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Was ist Staatlichkeit: Definition, Formen und Bedeutung


Staatlichkeit beschreibt die Möglichkeit eines Staates, seine Regeln und Gesetze durchzusetzen. Dabei muss der Staat drei Funktionen wahrnehmen: Rechtsstaatsfunktion, Sicherheitsfunktion und Wohlfahrtsfunktion. Kann eine Regierung diesen Ansprüchen nicht nachkommen, handelt es sich um einen fragilen Staat. Im Zuge der Globalisierung veränderten sich die Herausforderungen an die Staatlichkeit.

Staat als Grundlage der Staatlichkeit

Als Staat wird ein Herrschaftsverband bezeichnet, der international anerkannt ist und die letzte Verantwortlichkeitsebene auf einem begrenzten Gebiet darstellt. Das bedeutet, dass dieser die Geltung seiner Verwaltungs- und Rechtsvorschriften bei allen Handlungen innerhalb seiner Grenzen beansprucht. Um als Staat anerkannt zu werden, müssen drei Grundbedingungen erfüllt sein: Ein Staatsgebiet existiert und in diesem lebt ein Staatsvolk. Zudem gibt es Institutionen der Staatsgewalt, wie Gerichte, Polizeiwachen, Regierungsgebäude usw.

Ein Staat hat drei Funktionen, die er erfüllen muss. Die erste ist die Rechtsstaatsfunktion. Das bedeutet, dass die Macht der Staatsgewalt Grenzen hat. Diese wird durch Gesetze beschränkt.

Die zweite Aufgabe ist die Sicherheitsfunktion. Der Staat muss sein Staatsvolk sowohl von Gefahren außerhalb wie auch innerhalb schützen.
Abschließend hat er eine Wohlfahrtsfunktion, wodurch der Staat für das soziale, ökonomische (wirtschaftliche) und kulturelle Wohlbefinden des Staatsvolkes zuständig ist.

Was ist Staatlichkeit: Definition und Bedeutung

Sobald ein Staat in der Lage ist, Regeln und Gesetze durchzusetzen und das Gewaltenmonopol einzuführen, dann liegt Staatlichkeit vor. In der Realität ist diese oft begrenzt. Dies wird als „Räume begrenzter Staatlichkeit“ bezeichnet. Dabei ist nicht der Raum als Ort zu sehen, es handelt sich hierbei um den konstruktivistischen Raumbegriff. Dabei wird der Raum als ein relationaler Zusammenhang gesehen. Das können Politikfelder, soziale Gruppen oder Territorien, für die die Durchsetzungskraft teilweise eingeschränkt ist, sein.

Formen der Staatlichkeit

Fragile Staatlichkeit

Kann ein Staat seinen drei Aufgaben (Rechtsstaatsfunktion, Sicherheitsfunktion und Wohlfahrtsfunktion) nur teilweise oder ungenügend nachkommen, dann ist die Rede von einem fragilen Staat bzw. einer fragilen Staatlichkeit. Wird eine Aufgabe gar nicht erfüllt, wird auch von gescheiterten Staaten (Failed states) gesprochen.

Die Rechtsstaatlichkeit ist nicht mehr gegeben, wenn Korruption und/oder Wahlbetrug vorliegt. Dadurch werden die Gesetze, die die Macht begrenzen, werden so durch Beziehungen und Geld umgangen.

Wenn die Polizei- und Militärkontrolle nicht im kompletten Staatsgebiet vorherrscht oder bürgerkriegsartige Zustände mit gehäuften terroristischen Anschlägen existieren, dann ist die Sicherheitsfunktion nicht mehr ausreichend erfüllt.

Bei einer unerfüllten Wohlfahrtsfunktion kommt es zu einem Mangel an Bildung, medizinischer Versorgung oder einer ausgedehnten Wirtschaftskrise.

Seit 2005 gibt es einen Fragile States Index, der auflistet, welche Länder das höchste Risiko haben, dass es zu einem Zerfall des Staates kommt. 2021 bildeten die Top 5 Jemen, Somalia, Syrien, Süd-Sudan und die Demokratische Republik Kongo. Generell sind die Staaten in Afrika und Süd-West-Asien gemäß dem Index am höchsten gefährdet.

Offene Staatlichkeit

Bei einer offenen Staatlichkeit ist zwar eine nationale Staatlichkeit vorhanden, aber eine Integration in internationale Vereinigungen wird dennoch wahrgenommen. Die Europäische Union ist ein Gebilde der offenen Staatlichkeit. Obwohl Deutschland seine eigenen Gesetze hat, herrschen auch europaweite Vorgaben, die für alle Mitgliedsstaaten gilt. Da die nationalen Gesetze sehr voneinander abweichen, steht das europäische über dem nationalen Recht.

Abgrenzung zur Rechtsstaatlichkeit und zur Anarchie

Um sie beiden Begriffe von der Staatlichkeit abgrenzen zu können, ist es wichtig, zu verstehen, was hinter den Bezeichnungen steht.
Die Rechtsstaatlichkeit beschreibt den Umstand, dass ein Staat nur im Rahmen seiner Gesetze handeln und verwalten darf. Die Rechtsstaatlichkeit ist jedoch nur eine Säule der Staatlichkeit.

Bei der Anarchie handelt es sich um ein Weltordnungsmodell, dass sich durch die Abwesenheit von Herrschaft auszeichnet. Dabei werden alle hierarchischen Strukturen aufgehoben. Da für eine Staatlichkeit ein Staat nötig ist, kann die Staatlichkeit und die Anarchie nicht gleichzeitig bestehen. Ein Staat definiert sich wie eingangs genannt dadurch, dass er ein Herrschaftsverband ist.

In fragilen Staaten kann es jedoch zu anarchieähnlichen Zuständen kommen. Dazu kommt es, wenn das Staatsvolk beginnt, sich der Probleme anzunehmen, die der fragile Staat auslöst. Dies kann mangelnde Bildung sein, die aufgefangen wird, aber auch Bürgerwehren und Selbstjustiz.

Staatlichkeit im Wandel

Die Staatlichkeit durchlebt einen Wandel, der durch die heutige Vernetzung und Globalisierung vorangetrieben wird. So geht der Trend zur offenen Staatlichkeit. Durch das Internet ist eine Annäherung der Staatsvölker und ein internationaler Austausch problemlos möglich. Aufgrund dieser Transparenz entsteht eine Angleichung an die Ansprüche in der Rechtsstaatsfunktion. Vereinigungen bilden sich schneller und es wird auf Rechtslagen anderer Nationen verwiesen und diese gefordert. Als Beispiele sind die rechtliche Anerkennung von Eheschließung abseits eines heterosexuellen Paares oder auch die Legalisierung von Cannabis zu nennen.

Am stärksten beeinflusst die Vernetzung jedoch die Sicherheits- und Wohlfahrtsfunktion. Durch die Verbreitung von Fakenews und der Anonymität des Internets sowie mögliche Hackerangriffe sind ganz andere Gefahren entstanden, als sie noch vor 50 Jahren abzuwehren waren. Zudem steigt das technische, medizinische und kulturelle Niveau. Dadurch entstehen mehr Anknüpfungspunkte als Chancen zur Verbreitung offener Staatlichkeit.


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