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Zweck der Evolution: Artenschutz, Selbsterhalt oder Allele sichern


In der Evolution geht es um ein Wettrüsten mit anderen Arten, um das Anpassen oder Aussterben. Die Natur hat sich im Laufe der Zeit sehr viele Mechanismen einfallen lassen, mit denen sich Lebewesen ihren Platz in der Evolution zu sichern versuchen.

Doch stellt sich in Anbetracht dessen auch die Frage, worum es im Endeffekt überhaupt geht. Ist die Erhaltung der eigenen Art das oberste Ziel jedes Individuums? Oder geht es um das eigene Überleben – also das Individuum selbst? Wie dieser Artikel zeigt, ist die „kleinste Einheit der Evolution“ und somit das Schützenwerteste nicht unbedingt das, was wir vielleicht als erstes vermuten.

1. These: Evolution hat den Zweck der Arterhaltung

Eine Vorstellung in Bezug auf die Erhaltung der Art geht damit einher, dass die Angehörigen einer Spezies für ihre Art leben und auch für sie sterben würden.

Muttertiere riskieren schließlich ihr Leben, um das ihrer Jungen zu schützen. Das wiederum dient augenscheinlich der Erhaltung der eigenen Art. Die Art könnte unter diesem Gesichtspunkt daher durchaus als kleinste Einheit der Evolution verstanden werden. Doch wenn man den Gedanken einmal weiterdenkt, kommen vermutlich schnell gegen diese These sprechende Argumente auf. Denn sofern die Art die kleinste Einheit bildet, sollte es unter den Vertretern einer Spezies nur Verhalten geben, welches die eigene Art schützt. Das Töten eines Artgenossen sollte somit ausgeschlossen sein. Das ist jedoch nicht der Fall.

Als Beispiel nehmen wir einmal das Verhalten von Löwen. Diese Großkatzen leben in Rudeln, welche in der Regel nur aus Weibchen, einem Männchen und deren Nachwuchs bestehen. Da das Geschlechterverhältnis jedoch auch unter Löwen bei ca. 50 zu 50 liegt, kommen auf ein Rudel mit einem Männchen und sechs Weibchen sechs Männchen, die ohne Weibchen dastehen. Sie sind evolutionär gesehen die Verlierer, da ihre Chancen auf das Hervorbringen eigener Nachkommen ohne ein eigenes Rudel ziemlich schlecht sind.

Übernimmt jedoch ein neues Männchen das Rudel, tötet es häufig den Nachwuchs seines Vorgängers. Damit bewirkt es, dass die Weibchen nach kurzer Zeit wieder paarungsbereit werden und es daraufhin eigenen Nachwuchs mit ihnen zeugen kann. Der neue Pascha erhöht seine eigenen Fortpflanzungschancen und bringt mehr von seinen eigenen Genen in Umlauf. Gleichzeitig kommt es (vermutlich stressbedingt) unter den trächtigen Weibchen häufiger zu Fehlgeburten, wenn es zu einem „Machtwechsel“ kam.

Das Töten der Jungtiere eines anderen Männchens ist nicht nur bei einem Anführerwechsel in Löwenrudeln. Auch andere Tierarten verhalten sich ähnlich, beispielsweise kann diese Herangehensweise auch bei Pavianen beobachtet werden.

Im Beseitigen der Jungtiere liegt eindeutig ein Widerspruch zu der Annahme, dass die Art die kleinste Einheit der Evolution darstellt. Könnte die kleinste Einheit also das Individuum selbst sein, wenn es schon nicht die eigene Spezies ist?

2. These: Laut Evolution müsste jedes Individuum sein eigenes Überleben anstreben

Dieser These nach dürfte es kein Verhalten geben, was dem Individuum selbst schadet.
Auch hier ergeben sich allerdings recht schnell Gegenargumente. So könnte man einerseits den Menschen als Beispiel nehmen, welcher wider besseren Wissens Alkohol trinkt, Nikotin oder andere Substanzen zu sich nimmt, sich ungesund ernährt und sich nicht ausreichend bewegt.

Allein mit seinem Lebensstil kann man sich (mehr oder weniger bewusst) Schaden zufügen. Sollte das Individuum die kleinste Einheit der Evolution sein, dürften solche und andere selbstschädigende Verhaltensweisen gar nicht erst zustande kommen.

Andererseits finden sich auch im Tierreicht Beispiele dafür, dass das Individuum nicht an erster Stelle steht. Murmeltiere oder Erdmännchen leben nicht nur beide in großen Gruppen, sondern haben noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sehr viele Fressfeinde. Daher beziehen diese Tiere immer im Wechsel den Posten des Wächters. Ein Tier übernimmt diese Rolle und setzt die anderen mit Warnlauten über herannahende Feinde in Kenntnis.

Es könnte sich auch selbst schützen, indem es flieht, sobald es den Angreifer ausmacht. So würde es Zeit gewinnen und mit höherer Wahrscheinlichkeit sein eigenes Leben retten, statt die Aufmerksamkeit des Fressfeindes auf sich zu ziehen. Damit bringt es sich selbst in Gefahr, schützt allerdings die Gruppe.

Könnte also doch die Art wichtiger als das Individuum sein? Diese These wurde bereits im vorherigen Absatz entkräftet. Denn es ich nicht die Art an sich, welche der Wächter schützt. Es sind viel mehr seine eigenen Gene, welche sich – je nach Verwandtschaftsgrad – in den Mitgliedern seiner Gruppe wiederfinden.

3 These: Die kleinste und geschützteste Einheit der Evolution ist das Allel

Ein Allel ist die Ausprägungsform eines Gens.
Das Individuum kann auch als eine Art „Transportfahrzeug“ für Gene beziehungsweise Allele gesehen werden. Jeder Organismus vereint eine Vielzahl von Genen in sich, welche durch ihn mittels der Fortpflanzung weitergetragen werden.

Sollte diese These zutreffend sein, so dürfte es kein Verhalten geben, welches dem einzelnen Individuum zwar nützt, dem Genpool jedoch auf lange Sicht schadet. Diese These scheint zu stimmen, wenn man sich zum Beispiel im Reich der Insekten und Spinnen umsieht.

Gottesanbeterinnen verspeisen ihre Partner meistens direkt nach oder teilweise schon während des Akts. Auch bei der australischen Redback-Spinne verhält es sich nicht wesentlich anders. Das Männchen positioniert sich während der Paarung so am Weibchen, dass ein mit einem Spermienpaket versehenen Bein zuletzt vom Weibchen gefressen werden kann. Die Spermien werden also solange an das Weibchen abgegeben, bis dieses das Männchen vollkommen aufgefressen hat.

Je länger diese Prozedur dauert, desto mehr Eier werden befruchtet. Das Männchen hat zwar sein Leben gelassen, doch konnte seine Gene an eine neue Generation weitergeben. Denn das Gefressen werden bringt dem Männchen noch einen weiteren Vorteil (sofern man in Anbetracht seiner Lage von Vorteilen sprechen kann). Denn wenn das Weibchen satt ist, ist eine weitere Paarung mit einem anderen Männchen unwahrscheinlich. Somit bleiben nur die Allele des Männchens im Genpool erhalten, welches sich bereitwillig von seiner Partnerin hat fressen lassen.

Zusammenfassung

  • Die kleinste Einheit der Evolution scheint das Allel beziehungsweise die Gene zu sein.
  • Die Erhaltung der Art ist dabei scheinbar nur ein Nebeneffekt, welcher bei der Weitergabe des eigenen Erbguts entsteht. Denn sofern die Erhaltung der eigenen Spezies im Vordergrund stünde, würden beispielsweise Löwen nicht die Jungen ihrer Kontrahenten eliminieren.
  • Durch das Beseitigen des fremden Nachwuchses können sie sich selbst mit den Löwinnen paaren und somit ihr eigenes Genmaterial weitergeben.
  • Auch das Verhalten von Murmeltieren zeigt, dass eher die Gene im Vordergrund stehen und weniger das Individuum. Ansonsten würden sie sich nicht selbst in Gefahr bringen, um ihre Verwandten zu schützen. Denn auch wenn sie selbst umkommen, ihre Gene leben in ihren Verwandten weiter.
  • Auch das Beispiel der Redback-Spinne zeigt, dass das Individuum selbst nicht an vorderster Stelle steht. Die Männchen opfern sich bei der Paarung selbst, um die Chance auf die sichere Weitergabe ihres Erbguts auf die nächste Generation zu erhöhen.
  • Der Sinn des Lebens, laut Evolution, ist demnach der Schutz der Gene bzw. der Allele.

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