gedichtinterpretationen. In Aufsätzen versuchen sie zu erläutern, was der Dichter seinen Lesern mitteilen will. Mithilfe eines tiefen Verständnisses entschlüsseln sie die versteckten Bedeutungen. Demzufolge bezieht sich das Verstehen auch auf eine Interpretation und Assoziation.
Zusammenspiel zwischen Wissen und Verstehen am Beispiel erklärt
Angenommen du lernst eine neue Fähigkeit, wie das Nähen oder Stricken. Im Bereich des Wissens würdest du die Abläufe kennen, welche Nadel du bewegen musst, welche Handgriffe nötig sind usw. Nun willst du eine Steppdecke nähen. Dazu musst du wissen, wie man näht. Und du musst wissen, was eine Steppdecke ist. Das reicht aber nicht….
Denn jetzt musst du erkennen, wie du dein Wissen über die Steppdecke und das Nähen miteinander kombinieren kannst. Und dies wiederum setzt Verständnis über beide Sachverhalte voraus und die Erkenntnis, wie sich beide kombinieren lassen.
Immer dann, wo Wissen mit neuem Wissen kombiniert wird – entsteht ein Wissensnetz. Das gespeicherte Wissen ist mit dem neuen Wissen verbunden. Beide Wissensinhalten sind stabiler, da beide sich gegenseitig halten und stützen. Voraussetzung ist ……. Du ahnst es ….. das beides zuvor verstanden wurde.
Verstehen ist demnach so etwas, wie alle Facetten zu einem Sachverhalt zu kennen, wodurch es leichter wird, neue Inhalte anzuknüpfen.
Zusammenfassung
- Wissen ist das Abrufen, Speichern von bereits erworbenen Informationen. Bildung und Erfahrung dienen als Wissenslieferanten.
- Verstehen hingegen dient als Erkennungsprozess von Ursachen oder Bedeutungen.
- Verständnis setzt Wissen voraus. Die Aneignung von neuem Wissen zum gleichen Sachverhalt wird durch das Verstehen erheblich erleichtert.
- Beide Konzepte sind eng miteinander verwandt.
- Verstehen und Wissen hängen voneinander ab. Wissen ohne Verstehen ist nutzlos. Dann wird versucht, Probleme immer auf die gleiche Weise zu lösen
- Wissen, welches nicht verstanden wurde, kann zwar wieder abgerufen werden, allerdings nur für eine kurze Zeit.
- Andersherum trifft dasselbe zu. Studenten, die den Vorlesungsinhalt „verstehen“ bzw. nachvollziehen können und sich keine Kenntnisse aneignen, bestehen nicht ihre Prüfungen.
- Haben sie jedoch das Wissen erworben, ohne es zu verstehen, sind sie nichts weiter als ein hervorragendes Beispiel für ein exzellentes Kurzzeitgedächtnis.
- Lang wird dieses Wissen nicht erhalten bleiben, da neue Wissensinhalte nur dauerhaft angeknüpft werden können – falls die Sachlage verstanden wurde.