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5 Evolutionsfaktoren und deren Wirkung


Evolutionäre Vorgänge werden durch vieles beeinflusst. Am wichtigsten sind hierbei die Evolutionsfaktoren, die genetische Veränderungen hervorrufen und lenken.

Im Folgenden erfährst du, was man unter dem Wort „Evolutionsfaktor“ versteht. Danach erkläre ich dir die fünf wesentlichen Evolutionsfaktoren sowie weitere Faktoren, die bei der Evolution eine Rolle spielen.

Was ist ein Evolutionsfaktor

Unter Evolutionsfaktoren versteht man biologische Prozesse, die zu Veränderungen innerhalb einer Art führen. Dies passiert durch Variation des Genpools. Dabei stellt der Genpool die Gesamtheit der genetischen Informationen einer Art dar.

Du kannst ihn dir als eine Art Topf vorstellen, aus dem bei nächsten Generationen geschöpft werden kann. So verändert sich eine Art langsam, was ihr bei möglichen Abwandelungen des Lebensraumes oder des Futterangebots einen Vorteil verschaffen kann.

Ist ihr Genpool gering, der Topf also fast leer, können schon kleine Abwandelungen eine Bedrohung darstellen, da keine entsprechende Anpassung erfolgen kann.

Die fünf Evolutionsfaktoren

Fünf dieser Faktoren gelten als die einflussreichsten. Dazu gehören Mutation, Rekombination, Isolation, Gendrift und Selektion. Darüber hinaus gibt es noch weitere Faktoren, die weiter gefasst ebenfalls zu den Evolutionsfaktoren zählen. Dies sind Migration, Genfluss und Hybridisierung.

1. Mutation als Evolutionsfaktor

Eine Mutation ist eine zufällige DNA-Veränderung. Mutationen sind dauerhaft und können durch Mutagene hervorgerufen, bzw. in ihrer Anzahl erhöht werden. Diese Mutagene können Strahlung oder Chemikalien sein.
Das Wort Mutation kommt vom lateinischen Wort „mutare“, was „ändern“ bedeutet.

Einzellige Lebewesen geben alle in ihnen stattgefundenen Mutationen an ihre Nachkommen weiter, da sie sich durch Teilung vermehren. Mehrzellige Lebewesen können dies nicht, da sie ausschließlich dafür vorgesehene Zellen zur Fortpflanzung nutzen. Daher kann beispielsweise der Mensch nur Mutationen an die nächste Generation weitergeben, die in den Ei- oder Samenzellen stattgefunden haben.

Mutationen werden in drei Arten unterschieden: Gen- oder Punktmutationen, Chromosomenmutationen und Genommutationen.

Bei Gen- oder Punktmutationen werden Nukleotide, Bausteine der DNA, verändert. Sie werden dabei ausgetauscht, fallen weg oder werden hinzugefügt. Die Rot-Grün-Blindheit und die Bluterkrankheit sind beispielsweise Krankheiten, die auf eine Punktmutation zurückzuführen sind.

Chromosomenmutationen verändern die Struktur eines Chromosoms auf fünf verschiedene Weisen.

  1. Ein Teil eines Chromosoms fällt weg (Deletion). Dabei handelt es sich immer um das Endstück oder einen Abschnitt aus der Mitte. Das Katzenschrei-Syndrom entsteht zum Beispiel durch eine Deletion auf dem fünften Chromosom.
  2. Ein Teil eines Chromosoms wird verdoppelt (Duplikation).
  3. Ein Stück eines Chromosoms bricht heraus und wird umgekehrt wieder eingesetzt (Inversion).
  4. Stücke brechen heraus und werden an anderen Chromosomen am Ende wieder angesetzt (Translokation).
  5. Es können auch Stücke herausbrechen, welche nicht am Ende, sondern mittig in einem anderen Chromosom eingesetzt werden. Diese nennt man Insertion.

Bei der Genommutation verändert sich die Chromosomenanzahl. Dabei ist entweder ein einzelnes Chromosom häufiger, bzw. weniger vorhanden, als normal (Trisomien), oder der gesamte Chromosomensatz wird vervielfacht, bzw. ist nur einfach vorhanden (Ullrich-Turner-Syndrom, bei dem Frauen nur ein X-Chromosom haben). Diese beiden Genommutationen werden Aneuploidie und Polypoidie genannt.

Das zufällige Auftreten einer solchen Mutation ist im Grunde ein Fehler. Dieser Fehler kann zu Behinderungen bei den Nachkommen führen. Auch ein dadurch entstehender Vorteil gegenüber Artgenossen, bei denen diese Mutation nicht aufgetreten ist, ist möglich. Am Wahrscheinlichsten ist jedoch, dass eine Mutation keine sichtbaren Veränderungen des Phänotyps, also des Erscheinungsbildes eines Organismus, nach sich zieht.

Die genetische Zusammensetzung der Individuen einer Art ändert sich stetig. Das bedeutet, dass durch Mutationen niemals all diese Individuen genetisch identisch sind. Sie besitzen stets geringe Abwandlungen voneinander.

2. Rekombination als Evolutionsfaktor

Rekombination bedeutet Neuanordnung. Das genetische Erbgut einer Zelle wird hierbei neu kombiniert oder ausgetauscht.

Gemeinsam mit der Mutation sorgt die Rekombination für eine hohe Variabilität einer Art. Diese Variabilität stabilisiert Populationen. Sie stellt sicher, dass bei sich plötzlich ändernden Lebensumständen nicht alle Individuen gleichstark betroffen sind. So ist die Chance, dass auch bei Katastrophen, Hungersnöten oder Kälteperioden zumindest ein kleiner Teil der Population überlebt, höher.

Rekombination ist nur bei geschlechtlicher Fortpflanzung möglich. Dabei wird zwischen

  • der interchromosomalen
  • und der intrachromosomalen Rekombination unterschieden.

Bei der interchromosomalen Rekombination werden ganze Chromosomen neu kombiniert, während bei der intrachromosomalen Rekombination nur Allele innerhalb der Chromosomen ausgetauscht werden. Allein für erstere bedeutet dies für den Menschen, dass es ungefähr 70 Billionen verschiedene Kombinationsmöglichkeiten seiner Chromosomen gibt, wenn ein neuer Mensch entsteht.

Das heißt, dass das Auftreten von zwei genetisch identischen Menschen nahezu unmöglich ist, sofern es sich nicht um eineiige Mehrlinge handelt. Dies wiederum zeigt nochmal deutlich den enormen Einfluss der Rekombination auf die genetische Variabilität.

Rekombination verändert den Genotyp und den Phänotyp, wirkt also sowohl auf genetische Zusammensetzung eines Individuums, als auch auf sein Erscheinungsbild ein.

3. Isolation als Evolutionsfaktor

Sind Populationen einer Art über längere Zeit voneinander getrennt, können sich neue Arten bilden. Isolation ist dabei nicht nur als räumliche/geografische Isolation zu verstehen, auch wenn dies die häufigste Form darstellt. Darüber hinaus gibt es noch die ökologische Isolation sowie die reproduktive Isolation.

Geografische Isolation kann aus verschiedenen Gründen entstehen. Häufig sind geologische Ereignisse dabei von Bedeutung. Brechen Landverbindungen aufgrund von Verschiebung der Kontinentalplatten auseinander, können Populationen plötzlich voneinander getrennt werden. Auch eine Bildung einer solchen Landbrücke, die dazu führt, dass Meere geteilt werden, hat diesen Effekt auf Wasserlebewesen.

Der Mensch kann ebenfalls eine geografische Isolation hervorrufen, indem er einzelne Individuen einer Art in neue Gebiete verschleppt. Außerdem können Klimaveränderungen, die zu unüberwindbaren Hindernissen wie Wüsten oder Inselbildung durch Schmelzen von Gletschern, führen, eine Isolation auslösen.

Die Entstehung zwei verschiedener Arten, die auf diese Art der Isolation zurückzuführen ist, nennt man allopatrische Artbildung.

Bei der ökologischen Isolation besiedeln Populationen einer Art verschiedene ökologische Nischen. Dieser Vorgang wird vor allem durch vorangegangene geografische Isolation begünstigt, wenn dadurch ein Lebensraum ohne Konkurrenten erschlossen werden kann. Entstehen auf diese Weise neue Arten, spricht man von adaptiver Radiation.

Bei der dritten Form der Isolation, der reproduktiven Isolation, wird die Fortpflanzung zwischen zwei Populationen verhindert. Das passiert entweder dadurch, dass die Populationen sich körperlich so stark voneinander unterscheiden, dass eine Paarung unmöglich ist.

Aber auch eine Veränderung im Balzverhalten kann dazu führen, dass Individuen der anderen Population nicht mehr als mögliche Partner angesehen werden sowie eine zeitliche Verschiebung der Paarungszeit. Die Individuen wären in diesem Fall körperlich und durch ihr Balzverhalten in der Lage, miteinander Nachwuchs zu zeugen, ihre Paarungszeiten überschneiden sich jedoch nicht mehr oder in einem zu geringen Maße, um dies auch tatsächlich zu ermöglichen.

4. Gendrift als Evolutionsfaktor

Der Gendrift bezeichnet eine plötzliche Veränderung der Allelfrequenz, also der Häufigkeit der Genvarianten, im Genpool einer Population. Es können dabei sowohl Häufungen als auch Minderungen auftreten.

Gendrift wird durch zwei verschiedene Varianten ausgelöst: durch den Gründer- und den Flaschenhalseffekt.
Der Gründereffekt tritt auf, wenn nur eine sehr geringe Zahl an Individuen einen neuen Lebensraum besiedelt. Ihr Genpool ist dadurch klein, wodurch ihre Variabilität sinkt und sich auch nachteilige Mutationen durchsetzen können.

Beim Flaschenhalseffekt wird eine Population durch eine Umweltkatastrophe dezimiert. Beispielsweise durch große Brände, Überschwemmungen oder Vulkanausbrüche stirbt dann der Großteil einer Population, wodurch der verbleibende Teil, wie beim Gründereffekt, einen geringeren Genpool hat.

Auf diese Weise ausgedünnte Populationen sind häufig krankheitsanfälliger und können schon bei geringfügig veränderten Umwelteinflüssen aussterben. Ihnen fehlt die Variabilität, um solche Gefahren problemlos überleben zu können.

Ein Beispiel stellt der Gepard dar. Dieser muss in vorgeschichtlicher Zeit einem so extremen Flaschenhalseffekt ausgesetzt gewesen sein, dass davon ausgegangen wird, dass alle heute lebenden Geparde auf vermutlich weniger als 100 Individuen zurückzuführen sind. Das hat dazu geführt, dass es bei Geparden zu keiner Abstoßungsreaktion kommt, wenn einem Tier Gewebe eines beliebigen anderen Tieres verpflanzt wird. Normalerweise ist dies nur bei eineiigen Mehrlingen möglich.

5. Selektion als Evolutionsfaktor

Bei der Selektion verändert sich der Phänotyp des Individuums. Dies passiert durch eine gerichtete Verschiebung von Allelhäufigkeiten, sofern sie sich im Phänotyp zeigen. Rezessiv vererbte Mutationen, bei denen das Individuum lediglich heterozygoter Träger ist, also die Mutation in seinem Erbgut besitzt, sie aber nicht zum Vorschein kommt, werden davon nicht beeinflusst.

Es gibt drei Arten der Selektion: natürliche, sexuelle und künstliche.
Bei der natürlichen Selektion bewirkt die Selektion eine Veränderung im Phänotyp einer Population, indem Individuen, die einen anderen Phänotyp aufweisen, beispielsweise häufiger als Beute von Raubtieren enden.

So besitzen die meisten Wildkaninchen oder auch andere kleine Wildtiere, die zum Beispiel Raubvögeln als Beute dienen, eine unauffällige Fellfarbe. Individuen mit auffälliger Zeichnung kommen vor, werden aber schneller entdeckt und haben daher weniger oder gar keine Nachkommen, um ihren Phänotyp zu vererben.

Bei der sexuellen Selektion gibt es häufig einen auffälligen Sexualdimorphismus, also eine deutliche Unterscheidung zwischen Männchen und Weibchen. Der Pfau kann dabei als Beispiel genannt werden. Weibliche Tiere sind braun und unauffällig, während männliche Tiere schillernde Farben und einen auffallenden, langen Federschmuck am Schwanz tragen.

Diese langen Schwanzfedern erschweren den Männchen das Fliegen und macht sie zu einer leicht zu entdeckenden Beute für Fressfeinde. Der männliche Pfau signalisiert mit seinen Schleppen, wie diese Federn genannt werden, dass er trotz dieser Nachteile kräftig genug ist, um als Partner in Betracht zu kommen.

Hennen nehmen daher Hähne mit imposanten Schleppen als besonders attraktiv wahr. So sorgt die sexuelle Selektion dafür, dass Individuen mit geringer ausgeprägten Schleppen keine oder weniger Partner finden und daher weniger Nachwuchs zeugen können.

Die künstliche Selektion wird durch den Menschen vorgenommen. Dabei werden Individuen, die bestimmte, gewollte Merkmale nicht aufweisen, von der Fortpflanzung ausgeschlossen. So entstehen bei gezielter Zucht beispielsweise verschiedene Hunderassen.

Weitere Evolutionsfaktoren

Migration

Bei der Migration wandern Individuen zwischen Populationen hin und her. Dadurch erhöhen sie den Genpool und können die Folgen des Gendrifts verringern.

Genfluss

Unter Genfluss versteht man den genetischen Austausch, der durch Migration erreicht wird.

Hybridisierung

Ein Hybride ist ein Nachkomme zweier Individuen, die zu verschiedenen Gattungen, Arten oder Unterarten gehören. Sie sind teilweise steril und in diesen Fällen bedeutungslos für die Evolution. Beim Maulesel und Maultier ist dies der Fall. Beides sind Kreuzungen aus Hauspferd und -esel, können sich jedoch nicht weiter fortpflanzen.

Ein fertiles Beispiel aus der Tierwelt sind Hybride aus Braun- und Eisbär.
Auch der heutige Mensch ging aus Hybridisierung hervor. So ist mittlerweile nachgewiesen, dass sowohl der Neandertaler als auch der Denisova-Mensch im Erbgut des modernen Menschen enthalten ist.

Zusammenfassung:

  • Evolutionsfaktoren begünstigen die Evolution bzw. die Weiterentwicklung der Arten.
  • Es gibt 5 bedeutende Evolutionsfaktoren: Mutation, Gendrift, Rekombination, Isolation und Selektion
  • Nur wenn der Genpool einer Spezie ausreichend groß ist (Variabilität), kann die Art auf Umweltveränderungen reagieren und das Genmaterial entsprechend anpassen.

Literatur

  • Charles Darwin: Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl, Reclam-Verlag, ISBN 978-3150030714*
  • Ulrich Kutschera: Evolutionsbiologie: Ursprung und Stammesentwicklung der Organismen, ISBN 9783825286231*
  • Robert D Martin: Alles begann mit Sex: Neue Fragestellungen zur Evolutionsbiologie des Menschen, ISBN 3952430048*

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