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Warum bezeichnet man 1917 als Epochenjahr


Im Jahr 1917 tragen sich zwei Ereignisse zu, die sowohl für den Verlauf des Ersten Weltkriegs als auch für das gesamte 20.Jahrhundert von immenser Bedeutung sind.

Das erste dieser beiden bedeutenden Ereignisse ist der Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg, das zweite die Oktoberrevolution in Russland. Aus diesem Grund wird das Jahr 1917 von Historikern häufig als Entscheidungsjahr bzw. als Epochenjahr bezeichnet.

Der Kriegseintritt der USA

Im April 1917 geben die Vereinigten Staaten von Amerika ihre zurückhaltende Rolle in der Außenpolitik auf und erklären dem Deutschen Reich den Krieg. Bislang hatten die Amerikaner die Position vertreten, nicht selbst in den Krieg einzutreten. Diese Position wird in der Geschichtswissenschaft als Isolationismus bezeichnet und war für die amerikanische Außenpolitik lange Zeit prägend.

Das gilt jedoch ausschließlich für die amerikanischen Beziehungen nach Europa. Auf dem amerikanischen Kontinent, speziell in Südamerika, hatten die USA bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg eine imperialistische Außenpolitik verfolgt. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die sogenannte Monroe-Doktrin, eine außenpolitische Grundannahme der USA, die auf eine Rede des US-Präsidenten James Monroe vor dem Kongress im Jahr 1823 zurückgeht.

Dieser Monroe-Doktrin zufolge sollten sich die Amerikaner aus allen europäischen Angelegenheiten heraushalten. Allerdings leiteten die Amerikaner aus der Monroe-Doktrin im Laufe des 19.Jahrhunderts zunehmend den Anspruch und das Recht ab, den gesamten amerikanischen Kontinent zu beherrschen. Das hatte etwa den Mexikanisch-Amerikanischen Krieg zwischen 1846 und 1848 oder die Besetzung Kubas im Jahr 1898 zur Folge.

Durch den Eintritt der USA in den Krieg wird aus einem europäischen Konflikt ein Weltkrieg. Gleichwohl hatte der Krieg bereits vor 1917 Dimensionen erreicht, die man bislang nicht gekannt hatte. Die Franzosen als auch die Briten besaßen zahlreiche Kolonien und nutzten ihre weltumspannende Macht für Unmengen an Ressourcen und Soldaten.

Das Deutsche Reich wiederum zählte auf seine Marine und insbesondere auf die U-Boot-Waffe und versuchte, die Weltmeere zu kontrollieren und die gegnerischen Nachschubwege abzuschneiden. Letzten Endes führt der Kriegseintritt der Amerikaner zur Niederlage des Deutschen Reichs und zum Ende des Ersten Weltkriegs im November 1918.

Der Kriegsverlauf 1917

Zu Beginn des Jahres 1917 hatte das Deutsche Reich den uneingeschränkten U-Boot-Krieg wieder aufgenommen und geheime Verhandlung mit Mexiko in die Wege geleitet. Die Mexikaner sollten an deutscher Seite in den Krieg eintreten. Als Gegenleistung versprach die deutsche Führung den Mexikanern Gebiete, die die Amerikaner nach ihrer Niederlage abtreten sollten.

Als die USA am 6.April 1917 dem Deutschen Reich offiziell den Krieg erklären, formuliert der amerikanische Präsident Wilson die grundsätzlichen Ziele, die sein Land zum Kriegseintritt bewegen. Wilson pocht auf eine internationale Friedensordnung, die im Rahmen einer institutionalisierten Zusammenarbeit (später wird dieser Aspekt im Rahmen des Völkerbunds verwirklicht) erreicht werden und die Staatsform der Demokratie zum allgemeinen Leitideal erheben soll.

Diese Zielsetzungen Wilsons sind insofern bemerkenswert, als dass zum ersten Mal in der Geschichte die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die für die Länder des Westens bis heute prägend ist, zum offiziellen Kriegsziel ausgerufen wird. Folgerichtig kommt es im Jahr 1918 erst dann zu einem Waffenstillstand, als die Absetzung des Deutschen Kaisers Wilhelm II. und damit das Ende der Monarchie im Deutschen Reich feststeht.

Konkretisiert werden die Kriegsziele der USA im sogenannten 14-Punkte-Programm, das Präsident Wilson im Januar 1918 dem amerikanischen Kongress vorstellt. Er fordert darin:

  • die Abschaffung der geheimen Diplomatie
  • die freie Schifffahrt auf allen Weltmeeren,
  • gleiche Handelsbedingungen und Freihandel für alle Völker, solange sie nicht gegen die internationale Friedensordnung verstoßen
  • und ersucht alle Staaten um militärische Abrüstung.

Außerdem stellt Wilson den Kolonien begrenzte Mitbestimmungsrechte in Aussicht und spricht sich für ein Ende der Besetzung Russlands, Belgiens, Frankreichs sowie Rumäniens, Serbiens und Montenegros aus. Die Grenzen Italiens sollen neu bestimmt und den verschiedenen Völkern in Österreich-Ungarn ebenso wie im Osmanischen Reich soll die Möglichkeit zur Autonomie eingeräumt werden. Ferner formuliert Wilson die Unabhängigkeit Polens und die Gründung eines Völkerbundes als Kriegsziele.

Oktoberrevolution in Russland

Das zweite bedeutende Ereignis, das 1917 zum Entscheidungsjahr macht, ist die russische Revolution im Oktober 1917. Zu Anfang des Jahres 1917 befindet sich Russland in einer äußerst komplizierten Lage. Der Erste Weltkrieg dauert nunmehr schon drei Jahre und bringt das Land an seine ökonomische und militärische Belastungsgrenze. Es kommt zu Lebensmittelknappheit und Hungersnöten.

In der Hauptstadt Petrograd (heute: Sankt Petersburg) und vielen weiteren russischen Städten zettelt die Zivilbevölkerung Aufstände an. Es gelingt innerhalb kurzer Zeit, den russischen Zaren Nikolaus II. zu stürzen. Dieses Ereignis geht als Februarrevolution in die Weltgeschichte ein.

Im Anschluss an die Februarrevolution etabliert sich in Russland eine Doppelherrschaft. Zwar übernimmt offiziell eine provisorisch gebildete Regierung die Macht. Die wahren Entscheidungsträger werden jedoch die Sowjets, das heißt die Arbeiter- und Soldatenräte, die für die Revolution verantwortlich zeichneten.

Von nun an kommt es aufgrund der zunehmenden militärischen Krise und den sich verschlimmernden sozialen Problemen zu einer Radikalisierung der Sowjets. Besonders eine kleine Gruppe innerhalb der Sowjets, die Bolschewiki, profitiert von der prekären Situation im Land. Ihr Anführer, Wladimir Iljitsch Lenin, fordert den gewaltsamen Umsturz.

Am 7.November setzt Lenin diesen Plan in die Tat um. Arbeiter und Soldaten besetzen Petrograd und greifen das Regierungsgebäude an. Die provisorische Regierung muss sich geschlagen geben. Lenin versammelt alle Sowjets um sich und ruft die Sowjetmacht aus.

Die neue Regierung, deren offizielle Bezeichnung Rat der Volkskommissare lautet, macht sofort Nägel mit Köpfen. Sie treten in Friedensverhandlungen mit dem Deutschen Reich und den anderen Mittelmächten (Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich und Bulgarien) ein und verfügen, dass von jetzt an die Arbeiter die Industriebetriebe kontrollieren. Außerdem werden die Banken nationalisiert und allen russischen Völkern das Selbstbestimmungsrecht eingeräumt.

Allerdings verschlimmert sich gleichzeitig die ohnehin schon äußerst angespannte wirtschaftliche Situation. Der Erste Weltkrieg dauert an. In Russland herrscht zunehmend Anarchie. Die Bolschewiki drohen, ihre Macht rasch wieder zu verlieren. Aus diesem Grund führen sie die Zensur wieder ein und gehen hart und gewaltsam gegen politische Gegner vor.

Um die militärische Situation zu entspannen und sich auf die innenpolitischen Unruhen konzentrieren zu können, will Lenin die Friedensverhandlungen mit den Mittelmächten rasch zu Ende führen und ist zu weitreichenden Zugeständnissen, insbesondere was Gebietsabtretungen angeht, bereit. Im weiteren Verlauf der russischen Geschichte kommt es zu einem blutigen Bürgerkrieg, den die Bolschewiki für sich entscheiden und damit endgültig ihre Macht sichern können.


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