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Was sind Nazis: 12 Fragen & Antworten zum Nazi-Begriff


Illustration eines Nazi-Aufmarsches in Nürnberg 1929, Bildnachweis: Everett Collection / Shutterstock.com

Illustration eines Nazi-Aufmarsches in Nürnberg 1929, Bildnachweis: Everett Collection / Shutterstock.com


Nazi ist die Kurzform für einen Nationalsozialisten. Der Begriff wird im modernen Sprachgebrauch häufig abwertend genutzt und mit anderen Substantiven verknüpft, um neue Wörter zu kreieren, welche meist als Beileidung dienen.

Was ist ein Nazi

Ein Nazi war ein Anhänger des Nationalsozialismus der NS-Diktatur, welche zwischen 1933 und 1945 im Deutschen Reich bestand. Der Begriff wird vornehmlich auf historische Personen dieser Zeit verwendet, welche entweder Teil des NS-Regimes waren oder dieses unterstützt haben.

Alle Menschen, welche in der NS-Zeit lebten und die Ideologien auch nach 1945 vertreten bzw. vertraten, werden als Altnazis bezeichnet. Junge Menschen, welche in der NS-Zeit nicht lebten, aber diese Ideologien heute wieder aufgreifen und verbreiten, bezeichnet man als Neonazis.

Woran erkennt man Nazis

Nazis sind Anhänger des Nationalsozialismus. Demnach vertreten sie ein Gesamtpaket an Ideologien, welche damals hochgehalten wurden.

  • Antisemitismus
  • Rassismus
  • völkischer Nationalismus
  • Antikommunismus
  • Sozialdarwinismus
  • Antidemokratie
  • Antipluralismus

Altnazis und Neonazis lassen sich genau an diesen Ideologien erkennen, welche jetzt näher vorgestellt werden.

Warum sind Nazis immer auch Rassisten

Die Nationalsozialisten damals und die heutigen Neonazis sind schon dadurch Rassisten, indem sie gewisse Vorurteile gegen Menschen aus anderen Ländern oder Menschen mit Migrationshintergrund hegen. Das Vorurteil allein reicht aus, um Rassist zu sein.

Bei den Nazis geht die Vorverurteilung allerdings deutlich weiter. Denn diese glaubten damals und heute, dass es verschiedene Menschenrassen gibt. Und jede Rasse hat gewisse Eigenschaften, welche kulturell begründet sind.

Ein wesentlicher Bestandteil dieser Rassentheorien ist, dass die eigene Rasse oder Ethnie anderen Rassen überlegen ist. So glauben Nazis, dass die Mitteleuropäer einer Herrenrasse angehören, deren Blut und Abstammung hochwertiger ist.

In Zeiten des Nationalsozialismus bezeichneten sich die Nazis selbst als Teil einer arischen Rasse. Laut dieser Rassenideologie sei nur die arische Rasse dazu fähig, Kultur zu erschaffen. Alle anderen Menschenrassen müssen sich deshalb unter der Herrschaft der Arier einordnen.

Warum sind Nazis immer auch Antisemiten

Der Antisemitismus ist eine Weiterentwicklung der Rassentheorien, wonach es eine jüdische Rasse gibt. Diese jüdische Rasse stammt von der biblischen Figur Sem, einem Sohn Noahs, ab.

Ein Volk, welches sich in der biblischen Stammtafel als Nachfahre des Sem herausstellte, waren die Hebräer – zu denen auch die Juden gehörten. Die Hebräer sind somit ein Volk der Semiten.

Antisemitismus müsste sich demnach gegen alle Semiten richten. Aber tatsächlich richtet sich diese Ideologie nur gegen Juden. Man kann Antisemitismus als Judenhass oder Judenfeindlichkeit übersetzen.

Überzeugte Antisemiten glauben, dass die Juden ein minderwertiges Volk sind, welche nicht zu einer eigenständigen Kultur fähig seien.

Aber der Antisemitismus geht weiter über die übliche Fremdenfeindlichkeit hinaus. So galten Juden bereits in der Antike als Brunnenvergifter und Menschenfeinde. Im Mittelalter wurden Juden als Ritualmörder und Verschwörer hingestellt. In der Neuzeit sagte man ihnen nach, dass sie Wucherer seien und heimlich die Weltherrschaft an sich reißen würden.

Die Nationalsozialisten schufen eine Bild des Juden als reichen Schmarotzer, welcher sich an der deutschen Bevölkerung bereichert und wesentlich zu deren Abstieg beitrug. Die Juden wurden zur Mutter aller Probleme ernannt, wodurch man das deutsche Volk auf eine systematische Judenverfolgung einschwören konnte, welche dann in einer industriell angelegten Judenvernichtung mündete.

Der Judenmord war ein Völkermord, bei dem circa 6,3 Mio. Juden systematisch erschossen oder in eigens dafür errichtete Vernichtungslager geschickt wurden. Obwohl der Judenmord historisch belegt ist, gibt es Teile in der Bevölkerung, welche den Massenmord anzweifeln. Gleichzeitig bleiben die alten Vorurteile gegenüber den Juden bestehen.

Warum sind Nazis völkisch nationalistisch

Unter völkischen Nationalismus versteht man die Überhöhung des eigenen Volkes, welches sich aus Kultur, Sprache und gemeinsamer Abstammung definiert. Diese Ideologie ergibt sich als Folge des Antisemitismus und Rassismus.

Anders als der „normale“ Nationalismus bezieht sich der völkische Nationalismus auf ein Volk und nicht auf eine Nation als Grundlage. Demnach sind alle Menschen, welche zwar in ihrer Nationalität deutsch sein können, aber nicht die deutsche Sprache sprechen oder die deutsche Kultur verbreiten – keine Deutschen bzw. keine Volldeutschen.

Auch Menschen, deren Abstammung nicht eindeutig deutsche Wurzeln hat, sind für völkische Nationalisten nur Halbdeutsche oder keine reinrassigen Deutschen.

Warum sind Nazis antikommunistisch

Im Kommunismus fanden die Nazis den politischen Feind. Denn die Kommunisten wollten eine Enteignung der Kapitalisten, wofür auch die Nazis angetreten waren. Für Gegner des Faschismus und des Kommunismus waren beide Ideologien im Grunde genommen das Gleiche. Die beiden Sozialdemokraten Otto Wels und Rudolf Breitscheid bezeichneten 1931 die Faschisten und die Kommunisten als Zwillingsbrüder mit gleicher Weltanschauung.

Adolf Hitler, welcher die Arbeiter für sich gewinnen wollte, musste eine klare Trennlinie zum Kommunismus finden. In einer Programmzeitschrift von 1924 erklärte er den Kommunismus, den Bolschewismus (russischer Kommunismus) und den Marxismus als vergeblichen Versuch der Juden, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Demnach waren die Juden am Kommunismus schuld, obwohl die Nationalisten die Juden als Teil des Kapitalismus illustriert haben.

Der Kommunismus stellte in den Zwischenkriegsjahren eine neue Bedrohung in Europa dar, da die alten Monarchien bröckelten und sich neue Gesellschaftssysteme etablieren sollten. Hitler wollte den Faschismus bzw. Nationalsozialismus etablieren und keinesfalls zulassen, dass seine Wählerschaft den Kommunismus als geeignet erkennen würden. Deshalb sollte der Kommunismus als Teil einer jüdischen Weltverschwörung entlarvt werden.

Dass Faschismus und Kommunismus große Schnittmengen haben, zeigt die Hufeisentheorie auf. Dennoch versteht sich die neue Rechte ebenfalls als antikommunistisch, wohlmöglich deshalb, um die alte Tradition zu wahren.

Warum sind Nazis sozialdarwinistisch

Der Sozialdarwinismus besteht auf das Recht des Stärkeren. Nach der Rassentheorie muss sich die niedere Rasse der stärkeren Rasse unterordnen. Das Recht des Stärkeren ging im Dritten Reich so weit, dass die Arier sich dazu verpflichtet fühlten, alle anderen Völker zu erobern und zu beherrschen. Laut den Nationalsozialisten war es ihr Geburtsrecht bzw. ihre Pflicht.

Als man die Juden enteignete, in Arbeitslager steckte und deren Arbeitskraft ausbeutete – war dies das Recht des Stärkeren. Da – laut Nationalsozialisten – eine Gruppe nur so stark ist, wie ihr schwächstes Glied – mussten schwache Glieder aussortiert und vernichtet werden.

In den Konzentrationslagern wurden deshalb kranke oder alte Menschen nicht durchgefüttert, sondern in die Vernichtungslager geschickt. Der Sozialdarwinismus ist die ideologische Grundlage für die massenhafte Judenvernichtung.

Warum sind Nazis antidemokratisch

Die Demokratie schützt die Rechte eines jeden Bürger, ganz egal – welche Hautfarbe, Religion, politische Gesinnung oder Nationalität er hat. In einer Demokratie bewegt man sich immer aufeinander zu, versucht den Konflikt aus der Welt zu schaffen und ringt um eine gemeinsame Lösung.

Diese Werte oder Vorgehensweise ist im Nationalsozialismus nicht möglich, weshalb Hitler sich demokratisch wählen ließ, um dann die Demokratie abzuschaffen.

Warum sind Nazis immer antipluralistisch

Der Pluralismus besteht darauf, dass andere Meinung zugelassen und akzeptiert werden. Typische Errungenschaften sind Meinungsfreiheit oder Pressefreiheit – welche unter den Nationalsozialisten ganz schnell abgeschafft wurden.

Woher kommt der Begriff Nazi

Der Begriff „Nazi“ unterlag zu Beginn des 20. Jahrhunderts einem Deutungswandel. Erst in den 1920-er und 1930-er Jahren wurden die Nationalsozialisten als Nazis bezeichnet.

Etwa 1903: Nazi = Nationalsoziale Verein

Der Nationalsoziale Verein war eine politische Partei im Deutschen Kaiserreich, welche zwischen 1896 und 1903 existierte.

Die Partei wurde von einem evangelischen Theologen, namens Friedrich Naumann, gegründet. Laut dem „Illustrierten Lexikon der deutschen Umgangssprache“ von 1984 war die erste Verwendung des Wortes Nazi, eine Abkürzung für den Nationalsozialen Verein.

Ab 1905: Der Schusternazi

Der Schusternazi ist ein Theaterstück, welches 1905 in München uraufgeführt wurde. In diesem Bauernschwank trat ein Mann auf, welcher eigentlich Ignaz hieß und auf den Kosenamen Nazi hörte. Zur damaligen Zeit war Nazi der Spitzname für Ignaz.

Da im Theaterstück eine Parodie auf Ignaz abgehalten wurde, wurde Ignaz-Nazi bzw. Schusternazi zum Begriff, um eine törichte oder naive Person zu beschreiben.

Ab 1920: Nazi als Deutsch-Böhmer oder Deutsch-Österreicher

Am 28. Oktober 1918 wurde die Tschechoslowakei gegründet. Deutschsprachige Gebiete, wie in Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien bestanden darauf, nicht zur Tschechoslowakei zu gehören, sondern zu Deutschösterreich. Und so wurden Deutschböhmen und die Provinz Sudetenland ein Teil von Deutschösterreich.

Der Kolumnist Josef Räuscher schrieb am 25. November 1920 in der Weltbühne über die Nazis:

„Wenn man nämlich unter dem ‚Nazi‘ den Deutschoesterreicher und Deutschböhmen versteht, dann ist es eine schwere Ungerechtigkeit, ihn für das Versagen des habsburgischen Bundesgenossen verantwortlich zu machen.“

Im Jahr 1926: Rezension auf den Schwejk

Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk ist ein Antikriegs- und Schelmenroman, welcher zwischen 1920 und 1923 vom tschechischen Schriftsteller Jaroslav Hašek geschrieben wurde. Der Protagonist im Buch ist der Soldat Josef Schwejk, welcher sich durch List und Witz durch die Wirren des Ersten Weltkriegs mogelt. Dabei werden die Missstände der Habsburger-Armee (Österreich-Ungarn) auf sarkastische Weise aufgezeigt.

Der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky schrieb am 8. Juni 1926 eine Rezension zum Buch in der Weltbühne.

„Könnte der deutsch-nationale Student lesen und läse er dieses Buch, so wäre er schnell bei der Hand, etwa zu sagen: ‚Solch einen Feldkuraten hats sicherlich nicht einmal bei den Nazis gegeben.‘“

Veröffentlicht wurde die Rezension unter Tucholskys Pseudonym Ignaz Wrobel. Auch Tucholsky verwendete den Nazi-Begriff noch als abwertende Bezeichnung für die Deutschösterreicher bzw. Habsburger.

Ab 1927: Der Nazi-Sozi

Joseph Goebbels veröffentlichte 1927 eine Schrift mit dem Titel: „Der Nazi-Sozi. Fragen und Antworten für den Nationalsozialisten“. Der Sozi ist als Schimpfwort oder Beleidigung für einen Sozialdemokraten gemeint. Goebbels meinte mit Nazi-Sozi wahrscheinlich die Sozialdemokraten in Österreich.

1928: Nazi als Kurzform der Nationalsozialisten

Ab 1928 taucht die Bezeichnung Nazi erstmalig in Flugblättern und Programmzeitschriften der NSDAP auf. Die Nationalsozialisten haben das Wort für sich übernommen, sich aber selten selber so bezeichnet.

Ab 1945: Gängige Bezeichnung für Nationalsozialisten

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1945) begann die Entnazifizierung in Deutschland. Das einst herablassende Wort „Nazi“ für die Nationalsozialisten wurde übernommen, um wahrscheinlich die Abwertung zu verdeutlichen.

In der DDR wurde das Wort Nazi seltener gebraucht, da im Nationalsozialismus auch das Wort Sozialismus vorkommt, auf welchem die DDR errichtet wurde. Stattdessen wurden die Nazis in der DDR als Faschisten bezeichnet und die Berliner Mauer als Antifaschistischer Schutzwall.

Wie wurde Braun zur Nazifarbe

Durch Zufall (siehe Hauptartikel: Wer war Designer der Nazi Uniform, Warum ist Braun die Nazifarbe)

Warum ist die Verwendung des Nazi-Begriffes heutzutage problematisch

Die Aufarbeitung der deutschen Geschichte während der NS-Zeit ist problematisch, da sie einseitig erfolgte. Es wurden einige Widerstandskämpfer gegen die NS-Diktatur zu Nicht-Nazis erklärt, doch der Rest der damaligen Bevölkerung wird entweder dem Regime zugeordnet oder stillschweigend als Mitläufer bezeichnet.

Durch diese einseitige Verklärung der Geschichte gelang es niemals, eine allgemeingültige Definition für Nazis zu entwerfen, wodurch jeder Deutsche heutzutage einen Nazi erkennen könnte.

Weil es keine allgemeingültige Definition und Merkmalsbeschreibung für Nazis gibt, werden viel zu viele Menschen zu Nazis erklärt. Man spricht von der Nazikeule, welche herausgeholt wird. Und jedes Mal, wenn man die Nazikeule schwingt, dient dies den echten Nazis.

Oftmals reicht es schon aus, eine gewisse Skepsis gegenüber Fremden und Emigranten zu haben, um als Nazi bezeichnet zu werden. Indem man aber jeden Menschen, welcher sich skeptisch zur Einwanderung äußert, als Nazi bezeichnet, relativiert man die Gräueltaten der tatsächlichen Nazis.

Das Wort nutzt sich weiter ab, so dass niemand mehr versteht, was die wirklichen Nazis waren. Die Gräueltaten der echten Nazis erscheinen nicht mehr so gewaltig wie einst. Und wenn dies geschieht, haben echte Nazis wieder eine Chance, in die Parlamente einzuziehen.

In Deutschland werden auch Unternehmer, welche ein Mohren-Restaurant oder eine Mohrenapotheke betreiben, genauso mit dem Nazi-Begriff belegt, wie Menschen – welche den Holocaust leugnen. Man setzt somit echte Neonazis mit ganz normalen Menschen gleich, welche ein Geschäft seit Generationen betreiben und aus Achtung vor ihren Vorfahren den Namen nicht ändern.

Selbst Menschen, welche im historischen Kontext das Wort „Neger“, „Indianer“ oder „Zigeuner“ benutzen, wird eine rechte Gesinnung unterstellt und sie werden zu Nazis gemacht. Damit stellt man diese Menschen auf eine Stufe mit Kriegsverbrechern, mit Menschen – welche systematisch Juden verfolgt und vernichtet haben.

Wenn man dies tut, werden die als Nazis beschimpften Menschen nicht wirklich mit den Personen aus der NS-Zeit gleichgesetzt. Aber es findet eine Herabsetzung und Entschärfung von all dem statt, was früher einmal war. Gleichzeitig trägt es dazu bei, dass echte Nazis noch weniger erkannt werden können.

Leider wird die Nazi-Beschimpfung oft von Menschen benutzt, welche sich aktiv gegen den Faschismus stellen wollen. Die politischen Linken bezeichnen jeden Politiker, welcher sich falsch äußert als Nazi und schaffen so erst die Möglichkeit, dass die wirklichen Nazis nicht mehr erkannt werden. Und indem man durch Nazi-Beschimpfungen immer weiter gleichsetzt, werden die Verbrechen der NS-Zeit auch immer weiter heruntergespielt.


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