Wo ist das Waldsterben am schlimmsten
Der Wald ist der wichtigste Speicherplatz für CO2 überhaupt, eine sogenannte Kohlenstoffsenke, die viel des klimaschädlichen Gases binden kann. Es ist daher wenig verwunderlich, dass Klimaforscher, Jäger, Förster und Naturschützer einen besonders intensiven und besorgten Blick auf diese Lebensform werfen. Denn in vielen Regionen Deutschlands, aber auch in der übrigen Welt, ist der Wald in einem schlechten Zustand. Die Ursachen sind sowohl natürlichen, vor allem jedoch menschengemachten Ursprungs.
Inhalt
Waldsterben in Deutschland
Bereits in den 80er-Jahren machten Wissenschaftler auf das Phänomen des Waldsterbens aufmerksam. Zu diesem Zeitpunkt stand vor allem der saure Regen, verursacht durch die enorme Abgasbelastung, im Vordergrund. Mit Katalysatoren und strengeren Abgasnormen schien dieses Problem gebannt und auch das Waldsterben stagnierte zunächst.
Allerdings ist die Abgasbelastung nach wie vor hoch, in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehren sich zugleich die Auswirkungen des Klimawandels. Tatsächlich zeigten 1985 noch doppelt so viele Bäume (44 %) keine Anzeichen für Schäden, beispielsweise Kronenverlichtung. Die aktuelle Entwicklung wird daher in Fachkreisen auch als „Waldsterben 2.0“ bezeichnet. Genaue Daten über die Lage der Wälder werden jährlich im Waldzustandsbericht erfasst.
Waldsterben in Europa und der Welt
Nicht nur in Deutschland, auch in ganz Mitteleuropa sind Waldschäden zu beobachten, vor allem durch anhaltende Dürren beziehungsweise zahlreiche regenarme Jahre. In Skandinavien und Russland häufen sich untypisch schwere Waldbrände. Dieses Phänomen setzt auch einigen Wäldern Afrikas und Südamerikas, allen voran den gewaltigen Amazonas-Regenwäldern in Brasilien zu. Die dort vernichtete Waldfläche ist kaum aufzufangen und nur über Jahrhunderte wieder aufzuforsten.
In den USA werden in nahezu allen größeren Beständen eine zunehmende Anzahl toter Bäume und mangelnde Zahlen Jungbäume gemessen. Besonders schwer betroffen ist einerseits der gesamte Westen, andererseits Wälder an der Ostküste. Forscher beschreiben die Lage als so dramatisch, dass von „hölzernen Gräbern“ die Rede ist. Verheerende Waldbrände in den letzten Jahren unterstreichen dieses Bild.
Natürliche Einflüsse auf das Waldsterben
Für Sterbeereignisse in Wäldern sind auch natürliche Faktoren verantwortlich. Zu ihnen zählen beispielsweise Klimaschwankungen, die auch während stabiler Klimaphasen vorkommen. Dürren lassen Wälder anfällig für weitere Schäden werden, beispielsweise Vernichtung ganzer Bestände durch Borkenkäfer (Scolytinae). Waldbrände und Orkane lichten gerade alte oder kranke Bestände regelmäßig aus.
Befinden sich diese Ereignisse im Gleichgewicht mit dem natürlichen Wachstum, bleiben sie unproblematisch. Ganz im Gegenteil entstehen auf diese Art Lücken und dynamische Vegetationsmischungen, die vielen Insekten, Vögeln, Reptilien und Nagern ein Zuhause bieten. Ein Problem entsteht jedoch, wenn waldschädigende Faktoren dominant werden und innerhalb kurzer Zeit große Flächen Schaden nehmen.
Menschliche Einflüsse auf das Waldsterben
Durch menschliches Handeln ist die Dynamik vieler Wälder gestört. Als die beiden größten Einflüsse lassen sich dabei der anthropogene (menschlich verursachte) Klimawandel und der sogenannte saure Regen identifizieren. Durch den Klimawandel treten Wetterextremereignisse wie Dürren und Stürme häufiger auf, was den Bestand auf Dauer einerseits selbst schädigt und andererseits empfindlich für andere Probleme macht. Eigentlich natürliche Herausforderungen wie Borkenkäferbefall nehmen daher bei geschwächten Bäumen ungewöhnliche Ausmaße an und können weite Flächen entwalden, wie unlängst im bayerischen Wald beobachtet.
Saurer Regen wiederum entsteht durch die Verbindung von Abgasen und Wasser zu Niederschlag mit geringem pH-Wert. Er tritt sowohl als Bodenwasser als auch saurer Nebel auf und kann Pflanzen nachhaltig schädigen, da der Boden auf Dauer übersäuert wird. Dadurch werden zugleich mehr Schwermetalle aus den Bodenschichten gelöst, die ihrerseits Wachstum und Wurzelbildung der Bäume stören. Das wirkt sich negativ auf Altbestände einerseits, aber auch auf Neupflanzungen aus. Hinzu kommen forstwirtschaftliche Fehler, beispielsweise die Anpflanzung von Fichte–Monokulturen, die nicht standortgerecht sind. Solche unpassenden und aus rein wirtschaftlichen Gründen herangezogenen Wälder reagieren oft besonders sensibel auf schädigende Einflüsse.
Fazit
Das größte Problem beim Waldsterben stellt die Multikausalität dar, denn durch Mehrfachbelastung wird die Belastbarkeit der Bestände schnell überschritten. Obwohl die schlimmsten Prognosen zum Waldsterben vor allem in Bezug auf dessen Tempo in der Vergangenheit nicht eingetreten sind, lässt sich nicht von einer Entwarnung sprechen.
Tatsächlich sind viele Wälder in Deutschland und auf der Welt in schlechtem Zustand, die Schäden zeigen sich nur oft als schleichende Entwicklung. Das eröffnet die Möglichkeit, mit einer Begrenzung des Klimawandels und des Schadstoffausstoßes sowie angepasster Forstwirtschaft Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Diese müssen jedoch sehr rasch stattfinden, da auch Regenerationsprozesse nur über Jahrzehnte hinweg greifen. Unterbleibt dies, werden Teile eines der größten Kohlenstoffspeicher vernichtet, was nicht nur Bodenerosion, sondern auch den weiteren Klimawandel erheblich beschleunigen würde.