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Ruhrgebiet: 16 Fragen und Antworten zum Ruhrpott


Siedlung Eisenheim Luftaufnahme

Siedlung Eisenheim in Oberhausen aus der Luft, Sie entstand 1846 und gilt als älteste Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets

Das Ruhrgebiet – umgangssprachlich auch Ruhrregion, Ruhrpott oder Revier genannt – ist ein Ballungsraum in Nordrhein-Westfalen, in welchem circa 5,1 Mio. Menschen leben. Je nach Betrachtung ist das Ruhrgebiet entweder der größte Ballungsraum Deutschlands oder der zweigrößte nach Berlin (Metropolregion Berlin-Brandenburg mit 6,3 Mio. Einwohnern).

In der deutschen Geschichte hatte das Ruhrgebiets eine herausragende Rolle und wurde bereits im Königreich Preußen als Waffen- bzw. Rüstungsschmiede des Reiches bezeichnet. Zwischen beiden Weltkriegen wurde das Ruhrgebiet zum Streitobjekt des Deutschen Reiches und den Alliierten, welche es zeitweise besetzt hielten.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Ruhrgebiet zum Herz bzw. zum Motor der deutschen Wirtschaft. Etwa Mitte der 60-er Jahre setzten allerdings die ersten Zechenschließungen ein, wodurch das Wirtschaftswunder an der Ruhr vorerst beendet wurde. Fortan fand ein Strukturwandel von der Großindustrie hin zu Dienstleistungen statt. (siehe Hauptartikel: Geschichte des Ruhrgebiets)

Heute wird das Ruhrgebiet, aufgrund seiner Bevölkerungsdichte, auch als Metropolregion Ruhr bzw. Ruhrstadt bezeichnet. Zusammen mit umliegenden Großstädten, wie bspw. Köln, Bonn oder Düsseldorf, bildet das Ruhrgebiet die Metropolregion Rhein-Ruhr.

Was ist das Ruhrgebiet?

„Ruhrgebiet“ ist der Name des größten Ballungsraumes in Deutschland. „Ballungsraum“ oder auch „Agglomeration“ bezeichnet mehrere Gemeinden und Städte, die miteinander verflochten sind. Gleichzeitig muss sich ein Ballungsraum durch eine höhere Siedlungsdichte von seinem Umland abheben, um den Namen tragen zu können.

Das Ruhrgebiet umfasst eine Fläche von 4.439 km². In dem Gebiet leben etwa 5.15 Millionen Einwohner. Die Bevölkerungsdichte liegt damit im Schnitt bei 1160 Einwohner/km².

Wo liegt das Ruhrgebiet

Die Lage des Ruhrgebiets im Westen Deutschlands (grau schattiert)

Die Lage des Ruhrgebiets im Westen Deutschlands (grau schattiert)


Das Ruhrgebiet liegt im Westen von Deutschland, im Bundesland Nordrhein-Westphalen. Es umfasst viele Großstädte, wie Dortmund, Bochum oder Gelsenkirchen.
Die Lage des Ruhrgebietes in Nordrhein-Westfalens (grau schattiert)

Die Lage des Ruhrgebietes in Nordrhein-Westfalens (grau schattiert)

Warum heißt das Ruhrgebiet so?

Am südlichen Rand des Ruhrgebiets verläuft ein Nebenfluss des Rheins. Dieser Fluss heißt Ruhr. Das Ruhrgebiet wurde also nach dem Fluss benannt. Dazu kam es, weil man mit dem Kohleabbau um diesen Fluss startete. Das hatte den einfachen Grund, da in diesem Gebiet die Kohle dichter unter der Erdoberfläche lag. Man kam hier schlicht besser heran.

Später verlagerte sich der Bergbau nach Norden, sodass die Ruhr heute fast die südliche Grenze des Ruhrgebietes bildet.
Heute spendet die Ruhr dem Ruhrgebiet Trink- und Brauchwasser.

Wo beginnt das Ruhrgebiet und wo endet es

Das Ruhrgebiet wird auch als Gebiet zwischen Lippe und Ruhr bezeichnet. Beides sind rechte Nebenflüsse des Rheins. So beginnt das Ruhrgebiet nördlich der Ruhr. Nördlich des Flusslaufs fand bis in die 1990-er Jahre ein Steinkohleabbau statt, welcher das Ruhrgebiet auszeichnete, zum Wirtschaftswunder wurde und Millionen Arbeiter anzog.

Verlauf der Ruhr

Verlauf der Ruhr (rot markiert) als Südgrenze des Ruhrgebietes, vollständige Karte im vorherigen Abschnitt (siehe oben)

Vom Ruhrlauf erstreckt sich das Ruhrgebiet nach Norden bis zum Lauf der Lippe (Fluss). Südlich der Lippe endete der allgemeine Steinkohleabbau. Grund war eine Gesteinsschicht, welche bis 1834 als unüberwindbar galt. Denn auf den Steinkohlevorkommen liegt eine sogenannte Mergelschicht. Es handelt sich dabei um ein Gestein, welches wasserführend ist.

Diese Mergelschicht nimmt im unterirdischen Steinkohlegebirge nach Norden zu. Lange galt die Mergeldecke als unüberwindbar. Doch 1834 gelang einer Gruppe Bergarbeiter der Durchstoß. Nun war der Beweis erbracht, dass die Mergelgrenze überwindbar sei. Beauftragt wurden die Bergleute von Franz Haniel, welcher mit dem Durchstoß die Grundlage für seinen späteren wirtschaftlichen Erfolg schuf. (Siehe Hauptartikel: Geschichte des Ruhrgebiets).

Dennoch sind Steinkohlezechen im Ruhrgebiet eher südlich als nördlich zu finden. Denn die wasserführende Gesteinsschicht sorgt dafür, dass Grubenwasser permanent abgepumpt werden muss. Außerdem sackt das Abbaugebiet ab, weshalb man sich zunehmend auf das Gebiet südlich der Lippe beschränkte.

Verlauf der Lippe (rot markiert)

Verlauf der Lippe (rot markiert)


Zum Ruhrgebiet gehören das Gebiet zwischen Ruhr und Lippe, sowie Kreisgebiete nördlich der Lippe. Die meisten kreisfreien Städte befinden sich allerdings zwischen Lippe und Ruhr, was als Herzstück des Ruhrgebietes bezeichnet wird.

Warum wird das Ruhrgebiet auch Pott genannt?

„Pott“ kommt aus dem niederdeutschen und bezeichnete ursprünglich einen flachen Topf, der als Toilette benutzt wurde. Bis heute sagt man mancherorts „Ich gehe auf den Pott“, wenn man auf die Toilette gehen möchte.

Darüber hinaus bezeichnet „Pott“ aber auch Töpfe im Allgemeinen. Ganz sicher ist man sich über die Herkunft des Spitznamens für das Ruhrgebiet nicht. Man vermutet aber, dass sie mit einem „Kohlenpott“ zusammenhängt. Das könnte ein großer Topf gewesen sein, der dem Transport von Kohle diente.

Das Ruhrgebiet war ab dem 18. Jahrhundert als kohlereiches Gebiet bekannt. Der Bergbau brachte Arbeitsplätze und Wohlstand. Während der Blütezeit der Kohleförderung grub man im Ruhrgebiet gleichzeitig an mehr als 150 Standorten nach Kohle.
Das Gebiet ist damit eng mit dem Bergbau verwurzelt. Es gesammelt als „Pott“ zu bezeichnen, setzte sich daher durch. Das Ruhrgebiet erscheint sprichwörtlich als ein Behälter für Kohle.

Warum wird das Ruhrgebiet auch Revier genannt?

„Revier“ ist die Abkürzung für „Kohlenrevier“. Das Wort bezeichnet ein Gebiet, in dem auffallend viel Kohle gefördert wird. Ähnlich dem Spitznamen „Pott“ spielt daher auch „Revier“ auf den Kohlebergbau im Ruhrgebiet an.

Mit Revier werden allerdings auch Einzugsgebiete mit festen Grenzen bezeichnet. Die Bergbauunternehmen hatten solche Reviergrenzen, schufen Bergbausiedlungen um Arbeiter ins Unternehmen zu locken und ans Bergbauunternehmen zu binden. Demnach wurden Reviere gegenüber anderen Zechen markiert, was zur Namensgebung geführt haben könnte.

Auch der Fußball wurde im Ruhrgebiet, spätestens in den 1920-er und 1930-er Jahren publik. In den Fußball-Mannschaften spielten Arbeiter der Zechen. Es handelte sich somit ursprünglich um reine Zechenvereine, komplett von den Zechen finanziert und von Zechenarbeitern gespielt. Bei einem Revierderby spielte die eine Zechenmannschaft gegen eine andere Zechenmannschaft aus der Gegend.

Was gehört zum Ruhrgebiet?

Das Ruhrgebiet liegt in Nordrhein-Westfalen und damit ausschließlich in Deutschland. Es reicht im Westen bis zum Kreis Wesel im Norden bis zum Kreis Recklinghausen und im Osten bis nach Hamm. Im Süden endet das Ruhrgebiet im Ennepe-Ruhr-Kreis.
Es umfasst elf kreisfreie Städte und vier Kreise. Die vier Kreise sind:

  • Kreis Recklinghausen im Nordosten mit 619.732 Einwohnern
  • Kreis Wesel im Westen und Nordwesten mit 465.838 Einwohnern
  • Kreis Unna im Osten mit 398.866 Einwohnern
  • Ennepe-Ruhr-Kreis im Süden mit 325.193 Einwohnern

Karte des Ruhrgebiets

Karte des Ruhrgebiets mit Kreisen und kreisfreien Städten


Der Kreis Recklinghausen ist zugleich das bevölkerungsreichste Gebiet im Ruhrgebiet. Und der Kreis Wesel ist mit einer Fläche von 1.042,8 km² das flächengrößte Gebiet.
Die kreisfreien Städte sind:

  • Dortmund (593.317 Einwohner)
  • Essen (584.580 Einwohner)
  • Duisburg (502.211 EW)
  • Bochum (365.742 EW)
  • Gelsenkirchen (263.000 EW)
  • Oberhausen (210.824 EW)
  • Hagen (189.783 EW)
  • Hamm (180.849 EW)
  • Mülheim an der Ruhr (172.404 EW)
  • Herne (157.368 EW)
  • Bottrop (118.113 EW)

In den kreisfreien Städten leben insgesamt 3.338.191 Menschen, was einen Anteil von etwa 65 % entspricht. Die restlichen 35 % (1.809.629 EW) leben in den vier Kreisen. Da die Bevölkerungsdichte im gesamten Ruhrgebiet schon sehr hoch ist, ist diese in den 11 Städten umso höher, da hier die Menschen noch konzentrierter nebeneinander wohnen.

Welche Städte sind die größten im Ruhrgebiet?

Gemessen an ihrer Bevölkerungsdichte ist Herne die größte Stadt des Ruhrgebiets. Dort leben etwa 157.000 Menschen auf einer Fläche von 51,42 km². Das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 3.060 Einwohnern/km².

Im bundesweiten Ranking zur Bevölkerungsdichte liegt Herne auf Platz 6, Essen auf Platz 11 und Oberhausen auf Platz 12.
Gemessen an der Bevölkerungszahl ist Herne hingegen eine eher kleine Stadt im Ruhrgebiet. Die drei größten Städte der Region sind Dortmund, Essen und Duisburg.

Dortmund

Dortmund ist die größte Stadt im Ruhrgebiet. Sie hat (Stand 31. Dezember 2022) 593.317 Einwohner und erstreckt sich auf einer Fläche von 280,71 km². Damit ist Dortmund die drittgrößte Stadt in Nordrhein-Westfalen und die neuntgrößte Stadt in ganz Deutschland. Die Bevölkerungsdichte liegt bei 2114 Einwohner/km². Im bundesweiten Ranking liegt Dortmund auf Platz 40 (Bevölkerungsdichte).

Dortmund existiert seit mindestens dem Jahr 882. Das Gebiet war jedoch seit der Jungsteinzeit immer wieder besiedelt.

Essen

Essen ist die zweitgrößte Stadt des Ruhrgebiets, die viertgrößte Stadt Nordrhein-Westfalens und die zehntgrößte Stadt Deutschlands. Hier leben (Stand 31. Dezember 2022) 584.580 Menschen auf einer Fläche von 210,34 km². Die Bevölkerungsdichte liegt in Essen damit bei 2779 Einwohner/km².

Essen entstand 850 aus dem Frauenstift Essen. Die ältesten Funde, die auf Menschen in dem Gebiet hindeuten, stammen aus der Saale-Kaltzeit und sind etwa 250.000 Jahre alt.

Duisburg

Duisburg ist die drittgrößte Stadt des Ruhrgebiets. 502.211 Einwohner (Stand 31. Dezember 2022) leben hier auf 232,8 km² Fläche. Die Bevölkerungsdichte beträgt 2157 Einwohner/km². Duisburg ist die gleichzeitig die fünftgrößte Stadt von Nordrhein-Westfalen und auf Platz 15 der größten Städte Deutschlands.

Die erste überlieferte Erwähnung Duisburgs stammt aus dem Jahre 883. Allerdings lebten bereits weit vorher, zur Zeit der Römer, dort dauerhaft Menschen.

Was ist der Unterschied zwischen Ruhrgebiet und Nordrhein-Westfalen?

Nordrhein-Westfalen bezeichnet ein Bundesland Deutschlands. Das Ruhrgebiet ist eine Region innerhalb dieses Bundeslandes. Wer vom Ruhrgebiet spricht, meint daher auch Nordrhein-Westfalen. Spricht man jedoch über Nordrhein-Westfalen, muss damit nicht unbedingt auch das Ruhrgebiet gemeint sein.

Die Lage des Ruhrgebietes in Nordrhein-Westfalens (grau schattiert)

Die Lage des Ruhrgebietes in Nordrhein-Westfalens (grau schattiert)


Gelegentlich nutzt man den Begriff „Ruhrgebiet“ auch fast synonym zu Nordrhein-Westfalen. Das geht darauf zurück, dass das Ruhrgebiet bis vor wenigen Jahren noch das industrielle Herz des Bundeslandes war. Nur durch das Ruhrgebiet ist Nordrhein-Westfalen das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands geworden.

Was ist typisch für den Ruhrpott?

Das Ruhrgebiet hat durch die Industrialisierung viele Einflüsse erfahren. Daraus sind typische Eigenheiten für die Region entstanden.

Dialekt

Im Ruhrgebiet spricht man einen besonderen Dialekt, der auch als Ruhrgebietsdeutsch, Ruhrdeutsch oder Ruhrpottisch bekannt ist. Entstanden ist dieser Dialekt durch Einwanderung von Arbeitskräften, die für die Bergwerke gebraucht wurden. Entsprechend existiert das Ruhrdeutsch seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und entwickelte sich in den Jahren davor.

Das Ruhrdeutsch hat Einflüsse aus dem Niederländischen, dem Niederdeutschen, Polnischen und Slowenischen. Weitere sprachliche Einflüsse stammen speziell aus Oberschlesien und Masuren.

Typisch für das Ruhrdeutsch ist die Ersetzung von S durch T im Auslaut. So kennt man es auch aus dem Niederdeutschen. „Wat“ und „dat“, anstelle von „was“ und „das“ hört man im Ruhrgebiet oft. Zudem verschmelzen Dativ und Akkusativ miteinander, wobei die Dativformen wegfallen. Der Bestätigungspartikel „Ne“ oder „Nä“ am Ende eines Satzes wird hier sehr oft verwendet.

Weiterhin verschmelzen die Ruhrpöttler viele Wörter miteinander. „Sag mal“ wird zu „samma“ und „Willst du ein/den“ zu „willzen“. Diese Wörter werden daher auch Schmelzwörter genannt.

Industriekultur

Das Ruhrgebiet wurde etwa zwei Jahrhunderte lang hauptsächlich durch den Bergbau geprägt. Dadurch hat sich die Landschaft stark verändert. Diese Einflüsse sind bis heute sichtbar, auch wenn kein Bergbau mehr betrieben wird. Seine Vergangenheit hält das Ruhrgebiet in Museen und Parks am Leben.

Regionale Küche

Die Küche im Ruhrgebiet ist deftig. Neben Einflüssen aus der Region Westfalen haben sich auch andere Kulturen in der regionalen Küche festgesetzt.

Typische Gerichte im Ruhrgebiet sind Frikadellen mit Kartoffelsalat, Labskaus sowie Himmel und Erde. Das ist ein Gericht aus Kartoffeln und Äpfeln, die gemeinsam gekocht und anschließend gestampft werden. Darüber gibt man gebratene Zwiebeln und Speck.
An Imbissständen sind vor allem Currywurst, Pommes und Döner beliebt.

Multikulturalität

Zu Hochzeiten des Bergbaus brauchte das Ruhrgebiet massenhaft Arbeitskräfte. Daher zogen nicht nur Menschen aus dem Umland zu. Es kamen auch mehr und mehr Menschen aus den Nachbarländern. Heute stellen Ausländer etwa 20 % der Einwohner im Ruhrgebiet.
Die zugezogenen Arbeiter brachten ihre eigenen Kulturen mit, die heute das Stadtbild im Pott mitprägen.

Während der Teilung Polens und der anschließenden Fremdherrschaft durch Russland (1795 – 1918) wanderten polnische Gastarbeiter ein, welche die eigene Nationalität dort ausleben konnten. Sie gründeten eigene Vereine und Zeitungen. Das Wort „Ruhrpole“ oder „Ruhrpottpole“ wurde geläufig.

Mentalität

Menschen aus dem Ruhrgebiet werden häufig als bodenständig, fleißig und direkt beschrieben. Diese Merkmale entsprechen dem klassischen Arbeiter. Obwohl der Kohleabbau heute keine Rolle mehr spielt, scheint man die Menschen aus dem Ruhrgebiet weiterhin damit zu verbinden.

Wie ist das Ruhrgebiet entstanden?

Das Ruhrgebiet entstand durch die Industrialisierung ab dem 18. Jahrhundert. Diese begann in dem Gebiet mit einzelnen Eisenhütten ab der Mitte des 18. Jahrhunderts. Etwa zeitgleich nahm auch die Anzahl an Kohlebergbaustandorten zu. Innerhalb von 100 Jahren, zwischen 1750 und 1850 kamen 100 Standorte hinzu.

Als die Kohlevorkommen an der Ruhr erschöpften, erschloss man nördlich davon neue. Insgesamt gab es 3.200 einzelne Zechen im Ruhrgebiet. Mit der Zahl der Zechen wuchs auch der Bedarf an Eisenbahnstrecken, um Stahl und Kohle zu transportieren.

Die stärkste wirtschaftliche Expansion fand zwischen 1871 und 1914 statt. In dieser Zeit brauchte man so viele Arbeitskräfte, dass die freien Stellen nur durch zugezogene Arbeiter aus ganz Deutschland und den Nachbarländern besetzt werden konnten. Gleichzeitig stieg die Bevölkerungsanzahl auch dadurch, dass Frauen im Ruhrgebiet durchschnittlich mehr Kinder zur Welt brachten als im Rest von Deutschland. Außerdem sanken Mütter-, Säuglings- und Kindersterblichkeit.
So entstand das Ruhrgebiet als Ballungsraum in Deutschland.

Wie kam die Kohle ins Ruhrgebiet?

Die Kohle im Ruhrgebiet entstand vor 300 Millionen Jahren im Oberkarbon. Damals lag das heutige Ruhrgebiet am Äquator. Der Boden war sumpfig und bewaldet. Starben dort Pflanzen ab, wurden sie direkt im Sumpf eingeschlossen. So konnte sich Torf bilden. Torf ist das Ausgangsmaterial von Steinkohle.

Durch tektonische Verschiebungen wanderten die Torfablagerungen tiefer ins Erdinnere. Dort wurden sie verdichtet und gepresst. Durch den hohen Druck entstand im Laufe der Zeit zunächst Braunkohle, dann Steinkohle.

Die Verschiebung der Erdplatten führte auch dazu, dass das Ruhrgebiet vom Äquator an seinen heutigen Standort wanderte. Außerdem schob sie die entstandene Steinkohle an den Ufern der Ruhr wieder nach oben. Dort fanden daher bereits im Mittelalter Grabungen statt. Das war aber noch kein Bergbau. Die Menschen gruben schlicht die an der Oberfläche befindliche Kohle aus der Erde.

Woher kommt das Eisenerz im Ruhrgebiet?

Im Ruhrgebiet gab es einige Erzlagerstätten, in denen vor allem Kohleneisenstein abgebaut wurde. Außerdem fand man dort Roteisenerz, Toneisenerz und Raseneisenerz.

Zunächst setzte man große Hoffnung in diese Erze und förderte sie in Massen. Allerdings führten die verbesserten Eisenbahnverbindungen dazu, dass hochwertigere Erze aus anderen Regionen leicht ins Ruhrgebiet gebracht werden konnten. 1880 wurde daher kaum noch Eisen aus dem Ruhrgebiet gefördert. Stattdessen kamen die Erze nun vermehrt aus Lothringen.

Warum war das Ruhrgebiet wichtig für die Industrialisierung?

Das Ruhrgebiet verband mehrere Punkte, die wichtig waren, damit die Industrialisierung dort Fahrt aufnehmen konnte. Dass es dort reiche Kohlevorkommen gab, war die Voraussetzung. Ohne sie hätte sich das Ruhrgebiet niemals ab dem 19. Jahrhundert zu einem Ballungsraum entwickeln können.

Besonders hervorzuheben an diesem Standort ist jedoch, dass es Kohle und Eisen nebeneinander gab. Auch wenn das Eisen dort eine geringere Qualität hatte als anderorts, es beschleunigte die Entwicklung ungemein. Dadurch wurde Kohle als Befeuerungsmittel für die Eisenschmelze direkt gebraucht und abgebaut. Neben der allgemeinen Stahlindustrie entstanden auch chemische Großindustrie und Rüstungsindustrie.

Zusätzlich spielte die gute Verkehrsanbindung im Ruhrgebiet eine große Rolle. Neben Wasserstraßen konnte man durch die vorhandene Kohle und das Eisen das Eisenbahnnetz schnell ausbauen. Das förderte den Export, brachte dort nicht vorhandene, nötige Rohstoffe ins Ruhrgebiet und ermöglichte den Zuzug von Arbeitskräften.

Ein besonderer Handelsweg war der Hellweg, welcher zahlreiche Städte miteinander verband. Die Stadt Dortmund lag an der Kreuzung des Hellwegs. Der Hellweg verlief dort, wo heute die Bundesautobahn A40 verläuft.

Abgehaltene Jahrmärkte, welche Verkaufsmärkte waren, lockten Händler bereits im 13. Jahrhundert an. Das Recht einen Jahrmarkt abhalten zu dürfen, wurde zum Erfolgsfaktor. Und da die Stadt Essen als christlicher Stiftungsorden gegründet wurde, erhielt sie sehr früh das Jahrmarktsrecht. Die Stadt Dortmund erhielt im 13. Jahrhundert sogar das Recht, zweimal jährlich einen Jahrmarkt abhalten zu dürfen.

Der Reichtum unter der Erde machte die Menschen erfinderisch. Dadurch wurden im Ruhrgebiet viele neue Technologien erfunden, die den Bergbau vereinfachten und beschleunigten.

Ebenso hervorzuheben sind Investoren, die große Hoffnung in das Ruhrgebiet als Industriestandort setzten. Durch ihre finanziellen Förderungen konnte die Industrialisierung dort schneller ablaufen.
Solche Pioniere waren bspw.

  • die Familie Krupp, welche später das Kruppstahl entwickelten und zum erfolgreichsten Rüstungskonzern Europas wurden
  • oder Franz Haniel (siehe oben)

Warum muss im Ruhrgebiet Wasser abgepumpt werden?

Ende 2018 endete der Steinkohlebergbau in Deutschland. Zurück bleiben kilometerlange Stollen, in denen sich mit der Zeit sogenanntes Grubenwasser sammelt.

Das Grubenwasser sickert aus höheren Erdschichten nach unten und fließt durch die Stollen. Von dort könnte es tiefer absickern und ins Trinkwasser gelangen. Das würde dadurch ungenießbar werden.

Daher laufen im Ruhrgebiet, obwohl der Bergbau beendet ist, weiterhin Pumpen, die die Stollen leer halten. Diese Pumpen ermöglichten vorher den Kumpeln die Arbeit. Heute dienen sie dem Reinhalten des Grundwassers.

Das Abpumpen des Grubenwassers ist eine Aufgabe für die Ewigkeit. Deswegen forscht man an Möglichkeiten, das Wasser für die Energiegewinnung zu nutzen. Das Grubenwasser bringt Wärme und könnte dadurch genutzt werden, um Gebäude zu beheizen.

Welche Sehenswürdigkeiten gibt es im Ruhrgebiet?

Die Sehenswürdigkeiten im Ruhrgebiet drehen sich um das Thema Bergbau. Außerdem gibt es einige weitere Attraktionen, die Touristen in die Region locken. Die wichtigsten werden in den folgenden Unterpunkten vorgestellt.

Zeche Zollverein

Die Zeche Zollverein ist ein ehemaliges Steinkohlebergwerg in Essen. Heute befindet sich dort ein Museum als Dauerausstellung. In dieser wird die Entwicklung des Bergbaus im Ruhrgebiet dargestellt. Der Bergbau wird dabei auch in Zusammenhang mit der Bevölkerung gebracht. Zusätzlich gibt es dort Wechselausstellungen zu ganz unterschiedlichen Themen.
Die Zeche ist seit 2001 Teil des Welterbes der UNESCO.

Zeche Zollverein in Essen

Zeche Zollverein in Essen, Bildnachweis: tichr / Shutterstock.com

Essener Dom

Der Essener Dom entstand ab 1275, nachdem die dort zuvor stehende ottonische Stiftskirche niederbrannte. Er umfasst etwa 45.000 m³ im Inneren und zeichnet sich durch wenige, dafür besonders hochwertige Schätze aus. Der bedeutendste darunter ist die Goldene Madonna. Die Figur ist über 1000 Jahre alt und Teil des Essener Domschatzes. Sie ist der Öffentlichkeit zugänglich.

Dom in Essen

Dom in Essen


Im Zweiten Weltkrieg wurde der Dom stark beschädigt. Daher besitzt er heute keine originalen Fenster mehr. Er wurde aber aufwändig restauriert, um ein authentisches Bild seiner Zeit zu liefern.

Dortmunder U

Das Dortmunder U ist ein ursprüngliches Lagerhaus der Dortmunder Union Brauerei. Er wurde 1826/27 gebaut und trägt seit 1968 sein namensgebendes U auf dem Dach. Dieses U ist neun Meter hoch, vergoldet und beleuchtet.
Mittlerweile ist das Dortmunder U ein Kreativzentrum. Hier findet man wechselnde Ausstellungen.

Dortmunder U

Dortmunder U, Bildnachweis: Redaktion: saiko3p / Shutterstock.com

Villa Hügel

De Villa Hügel ist das ehemalige Wohnhaus der Familie Krupp. Sie hat etwa 400 Räume, die sich auf über 11.000 m² Wohnfläche verteilen. Die Villa steht im Essener Stadtteil Bredeney und wurde von 1870 bis 1873 errichtet.
Heute werden die Räumlichkeiten für Ausstellungen und Konzerte genutzt. Einige Räume sind in ihrer ursprünglichen Ausstattung erhalten geblieben und können ebenfalls besucht werden.
Zu der Villa gehört der 28 Hektar umfassende Hügelpark. Auf der Parkanlage befinden sich viele Bäume und einige Gebäude. Künstliche Wasserläufe und Quellen wurden bei einer großflächigen Umgestaltung 1961 entfernt.

Landschaftspark Duisburg-Nord

Der Landschaftspark Duisburg-Nord, abgekürzt auch als LaPaNo, LAPADU oder Landi bekannt, liegt in Duisburg-Meiderich. Er wurde auf 180 Hektar um ein stillgelegtes Hüttenwerk angelegt und sollte Industrie mit Natur verbinden.

Landschaftspark Duisburg-Nord

Landschaftspark Duisburg-Nord


Die nicht mehr genutzten Bauwerke des Hüttenwerks wurden weitestgehend erhalten und für den Menschen begehbar gemacht. Wo es möglich war, legte man Gärten an. Dadurch entstanden teilweise apokalyptische Szenerien, die auch im Film Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes zu sehen sind. Teile des Films wurden im Park gedreht.


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