Faunus, der Schutz- und Fruchtbarkeitsgott in der römischen Mythologie
Faunus ist ein altrömischer Gott, welcher die Natur und den Wald symbolisiert. Innerhalb der römischen Mythologie galt er als Schutzgott des Ackerbaus und der Viehzucht. Zusammen mit seiner Gefährtin Fauna beschützte er vor allem die Nutztiere, die Bauern und Hirten. Dies setzt ihn mit Pan, dem griechischen Hirtengott, gleich.
Der Tempel des Faunus stand auf der Tiberinsel in Rom. Die Lupercalien waren die Festtage des Schutz– und Fruchtbarkeitsgottes, welche im Februar gefeiert wurden und einen Bezug zum heutigen Osterfest zulassen.
Inhalt
Faunus im römischen Pantheon
Innerhalb der römischen Götterwelt galt Faunus als Sohn des Picus, welcher ebenfalls Schutzgott des Feldbaus und der Forstwirtschaft war. Auch Picus galt als Dämon der Felder, welcher den bäuerlichen Acker durch seine furchterregende Gestalt beschützen sollte. Weiterhin war Picus der König von Laurentum, einer Küstenstadt im Latium (Mittelitalien). Als Sohn des Picus ist Faunus zugleich der Enkel des Saturn, dem römischen Saatgott.
Dem römischen Dichter Vergil zufolge, hatte Faunus einen Sohn mit Marica, einer Nymphe bzw. eines Naturgeistes. Diese Marica wird auch mit der Göttin Fauna gleichgesetzt, welche anscheinend ein Synonym bzw. eine andere Bezeichnung der Nymphe darstellt. Der Sohn des Faunus und der Marica hieß Latinus, welcher sowohl in der römischen als auch in der griechischen Mythologie erwähnt wird und dort als König über die Ureinwohner des Latiums (Aborigines) herrschte.
Als Gott des Ackerbaus wurde Faunus nicht nur als Schutzgott, sondern auch als Gott der Fruchtbarkeit verehrt. Wie für männliche Fruchtbarkeitsgötter üblich, wird Faunus daher oft nackt und mit entblößtem Geschlechtsmerkmal dargestellt.
Üblich für viele Fruchtbarkeitsgötter war ein überhöhter Sexualtrieb. Und so galt Faunus als lüsterner Gott, welcher anderen Frauen nachstellte. In einer Überlieferung näherte sich Faunus sehr hartnäckig der Fauna, welche ihn immer wieder abwies. Nachdem er sich in eine Schlange verwandelte, schöpfte sie Vertrauen und ließ seine Annäherungen zu.
Weiterhin glaubten die Menschen, dass sich Faunus nachts in die Träume junger Frauen schlich und sie dort verführte. Den Männern hingegen wurden fruchtbare Träume beschert, indem der Dämon sie mit Angst und Schrecken plagte.
Diese Glaubensvorstellung, welcher in vielen Mythologien vertreten ist, wird als Incubus bezeichnet. In der nordischen Mythologie schlichen Alben in die Träume und verursachten den Albtraum. Und in der römischen Glaubenswelt wurden diese Taten dem Faunus nachgesagt.
Faunus Kult und Verehrung
Die Festtage zu Ehren des Faunus hießen Lupercalien. Diese wurden am Palatin, dem ältesten bewohnten Stadtteil Roms, gehalten. In diesem Stadtteil befindet sich die Grotte Lupercal, nach der die Feste benannt wurden. Laut dem Gründungsmythos Roms soll eine Wölfin die beiden Zwillingsbrüder Romulus und Remus, welche als Reichsgründer gelten – dort gesäugt und aufgezogen haben.
Die Feierlichkeiten Lupercalien fanden jedes Jahr am 15. Februar statt. Um den kommenden Frühling zu begrüßen und die Fruchtbarkeitsgötter zu befriedigen, wurden Ziegenböcke geopfert. Die Priester schnitten aus den Ziegenhäuten schmale Streifen heraus, welche sie als Lederriemen nutzten. Mit diesen Lederriemen schlugen sie entgegenkommende Frauen. Dies galt als Reinigungsritual, wodurch die Menschen sich von ihren Sünden reinwaschen und Sühne begehen konnten. Außerdem erhofften sich kinderlose Frauen eine Steigerung der eigenen Fruchtbarkeit durch die Berührung des Riemens.
Faunus Rituale zu Ostern
Das christliche Ostern ist ein Fest, deren Ursprung ebenfalls einer Begrüßung des Frühlings und der aufkommenden Fruchtbarkeit war. Die Auferstehung von Jesus Christus, welcher heutzutage mit Ostern in Verbindung gebracht wird, wurde wahrscheinlich eingeführt, um die Menschen vom heidnischen Brauch wegzuleiten und in die Welt des Christengottes einzuführen.
So erfuhr auch Ostern eine Veränderung und aus den Fruchtbarkeitsritualen wurde zunehmend die Auferstehung, als Symbolik des Neuanfang. Allerdings sind Osterhase und Ostereier noch Überbleibsel des heidnischen Brauchtums. Und in einigen osteuropäischen Ländern, wie in Polen oder in Tschechien, feiert man Schmackostern.
Der Brauch zu Ostern sieht vor, dass man mit einer Lebensrute seine Mitmenschen liebevoll verhaut. Dies soll die Fruchtbarkeit erhöhen und mit Kindersegen belohnt werden.
Symbole des Faunus
In Anlehnung an die Feierlichkeiten des Lupercalien wurde der Faunus als ein Mischwesen dargestellt. Der Oberkörper war menschlich und die Unterkörper glich dem eine Ziege. Die Symbole des Faunus waren daher Ziegenhufe, Hörner auf dem Haupt und einem tierischen Schwanz als Verlängerung der Wirbelsäule.
In einigen Darstellung gilt auch die Flöte als Symbol des Faunus. Aber wahrscheinlich wurde diese aus der griechischen Mythologie lediglich übernommen und ist ein Resultat zunehmender Durchmischung beider Religionen. Denn das römische Reich strebte danach, ein Weltreich zu sein. Und deshalb wurde eine massive Expansion betrieben und zahlreiche Gebiete erobert. Dadurch kam es zu kulturellen Durchmischungen, wodurch die Darstellung der Götter an Schärfe verlor.
Das antike Griechenland, welches schon zur damaligen Zeit als Vorbild für Kunst und Philosophie galt, wurde schließlich ebenfalls erobert und zur römischen Provinz erklärt. Dadurch kam es zu einer Mischung zwischen römischer und griechischer Mythologie, weshalb sich das überlieferte Pantheon sehr ähnelt und auch als klassische Mythologie zusammengefasst wird.
Diese Durchmischung erfuhr auch Faunus, indem er mit dem griechischen Hirtengott Pan gleichgesetzt wurde. Beide hatten ähnliche Merkmale, wie Hörner und Hufe. Wahrscheinlich wurde die Flöte des Pan (Panflöte) von den Griechen adaptiert.
Faunus und die christliche Überführung
Die äußerlichen Merkmale des Faunus sind, laut christlicher Weltsicht, Symbole des Teufels. Von vielen Historikern wird angenommen, dass sich das christliche Konzept des göttlichen Gegenspielers aus den Fruchtbarkeitsgöttern entwickelt haben muss. Denn mit Zunahme der christlichen Überlegenheit sollten sich auch die Menschen von heidnischen Opferzeremonien abwenden, weshalb man Symbole des Kults missbrauchte, entfremdete und dem Bösen zusprach.
Es ist daher anzunehmen, dass die äußerlichen Merkmale des Satans (Hörner, Ziegenhufe, Traumkehr, Verführung der Jungfrau) ihren Ursprung in den Fruchtbarkeitsgöttern haben.