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Was ist die Hufeisentheorie: Definition und Kritik


was bedeutet die hufeisentheorie

Die Hufeisentheorie bzw. auch das Hufeisenschema oder das Hufeisenmodell genannt, sagt aus, dass das politische Spektrum innerhalb einer Gesellschaft durch ein Hufeisen definiert bzw. beschrieben werden kann. In der Mitte befinden sich die gemäßigten

Politischen Kräfte innerhalb des Hufeisenmodells

Wenn man sich ein Hufeisen vorstellt, hat es die Form des Buchstaben „U“. Allerdings ist ein Hufeisen an den Enden gebogen, wodurch diese aufeinander zulaufen. In der Mitte sind die beiden Falzen (Achsen) weit auseinander. Übertragen auf das Modell, bedeutet dies, dass die politische Mitte (links und rechts) weit auseinander ist. Und zwar in ihren politischen Forderungen und in ihren Maßnahmen, um diese Forderungen umzusetzen. Die zusammenlaufenden Enden stellen die radikalen Flügel im rechten sowie im linken Spektrum dar, welche sich annähern. Dies bedeutet, dass Rechtsradikale und Linksradikale sich mehr ähneln, als man annimmt.

Die politischen Kräfte unterscheiden sich lediglich dadurch, dass sie die Ordnung eines Staates entweder akzeptieren, ihn ablehnen oder gar bekämpfen. Auf der horizontalen Achse unterscheidet das Bild des Hufeisens zwischen gemäßigten und extremistischen politischen Richtungen. Die gemäßigten Kräfte greifen den Staat nicht an und haben auch nicht vor, ihn zu verändern.

Auf der vertikalen Achse unterscheidet sich das politische Hufeisen in drei Teile: Linke Parteien oder Gruppierungen befinden sich auf der linken Seite, gemäßigte befinden sich in der Mitte und rechte Parteien oder Gruppierungen sind auf der rechten Seite angeordnet. Die jeweiligen Übergänge sind allerdings sehr unscharf.

„Links“ und „rechts“ werden in diesem Modell in gemäßigte und extremistische Gruppen unterteilt. Bei den Übergängen von „links“ zu „linksextrem“ finden sich Linksradikale wieder. Für die rechte Seite gilt das gleiche, wobei sich hier im Übergang von „rechts“ zu „rechtsextrem“ Rechtsradikale wiederfinden. Die „Mitte“, also das politische Spektrum zwischen den beiden Seiten, enthält im Hufeisenschema kein extremistisches Gegenstück.

Schlussfolgerungen aus der Hufeisentheorie

Aus diesem Modell lässt sich folgern, dass Linksextreme und Rechtsextreme Gemeinsamkeiten aufweisen, die sich in ihren Zügen, ihrem Wesen und ihrer Struktur in gewisser Weise ähneln. Diese Gemeinsamkeiten bestehen in einer Gewaltbereitschaft, der Ablehnung des Staates, dem Wunsch nach einer anderen Staatsform aber auch Intoleranz und die Ablehnung Andersdenkender.

Das Hufeisenmodell berücksichtigt aber nicht, dass sich Linksextreme deutlich von Rechtsextremen in ihrer Gesinnung unterscheiden. Ebenfalls unterscheidet es nicht zwischen einer anarchischen sowie einer totalitären Denkweise. Vielmehr unterstellt das Modell, dass es zwischen Links- und Rechtsextremen Gemeinsamkeiten gibt und Unterschiede zwischen beiden Richtungen werden nicht beachtet.

Die Darstellung bringt ebenfalls zum Ausdruck, dass politische Haltungen eigentlich völlig entgegengesetzter Lager näher sind, als die politisch eher moderaten Prägungen des jeweiligen Lagers. Entscheidend ist nicht der Gegensatz zwischen „links“ und „rechts“, sondern die Beziehung zu einem demokratischen Rechtsstaat. Somit soll das Hufeisenbild Extremismus mit seiner jeweiligen Ausprägung kennzeichnen. Allerdings lässt sich nicht jede Art von Extremismus in das versinnbildlichte Links-Recht-Schema fassen. So kann zum Beispiel religiöser Extremismus, wie Islamismus hier nicht eingeordnet werden und kann vom Hufeisenmodell auch nicht umfasst werden.

Hinzu kommt die Frage nach der „Mitte“, welche nicht nur von den bürgerlichen Parteien, sondern zwischenzeitlich auch von Rechtsextremen beansprucht wird, welche sich ebenfalls als „bürgerlich“ bezeichnen. Problematisch ist auch die Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremen, die bei einer exakten Darstellung keine Gemeinsamkeiten vorweisen. Linksextremismus richtet sich eher gegen Sachgegenstände, während Rechtsextremismus Menschen im Visier hat.

Erfinder des Hufeisenschemas

Das Modell des Hufeisens stammt von den französischen Philosophen Jean-Pierre Faye. Es wurde von ihm in den 1990er Jahren entwickelt und hatte zur Folge, dass links- und rechtsextremistische Kräfte gleichgesetzt werden können. Der Philosoph Faye verfolgte das Ziel, beide Seiten abzubilden und darzustellen, dass sich Extreme sowohl des linken als auch rechten Spektrums in ihren Ansichten näher sind, als die politische Mitte.

Entstehung von politisch „links“ und „rechts“

Die Unterscheidung zwischen „links“ und „rechts“ als politischer Richtungsbegriff hat seinen Ursprung in der französischen Nationalversammlung von 1789. Dort befanden sich „Radikale“, die auch die damaligen sozial-liberalen Kräfte umfassten, links und die konservativen Aristokraten rechts. Die Sitzordnung in der Nationalversammlung sollte nicht mehr länger ein Spiegelbild feudaler Generalstände sein, sondern hatte die Absicht, politisch-ideologische Auseinandersetzungen auszudrücken. Die politischen Orientierungen der Nationalversammlung wurden so zum Ausdruck gebracht.

Dadurch entstand die Aufteilung politischer Orientierungen innerhalb der Versammlung, bei der sich ein Meinungsspektrum zwischen zwei Extremen herauskristallisierte. Die „linke Seite“ war revolutionär und republikanisch gesinnt, während die „rechte Seite“ eine monarchiefreundliche Gesinnung vertrat. Daraus bildeten sich die Adjektive „links“ und „rechts“. Man sprach von „la gauche“ und „ la droite“. Innerhalb der jeweiligen Lager entstanden wiederum weitere Flügelgruppen.

Die sprachliche Unterscheidung zwischen „links“ und „rechts“ konnte sich jedoch aufgrund der Revolution nicht etablieren. 1814 entstand eine völlig neue politische Weltordnung, bei der auf die Revolution zurückgegriffen wurde. Zwischen den „Linken“ und den „Rechten“ erschien eine gemäßigte „Mitte“. Es bildeten sich jedoch weiterhin „extremites“. Jetzt gab es aber auch „extreme gauche“ und „extreme droite“. Daraus bildete sich der heute noch gebräuchliche politische Sprachgebrauch von „gemäßigt-rechts“, „mitte-rechts“, „mitte-links“, „gemäßigt-links“ und „ultralinks“.

Diese in Frankreich entstandene Unterscheidung zwischen „links“ und „rechts“ breitete sich in ganz Europa aus. Die Paulskirchenversammlung von 1848 konstituierte sich ebenfalls nach diesem Vorbild. Republikanische Abgeordnete, die sich für einen Sturz der damaligen Monarchie einsetzten, saßen auf der linken Seite, während die Befürworter einer Monarchie rechts platziert waren.

Später trat auf der „äußersten Rechten“ die immer aggressiver werdende Ideologie des Nationalismus auf und die „äußerste Linke“ orientierte sich mehr und mehr an sozialistischen und kommunistischen Lehren und Weltbildern. Die Anhänger „äußerster Linker“ und „äußerster Rechter“ beeinflussten sich zunehmend.

Nach dem Ersten Weltkrieg fügte die Ideologie des NS-Regimes sozialistische Elemente in ihr rassistisch-imperialistisch geprägtes Gedankengut ein. Ebenfalls verwendeten die Bolschewiken unter Stalin, Elemente des Nationalismus und Antisemitismus in den Aufbau des Sowjetstaates.

Hufeisenschema als Abbild für politische Kräfte

Das Hufeisenschema erschien 1932 erstmals als Bild für die Anordnung politischer Kräfte sowie der Beziehung der Kräfte zueinander. Das Abbild des Hufeisens erschien in der Schrift „Entfesselung der Unterwelt – Querschnitt durch die Bolschewisierung von Deutschland“. Die nationalsozialistischen Autoren, die Soziologen Adolf Ehrt und Julius Schweikert, wandten das Hufeisen an, um gegen den Kulturbolschewismus zu argumentieren.

Beide Autoren vermuteten eine Nähe zwischen der KPD und der NSDAP, da beide einen demokratischen Liberalismus ablehnen. Sie gehen davon aus, dass bei Betrachtung der damaligen deutschen Parteien in Form eines Hufeisens, dessen Biegung das Zentrum abbildet und an den jeweiligen Endpunkten entweder die KPD oder die NSDAP anzuordnen sind. „Links“ und „Rechts“ haben zwar Gegensätze, die sich allerdings gegenseitig aufheben.

Ehrt und Schweickert waren Sympathisanten der „Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten – KGRNS“, aus der die „Schwarze Front“ von Otto Strasser hervorging. Diese vertrat einen antikapitalistischen aber dennoch nationalen Sozialismus und strebte die Verbrüderung mit der Sowjetunion an. Strasser stellte sich jedoch gegen das politische Programm von Adolf Hitler und trat schließlich aus der NSDAP aus. Wenige Tage nach Hitlers Machtübernahme wurden Anhänger der Schwarzen Front durch die Nationalsozialisten verfolgt. Strasser gelang schließlich noch die Flucht für Verfolgung durch die Gestapo.

Ehrt und Schweickert verwendeten die Hufeisentheorie zur Manifestierung der Schwarzen Front zwischen beiden Polen, wobei der linke Pol von der KPD und der rechte Pol von der NSDAP verkörpert wird. Nach Ihrer Auffassung heben sich die Gegensätze von „links“ und „rechts auf, indem sie eine Synthese eingehen und gleichzeitig die „bürgerliche Mitte“ ausschalten.

In den 1960er Jahren wurde das theoretische Gebilde von Ehrt und Schweikert von Armin Mohler zitiert. Seitdem bildet es eine feste Komponente innerhalb des politischen Diskurses.

1972 erschien von dem französischen Forscher Jean Pierre Faye die Studie „Languages totalitaires“, welches das Bild des Hufeisens erstmals in der wissenschaftlichen Literatur verwendete. Faye ging davon aus, dass links- und rechtsextreme politische Kräfte gleichgesetzt werden können. Dahinter stand die Absicht, einen Totalitarismus auf beiden Seiten abzubilden und darzustellen, dass sich Links- und Rechtsextremisten sowohl in ihrem Wesen als auch den Ansichten näher sind, als die dazwischen liegende gemäßigte politische Mitte.

Als Grundlage für die Hufeisentheorie verwies Faye auf historische Ähnlichkeiten zwischen Links- und Rechtsextremen beziehungsweise Linken und Rechten. Ein Beispiel dafür sei der Überfall Hitlers auf Polen, der zusammen mit der Sowjetunion erfolgte. Im Nichtangriffspakt, der zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion unter Stalin geschlossen wurde, traten Faschisten und Kommunisten kurzzeitig gemeinsam auf, um ihr Ziel, die Unterwerfung Polens, zu verfolgen

Die Unterscheidung zwischen Links und Rechts heute

Während die Französische Revolution eine Unterscheidung zwischen „links“ und „rechts“ vornahm, erfolgt heute die Unterscheidung zwischen Links- und Rechtsextremismus durch „linke“ oder „rechte“ Positionen. Linke fordern mehr die Gleichheit aller Menschen sowie ihrer Rechte und Pflichten. „Rechte“ hingegen betonen die Eigenschaften von Menschen, die diese eher ungleich erscheinen lassen.

„Linke“ interpretieren somit die Ungleichheit von Menschen als Folge der sozialen Zustände innerhalb einer Gesellschaft, während „Rechte“ eher bereit sind, Traditionelles, Gewachsenes oder Bisheriges zu tolerieren. „Linke“ stellen die absolute Menschengleichhheit in den Vordergrund, während „Rechte“ eine Unterscheidung zwischen Ethnien, Völkern, Rassen und Nationen zugrunde legen.

Allerdings gibt es auch sehr viele Schnittmengen, welche am politischen Rand immer weiter zunehmen. So lehnen beide Richtungen, an ihren Extrempunkten, den Kapitalismus oder auch dies soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung ab. In beiden Lagern existiert die Sehnsucht nach einem starken Staat, welcher ihre jeweiligen Forderungen umsetzt, indem dieser es den Menschen aufzwingt.

Schließlich folgen beide Lager dem Kollektivismus, welcher eine Gesellschaftsordnung einfordert, bei der die Gemeinschaft und nicht das Individuum im Vordergrund steht. Demnach werden individuelle Freiheit oder Individualität einer gemeinschaftlichen Freiheit unterstellt. Gemeinschaftliche Freiheit anstelle einer individuellen bedeutet auch, dass die individuelle Meinung bedeutungslos wird. Demnach würde die Demokratie durch Tyrannei ersetzt werden, indem die Meinung und Vorstellung einer Elite bestimmt, was Gemeinschaftswohl ist und was nicht.

Die Demokratie ist die höchste Form der individuellen Freiheit aber auch die komplizierteste, da jede Meinung zählt und eingeordnet werden muss. Demnach sind Demokratie als Regierungsform und Individualismus als Gesellschaftsform unmittelbar miteinander verbunden. Das eine kann nicht ohne das andere existieren, was man in Autokratien erkennt.

Die Einforderung eines Kollektivismus entspricht somit nicht der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland oder anderer demokratischer Staaten des Westens, welche vom Individualismus geprägt sind, weshalb Extremisten beider Lager auch als verfassungswidrig gelten.

Bildung der „politischen Mitte“ – CDU/CSU, SPD, FDP

Fraglich ist, ob sich auch die „politische Mitte“ bestimmen lässt. Allgemein lässt sich diese im politischen Spektrum als „zwischen links und rechts“ definieren. Allerdings ist umstritten, wo sich genau die Mitte befinden soll und durch welche Standpunkte diese charakterisiert wird.

Nach dem Zweiten Weltkrieg orientierte sich die breite Bevölkerung zur „politischen Mitte“, woraus die Volksparteien entstanden. Seitdem beansprucht die CDU/CSU für sich, politische Mitte zu sein. Jedoch entwickelte sich auch die SPD von einer ehemals sozialistischen Arbeiterpartei zur Volkspartei und beanspruchte ebenfalls für sich, zur „politischen Mitte“ zu gehören.

Seitdem beanspruchen die großen Volksparteien für sich, einen großen Teil der Bevölkerung zu vertreten und die „Mitte der Gesellschaft“ zu vertreten.

Vor dem Hintergrund einer prozentual sinkenden Arbeitnehmerschaft sprach Bundeskanzler Willy Brand 1972 von der „Neuen Mitte“ für die SPD. Dadurch sollte für die SPD eine „Öffnung zur Mitte“ erfolgen, um wiederum die damalige sozialliberale Regierung zu manifestieren.

Helmut Kohl bezeichnete in allen Regierungserklärungen seiner Regierung das Bündnis von CDU, CSU und FDP als die „Koalition der Mitte“. Hintergrund war auch hier, den Standort der Regierungskoalition zu definieren und die Mittelschicht zu gewinnen.

Im Jahr 2001 kam erneut die Diskussion um die „politische Mitte“ auf, als Franz Müntefering davon sprach, „dass die Mitte da sei, wo die linke Volkspartei SPD sei“.

Das Grundsatzprogramm der SPD von 2007 definiert die Sozialdemokraten als „Partei der solidarischen Mitte“.

Die CDU, welche sich selbst als „Partei der Mitte“ ansieht, betont, dass sie weder mit der Linken noch mit der AfD zusammenarbeiten will. Als Argument wird gerne angeführt, dass beide Parteien zum extremen politischen Spektrum gehören und sich sogar ähneln. Somit kommt hier das Hufeisenmodell wieder zum Tragen, wobei die Bereitschaft der CDU, mit Linken oder Rechten zusammenzuarbeiten, nicht besteht.

Linke und AfD als Vertreter von links und rechts

Linke und AfD setzen die „Mitte“ massiv unter Druck. Auf dem Bundesparteitag 2018 einigte sich die CDU darauf, dass sie keine Koalition oder Zusammenarbeit mit den Linken oder der AfD eingehen wolle. Kommt hier die Hufeisentheorie zur Anwendung, sind beide Parteien als gleich anzusehen. Allerdings lehnen beide Parteien nicht die Verfassung ab, wollen keinen Systemwechsel und wären demnach lediglich gemäßigt rechts oder links.

Aber jede politische Partei hat eine Randgruppe, welche zum Extremismus neigen. Deshalb gibt es innerhalb der CSU/CSU Politiker, welcher ihrer Vorstellung nach eigentlich in die AfD gehören. Diese sind nicht extrem, genauso wenig wie die AfD extrem einzustufen ist. Und in der SPD gibt es ebenfalls Politiker, welcher ihrer Vorstellung nach, in die Linkspartei gehören. Auch diese sind keineswegs extrem.

Doch in AfD und Linkspartei, welche im Parlament die Außenpositionen bezeichnen, gibt es diese Randerscheinungen ebenfalls. Man nennt diese auch politischen Flügel. Und innerhalb dieser Flügel ist es durchaus möglich, dass eine politische Gesinnung existiert, welche zum rechts- oder linksextremen Spektrum neigt.

Soziologische Definition der „politischen Mitte“

Die „Mitte“ steht als Symbol für sozialen und politischen Ausgleich, der bestehende Gegensätze nicht aufhebt, diese aber harmonisiert. Die von den Volksparteien propagierte „Mitte“ erhofft sich eine Lösung komplexer Fragen und lehnt gleichzeitig alle Extreme ab. Vielleicht ist die „politische Mitte“ der Ort, an dem sich Menschen wohlfühlen und wo sie gerne leben, wenn sie in der Gesellschaft integriert sind und über ausreichend Privilegien verfügen. So lassen sich linke oder rechte Ränder gerne ausblenden.

Kritik an der Hufeisentheorie

Nach dem Hufeisenmodell besitzen extremistische Kräfte des linken als auch des rechten Randes mehr Gemeinsamkeiten, als die demokratische Mitte. Es ordnet die politischen Parteien auf einer Skala in Hufeisenform an. Dieses Modell geht davon aus, dass sich die extremen politischen Ränder näher sind, also die politische Mitte.

Beide „Extreme“ sind von der Mitte gleich weit entfernt. Das Hufeisen differenziert nur grob zwischen den gemäßigten und den extremistischen Kräften. Die Theorie besagt, dass die einen die freiheitlich-demokratische Grundordnung beibehalten wollen, während andere Staat und Verfassung ablehnen. Beide extreme Enden eines politischen Spektrums ziehen sich sogar an oder bewegen sich sogar aufeinander zu. Es wird unterstellt, dass links gleich rechts, rechtsextrem gleich linksextrem ist. Beide Lager stehen für Gewalt und richten sich gegen die demokratische Mitte.

Kritiker der Hufeisentheorie sind sich darüber einig, dass die Unterschiede zwischen Links- und Rechtsextremismus deutlich größer sind und diese viel schwerer wiegen als mögliche Gemeinsamkeiten. Eckpunkte sind die Einstellungen der Extremen zu Gewalt, Antisemitismus und Verfassungsfeindlichkeit. Besonders groß ist dieser Unterschied beim Antisemitismus, da 90 Prozent aller antisemitischen Straftaten von Rechtsextremisten begangen werden.

Auch die Meinung, es gebe linken und rechten Antisemitismus, kann nicht beibehalten werden. Linker, auf Israel bezogener Antisemitismus, bezieht sich auf die Kritik an Israel in Bezug auf die eigene Geschichte und die Gleichsetzung mit dem Nationalsozialismus. Kritikpunkte an Menschenrechtsverletzungen und Annexionsplänen Israels werden nicht vom Antisemitismus umfasst. Demnach handelt es sich nicht um Antisemitismus sondern um Antiisraelismus.

Nach dem Hufeisenmodell kann Linksextremen Faschismus vorgeworfen werden oder es wird gezielt nach Ähnlichkeiten von „Linksextremen“ und „Rechtsextremen“ gesucht. Es berücksichtigt zudem nicht die Lebensumstände der Menschen innerhalb einer Gesellschaft. Es bildet vielmehr lediglich die theoretische Annahme innerhalb der Kategorien: gemäßigt – extremistisch oder: linksextrem – rechtsextrem.

Blockade politischen Arbeitens

Das Bundesland Thüringen bildet für Politikwissenschaftler ein gutes Beispiel dafür, dass das Hufeisenmodell nicht mehr in der Lage ist, die politische Realität darzustellen. Folgt man dem Hufeisen, bedeute dies, dass erstmals eine Mehrheit extrem sei und somit keine Regierung mehr gebildet werden könne. Unterstellt man, dass Linke und AfD gleichermaßen als extremistisch zu bezeichnen sind, gebe es keine politische Mehrheit mehr.

Unterschiede zwischen Links- und Rechtsextremen

Fraglich ist, ob das Hufeisenmodell noch in der heutigen politischen Landschaft angewendet werden kann beziehungsweise ob es überhaupt noch zeitgemäß ist. Einerseits ist linker Stalinismus kaum noch vorhanden, andererseits nimmt Rechtsextremismus immer weiter zu. Fraglich ist zudem auch, ob die Einteilung in „Links – Mitte – Rechts“ noch erfolgen kann. In Bezug auf die Mitte gibt sich die extreme Recht oft als bürgerliche Mitte aus.

Zudem gibt es nur wenige Gemeinsamkeiten zwischen Links- und Rechtsextremen. Vielmehr sind die Unterschiede deutlich größer, als mögliche Gemeinsamkeiten. Gemeinsames gibt es allenfalls bei der Kritik am Kapitalismus, während sich die Rechte des deutschen Opfermythos bedient und von Verschwörungen gegen das ganze Volk ausgeht. Sie nennt konkret Ausgrenzung zum Beispiel von Ausländern oder Andersdenkenden, während die Linke sich gegen jede Form von Ausgrenzung wendet. Die einen sind also bestrebt, Menschen außer Landes zu schaffen, während die anderen genau hiergegen antraten.

Eine wesentliche Unterscheidung gibt es auch bei der Anwendung von Gewalt. Rechtsradikale neigen dazu, Menschen zu attackieren und sogar zu töten. Linksradikale lenken ihr Augenmerk eher auf Sachgegenstände, indem sie Mülltonnen verbrennen, Autos attackieren oder Fensterscheiben zerschlagen. Dennoch sind linksextreme Aufmärsche gegen einen G7 Gipfel, welcher damit endet, dass eine ganze Innenstadt brennt – ähnlich zu werten, wie Straßenschlachten aus dem Rechtsextremismus. Die Hetze der Linken geht aber eher in das Bürgertum oder in den Kapitalismus, welchen sie für die Ungerechtigkeit in der Welt ausmachen. Dennoch werden Randgruppe (Kapitalisten, Superreiche) ausgemacht, welche es zu bekämpfen gilt.

Zusammenfassung

  • Die Hufeisentheorie ist vertikal in drei Teile unterteilt: „Linke“ gehören nach „links“, „Rechte“ nach „rechts“ und „Gemäßigte“ in die Mitte.
  • Die Übergänge sind unscharf und Linke oder Rechte werden dazu noch in „gemäßigt“ oder „radikal“ unterteilt.
  • Ein extremistisches Gegenstück für die „Mitte“ wird nicht abgebildet.
  • Es darf bezweifelt werden, ob Linksextremismus mit Rechtsextremismus gleichzusetzen ist. Die einzige Schlussfolgerung lautet, dass diese sich in ihren Wesenszügen ähneln und beide Strömungen auch über Gewaltbereitschaft verfügen.
  • Der Staat oder die Strafverfolgungsbehörden als Ordnungsmacht werden in beiden Extremen abgelehnt, Andersdenkende ignoriert und es besteht das Verlangen, die Staatsform zu ändern.
  • Das Modell unterscheidet nicht zwischen den grundlegenden Zielen Linksextremer oder Rechtsextremer. Ihre jeweiligen Welt- und Menschenbilder finden keine Berücksichtigung.
  • Ebenso wird nicht zwischen anarchistischen oder totalitären Bestrebungen unterschieden. Es gibt mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Diese werden nicht betrachtet.

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