Was bedeutet Klimagerechtigkeit: Definition und Bedeutung
Klimagerechtigkeit ist ein Begriff, der im Zusammenhang mit den Auswirkungen und der Bekämpfung des Klimawandels steht. Es geht darum, die Folgen der Erderwärmung zusammen mit ethischen, sozialen und politischen Problemen zu betrachten. Denn der Klimawandel wirkt sich in den Ländern und innerhalb von Gemeinschaften unterschiedlich aus. Extremwetter oder Naturkatastrophen zeigen sich vor allem in Ländern, die über eine lange Zeit nichts zu dem Klimawandel beigetragen haben. Auch auf den einzelnen Menschen angewendet, lässt sich von Klimaungerechtigkeit reden: Die Leben und die Gesundheit mancher Menschengruppen sind mehr durch den Klimawandel bedroht als die anderer.
Inhalt
Verschiedene Aspekte der Klimagerechtigkeit
Die Grundlagen der Forderungen nach Klimagerechtigkeit reichen zurück bis das 20. Jahrhundert. In den USA zeigten Umweltgruppen, dass Umweltzerstörung vor allem benachteiligte Personen betrifft. Mülldeponien oder Wasserverschmutzung durch Fabriken häuften sich beispielsweise eher an Stadträndern oder dünn besiedelten Gebieten. Seit dem Klimagipfel in Kopenhagen 2012 ist Klimagerechtigkeit in der internationalen politischen Klimadebatte angekommen. Der Klimawandel wirkt sich auf die gesamte Welt aus. Dementsprechend wichtig ist es, alle Staaten gerecht an der Bekämpfung zu beteiligen.
Politik, Aktivisten und Gruppen setzen bei dem Begriff Klimagerechtigkeit unterschiedliche Schwerpunkte. Klimagerecht ist beispielsweise, dass die Verantwortlichen für den Klimawandel und den daraus entstehenden Schäden einen größeren Teil der Bekämpfung übernehmen. Es geht darum, Länder und Regionen zu unterstützen, die wenig zum Klimawandel beigetragen haben, aber unter diesem stärker leiden. Das äußert sich in dem Bestreben, dass größere Industrienationen wirtschaftlich schwächere Länder bei technischen Maßnahmen unterstützen.
Zum Bereich der Klimagerechtigkeit gehört die Frage, inwieweit der Klimawandel Diskriminierung verstärkt oder hervorruft. Je nach Herkunft, Geschlecht, Zugehörigkeit zu Gruppen oder sozialer Position sind Personen stärker von Naturkatastrophen betroffen. Ein Beispiel sind sogenannte Klimaflüchtlinge, die ihrer Lebensgrundlage beraubt, einen unsicheren Status in der Gesellschaft haben.
Der Begriff umfasst zusätzlich den Aspekt der Generationengerechtigkeit. Die kommenden Generationen sind wesentlich stärker vom Klimawandel betroffen als die momentane. Die Konsequenzen mit Extremwetter oder Missernten führen langfristig zu finanziellen Belastungen von kommenden Generationen, die zum Klimawandel nichts beigetragen haben.
Wieso gibt es Ungerechtigkeit beim Klimawandel
Die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich auch in Bezug auf die Menschenrechte. Zu den von den Vereinten Nationen erklärten Rechten gehören beispielsweise Gesundheit oder Nahrung. Das Ansteigen des Meeresspiegels, häufiger auftretende Dürren oder Überschwemmungen schränken diese Ansprüche ein. Betroffen sind viele Regionen und Kontinente. Ernteausfälle, daraus resultierender Hunger oder verschmutztes Wasser bedrohen das Leben von Millionen Menschen nicht nur in Afrika. Regionen mit kleinbäuerlichen Gemeinschaften, Nomaden oder Gruppen, die von der Landwirtschaft leben, sind stärker von Extremwettern betroffen als Stadtbewohner.
Die Weltgesundheitsorganisation, die WHO, erklärte den Klimawandel zu einem Risiko für die Gesundheit, das vor allem benachteiligte Bevölkerungsgruppen treffe. Unter Luftverschmutzung, Wasserverschmutzung oder Ernährungsunsicherheit leiden arme Menschen, die keinen oder nur begrenzten Zugang zu Gesundheitssystemen haben.
Die Klimaungerechtigkeit zeigt sich in dem unterschiedlich verteilten Zugriff auf technische Lösungen oder finanzielle Unterstützung. Industrienationen wie die Niederlande schützen sich mit Dämmen, Deichen oder anderen technischen Möglichkeiten vor Überflutungen und einem steigenden Meeresspiegel. Menschen in Ländern wie Bangladesch sind hingegen auf Behelfslösungen angewiesen.
Zahlreiche Studien belegen die ungleiche Verteilung bei dem den Klimawandel beschleunigenden Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Eine Oxfam-Studie von 2021 fasst zusammen, dass die reichsten Menschen der Welt doppelt so viel CO2 verursachten wie die ärmsten. Verhalten sich die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung weiter so, überschreiten sie das angestrebte Ziel des CO2-Pro-Kopf-Verbrauchs um ein Vielfaches. Mit Blick auf die Generationengerechtigkeit zeigen Untersuchungen, dass heute geborene Kinder bis zu siebenmal häufiger Hitzewellen erleben als ihre Großeltern.
Soziale Ungerechtigkeit und Klimawandel
Den Begriff der Klimagerechtigkeit benutzen verschiedene Gruppen auch, um aufzuzeigen, dass der Klimawandel ein Ergebnis sozialer Ungleichheit ist. Zum einen leiden unter den Folgen mehrheitlich verletzliche Gruppen wie Kinder, Senioren, Frauen, von Rassismus betroffene Menschen oder arme Gemeinschaften.
Eine weitere Ungleichheit zeigt sich in der Beteiligung dieser unterschiedlichen Personen an der Klimapolitik. Minderheiten oder indigene Völker haben je nach Staat nur begrenztes Mitspracherecht bei politischen Entscheidungen hinsichtlich der Maßnahmen gegen den Klimawandel. Dürren, Überflutungen oder Abholzungen entreißen Kleinbauern oder indigenen Völkern die Lebensgrundlage.
Indigene Völker in den Regenwäldern, auf Inseln und in der Arktis sind von den Folgen des Klimawandels stark betroffen. Dabei wirkt sich ihre Lebensweise nicht auf die Erderwärmung aus. Ohne dass sie Verantwortung dafür tragen, leiden sie unter den Folgen durch Landverlust, Artensterben oder Verschmutzung ihrer Lebensräume.
Zum anderen gibt es Bewegungen, die die Ursache des Klimawandels im ungleichen Wirtschaftssystem und der Vernachlässigung von Menschenrechten sehen. Ein Beispiel dafür ist die Massenproduktion in der Textilindustrie: Sie erfolgt in Ländern, in denen Menschen unter Missachtung von Arbeitsschutz und Rechten arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Diese Menschen sind abhängig von den schlecht bezahlten und unsicheren Jobs. Zugleich tragen sie und die Nachfrage nach preiswerten Produkten mit einer wenig umweltschonenden Produktion zum Klimawandel bei. Die günstige Massenware wiederum hat nur eine kurze Tragedauer. Die Entsorgung entfällt auf andere Länder, wo die Textilien auf Deponien die Umwelt verschmutzen. Die soziale Ungerechtigkeit des Klimawandels zeigt sich darin, dass Menschen mit geringen finanziellen Mitteln den Auswirkungen weniger entgegenzusetzen haben. Eine Wohnung außerhalb der Slums, sauberes Wasser oder eine Klimaanlage sind nicht für alle bezahlbar.
Klimaethik und Klimagerechtigkeit
Der Begriff Klimagerechtigkeit gehört in das Feld der Klimaethik. Klimaethik stellt in Bezug auf den Klimawandel Fragen zur Moral und zum richtigen Verhalten und Handeln. Darunter fallen Aspekte wie das technische Eingreifen in die Natur, um den Klimawandel zu verlangsamen oder die Frage nach Gerechtigkeit. Moralisch stellen sich zwei wesentliche Aufgaben in Bezug zur Klimagerechtigkeit: Wie lassen sich Emissionen, der Ausstoß von Treibhausgasen, gerecht vermeiden? Wie lassen sich Schäden verursacht durch den Klimawandel gerecht verhindern oder ausgleichen?
Um Gerechtigkeit in Bezug auf den Klimawandel herzustellen, gibt es verschiedene Sichtweisen. Das Verursacherprinzip baut darauf auf, dass diejenigen, die die Klimaschäden verursachen, diese ausgleichen oder bei der Bekämpfung unterstützen. Streitbar an diesem Prinzip ist, ab wann die Verursacher verantwortlich sind und ob sich rückwirkend Schuld verteilen lässt. Spätestens ab 1990 war mit dem Bericht des Weltklimarates die schädliche Auswirkung von CO2-Emissionen klar.
Zugleich ist es gerecht, für alle das Existenzminimum zu bewahren oder herzustellen. Dabei ist der Begriff des Existenzminimums streitbar: Was ist zum Leben notwendig und was nicht? Ist es gerecht, dass Eigentum von Landbesitzern anzutasten, um Maßnahmen gegen den Klimawandel durchzuführen? Ist es gerecht, wohlhabende Menschen in ihrem Lebenswandel einzuschränken, um Emissionen einzusparen? Diese materiellen Fragen gehören zu den Bereichen der Klimagerechtigkeit. Ein weniger auf Dinge bezogenes Ziel ist, alle gleichberechtigt bei Maßnahmen teilhaben und mitentscheiden zu lassen.
Wie lässt sich Klimagerechtigkeit erreichen
Seitdem in der Politik Klimagerechtigkeit ein Thema ist, beschäftigen sich internationale Konferenzen und Gespräche damit. Die internationale Klimapolitik verfolgt mit dem Pariser Übereinkommen das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Eine wichtige Rolle spielt die Verringerung des CO2-Ausstoßes und die Diskussion um gerecht verteilte Emissionsrechte. Emissionsrechte legen fest, wie viel Freisetzung an Treibhausgasen jedem Land zusteht, um Fabriken und Wirtschaft sicherzustellen.
Neben der gemeinsamen Verpflichtung, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, gibt es verschiedene internationale Initiativen, die Klimagerechtigkeit durch Unterstützung verfolgen. Im Zuge der Klimakonferenz in Glasgow 2021 ist es dem Santiago Netzwerk gelungen, Finanzhilfen einzunehmen. Das Santiago Netzwerk widmet sich der technischen und finanziellen Unterstützung von wirtschaftlich schwächeren Ländern, die von Klimakatastrophen betroffen sind.
Ein wichtiger Aspekt bei dem Erreichen von Klimagerechtigkeit ist die Teilhabe von Aktivisten und Nicht-Regierungsorganisationen, kurz NGOs, bei Konferenzen. Im Zuge der Klimakonferenz in Glasgow fand der People’s Summit for Climate Justice statt, dem führende Politiker beiwohnten.
Politische Akteure und Staaten ringen um gemeinsame Vereinbarungen und Lösungen. Internationale Klimakonferenzen, die Klimaziele der EU und einzelner Länder erreichen nur begrenzte konkrete Pläne. Daher verfolgen und fordern Bewegungen wie Fridays for Future oder Scientists for Future weitere Maßnahmen. Diese umfassen einen schnellstmöglichen Verzicht auf fossile Brennstoffe und den Ausbau erneuerbarer Energien. Sie fordern, die Menschenrechte bei Klimaschutzmaßnahmen zu berücksichtigen oder den Massenkonsum zu reduzieren.
Verschiedene NGOs und Vereine versuchen, Klimagerechtigkeit praktisch umzusetzen. Das Projekt „Green Belt Movement“ verfolgt beispielsweise die Aufforstung von Bäumen in Afrika. Neben dieser Leitidee führt das Projekt Bildungsarbeit für die Anwohner durch und strebt eine Teilhabe an politischen Entscheidungen an.
Zusammenfassung:
- Klimagerechtigkeit ist ein Begriff, der beschreibt, dass die Folgen des Klimawandels Länder und Menschen unterschiedlich stark treffen.
- Klimagerechtigkeit thematisiert, dass in der Geschichte Industrienationen zum Klimawandel durch höhere CO2-Ausstöße mehr beigetragen haben als Entwicklungsländer.
- Zugleich sind die Industrienationen in der Lage, sich technisch besser gegen die Folgen zu schützen als andere Länder.
- Ungerecht in Bezug auf den Klimawandel ist, dass vor allem ärmere Menschen stärker unter den Effekten leiden. Nach einer Studie tragen im Privatbereich die oberen reichen zehn Prozent der Bevölkerung am meisten zum CO2-Ausstoß bei.
- Klimagerechtigkeit lässt sich mit einer gerechten Verteilung des CO2-Ausstoßes und der Ressourcen erreichen.
- Eine wesentliche Forderung von Bewegungen, die Klimagerechtigkeit anstreben, ist die finanzielle und technische Unterstützung von Ländern, die unter Klimakatastrophen leiden.
- Eine weitere geforderte Maßnahme ist die gleichberechtigte Teilhabe an Prozessen, die über Schritte zur Bekämpfung des Klimawandels entscheiden.