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Bestätigungstendenz: Fehler und Verzerrungen an Beispielen erklärt


Die Bestätigungstendenz, auch als Bestätigungsfehler oder Bestätigungsverzerrung bezeichnet, ist eine mentale Neigung – nach der Menschen Informationen häufig so auswählen, dass diese zu den eigenen Erwartungen bzw. Selbstbild passen.

Wieso?
Im Rahmen von Entscheidungsfindung und Problemlöseprozessen treffen wir auf unterschiedliche Stolpersteine. So nutzen wir beispielsweise häufig Heuristiken zur Lösung von Problemen. Diese mentalen Abkürzungen nutzen wir vor allem dann, wenn uns für ein Problem oder eine Entscheidung zu wenig Informationen vorliegen. Und das ist im Alltag sehr häufig der Fall.

Jedoch überschätzen wir uns auch nur allzu oft selbst. Daher bildet die systematische Selbstüberschätzung ebenfalls einen weiteren Fallstrick auf dem Weg zur Lösung. Unterliegen wir dieser Selbstüberschätzung, beharren wir aufgrund unseres zu großen Selbstvertrauens sogar auf eindeutig falschen Aussagen. In diesem Artikel wollen wir uns einem weiteren Kandidaten aus der Reihe der Lösungshindernisse widmen: der Bestätigungstendenz.

Was ist die Bestätigungstendenz?

Wir sind gut im Ausblenden. Zumindest dann, wenn wir uns bereits eine Meinung gebildet haben. In dem Fall suchen wir nämlich nach Informationen, die unsere Meinung unterstützt. Widersprechenden Hinweisen schreiben wir weniger Bedeutung zu oder wir blenden sie direkt völlig aus. Wir sehen also häufig nur das, was wir sehen wollen. Dabei ist von der Bestätigungstendenz die Rede.

Alternative gebräuchliche Bezeichnungen sind Bestätigungsfehler und „confirmation bias“. Dieser Bias beziehungsweise Fehler gehört zum Phänomen der selektiven Wahrnehmung. Wir suchen unbewusst nach Hinweisen, die unsere Annahmen untermauern und verzerren unsere Informationssuche damit selbst. Man könnte auch sagen, dass der Mensch hin und wieder einer gewissen Form von Selbsttäuschung unterliegt.

Manchmal kann sich diese Selbsttäuschung sehr hartnäckig halten. Denn es werden nicht nur Informationen ausgeblendet, die uns nicht gefallen. Wir interpretieren vieles auch einfach so, wie es am besten zu unseren Vorannahmen passt. Hinzu kommt noch ein weiterer Faktor, der die Bestätigungstendenz unterstützt: Der Mensch ist selten dazu bereit, seine falschen Vorannahmen über Bord zu werfen.

Beispiele für den Bestätigungsfehler

Hattest du schon einmal das ungute Gefühl, dass dich jemand beobachtet?
Und hast du dann auch tatsächlich jemanden hinter dir entdeckt, als zu dich umgedreht hast? Dann wurdest du vermutlich in deinem Verdacht bestätigt und glaubst, dass du Blicke anderer „spüren“ kannst. So praktisch das auch wäre, es handelt sich dabei in der Regel um einen Bestätigungsfehler. Das Problem ist nämlich, dass unser Gehirn sich vor allem die Dinge merkt, die auffällig sind.

Das ist an sich eigentlich kein Problem, sondern evolutionär gesehen sehr sinnvoll. Dennoch macht uns dieser Umstand anfälliger für den confirmation bias. Denn in einem bestätigenden Moment (in dem wirklich jemand zu dir sieht, wenn du dich umdrehst) speichert dein Gehirn das als korrekte Vermutung ab. Hingegen werden alle Momente vergessen, in denen deine Vermutung nicht zutreffend war – also jedes Mal, wenn dich niemand beobachtet hat.

Ein weiteres Beispiel für die Bestätigungstendenz

Ein anderes Beispiel ist die Flugangst. Wenn du dich vorm Fliegen fürchtest, wirst du unbewusst nach Hinweisen suchen, die deine Sorge bestätigen. Du nimmst automatisch und selektiv nur noch Informationen auf, die die Gefahr des Fliegens zum Thema haben. Die Tatsache, dass weit mehr Flugzeuge am Himmel bleiben als abzustürzen, blendest du aus.

Wenn du mit diesem Umstand konfrontiert wirst, findet dein Gehirn sehr schnell Argumente dafür, warum das Fliegen dennoch gefährlich ist. Gleichzeitig sprichst du der Tatsache, dass Flugzeugabstürze ein relativ seltenes Ereignis sind, Relevanz ab. Das bedeutet, dass du diese Information für weniger wichtig hältst und verleihst ihr auch weniger Gewicht als den Informationen, die deine Angst vor dem Fliegen bestätigen.

Verschwörungstheorien durch Unsicherheit

Der Bestätigungsfehler entsteht auch durch den Umstand, dass unser Gehirn uns zu schützen versucht. Wenn wir mit unseren Annahmen falsch liegen, kann das am Selbstwert kratzen. Außerdem geraten wir in einen Zustand der Unsicherheit, wenn wir mit Fakten konfrontiert werden, die nicht zu unserer vorgefertigten Meinung passen. Und Unsicherheit ist ein Zustand, den wir zu vermeiden versuchen.

Der Bestätigungsfehler kommt häufig besonders stark zum Tragen, wenn unsere eigenen Werte von den Informationen betroffen sind. Auch politische Ansichten spielen eine große Rolle im Rahmen der Bestätigungstendenz. Das ist einer der Gründe, warum Verschwörungstheorien sich häufig so dauerhaft halten. Hier kommt jedoch noch hinzu, dass Verschwörungstheorien meist spannendere Geschichten erzählen als wissenschaftliche Fakten.

Entstehung der Bestätigungstendenz nach Wason

Der Psychologe Peter Wason entwickelte bereits 1960 die erste Theorie zum Bestätigungsfehler sowie dazugehörige denkpsychologische Experimente. So ließ er beispielsweise studentische Versuchspersonen die Regel hinter einer Zahlenfolge (zum Beispiel 2-4-6) erraten.

Wason wies sie an, erst dann die Lösung zu äußern, wenn sie sich absolut sicher waren. Die Lösung war in den meisten Fällen falsch. Richtig wäre gewesen, dass es sich um beliebige Zahlen in aufsteigender Reihenfolge handelt. Hatten sich die Probanden allerdings erst einmal auf ihre Vermutung versteift, blieben sie auch dabei und suchten nach Zahlenreihen, die diese Annahme bestätigten.

Waren sie etwa von ihrer Annahme überzeugt, dass es sich bei der Regel um einen Zuwachs in Zweierschritten handelt, dann suchten sie auch nur nach unterstützenden Informationen. Zahlenreihen wie 10-12-14 wurden als Beweis interpretiert, während andere Reihen (zum Beispiel 21-25-28) ausgeblendet wurden. Wason zufolge schotten wir uns vor widersprüchlichen Informationen ab, welche allerdings für das Thema wichtig wären.

Der Bestätigungsfehler geschieht unbewusst

Doch egal, ob Verschwörungstheorien oder falsche Lösungsannahmen: Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei der Bestätigungstendenz nicht um einen bewussten Prozess handelt. Es steckt also keine Absicht dahinter, sondern es ist ein automatischer Vorgang. Über diesen müssen wir uns erst einmal bewusst werden, um unsere Entscheidungen kritisch hinterfragen zu können.

Dennoch können Bestätigungstendenzen schwere Folgen haben. Ein Beispiel dafür ist der Krieg der Vereinigten Staaten gegen den Irak 2003. Zuständige Stellen der US-amerikanischen Regierung unterlagen hier ebenfalls einem Bestätigungsfehler. Es herrschte die Annahme vor, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfügte. Daraufhin wurde den Informationen bereitwilliger Glauben geschenkt, die diese Annahme stützten. Andere Hinweise wurden als falsch bewertet oder die Quellen als uninformiert.

Zusammenfassung

  • Die Theorie über die Bestätigungstendenz stammt vom Psychologen Peter Wason (1960).
  • Diese Tendenz meint das selektive Suchen und Bewerten von Informationen, die eine vorherrschende Meinung untermauern. Widersprechende Aussagen werden als falsch erachtet und ausgeblendet.
  • Diese Filterung nehmen wir unbewusst vor, um uns vor einem Gefühl der Unsicherheit zu schützen.
  • Diese Selbsttäuschung kann sich sehr hartnäckig halten, was sich am Beispiel von Verschwörungstheorien zeigt.
  • Beispiele für die Bestätigungstendenz finden sich im Alltag (Gefühl beobachtet zu werden, Flugangst), allerdings auch in Bezug auf politische Anliegen (Verschwörungstheorien, Irak-Krieg).
  • Es handelt sich bei der Bestätigungstendenz um einen unbewussten Prozess und nicht um ein absichtliches Verhalten. Daher kann es schwierig sein, sich diesen Vorgang bewusst zu machen und ein kritisches Denken zu ermöglichen.

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