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Was bedeutet Satellitenstaat: Definition, Beispiele und Bedeutung


Ein Satellitenstaat, oftmals auch als Vasallenstaat bezeichnet, ist ein Staat, welcher zwar formell unabhängig zu sein scheint, tatsächlich aber von einem größeren Staat oder einem Zusammenschluss verschiedener Staaten hinsichtlich seiner Entscheidungen beeinflusst wird. Der Satellitenstaat ist somit nicht souverän, sondern von der beschriebenen Großmacht abhängig und in dessen außen- und innenpolitische sowie militärische Agenda eingespannt. Einzelinteressen des Satellitenstaates haben dabei vor den Zielen der beherrschenden Großmacht zurückzustehen. Bekannte historische Beispiele sind die Staaten des sogenannten Warschauer Paktes, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Einfluss der Sowjetunion standen. Die Regierung bzw. das Staatsoberhaupt eines Satellitenstaates wird als Vasallenherrscher oder Vasallenkönig bezeichnet.

Begriffsursprung: Warum heißt es Satellitenstaat

Der Begriff Satellitenstaat bezieht sich metaphorisch auf die Luft– und Raumfahrt und nimmt dabei das Bild eines Satelliten (also eines von Menschen hergestellten Raumflugkörpers) auf, der um einen Planeten oder Mond kreist. Solch ein Satellit wird von der Schwerkraft des entsprechenden Himmelskörpers in dessen Umlaufbahn gehalten und kann diesem folglich nicht entkommen.

Der synonyme Ausdruck Vasallenstaat stammt aus dem Mittelalter und bezieht sich auf den sogenannten Vasallen. Damit war eine Person gemeint, der sich in ein Abhängigkeitsverhältnis (eine sogenannte Gefolgschaft oder Knechtschaft) zu einem (oftmals adligen) Herren begab. Zumeist musste der Vasall für seinen Herren militärische Dienste erbringen und erhielt dafür im Gegenzug ein Lehen (beispielsweise eigene Ackerflächen) als Vergütung.

Vor- und Nachteile für den Satellitenstaat

Für den im Einflussbereich einer Großmacht stehenden Satellitenstaat hatte das Konstrukt mehr Nach- als Vorteile. Der gravierendste Nachteil war die fehlende Durchsetzbarkeit eigener wirtschaftlicher, politischer oder militärischer Interessen. Diese standen nämlich oftmals denen der Großmacht konträr entgegen.

Doch durch die Ausübung indirekten und direkten Drucks durch die beherrschende Großmacht stellten die politischen Entscheider der Vasallenstaaten ihre eigenen Staatsinteressen zwangsweise zurück. Die Regierungen der Satellitenstaaten wurden daher auch Marionettenregierungen genannt.

Satellitenstaaten wurden in der Historie etwa des Öfteren in militärische Konflikte von zwei Großmächten getrieben, an denen sie selbst kein rational begründbares Interesse hatten. Durch die fehlende Berücksichtigung von Eigeninteressen entwickelte sich oftmals großer Unmut in der eigenen Bevölkerung, der sich schlussendlich in Massenprotesten entlud.

Bei Staaten des Warschauer Paktes, die unter dem Einfluss der damaligen Sowjetunion standen, wurden solche Proteste teils blutig niedergeschlagen (bspw. im Prager Frühling 1968). Demokratische und freie Wahlen existierten in Satellitenstaaten nur dem Schein nach. Der einzig ersichtliche Vorteil dieses Konstruktes bestand für den Satellitenstaat darin, im Falle von bewaffneten Konflikten militärischen Beistand durch die dominierende Großmacht zu erfahren.

Vor- und Nachteile für die beeinflussende Großmacht

Für die den Satellitenstaaten führende Großmacht hatte das machtpolitische Gebilde einige Vorteile zu bieten. Zum einen konnte das eigene, als überlegen angesehene Weltbild auf andere Länder übertragen werden, was wiederum den Rückhalt im eigenen Volk stärkte. Wirtschaftliche Beziehungen zu Satellitenstaaten wurden aufgrund des ungleichen Machtverhältnisses so gestaltet, dass sie für die beherrschende Supermacht von Vorteil waren.

Durch die Installierung einer der Großmacht treuen Marionettenregierung müssen keine eigenen personellen oder monetären Ressourcen für die Ausübung von Einfluss und Macht aufgewendet werden. Zudem konnte man auf diese Weise eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung des Satellitenstaates erreichen, da keine dauerhafte Militärpräsenz nötig war.

In Konflikten konnte man sich des Heeres des Satellitenstaates bedienen und somit indirekt die eigene Truppenstärke erhöhen. Auch konnte man das Land des Vasallenstaates zur Stationierung militärischer Waffenlager oder der eigenen Truppen nutzen und sich dadurch gegebenenfalls eine räumliche Annäherung zu feindlichem Gebiet zunutze machen.

Nachteilig war für die Großmacht, dass sich, wie bereits beschrieben, oftmals Unzufriedenheit in der indirekt beherrschten Bevölkerung entwickelte. Dies führte typischerweise zu schwerwiegenden politischen Unruhen. Außerdem musste die Großmacht stets dafür sorgen, dass ihr die Marionettenregierung auch wirklich treu blieb und keine eigenen Interessen verfolgte. Je mehr Satellitenstaaten unter eigener Führung existierten, desto schwieriger waren diese auf Dauer beherrschbar. Zudem musste die Großmacht auf eine stabile innenpolitische Lage achtgeben, da etwaige Unruhen ansonsten schnell auf die Vasallenstaaten übergriffen.

Beispiele für ehemalige und noch existierende Satellitenstaaten

Bekannte Beispiele für Satellitenstaaten sind die früheren Mitgliedsländer des Warschauer Paktes, welche im Volksmund auch als Ostblockstaaten bekannt waren. Von 1955 bis 1991 waren folgende Staaten unter Führung der Sowjetunion (heutiges Russland, Ukraine, Belarus, Estland, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Teile Zentralasiens) über einen in Warschau unterschriebenen Vertrag verbunden:

  • Albanien,
  • Bulgarien,
  • Deutsche Demokratische Republik, auch bekannt als DDR,
  • Polen,
  • Rumänien,
  • Tschechoslowakei und
  • Ungarn.

Der Warschauer Pakt war ein Militärbündnis, welches als Gegenstück zur bis heute existierenden NATO (ein militärischer Zusammenschluss von Staaten unter US-amerikanischer Leitung) fungierte. Die Staaten des Warschauer Paktes waren durchweg sozialistisch organisiert und hatten dem Kurs der Sowjetunion zu folgen. Ein Aufbegehren gegen diese auferlegte Gesellschaftsordnung wurde sowohl während des Prager Frühlings 1968 als auch während des Ungarischen Volksaufstandes 1956 militärisch niedergeschlagen.

Satellitenstaaten existierten in der Menschheitsgeschichte allerdings schon wesentlich früher. Im antiken Rom wurden unter der Kontrolle des römischen Reiches stehende Staaten als Klientelstaaten bezeichnet. Auch der französische Feldherr und Kaiser Napoleon lies eroberte Gebiete, unter anderem im heutigen Italien, gemäß seinen Vorstellungen politisch umstrukturieren, sodass diese als Vasallenstaaten Frankreichs dienten.

Heutzutage wird Belarus von vielen Politikwissenschaftlern als offensichtlicher Satellitenstaat des großen Nachbarn Russland angesehen. Anzeichen hierfür sind unter anderem die vertraglich geregelte dauerhafte Stationierung von Waffen und Truppen Russlands in Belarus. Zudem erlaubte es Belarus im Februar 2022, dass russische Streitkräfte vom belarussischem Staatsterritorium aus die Ukraine überfielen.


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