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Was bedeutet Slenderman: Mythologie, Psychologie und Religion


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Wie aus einem Foto eine weltweite, mystische Legende werden kann, verdeutlicht die Figur das „Slenderman„. Ins Leben gerufen durch einen Wettbewerb, geistert die Gestalt des schlanken, gesichtslosen Mannes mittlerweile durch Horrorspiele, Videoclips und Filme und lässt bei manchem Fan auf blutige Art und Weise die Grenze zwischen Realität und Fiktion verwischen.

Geburt einer Internetlegende

Slenderman ist ein englischer Begriff, der sich aus zwei Worten zusammensetzt. „Slender“ heißt schlank, mager oder dünn. Und „man“ steht für Mann. Im Jahr 2009 rief Eric Knudsen die Gestalt ins Leben. Unter dem Nutzernamen Victor Surge nahm er an einem Wettbewerb der Internetseite „Something Awful“ teil. Es sollten Fotos eingeschickt werden, die das Alltägliche auf erschreckende Weise mit dem Paranormalen verknüpften.

Eric Knudsen sandte Fotos von spielenden Kindern ein, in deren Hintergrund ein großer, schlanker, gesichtsloser Mann zu sehen ist. Den Fotos beigefügt war ein unheimlicher Text, der das erstmalige Erscheinen dieser Horrorgestalt nach Stirling, Schottland verortete. Dort wäre in den 80er Jahren der mysteriöse Mann kurz vor dem Abbrennen der Bibliothek erschienen.

Nach dem Brand wären zwei Bilder aus dem 19. Jahrhundert aufgefunden worden, die ihn ebenfalls zeigten. Die unheimliche Hintergrundgeschichte und die bedrohliche Ausstrahlung der mysteriösen Kreatur faszinierte nicht nur die User von „Something Awful“. Rasch breitete sich der Horror im Internet aus und verursachte weltweiten Grusel. Der „Slenderman“ war geboren.

Herkunft des Slenderman

Nach Quellen der Inspiration gefragt, nannte Eric Knudsen Kurzgeschichten u. a. von Stephen Kind und H. P. Lovecraft sowie die mysteriösen Ereignisse in Mattoon.

Der Horror von Mattoon

In den USA ereignete sich in der 1930er und 1940er Jahren im County Botetourt sowie in der Stadt Mattoon Bedrohliches. Mehrere Bürger berichteten von nächtlichen Gasangriffen im eigenen Haus. Die Betroffenen erwachten mit Übelkeit und bemerkten einen seltsamen Gasgeruch. Einige schilderten zeitweise gelähmt zu sein, andere rangen nach Luft oder übergaben sich. Zeitgleich gab es Schilderungen eines schwarzgekleideten Mannes, der in zeitlicher Nähe zu den Attacken gesehen wurde. Ein Verdächtiger wurde nie überführt. Bis heute ist unklar, was oder wer hinter den mysteriösen Attacken steckte.

Der Slenderman: Horror als Gesamtkonzept

Bei der Slenderman Figur fließen verschiedene Effekte ein, welche das Gesamtbild des Gesichtslosen zu einem Horrorerlebnis werden lassen. Der langgezogene Körper, das Verhalten des Schattenmanns und schließlich ein psychologischer Effekt.

Äußeres Erscheinungsbild

Bei der von Eric Knudsen ins Leben gerufenen Figur handelt es sich um einen dünnen, haarlosen Mann. Der schwarze Anzug, die Krawatte und das weiße Hemd verleihen dem Slenderman ein durchaus seriöses Erscheinungsbild, das in scharfem Kontrast zum gesichtslosen, weißen Gesicht steht. Die Arme des Slendermans sind überlang und werden manchmal als Tentakel dargestellt. Auch die Beine sind unnatürlich lang. Dies lässt die Kreatur grotesk-unheimlich wirken.

Lange Schatten haben in der Mythologie und Glaubenswelt der Menschen eine weit zurückreichende Erfolgsgeschichte. Denn die langgezogenen Schatten der Gliedmaße eines Menschen wirken wie Krallen oder Klauen, wodurch bereits in der griechischen Antike bestimmte Schattenwesen existierten, welche das Unheil über die Menschen bringen sollten.

So nahm man an, dass der Schatten eines Menschen ein entflohenes Spiegelbild sein könnte, welche auf der Schattenseite lebt. Schattenwesen, welche zwei Persönlichkeiten (Schatten- und Sonnenseite) in sich tragen, sind seither ebenfalls ein beliebtes Motiv in der Fantasy-Literatur (z.B. Werwolf, Vampir).

Der Slenderman verkörpert mit seinen langen Armen und Beinen den Schatten, eine grausige Gestalt, welche seit der Antike in Gruselgeschichten anlastet.

Verhalten des Slendermans

Seine Opfer begegnen dem Slenderman bevorzugt in dunklen Wäldern, jedoch taucht er auch in Parks oder an anderen abgelegenen Orten auf. Die Horrorgestalt nähert sich lautlos. Große Distanzen kann sie durch Teleportieren problemlos in einem Sekundenbruchteil überbrücken. Einmal ins Visier des Slendermans geraten, haben die Opfer, häufig Kinder, keine Chance zur Flucht. Sie verschwinden spurlos.

Ähnliche Kinderräuber gibt es ebenfalls im Märchen und anderen Erzählen. Neben Hensel und Gretel, welche von der Hexe im Wald gefangen gehalten werden. hat auch der Rattenfänger von Hameln ein ähnliches Motiv.

Lebensort Horrorspiele und Gruselfilme

Seine rasch wachsende Anhängerzahl im Internet ließ den Slenderman zu einer beliebten Figur werden. Fanpages, Clips auf Videoportalen, Horrospiele und einem erfolgreichen Kinofilm brachten ihn noch einer größeren Masse näher.

Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen

Im Internet ist Slenderman auf zahlreichen von Usern hochgeladenen Fotos und Videos zu sehen. Überall auf der Welt berichten Fans von Sichtungen des dünnen Mannes. Einigen Anhängern zufolge gab es die Figur bereits im Alten Ägypten, andere meinen ihnen auf mittelalterlichen Darstellungen wiederzuerkennen.

Eine Horrorgestalt wird real, der Tulpa-Effekt

Eine Tulpa ist eine durch Gedanken erschaffene Gestalt. Tulpas können freundlich, aber auch bösartig sein. Manche Anhänger von Slenderman befürchten, dass durch dessen weltweite Popularität eine Tulpa der Horrofigur entstanden sein könnte, die nun ihr Unwesen treibt.

Reale Opfer für Slenderman

Die Vermischung zwischen Realität und Fiktion kann zu menschlichen Tragödien führen.
2014 stachen zwei Zwölfjährige wie von Sinnen mehrfach auf eine Gleichaltrige ein und ließen diese danach schwerverletzt im Wald, unter Blättern verscharrt, zurück.

Das Mädchen schaffte es mit letzten Kräften zu einer Straße zu kriechen. Dort wurde sie gefunden und überlebte. Die zwei Täterinnen wurden festgenommen und vor Gericht gestellt. Beide Mädchen erklärten, den Angriff im Auftrag von Slenderman begangen zu haben. Sie glaubten fest daran, dass dieser real existieren würde. Eine der Täterin, Morgen, ist schizophren.

Bei ihrer Freundin, Anissa, wurde keine psychische Störung festgestellt. Letztere schilderte jedoch, an der Schule als Außenseiterin gemobbt worden zu sein. Zuflucht fand das Mädchen im Internet. Dort stieß sie auf Slenderman. Der düstere Mythos zog sie mehr und mehr in seinen Bann. Sie suchte Gleichgesinnte und stieß schließlich auf Morgan. Die beiden knüpften eine verhängnisvolle Freundschaft, die im Mordversuch endete.

Im selben Jahr versuchte eine 13-Jährige auf ihre Mutter einzustechen. Der Teenager trug während der Attacke eine weiße Maske. Die Mutter wurde glücklicherweise nur leicht verletzt. Dass die Tat jedoch ebenfalls von Slenderman beeinflusst worden war, darauf ließen Aufzeichnungen des Mädchens schließen.

Der Schaffer der Figur, Eric Knudsen, zeigte sich tief betroffen von den Vorfällen. Die Internetseite, die den Kult ins Leben gerufen hatte, veröffentlichte zusammen mit vielen weiteren ähnlichen Seiten, eindringliche Aufrufe gegen weitere Gewalt im Namen Slendermans.


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